Stuttgart/Berlin AfD beschließt scharfes Anti-Islam-Programm

Stuttgart/Berlin · Verbot von Minaretten, Muezzin-Rufen und Kopftüchern: Die Alternative für Deutschland hat ihren Kurs abgesteckt. Die Einwanderung soll eingeschränkt werden, Deutschland soll auf Distanz zu den USA gehen.

Die Alternative für Deutschland (AfD) hat ihren Anti-Islam-Kurs nun auch offiziell festgeschrieben. Auf dem Bundesparteitag in Stuttgart verabschiedeten mehr als 2000 Parteimitglieder das Kapitel "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" mit großer Mehrheit als Teil ihres Grundsatzprogramms. "Ein orthodoxer Islam, der unsere Rechtsordnung nicht respektiert oder sogar bekämpft und einen Herrschaftsanspruch als alleingültige Religion erhebt, ist mit unserer Rechtsordnung und Kultur unvereinbar", heißt es darin. Und: "Deutsche Leitkultur statt Multikulturalismus." Im Programm sprechen die Delegierten sich für ein Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Dienst aus und lehnen Minarette und Muezzin-Rufe ab. Diese stehen nach Auffassung der AfD "im Widerspruch zu einem toleranten Nebeneinander der Religionen, das die christlichen Kirchen in der Moderne praktizieren". Lehrerinnen und Schülerinnen soll das islamische Kopftuch verboten werden.

Vorangegangen waren teils heftige Debatten. Ein Antrag, Muslime nicht insgesamt abzulehnen, wurde zurückgewiesen. Pfiffe gab es für ein Mitglied, das betonte, die Religionsfreiheit sei ein hohes Gut. Auch die Forderung, vom "politischen Islam" statt vom Islam als Ganzem zu reden, wurde unter Buhrufen abgelehnt. Der Chef des Landesverbands NRW, Marcus Pretzell, sagte unserer Redaktion: "Der Islam ist immer politisch." Von einem Minarettverbot gehe die Welt nicht unter. Nach dem Willen der AfD soll die Finanzierung von Moscheen aus dem Ausland unterbunden werden; Imame sollen nur noch in Deutschland und in deutscher Sprache ausgebildet werden dürfen. Pretzell will zudem Moscheen stichprobenweise vom Verfassungsschutz beobachten lassen.

Sogar über ein generelles Einwanderungsverbot wurde diskutiert. Nachdem die Mehrheit dafür votiert hatte, "Einwanderung, insbesondere aus fremden Kulturbereichen" abzulehnen, wiesen Delegierte darauf hin, die AfD habe sich stets für kontrollierte Zuwanderung von Fachkräften nach dem Vorbild Kanadas eingesetzt. Einige Redner fanden vor allem die Zuwanderung von Muslimen problematisch. Christen aus Asien solle man willkommen heißen. Ins Programm kam letztlich: "Für den Arbeitsmarkt qualifizierte Einwanderer mit hoher Integrationsbereitschaft sind uns willkommen."

Die AfD fordert auch eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks; Gebühren lehnt sie als "Zwangsbeitrag" ab. Das Programm formuliert außerdem ein Bekenntnis zur traditionellen Familie. "Die Familie aus Vater, Mutter und Kindern" sei Keimzelle der Gesellschaft. Des Weiteren macht sich die Partei für den Abzug ausländischer Truppen und Atomwaffen aus Deutschland stark. Man müsse sich von der "Hegemonialmacht" USA emanzipieren, betonte Wolfgang Gedeon, Landtagsabgeordneter aus Baden-Württemberg. Die Wehrpflicht soll wieder eingeführt werden. Die EU soll Befugnisse abgeben; die deutschen Atomkraftwerke sollen länger laufen.

Am Samstag war es in Stuttgart zu teils gewalttätigen Demonstrationen gegen die AfD gekommen. Der Parteitag begann mit mehr als einer Stunde Verzögerung. Gestern blieb es rund um das Messegelände ruhig.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte das Programm und die Haltung der Partei zum Islam scharf. "Die AfD hat sich ein tief reaktionäres Programm gegeben und betreibt mit Rassismus und Islamfeindlichkeit eine Spaltung unserer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft", sagte Göring-Eckardt. "Zu sagen, Menschen islamischen Glaubens leben bei uns, aber der Islam gehöre nicht zu Deutschland, ist irrsinnig." Besorgt äußerte sich der Zentralrat der Juden. AfD und Pegida lehnten auch andere Minderheiten ab und schürten Hass, sagte der Vorsitzende Josef Schuster. Die Beschlüsse der AfD seien auch ein Angriff auf das Judentum in Deutschland. Die Partei verlasse damit den Boden des Grundgesetzes.

(qua)
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