Berlin Aigner holt im Rennen um die Seehofer-Nachfolge auf

Berlin · Das Rennen um die Nachfolge von Horst Seehofer ist wieder offen. Dafür hat der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident selbst gesorgt. Aber auch die zu Jahresbeginn scheinbar abgeschlagene Wirtschaftsministerin Ilse Aigner geht nun von Monat zu Monat mehr in die Offensive und macht gegenüber Finanzminister Markus Söder erkennbar Boden gut. Spätestens 2018 steht die Ablösung an.

Das Tief für Aigner war zu Jahresbeginn komplett, als Seehofer ihr das Verhandlungsmandat für die Energiewende entzog, nachdem er sie zuvor schon gezwungen hatte, ihre Idee für eine Fonds-Lösung zur Finanzierung des Energieumbaus öffentlich einzukassieren. Doch nun schickte er Aigner zu vertraulichen Verhandlungen ins Kanzleramt und lobte hernach öffentlich die "große Leistung" Aigners. Und damit auch jeder die Botschaft verstand, räumte er persönlich sein eigenes Nein wieder ab und meinte, man könne jetzt auch wieder über Aigners Fonds-Modell sprechen, welches er sogar "begrüße".

Auf der anderen Seite warnte er Söder bei dessen eigenem Bezirksparteitag in Mittelfranken indirekt, die Pläne für einen "evolutionären Übergang" der Macht zu durchkreuzen: "Wer die Regeln verletzt, der schadet sich selbst." Ganz andere Töne stimmte Seehofer auf Aigners Oberbayern-Parteitag an. "Ich kann mich blind auf Dich verlassen, Ilse", lautete sein Lob. Vor allem schloss er sich Aigners Argumentation an, wonach Wahlen für die CSU in Oberbayern gewonnen würden. Aigner legte nach: In Mittelfranken habe Söder 160 000 Stimmen für die CSU gewonnen, aus Oberbayern seien über 700 000 gekommen. Söder reagierte gereizt und stellte fest, in der Politik zähle Kompetenz und nicht die Postleitzahl - worauf Aigner ihren Anspruch erhob. "Wenn der Spitzenkandidat aus Oberbayern kommt, ist das Ergebnis besser." Aigner drehte inzwischen offenbar auch in der Regierungsarbeit den Spieß um. Hatte sich Söder wiederholt auf Aigners Feld der Wirtschaftspolitik getummelt, erreichte sie in Absprache mit Seehofer nun eine Mittelaufstockung für ihr Digitalisierungsprogramm, ohne dass der eigentlich zuständige Söder zunächst eingebunden gewesen sein soll.

Viele erwarten daher, dass die nächste Sympathie-Umfrage ganz andere Werte aufweisen wird als die letzte, bei der Aigner mit 24 Prozent klar hinter Söder mit 41 Prozent lag. In ihrem Umfeld wird gerne darauf verwiesen, dass es nicht das erste Mal sei, dass in der Union eine Frau klar unterschätzt worden sei, siehe Angela Merkel.

Mit der Relativierung Söders und dem neuen Hoch "Ilse" geht jedoch auch die Erwartung einher, dass es letztlich nicht bei einem Zweikampf bleiben wird. Auch Innenminister Joachim Herrmann wird immer mehr als Option gehandelt.

(may-)
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