Düsseldorf 4300 Atomsprengköpfe einsatzbereit

Düsseldorf · Die Gefahr eines Nuklearkriegs sei so groß wie nie, sagen Friedensforscher.

Nach dem Mauerfall und dem Ende des Kalten Krieges zog die Nato etwa 5000 Nuklearwaffen aus Westdeutschland ab und verschrottete ihre Kurz- und Mittelstreckenraketen; Russland begann ebenfalls damit, sein Atomarsenal zu reduzieren. Der amerikanische Präsident Barack Obama beschrieb daraufhin im April 2009 vor 30 000 begeisterten Menschen in Prag die Vision einer atomwaffenfreien Welt - doch das blieb ein Traum.

Denn heute arbeiten alle neun Atommächte an Neuentwicklungen; darunter sind unberechenbare Staaten wie Nordkorea oder Pakistan. Das berichtete das unabhängige schwedische Friedensforschungsinstitut Sipri (Stockholm International Peace Research Institute) Mitte Juni anlässlich der Präsentation seines neuen Jahrbuchs. Die Gesamtzahl der Sprengköpfe ging demnach zwar im Vergleich zu 2014 von weltweit 16 350 auf 15 850 erneut zurück. Aber die Zahl einsatzbereiter Waffen stieg von 4000 auf 4300. Und Länder wie China, Indien und Pakistan haben nuklear aufgerüstet. 1800 dieser Waffen würden "in besonders hoher Einsatzbereitschaft" gehalten.

Sorge bereitet Sipri die abnehmende Transparenz: "Die USA haben aufgehört, detaillierte Informationen über die russischen und chinesischen Atomstreitkräfte zu veröffentlichen. China bleibt undurchsichtig, Indien und Pakistan sagen nichts zu Zustand und Größe ihrer Arsenale." Israel schweige ohnehin über seine nuklearen Fähigkeiten.

Unklar ist noch, ob das befürchtete nukleare Wettrüsten im arabischen Raum tatsächlich durch die erfolgreichen Atomverhandlungen mit dem Iran verhindert worden ist. Ein weiterer Alptraum ist die Vorstellung, dass islamistische Terroristen in den Besitz von Atomwaffen zum Beispiel eines kollabierenden Staates Pakistan geraten könnten.

Auch alte Gegensätze brechen wieder auf: Es vergeht kaum ein Tag, an dem Moskauer Staatsmedien nicht die Schlagkraft des russischen Arsenals rühmen und über erfolgreiche Tests neuer Raketen berichten. Moskau hat angekündigt, Kurzstreckenraketen von Typ "Iskander" in die Exklave Kaliningrad zu verlegen. Das frühere Königsberg liegt an der Ostsee zwischen Polen und Litauen. Damit lägen Hauptstädte wie Berlin, Warschau und Prag in der Reichweite dieser atomaren Flugkörper. Zudem droht Moskau dem Westen mit der Stationierung von Bombern auf der annektierten Halbinsel Krim.

Das erschreckende Fazit der schwedischen Friedensforscher: Die Gefahr eines nuklearen Kriegs ist gegenwärtig so groß wie nie.

(RP)
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