Wir Kinder spielten mit Munition - mit schlimmen Folgen

Wir gelangten als Flüchtlinge zu Fuß in den Ort Esserden bei Rees, es muss der 25. März 1945 gewesen sein. Ich war sechs Jahre alt. In der Scheune des Flüchtlingsquartiers sollte ich keine einzige Nacht verbringen. Außer uns befanden sich kanadische und britische Soldaten auf dem Hof. In ihrem Umfeld gab es viel Munition. Die Eltern hatten uns auf die Gefahren in diesem Umfeld hingewiesen und zur Vorsicht gemahnt. Aber uns zog es aus der Enge des Quartiers nach draußen. Ein Junge hatte ein kleines Geschoss gefunden, hob es auf, betrachtete es und warf es dann achtlos auf mich zu. Der Granatkörper explodierte mit lautem Zischen. Ich spürte heftige Schmerzen in den Beinen. Ein britischer Sanitäter wusste, wie die Phosphorbrandwunde zu behandeln war. Er versuchte, mich abzulenken, während er die in der Haut festgebrannten Strümpfe entfernte. Die Soldaten brachten mich über die eben erst fertiggestellte Militärbrücke Rees-Niedermörmter ins 30 Kilometer entfernte Bedburg-Hau. Das Krankenhaus war mit 25 000 Menschen hoffnungslos überfüllt, ein Saal war voller verletzter, verbrannter Jungen.

Paul Tück aus Kleve

(RP)
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