Paris 84 Millionen Touristen sind Frankreichs Lust und Last

Paris · Die französische Fremdenverkehrsindustrie brummt, aber der Ansturm der Besucher bringt auch gewaltige Probleme mit sich.

Eiffelturm, Loire-Schlösser und Côte d'Azur: Frankreich ist weltweit das Touristenziel Nummer eins. Die beeindruckende Zahl von fast 84 Millionen Urlaubern jährlich bekommen die Franzosen vor allem auf den Autobahnen zu spüren, wo sich die Staus im August in Spitzenzeiten auf fast 1000 Kilometer Länge summieren. Immerhin sechs Prozent des jährlichen Treibhausgasausstoßes bringt der Tourismus laut Umweltministerium mit sich. Besonders Paris, das ohnehin mit einer hohen Luftverschmutzung zu kämpfen hat, leidet darunter. Seit dem 1. Juli dürfen Touristenbusse, die älter als 14 Jahre sind, deshalb nicht mehr in die Innenstadt.

Auch die Küsten haben mit dem Besucheransturm zu kämpfen. Allein in la Grande-Motte bei Montpellier am Mittelmeer vervielfacht sich die Zahl der Bewohner jedes Jahr im Sommer von 9000 auf 100 000. Der Tourismus, der 7,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmacht, bedeutet dort auch viel Müll: 1,5 Kilo pro Tag verursacht jeder Urlauber in der beliebten Region Provence-Alpes-Côtes d'Azur, zu der auch la Grande Motte gehört. Auch wenn die für ihre pyramidenförmigen Bettenburgen bekannte Stadt Wert auf Sauberkeit legt, fehlt es an den Stränden an Mülleimern, so dass der Sand von Plastikflaschen übersät ist.

Nachts sammelt dann ein Spezialtraktor auf 16 Kilometern entlang der Küste die Abfälle wieder ein. "Das Fahrzeug erwischt sogar die Zigarettenkippen, unsere größte Plage", berichtet der Umweltbeauftragte der Region, Philippe Martin. Einige berühmte Badeorte wie Nizza und Cannes haben das Rauchen am Strand deshalb ganz verboten.

Mit ganz anderen Nebenerscheinungen des Tourismus hat Paris, die meistbesuchte Metropole weltweit, zu kämpfen. "Ich sage jedem Besucher, dass er auf seine Tasche aufpassen soll", warnt eine Pariserin lautstark in der Metro. Die U-Bahn ist ein beliebtes Ziel der "Pickpockets", auf die in Durchsagen immer wieder hingewiesen wird. Im Mai zerschlug die Polizei eine rumänische Bande, deren Mitglieder Urlauber am Eiffelturm und am Schloss von Versailles ausraubten. Auf rund 4000 Euro pro Tag sollen die Kleinkriminellen, die sich selbst als Touristen ausgaben, mit ihren Tricks gekommen sein.

Beliebtes Ziel der Taschendiebe sind Asiaten, die den Ruf haben, mit viel Bargeld zu reisen. Für Chinesen ist das Land zwischen Ärmelkanal und Mittelmeer das meist besuchte Urlaubsziel in Europa - vor Italien, der Schweiz und Deutschland. Laut einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Studie verdoppelte sich die Zahl der Besucher aus dem Reich der Mitte zwischen 2009 und 2013. "Für die Chinesen bedeutet Frankreich vor allem Romantik, Kulturgut und Lebenskunst", erklärt die Tourismuszentrale Atout France das große Interesse.

Die chinesischen Besucher sind in Frankreich sehr willkommen, geben sie mit durchschnittlich 1500 Euro doch pro Aufenthalt deutlich mehr aus als die anderen ausländischen Touristen. Luxuskaufhäuser wie die Galeries Lafayette in Paris haben sich ganz auf die neue Klientel eingestellt: Für Parfüm und Schmuck gibt es fast nur noch Verkäuferinnen, die chinesisch sprechen. Nur die Kellner sind nicht so begeistert von der Kundschaft aus Asien: "Von einem Chinesen habe ich noch nie Trinkgeld bekommen", verrät einer von ihnen.

(RP)
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