Athen/Berlin Athen fordert drittes Hilfspaket

Athen/Berlin · Angesichts der näherrückenden Staatspleite versucht die griechische Regierung, die Verhandlung mit den Geldgebern wiederzubeleben. Auch ein Stopp der Volksabstimmung wird diskutiert.

Das sind die Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland
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Foto: afp, alb

Kurz vor der drohenden Staatspleite versucht die griechische Regierung mit einem neuen Vorschlag, die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Ministerpräsident Alexis Tsipras schlägt vor, dass der Euro-Rettungsfonds ESM die griechischen Schulden für zwei Jahre übernimmt. Dabei geht es um 29 Milliarden Euro. Das bedeutet: Tsipras fordert ein drittes Hilfspaket, nachdem Griechenland früher bereits 240 Milliarden Euro an Hilfen bekommen hat.

In einem Brief an die Finanzminister der Euro-Länder erläuterte Tsipras seinen Vorschlag. Er forderte zudem, dass die Geldgeber das heute auslaufende Hilfsprogramm verlängern, bis das dritte Rettungspaket steht. Das lehnten die Finanzminister am Abend ab. Die letzte Verhandlung hatte am Samstag mit einem Eklat geendet, nachdem Tsipras eine Volksabstimmung zu den geforderten Reformauflagen angekündigt hatte.

Um die Geldgeber wieder gnädig zu stimmen, schließt die griechische Regierung jetzt auch einen Stopp des für Sonntag geplanten Referendums nicht aus. Dem maltesischen Ministerpräsidenten Joseph Muscat zufolge ist Athen grundsätzlich dazu bereit, das geplante Referendum auszusetzen. Voraussetzung sei eine Einigung mit den Gläubigern.

Alexis Tsipras und andere: die Akteure im Griechenland-Drama
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Griechenland - die wichtigsten Personen am Verhandlungstisch

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Als Tsipras am Nachmittag seinen neuen Vorschlag öffentlich gemacht hatte, unterbrachen Union und SPD kurz ihre Fraktionssitzungen für eine Beratung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD). Anschließend erklärte Merkel in der Fraktion, dass ein neuer Antrag der Griechen erst nach dem Referendum beraten werden könne. Als sie erwähnte, dass die Griechen das Referendum möglicherweise absagen, gab es Buh-Rufe. In der Unions-Fraktion will man jetzt eine Entscheidung sehen.

Die Zurückhaltung in Berlin ist erklärbar: Nach Informationen unserer Zeitung aus Brüsseler Kreisen wurde vergangene Woche bereits über ein drittes Hilfspaket und sogar über eine Umschuldung und einen Schuldenschnitt verhandelt. Demnach soll Merkel Tsipras eine Perspektive angeboten haben, wie Griechenland aus der Schuldenkrise langfristig herauskommt. Diese Angebote waren aber an die Bedingung geknüpft, dass sich die Griechen zu den von der EU geforderten Reformen bekennen, was sie bislang verweigern.

Noch gestern Vormittag hatte Finanzminister Giannis Varoufakis scharfe Töne angeschlagen. Für den Fall, dass sein Land aus der Euro-Zone ausgeschlossen werde, würde es die EU-Institutionen verklagen. "Die EU-Verträge haben keine Regelung für einen Ausstieg aus dem Euro, und wir weigern uns, diesen zu akzeptieren", sagte Varoufakis der Zeitung "Daily Telegraph".

Alexis Tsipras - selbsternannter Retter Griechenlands
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Das ist Alexis Tsipras

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Foto: dpa, sp ase tba

Bis heute sechs Uhr muss Athen 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds überwiesen haben. Varoufakis hat angekündigt, diese Frist verstreichen zu lassen, da die Staatskasse leer ist. Mit ihrem Hilfsangebot von vergangener Woche hatten die Geldgeber der griechischen Regierung eigentlich über diese Klippe helfen wollen.

Der Bundestag wird heute ab 13 Uhr zwei Stunden über die Lage debattieren. Auch die Euro-Finanzminister wollen heute erneut beraten. In Griechenland sollen morgen 1000 Bankfilialen öffnen, damit Rentner an ihr Geld kommen.

Die Börsen zermürbt das Hin und Her. Nach einer Berg- und Talfahrt schloss der Dax mit einem Verlust von 1,25 Prozent unterhalb der Marke von 11 000 Punkten.

(qua)
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