Berlin An Petrys Stuhl wird schon gesägt

Berlin · Die AfD-Chefin erntet intern Kritik. Ihre Widersacher wollen mehr Einfluss.

Die rechtspopulistische Partei AfD hat bisher von ungelösten Problemen bei der Massenmigration und steilen Thesen aus dem rechten Milieu profitieren können. Da sind sich Parteienforscher einig. Doch nun scheint der AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry ausgerechnet eine dieser Äußerungen nachhaltig zu schaden - und zwar intern.

In einem Interview mit der Zeitung "Mannheimer Morgen" hatte die 40-Jährige gesagt, dass Polizisten illegale Grenzübertritte von Flüchtlingen notfalls auch mit Waffengewalt verhindern müssten. So stehe es im Gesetz. Etablierte Parteien, Verbände und die Zivilgesellschaft schmetterten das Zitat umgehend als "unmenschlich" und zudem sachlich falsch ab. Das war folgerichtig und zu erwarten. Bemerkenswert ist nun aber, dass Petry vor allem aus dem AfD-Bundesvorstand Gegenwind bekommt. So sagte Co-Chef Jörg Meuthen, ihn ärgere die Aussage von Petry. Auch AfD-Vize Alexander Gauland distanzierte sich von ihr.

Dabei könnte der Konflikt um Petrys Zitat vorgeschoben sein, um sie zu diskreditieren. Schließlich ist es auffällig, dass AfD-Vizechefin Beatrix von Storch noch viel deutlicher gefordert hatte, an der Grenze notfalls auch auf Frauen schießen zu lassen, ihre Äußerung aber intern kein Thema mehr war.

Petry und Meuthen dementierten nun einen Bericht der "Bild"-Zeitung, dass ein Putsch gegen Petry vorbereitet werde. Das sei "kompletter Unfug", sagte Meuthen, der als wahlkämpfender Spitzenkandidat in Baden-Württemberg eigentlich großes Interesse an Ruhe in der Partei haben sollte. Und auch Petry sagte, sie glaube, dass sie "ausreichend Unterstützung" hinter sich habe. Aber in den vergangenen Monaten wurde immer deutlicher, dass sich vor allem im rechten Parteiflügel Unmut über die Parteispitze breit macht. Vertreter der Rechtsaußen-Strömung in der AfD wie Thüringens Landesvorsitzender Björn Höcke oder André Poggenburg aus Sachsen-Anhalt arbeiten daran, mehr Einfluss in der Partei zu bekommen.

Für Petry könnte es sich beizeiten rächen, dass sie 2015 im Machtkampf gegen AfD-Gründer Bernd Lucke auf die Kräfte am rechten Rand der Partei setzte, um den vergleichsweise gemäßigten Euro-Kritiker vom Hof zu jagen und die Führung zu übernehmen. Was, wenn sie nun auch dem rechten "Monster" (wie es Ex-AfD-Vize Hans-Olaf Henkel ausdrückte) zum Opfer fällt, das sie selbst geschaffen hat?

Dass an ihrem Stuhl längst gesägt wird, lässt auch ein aktueller Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vermuten. Demnach hätten ranghohe Funktionäre wie Höcke und der NRW-Landeschef Martin Renner Ende Januar an einem "Geheimtreffen" in Thüringen teilgenommen. Dort sei laut Teilnehmern von Petrys Amtsführung als einem strategischen Risiko gesprochen worden, berichtet die Zeitung. Höckes Büro schwieg dazu auf Anfrage.

(jd)
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