Analyse Zucker und Bluthochdruck – oft gemeinsam

Gastbeitrag Chefarzt Ulf Janssen erklärt, warum Diabetes mellitus und Bluthochdruck häufig parallel auftreten und erst viel zu spät erkannt werden. Die Behandlungsmöglichkeiten sind allerdings vielfältig – bei konsequenter Therapie lassen sich etwa Nierenprobleme vermeiden.

Die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) und der Bluthochdruck (Hypertonie) treten nicht nur häufig zusammen auf, sondern bleiben häufig auch lange unerkannt. Beide ziehen die Blutgefäße in Mitleidenschaft und verstärken sich in ihrer schädigenden Wirkung auf viele Organe gegenseitig. Darin darf man sie mit Fug und Recht als gefährliche Zwillinge bezeichnen.

Die Grenze zwischen einem normalen und einem erhöhten Blutdruck liegt bei 140/90 mmHg. Bei Werten von 140/90 mmHg und darüber liegt ein Bluthochdruck vor. Etwa die Hälfte aller Männer und ein Drittel aller Frauen in Deutschland im Alter zwischen 25 und 74 Jahren leidet daran. Insgesamt gibt es in Deutschland 35 Millionen Menschen mit Bluthochdruck, der aber nur bei etwa 22 Millionen Menschen bekannt ist. Von diesen Menschen sind wiederum nur 9,4 Millionen mit Medikamenten gut eingestellt. Warum ist das so? Es liegt unter anderem daran, dass man einen hohen Blutdruck in der Regel nicht spürt, bevor nicht erhebliche Folgeschäden aufgetreten sind. Man kann ihn nur messen. Aus diesem Grund sind Vorsorgeuntersuchungen von erheblicher Bedeutung. In den meisten Fällen wird die Veranlagung zum Bluthochdruck genetisch vererbt, wobei in 30 Prozent der Fälle Übergewicht eine wesentliche Rolle spielt.

Durch den hohen Blutdruck kommt es zu Gefäßveränderungen. Die Blutgefäße verlieren ihre Elastizität, verkalken und verengen sich. Bluthochdruck hinterlässt so auf Dauer Schäden an verschiedenen Organen; Schlaganfälle, Herzinfarkte und Herzschwäche, Nierenversagen, Augenschäden und Durchblutungsstörungen der Extremitäten können auftreten.

Auch der Diabetes mellitus wird häufig erst spät erkannt. So wird er durchschnittlich erst nach fünf bis acht Jahren Dauer diagnostiziert. Die Anzahl der Diabetiker hat in den letzten Jahren in Deutschland zudem erheblich zugenommen. Während im Jahr 1998 in Deutschland 4,8 Millionen Diabetiker behandelt wurden, sind es mittlerweile acht Millionen. Die bei Diabetikern auftretenden Gefäßschäden an Gehirn, Nieren, Herz, Augen, Nerven und Extremitäten werden durch einen gleichzeitig bestehenden Bluthochdruck deutlich verstärkt und beschleunigt. Ein Diabetiker mit Bluthochdruck hat gegenüber einem Nichtdiabetiker mit Bluthochdruck ein viermal so hohes Risiko, an Herz-Kreislauferkrankungen zu sterben. Dies ist deshalb so dramatisch, weil 70 Prozent aller Typ-II-Diabetiker und nahezu 100 Prozent aller Diabetiker mit einer diabetischen Nierenerkrankung einen hohen Blutdruck haben. Etwa 30 Prozent aller Diabetiker entwickeln ein fortschreitendes Nierenversagen. Je schlechter der Blutdruck dabei eingestellt ist, desto eher versagen die Nieren. Während sich bei Diabetikern mit einem gut eingestellten Blutdruck die Nierenfunktion kaum verschlechtert, verlieren Diabetiker mit einem unbehandelten Bluthochdruck mehr als zehn Prozent ihrer Nierenfunktion pro Jahr und gelangen rasch an die Dialyse (künstliche Niere). In Deutschland hat sich die Zahl der Dialysepatienten in den letzten 20 Jahren aufgrund der Nierenversagen durch Diabetes oder Bluthochdruck verdoppelt. Mittlerweile werden etwa 60 Prozent aller Fälle von Nierenversagen durch die Volkskrankheiten Diabetes und Bluthochdruck verursacht.

Eine medikamentöse blutdrucksenkende Therapie schützt die Nieren und verlangsamt das Fortschreiten einer diabetischen Nierenerkrankung erheblich. Auch das Auftreten anderer Folgeschäden wie Schlaganfall und Herzschwäche wird durch Senkung des Blutdrucks verringert. Medikamente der ersten Wahl zur Blutdrucksenkung für Diabetiker sind die ACE-Hemmer und AT1-Rezeptor-Antagonisten, da sie den Verlauf einer diabetischen Nierenschädigung verlangsamen. Wichtig sind zudem regelmäßige Messungen des Blutdrucks und des Blutzuckers durch den Patienten selbst und die Protokollierung der Werte (Diabetiker-Tagebuch). Neben der regelmäßigen Medikamenteneinnahme gibt es weitere Möglichkeiten, das Risiko zu senken. So führt eine Gewichtsreduktion nicht nur zu einer besseren Blutzuckereinstellung, sondern senkt auch den Blutdruck. Regelmäßige Bewegung (täglich 20 Minuten), der Verzicht auf zusätzliches Salzen des Essens sowie eine Verminderung des Alkoholkonsums senken ebenfalls den Blutdruck.

Darüber hinaus sollten andere, die Blutgefäße schädigende Faktoren wie das Rauchen und erhöhte Blutfette bekämpft werden.

Unser Autor Ulf Janssen ist Chefarzt der Klinik für Nephrologie und Diabetologie an Krankenhaus St. Franziskus der Kliniken Maria Hilf, Mönchengladbach.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort