Wir In Nrw 70 Jahre — und noch immer keine Einheit

Düsseldorf · Mit dem Landesbewusstsein der 18 Millionen NRW-Bürger ist es noch nicht weit her. Das liegt vielleicht daran, dass der Menschenschlag regional zu unterschiedlich ist.

Wir In Nrw: 70 Jahre — und noch immer keine Einheit
Foto: Hüwel

Sie nannten es "Unternehmen Hochzeit" (operation marriage): 1946 schmiedeten die Briten aus der Nordrhein-Provinz und aus Westfalen das Bindestrichland Nordrhein-Westfalen zusammen. Dies geschah vor allem aus pragmatischen Gründen: Die britische Besatzungsmacht wollte das industriell bedeutsame Ruhrgebiet mit dem "Hinterland" verklammern und so dem Zugriff der Sowjetunion entziehen. Die "Hochzeit" könne "praktisch über Nacht" erfolgen, hieß es auf einer wegweisendenKonferenz in London im Juni 1946.

70 Jahre danach tun sich die Bewohner dieses Bundeslandes allerdings immer noch schwer mit dem Landesbewusstsein. Kennen Sie jemanden, der auf die Frage nach seiner Herkunft spontan antwortet: "aus Nordrhein-Westfalen." Vermutlich wird der Betreffende sagen, dass er aus dem Rheinland, aus Westfalen oder aus Lippe kommt — und mitteilen, in welcher Stadt er wohnt.

Daran konnte auch die Schlagwort-Kampagne nichts ändern, die der Berater des damaligen NRW-Regierungschefs Johannes Rau, Bodo Hombach, im Wahlkampf 1985 startete. Der eingängige Spruch, der überall zu finden war, lautete: "Wir in NRW". Das hat der SPD damals zwar geholfen, bei der Landtagswahl die absolute Mehrheit zu behaupten, doch das NRW-Bewusstsein wurde dadurch nicht beflügelt. Auch Rau-Nachfolger Wolfgang Clement gelang dies nicht, mochte er auch noch so demonstrativ von den "Nordrhein-Westfälingern" reden.

Vielleicht liegt es auch daran, dass wir es regional mit einem sehr unterschiedlichen Menschenschlag zu tun haben. Rau sprach gern scherzhaft von der Zuverlässigkeit der Rheinländer, der Leichtfüßigkeit der Westfalen und der Großzügigkeit der Lipper.

Doch der 70. Geburtstag ist ja auch ein Anlass, vor allem nach vorn zu blicken — und zu feiern. Schließlich liegt Düsseldorf, die Hauptstadt des "Bindestrichlandes", mitten im quirligen Rheinland. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel eröffnen am 26. August das dreitätige Bürgerfest zu 70 Jahre NRW und Landeshauptstadt.

Auf der Königsallee soll es ein Gourmetfestival mit rheinischen und westfälischen Spezialitäten geben. Die bunte Geburtstagsparty, da ist sich Hannelore Kraft sicher, werde "die Menschen der verschiedenen Regionen noch näher zusammenbringen". Für die drei tollen Tage im August wird das bestimmt so sein.

Und danach sehen wir dann mal weiter.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(hüw)
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