Düsseldorf Amri: Richter stellt Klever Amt bloß

Düsseldorf · Ausländerbehörde war an wichtigem Wochenende offenbar nicht erreichbar.

Die Ausländerbehörde im Kreis Kleve war nach Aussage eines Ravensburger Bereitschaftsrichters zum entscheidenden Zeitpunkt, als es um die Inhaftierung des späteren Weihnachtsmarktattentäters Anis Amri ging, nicht erreichbar. "In Kleve ist niemand zu erreichen, auch über die Polizeischiene nicht", habe ihm eine Mitarbeiterin der Friedrichshafener Ausländerbehörde mitgeteilt, sagte der Richter Jörg Pohlmann gestern vor dem Untersuchungsausschuss. Zu keinem Zeitpunkt habe es an dem Wochenende Ende Juli 2016 einen direkten Kontakt nach NRW gegeben: "Ich rief nicht an, und mich rief auch keiner an." Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Kreises Kleve hatten hingegen zuvor ausgesagt, es habe eine Wochenendbereitschaft gegeben.

An jenem Wochenende Ende Juli wurde womöglich die letzte Chance vertan, Amri zu inhaftieren. Er hatte versucht, mit gefälschten Pässen in die Schweiz einzureisen, und war von der Polizei erwischt worden. Der Bereitschaftsrichter in Ravensburg musste darüber mitentscheiden, ob Gründe vorlagen, die eine längere Haft rechtfertigten. Die Anhörung Amris habe am Samstagabend stattgefunden, erinnert sich der Richter, der die Situation so beschrieb: "Er war locker und sagte, dass er zu seiner eigenen Hochzeit reisen wolle."

Dass es sich um jemanden mit Kontakten zum IS handelte, habe er gewusst. Über eine endgültige Haft hätte er aber nur auf Basis der Ausländerakte entscheiden können, sagte Pohlmann. Die vorliegenden Informationen seien zu dürftig gewesen. Ein Beamter der Klever Ausländerbehörde sagte gestern aus, Amri in Abschiebehaft zu nehmen, sei an der ungeklärten Staatsangehörigkeit gescheitert. Er habe alle Möglichkeiten geprüft.

(RP)
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