Hass in Europa Amnesty: Gewalt gegen Roma wie Pogrome

Brüssel · Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft den Regierungen Europas vor, zu wenig für den Schutz von Roma zu tun. Politiker würden immer wieder mit Äußerungen existierende Vorurteile in der Bevölkerung bestätigen. Die Gruppe beschreibt ausführlich Attacken in Tschechien, Frankreich und Griechenland.

Größtes Roma-Lager in Marseille zerstört
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Der 8. April markiert den Internationalen Roma Tag. Amnesty veröffentlicht zu diesem Anlass einen Bericht über die Lage der Roma in Europa und kommt zu einem erschreckenden Ergebnis. Die Regierungen Europas unternehmen demnach zu wenig, um Angehörige dieser Gruppe vor rassistischer Gewalt und Angriffen zu schützen.

John Dalhuisen, Direktor des Programms, erklärte, es sei nicht zu akzeptieren, dass Roma in Europa noch immer in Angst vor Gewalt und "pogromartigen" Attacken leben müssen. Die Reaktion der Politik sei unzureichend. Zwar würden die Regierungen die offensichtlichen Angriffe auf Roma öffentlich verurteilen. Gegen den alltäglichen Rassismus würde allerdings zu langsam oder gar nicht vorgegangen. Im Gegenteil: Viele Politiker würden Vorurteile bestätigen, indem sie Roma als "asozial" und "nicht willkommen" bezeichnen.

Sehr kritisch sei die Lage in Tschechien, Frankreich und Griechenland. Amnesty führt zahlreiche Beispiele aus der Vergangenheit an.

Tschechien: Im Sommer und Herbst 2013 hatten rechte Parteien zu Dutzenden Demonstrationen gegen Roma aufgerufen. In der Stadt Budweis zogen Demonstranten mehrmals durch eine von Roma bewohnte Siedlung. Die betroffenen Roma beklagen, dass besonders Kinder unter Angstzuständen leiden. Ein betroffener Roma sagte: "Menschen erlebten solche Szenen während des Krieges. Im 21. Jahrhundert sollte niemand mehr so etwas erleben müssen.

Frankreich: Viele der rund 20.000 Roma in Frankreich leben in inoffiziellen Siedlungen vor den Städten. In vielen Fällen haben sie keinen Strom, Wasser oder Kanalisation. Im Jahr 2013 räumte die Polizei eine dieser Siedlungen in der Nähe von Marseille gewaltsam. Sicherheitskräfte hätten während dieser Aktion Tränengas in Zelte geschossen, in denen Kinder schliefen. Ein Sozialarbeiter sagte der Organisation: "Roma haben Angst vor der Polizei. Wenn ich mit meinen Kindern zum Arzt gehe, bekommen sie Angst, wenn sie einen Polizisten sehen.

Griechenland: In Griechenland leben 250.000 bis 350.000 Roma. Laut Amnesty kam es in den Jahren 2012 und 2013 zu "pogromähnlichen" Attacken im Westen des Landes. Eine Augenzeugin berichtete, die Gewalttäter hätten mit Glasflaschen Fenster eingeworfen und Feuer gelegt. Die Polizei hätte die Täter lediglich mündlich gebeten aufzuhören. Wirksam eingeschritten sei sie nicht.

Als Reaktion fordert die Menschenrechtsorganisation die nationalen Regierungen unter anderem dazu auf, Fälle rassistischer Gewalt gegen Roma zu untersuchen, strikt zu ahnden und insbesondere sicherzustellen, dass die national zuständige Polizei die Minderheitenrechte auch bei einem Vorgehen in informellen Siedlungen beachtet und schützt. Die Europäische Union habe die politischen Mittel, ihre Mitglieder zu zwingen, Roma besser vor Diskriminierungen und Übergriffen zu schützen. Geschehen sei bislang viel zu wenig.

Die detaillierte Studie von Amnesty International mit zahlreichen Augenzeugenberichten können Sie hier herunterladen.

(csi)
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