Kairo Ägypten: Tote bei Protesten gegen Verfassung

Kairo · In einigen Städten gab es Proteste gegen das Referendum. 250 000 Polizisten schützen die Wahllokale.

Kairo: Ägypten: Tote bei Protesten gegen Verfassung
Foto: Khaled Elfiqi

Am ersten Tag des Verfassungsreferendums in Ägypten haben sich Gegner der Übergangsregierung Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften geliefert. Nach Angaben von Medizinern sind dabei mindestens elf Menschen getötet worden. In mehreren ägyptischen Städten südlich von Kairo waren gestern Kritiker der neuen Verfassung auf die Straßen gegangen. Die Muslimbrüder, die im Juli von der Armee gestürzt und anschließend als terroristische Vereinigung verboten wurden, hatten zu den Protesten aufgerufen.

Zum dritten Mal in drei Jahren stimmt Ägypten über eine neue Verfassung ab. Der Entwurf beinhaltet mehr Rechte für Bürger, stärkt die Rechte der Frauen, privilegiert aber auch das ohnehin mächtige Militär. Die Zustimmung einer klaren Mehrheit gilt jedoch als gesichert. Die Ergebnisse sollen innerhalb von 72 Stunden nach Ende der Abstimmung veröffentlicht werden.

Das Votum soll auch den Umsturz im vergangenen Juli rechtfertigen, mit dem das Militär den gewählten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi nach Massenprotesten aus dem Amt entfernte. Eine starke Beteiligung am Urnengang könnte den Militärchef Abdel Fattah al Sisi in seiner Absicht bestärken, bei Wahlen in diesem Jahr für das Amt des Präsidenten zu kandidieren.

Den neuen Entwurf haben 50 Menschen ausgearbeitet, die nicht gewählt, sondern von Übergangspräsident Adli Mansur eingesetzt wurden. Frauen, Christen und Liberale konnten mitreden. Dafür waren die Islamisten so gut wie gar nicht vertreten. Lediglich die Salafisten entsandten einen Vertreter. Die Abstimmung läuft unter enormen Sicherheitsvorkehrungen ab: 250 000 Soldaten und Polizisten seien im Einsatz, um die rund 30 000 Wahllokale zu schützen, berichteten ägyptische Medien. Trotzdem explodierte ein Sprengsatz vor einem Gerichtsgebäude im Kairoer Bezirk Imbaba noch vor Öffnung der Wahllokale. Verletzt wurde niemand.

Über die Wahlbeteiligung liegen bislang keine verlässlichen Angaben vor. In einigen Stadtteilen Kairos haben sich lange Schlangen vor den Wahllokalen gebildet, andernorts war der Andrang deutlich geringer. Ein Wähler sagte der ägyptischen Zeitung "Al Ahram": "Ich stimme mit Ja, weil es der Armeechef so befohlen hat." Auch Ex-Diktator Hosni Mubarak wollte nach Angaben seines Anwalts Farid al Dib für die Verfassung stimmen.

(RP)
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