Genf 2260 Euro im Monat für alle in der Schweiz?

Genf · Als erstes Land stimmt die Schweiz über ein bedingungsloses Grundeinkommen ab.

Zwei junge Männer sitzen in einer Bar am Genfer See, sie genehmigen sich einen Cocktail und blinzeln in die Sonne. Einen festen Job haben die beiden Genfer Männer nicht. "Vielleicht können wir ja bald das Grundeinkommen beziehen", sagt einer von ihnen grinsend. "Dann könnten wir es wirklich ruhig angehen lassen", meint er, steht auf, und bestellt noch ein Getränk.

Tatsächlich: Die Schweizer entscheiden am 5. Juni über die Einführung des "bedingungslosen Grundeinkommens" - mit einiger Sicherheit werden die beiden jungen Männer aus der Bar am Genfer See mit Ja stimmen. Die Schweiz votiert damit als erstes Land über ein utopisch anmutendes Konzept, das die marktwirtschaftliche Ordnung durcheinanderwirbeln könnte.

Die Regierung, das Parlament, die Wirtschaftsverbände und sogar der Gewerkschaftsbund lehnen das Grundeinkommen ab: Für viele ist es ein gefährlicher Schwindel. Die Befürworter, eine Volksinitiative, jedoch streiten seit Jahren unbeirrt für die Idee.

Gemäß dem Konzept Initiative zahlt der Staat jedem Erwachsenen rund 2500 Schweizer Franken (2260 Euro) pro Monat steuerfrei - egal ob er die Schweizer Nationalität besitzt oder eine andere. Einwanderer kämen also auch in den Genuss des Geldsegens. Pro Kind soll der Staat rund 625 Franken (565 Euro) auf das Konto der Eltern überweisen.

Verdient ein Angestellter bisher 6000 Franken im Monat, springt zukünftig der Staat ein und zahlt die ersten 2500 Euro als "Grundeinkommen". Die restlichen 3500 Euro kommen weiter vom Arbeitgeber. Das Grundeinkommen soll andere öffentliche Zahlungen wie Rente, Arbeitslosengeld oder Kindergeld ersetzen, nur individuell höhere Ansprüche bleiben bestehen.

In den Broschüren der Initiative heißt es zudem: "Es ermöglicht mehr Innovation und Unternehmertum und bildet die Basis für mehr Chancengleichheit und Eigenverantwortung." Die Finanzierung des Experiments stehe, da in der reichen Schweiz genügend Geld vorhanden sei. Der Staat müsse die Finanzen nur anders verteilen.

Der größte Schweizer Wirtschaftsverband Economiesuisse sieht das völlig anders. "Für die Finanzierung eines derart umfassenden neuen Sozialwerks müsste die Schweiz jährlich einen dreistelligen Milliardenbetrag aufbringen", warnt Rudolf Minsch, Chefökonom von Economiesuisse. Die "dafür nötigen Steuererhöhungen würden die Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Schweiz schwer beschädigen". In der Folge drohe etlichen Schweizern der Job-Verlust: Massenarbeitslosigkeit statt Geld für alle.

(RP)
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