Bari "Die schlimmsten Szenen meines Lebens"

Bari · Zwei Züge stoßen bei Bari in Italien frontal zusammen. Viele Menschen sterben. Die Retter sind schockiert.

Zugunglück in Italien: "Die schlimmsten Szenen meines Lebens"
Foto: C. Schnettler

Der Bürgermeister der Stadt Corato in Süditalien, Massimo Mazzilli, ist erschüttert. "Es ist eine Katastrophe, als wäre ein Flugzeug abgestürzt." Auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht er Bilder, die Schreckliches erahnen lassen. Zwei Regionalzüge stoßen nördlich der Stadt Bari zusammen. Die ersten beiden Waggons der beiden Züge sind ineinander verkeilt, vollkommen zerstört. Schwer vorstellbar, wie man dort lebend herauskommt.

Es ist ein glühend heißer Sommertag in Apulien, als gegen 11.30 Uhr auf einer eingleisigen Strecke zwischen den Orten Corato und Andria, etwa 50 Kilometer nördlich von Bari, eines der schwersten Zugunglücke des Landes passiert. Die Strecke liegt an einem Acker, in einem Olivenhain. "Die Lage ist dramatisch", sagt der Vizechef der Region Apulien, Antonio Nunziante. Wie viele Tote es gibt, ist lange unklar. Erst heißt es vier, dann elf, schließlich mehr als 20. Mindestens 43 Menschen sollen verletzt sein. Nach Medienberichten wurde ein Kleinkind lebend aus den Trümmern gezogen und per Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen. Die Behörden sind sich sicher, dass die Zahl der Opfer weiter steigt. Es wird zu Blutspenden aufgerufen.

Wer die Bilder von den verkeilten und zersplitterten Waggons sieht, kann nur vom Schlimmsten ausgehen. Trümmer liegen auf den Feldern und zwischen Bäumen. Die Regionalzüge hatten jeweils vier Waggons, auf Bildern ist zu erkennen, wie mindestens die ersten beiden von jedem Zug vollkommen zerstört sind.

Die ersten Helfer, die eintreffen, sind schockiert. "Grauenhafte Szenen, schreckliche, habe ich gesehen", erzählt ein Polizist der Nachrichtenagentur Ansa. "Ich habe Tote gesehen, Überlebende, die nach Hilfe riefen, Menschen, die weinten. Die schlimmsten Szenen in meinem Leben." Die Helfer können den Ort nur schwer erreichen. Auf dem Feld ist ein Zelt aufgebaut, in dem die Opfer behandelt werden.

Was zu dem Unglück geführt hat, muss erst ermittelt werden. Menschliches Versagen wird nicht ausgeschlossen. Betrieben wird der Zug von dem privaten Unternehmen Ferrotramviaria, wie die nationale Bahngesellschaft Ferrovie dello Stato mitteilte. Die Firma hat etwa 20 kleine Elektrozüge, die größtenteils von Schülern und Berufspendlern genutzt werden. Unternehmenschef Massimo Nitti sagte, es müsse ermittelt werden, was zu dem Unglück geführt habe. Klar sei aber, dass "einer der Züge nicht hätte dort sein sollen".

In sozialen Netzwerken entlud sich die Wut einiger Nutzer sogleich an der Tatsache, dass es sich um eine eingleisige Strecke handelte. Niemand wolle in den Ausbau der Bahnstrecken investieren, kritisieren sie. Der Unfall ruft Erinnerungen an das Zugunglück hierzulande im bayerischen Bad Aibling wach: Im Februar starben zwölf Menschen, als auf der ebenfalls eingleisigen Strecke zwischen Rosenheim und Holzkirchen zwei Nahverkehrszüge frontal ineinander rasten.

Das Zugunglück bei Bari gehört zu den schlimmsten in Italien. 2005 waren auf einer ebenfalls eingleisigen Linie zwischen Bologna und Verona bei einem Zusammenstoß 17 Menschen ums Leben gekommen. Damals gerieten die Regierung und die staatliche Eisenbahn in die Kritik, weil sie die Pläne zum Bau eines zweiten Gleises seit Jahren verschleppt hätten. Ministerpräsident Matteo Renzi sagte, es sei absolut notwendig, die Ursachen für die Katastrophe und die Verantwortung zu klären. "Wir werden nicht ruhen, bis wir wissen, was passiert ist."

(dpa)
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