Berlin 16 gegen einen

Berlin · Die Bundesländer haben sich gegen den Bund bei den Verhandlungen zur Finanzreform weitgehend durchsetzen können. Das lag auch daran, dass sie bis zuletzt solidarisch an ihrem gemeinsamen Reformvorschlag festgehalten haben.

Berlin: 16 gegen einen
Foto: dpa

Es war 3.15 Uhr am Freitagmorgen. Nach mehr als 14-stündigen Verhandlungen hatten die 16 Ministerpräsidenten, die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister eine Grundsatzeinigung über die Bund-Länder-Finanzreform hinbekommen. Es habe mehrmals "Spitz auf Knopf" gestanden, berichtete NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Die Verhandlungen hätten "zum Härteren gehört", was er als Politiker erlebt habe, sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Am Ende aber wollten alle zusammen beweisen, dass der förderale Bundesstaat noch funktioniert. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Einigung:

Worüber wurde verhandelt? Ende 2019 laufen der bisherige Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt II aus. Einig waren sich alle, dass es keinen Solidarpakt III geben solle. Die Länder hatten sich im Vorfeld auf ein gemeinsames Reformmodell geeinigt, das kein Land schlechterstellt und gleichzeitig sicherstellt, dass die bisherigen Geberländer im Finanzausgleich deutlich entlastet werden. Denn Bayern und Hessen haben Verfassungsklagen eingereicht, die sie nun wieder zurückziehen werden: Beide Länder wollten erreichen, dass sie künftig erheblich weniger an andere Länder zahlen.

Worauf einigte man sich? Bisher funktioniert das Umverteilungssystem in zwei Stufen: Dem eigentlichen Länderfinanzausgleich, der im Volumen knapp zehn Milliarden Euro pro Jahr ausmacht, ist der sogenannte Umsatzsteuervorwegausgleich vorgeschaltet. In dieser ersten Stufe werden unter den Ländern bisher knapp acht Milliarden Euro umgeschichtet - von den etwas reicheren zu den ärmeren Ländern. Diese Stufe wird künftig abgeschafft. Stattdessen wird die unterschiedliche Finanzkraft der Länder schon bei der Verteilung der Umsatzsteuer zwischen Bund und Ländern ausgeglichen - nach den Einwohnerzahlen. Der Bund zahlt in das System insgesamt 9,5 Milliarden Euro mehr ein als heute. Davon steigt nur ein kleiner Teil jährlich dynamisch, der Rest bleibt fix.

Was bekommt der Bund? Der Bund bekommt die alleinige Zuständigkeit für die Autobahnen, die in einer Infrastrukturgesellschaft des Bundes aufgehen. Der Stabilitätsrat von Bund und Ländern erhält mehr Kontrollrechte über Länderhaushalte. Auch bei Mischfinanzierungen wie beim sozialen Wohnungsbau bekommt der Bund mehr Kontrolle. Er kann mehr Infrastrukturprojekte in finanzschwachen Kommunen mitfinanzieren.

Wie wichtig ist die Einigung für Bayern? CSU-Ministerpräsident Seehofer hatte sich öffentlich festgelegt, unbedingt eine "Bayernmilliarde" aus den Zahlungsverpflichtungen in den Länderfinanzausgleich künftig behalten zu können. Er erreichte genau 1,35 Milliarden Euro und feierte dieses Ergebnis als "schönsten Erfolg" in den neun Jahren seiner Regierungszeit in Bayern. Das meiste werde sein Land nun in die Altschuldentilgung stecken. Damit könne das Ziel erreicht werden, Bayern bis 2030 schuldenfrei zu machen. In der Koalition wird damit gerechnet, dass die CSU nun auch bei anderen Themen verständigungsbereiter sein wird.

(mar)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort