Rätsel des Alltags Wozu ist eigentlich der Blinddarm gut?

Bad Wildungen/Mainz (rpo). Jeder Mensch wird mit einem Blinddarm geboren. Doch hat der überhaupt einen Nutzen im Körper? Bei vielen entzündet sich der Fortsatz am Darm und muss operativ entfernt werden, ohne dass einem nachher etwas wichtiges fehlen würde. Wofür also ist der Blinddarm gut?

Der Blinddarm gilt als nutzloses Überbleibsel der Evolution. "Das stimmt so nicht ganz", sagt der Leitende Arzt der Abteilung Innere Medizin der Wicker-Klinik in Bad Wildungen, Manfred Kubens.

"Mitnichten wird bei einer Blinddarmoperation der gesamte Blinddarm entfernt. Was dann fehlt, ist lediglich der so genannte Wurmfortsatz - Appendix genannt - am unteren Ende des Blinddarms", erläutert der Internist.

Eine Funktion bei der Verdauung hat der "Anhang" wohl nicht, aber wegen seiner vielen Lymphfollikel wird ihm laut Kubens "eine gewisse immunologische Bedeutung" zugeschrieben. So soll er verhindern, dass bei Dehnung des Blinddarms - Bakterien in den keimfreien Dünndarm gelangen.

Richtig ist hingegen, dass bei Fleischfressern, zu denen ja auch der Mensch zählt, Blinddarm und Wurmfortsatz nur sehr klein sind. Bei Nagetieren wie Kaninchen hingegen handelt es sich beim Blinddarm sogar um den größten Dickdarmabschnitt. Auch hat die Kuh einen sehr langen Blinddarm. "Bei Pflanzenfressern ist dieser Darmteil samt Wurmfortsatz wichtig für die Zelluloseverdauung", erklärt Kubens.

Warum entzündet sich der Wurmfortsatz beim Menschen so gerne? Sind verschluckte Kirschkerne, Büroklammern oder Kaugummis daran Schuld? "Wir müssten längst ausgestorben sein, wenn das so gefährlich wäre", sagt Professor Felix Schier, Leiter der Kinderchirurgie im Klinikum Mainz.

Mitgezählt habe er zwar nicht, aber mindestens 1000 entfernte Wurmfortsätze gingen schon auf sein Konto. "Einen Kirschkern oder einen Nagel habe ich nie gefunden, wohl aber recht häufig so genannte Kotsteine, die sich im Appendixabgang festgesetzt hatten", berichtet der Chirurg.

Und selbst wenn dem Professor ein Obstkern durchgegangen wäre, auch die Pathologin der Klinik, die täglich im Schnitt drei Wurmfortsätze unters Messer bekommt, hat in den letzten 30 Jahren keinen Obstkern oder andere Fremdkörper darin gefunden.

(afp/wat)
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