Athen Nur drei Frauen im Kabinett von Tsipras

Athen · Der Chef der neuen griechischen Linksregierung hat vor allem seine Berater zu Ministern gemacht. Vielen fehlt es an Erfahrung.

Alexis Tsipras gibt sich gern fortschrittlich. Der frisch vereidigte Ministerpräsident lebt mit seiner Partnerin ohne Trauschein zusammen, hat als erster griechischer Regierungschef auf den religiösen Eid verzichtet und ist offen für Einwanderung. Nur was die Zahl der Frauen in seinem Kabinett betrifft, fällt er deutlich hinter europäische Standards zurück: Nur drei Damen schafften den Sprung in die neue Regierungsmannschaft, und auch die nur auf untergeordnete Positionen wie die Vizeministerin für Makedonien-Thrakien (Maria Kollia-Tsaroucha) oder die stellvertretenden Ressortchefinnen für Tourismus (Eleni Kountoura) und Finanzen (Nantia Valavani).

Dafür hielten etliche der schillernden Berater von Tsipras Einzug in die Regierung. Ein klares Signal geht von der Ernennung der beiden für die Finanzen zuständigen Männer aus: Sowohl Giannis Dragasakis als stellvertretender Ministerpräsident als auch Giannis Varoufakis als neuer Finanzminister sind die Vordenker von Tsipras in Sachen Schuldenschnitt und neuer Finanzarchitektur in Europa. Sie haben sehr genaue Vorstellungen darüber, wie sich ihr Land der lästigen Schulden entledigen könnte und wie neues Geld für zusätzliche staatliche Ausgaben zu beschaffen sei. Dabei setzen die beiden in einer Mischung aus Keynesianismus und Marxismus auf höhere Löhne und Renten, um einen Teil der Tsipras-Versprechungen einzulösen. Zugleich erhoffen sie sich davon einen Schub für die Binnennachfrage.

Ihre Rechnung wird trotz der intellektuellen Brillanz der beiden nicht aufgehen. Denn Athen hat kein Geld mehr und kann sich auch keines mehr gegen den Willen der EU-Partner borgen. Denn dann würden EU, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds Athen sofort die Kreditlinien streichen. Das Land wäre pleite.

Zudem fehlt dem neuen intellektuellen Kopf der Regierung, dem Athener Superhirn Varoufakis, jegliche Regierungserfahrung. Ihn werden die abgebrühten Polit-Profis in Brüssel schnell ins Leere laufen lassen. Vize-Regierungschef Dragasakis war immerhin schon mal stellvertretender Minister. Er ist jetzt die Nummer zwei der Regierung - zusammen mit dem Chef des Koalitionspartners, Panos Kammenos, der die "Unabhängigen Griechen" führt und das Verteidigungsressort erhalten hat. Der könnte sich schnell als Schrecken der ausländischen Partner entpuppen. Denn der Rechtspopulist und ehemalige Konservative setzt auf militärische Stärke, nationalistische Parolen und Ausländerfeindlichkeit. Experten betrachten den neuen Verteidigungsminister als Sicherheitsrisiko.

Dass Tsipras mit seinen Vorhaben ernst macht, zeigt indes die erste Amtshandlung: Kaum im Amt, ließ er den Vizeminister für Schifffahrt den Privatisierungsprozess für den Hafen Piräus stoppen. Das ist nicht vertragswidrig, aber eine Warnung.

(RP)
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