Warschau Polen wählen wieder rechts

Warschau · Welchen Kurs wird der nationalkonservative neue Präsident Andrzey Duda steuern, der Amtsinhaber Komorowski in der Stichwahl gestürzt hat? Kreml-Chef Putin gratulierte Duda herzlich. Deutschland muss nun Gegenwind befürchten.

Polen: Welchen Kurs wird der neue Präsident Andrzey Duda steuern?
Foto: ap

Andrzej Duda, der designierte Präsident Polens, war schon gestern früh wieder unterwegs: Im lässigen Pulli verteilte er Kaffee an die Passanten in der Warschauer U-Bahn-Station "Centrum". "Wir haben viele Probleme zu lösen. Aber ich denke, wir kommen zurecht", sagte er bestens gelaunt. Mit 51,5 Prozent siegte der Politiker der nationalkonservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) in der Stichwahl am Sonntag gegen den Amtsinhaber Bronislaw Komorowski (62), der mit der konservativ-liberalen Regierungspartei "Bürgerplattform" (PO) verbunden ist.

Die volksnahe Art des 43-jährigen Duda war einer der Gründe für den Sieg. Er traf sich oft vor allem mit Menschen in den strukturschwachen Gebieten, während der schwerfällig wirkende Komorowski die sozialen Nöte seiner Landsleute nicht wirklich zur Kenntnis nahm und von Polens "goldenem Zeitalter" sprach. Doch trotz des Wirtschaftswachstums hadern die jungen Polen mit der Befristung von Arbeitsverträgen, die älteren leiden unter einem maroden Gesundheitssystem und knappen Renten.

Das nationalkonservative Milieu in der PiS hat Komorowski als Präsidenten nie akzeptiert und ihm nicht verziehen, dass er Präsident Lech Kaczynski im Amt folgte, der beim Flugzeugabsturz bei Smolensk 2010 starb. Der EU-Parlamentarier Duda trat dagegen mit vielen sozialpolitischen Verheißungen an, versprach ein milliardenschweres Hilfsprogramm, ohne dessen Finanzierung zu erklären. Besonders angesichts des Konflikts mit dem russischen Nachbarn fragen sich Kommentatoren, wie Duda wohl wirklich tickt. Polen war bislang ein Befürworter der Regierung in Kiew und von Sanktionen gegen Moskau. Duda sprach sich vor kurzem noch für die Entsendung von Truppen in die Ukraine aus. Um die Wähler auf dem Land milder zu stimmen, die vom russischen Lebensmittel-Embargo betroffen sind, betonte er aber jüngst die Notwendigkeit des Dialogs mit dem Kreml. Präsident Wladimir Putin gratulierte Duda in einem Telegramm zum Wahlsieg: Russland setze auf konstruktive Beziehungen zu Polen auf Basis des gegenseitigen Respekts der Interessen, schrieb er.

Auch die Mehrheit der polnischen Bischöfe ist zufrieden mit dem Erfolg des kirchennahen Konservativen. Im TV-Duell mit Komorowski berief sich Duda mehrfach auf den "Heiligen Johannes Paul II.".

Gegenüber Deutschland, so wird erwartet, dürfte der neue Präsident dagegen konfrontativer auftreten als sein Vorgänger. Dies ist auch der Wunsch vieler Anhänger Dudas.

Jerzy Buzek, der ehemalige Präsident des Europaparlaments und PO-Mitglied, sieht die Lage indes entspannt: "Ich glaube nicht, dass sich durch die Wahl an der Außenpolitik Polens viel ändert." Doch anders sähe es aus, würden die Parlamentswahlen im Oktober nach Dudas überraschendem Erfolg ebenfalls von der PiS gewonnen. Wie Wahlkampfleiterin Beata Szydlo erklärte, soll PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski noch einmal antreten: "Er ist ein politisches Genie, er hat bewirkt, dass Andrzej Duda Präsident geworden ist." Der Zwillingsbruder des verstorbenen Präsidenten bestimmte von 2005 bis 2007 als Parteichef und Premier die Politik des Landes und griff seine Gegner mit polizeistaatlichen Methoden an.

Das liberale Polen beginnt sich nun zu fürchten. Eine gewichtige Rolle wird zudem Pawel Kukiz spielen: Der Ex-Rocksänger vermochte in der ersten Wahlrunde mehr als 20 Prozent der Stimmen gewinnen. Er könnte nach der geplanten Parteigründung mit der PiS koalieren.

(RP)
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