London Cameron und Merkel wollen EU reformieren

London · Bei ihrem Treffen in London werben beide Politiker für ein Freihandelsabkommen mit den USA.

Der erste Auslandsbesuch der Bundeskanzlerin im neuen Jahr führte Angela Merkel gestern nach London. Dort sprach sie mit ihrem Amtskollegen David Cameron über die Vorbereitung des G 7-Gipfels, der im Juni im bayerischen Schloss Elmau stattfinden wird. Doch vor den Gesprächen ging es erst einmal ins British Museum, wo sich die Regierungschefs die Ausstellung "Germany: Memories of a Nation" ("Erinnerungen einer Nation") anschauten, die den Briten anhand von 200 Exponaten die Geschichte Deutschlands erklärt. Die Signale waren deutlich: Man ist fest entschlossen, sich gut zu verstehen.

Das bilaterale Verhältnis zwischen Deutschland und Großbritannien ist für Cameron und Merkel wichtiger denn je. London sieht in Deutschland einen Verbündeten, der bei der Reformpolitik für die Europäische Union mithelfen soll. Berlin sieht in Großbritannien einen wichtigen Mitstreiter für Haushaltsdisziplin und den Ausbau des EU-Binnenmarkts. In einer Erklärung unterstrich man die Gemeinsamkeiten: Die "Konsolidierung unserer öffentlichen Finanzen" müsse fortgesetzt werden, gleichzeitig will man die EU "stabiler und wettbewerbsfähiger machen, als sie es heute ist". Regulierungsvorschriften, die die Wirtschaft behindern, sollen abgebaut, Handelshemmnisse beseitigt und das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA noch in diesem Jahr beschlossen werden.

So weit, so vereint. Die persönliche Chemie zwischen den beiden Politikern ist hervorragend. Cameron und Merkel verstehen sich so gut, dass mittlerweile das Wort vom "naughty nephew", vom frechen Neffen, die Runde macht: Als solcher wird Cameron gesehen, dem "Mutti" Merkel gerne verzeiht, wenn er europapolitisch über die Stränge schlägt, weil sie denkt, dass Camerons Herz schon am rechten Fleck sitzt. Trotzdem wird die Kanzlerin ihre europapolitischen Grundsätze nicht vergessen und dem britischen Premier nicht aus purer Zuneigung Schützenhilfe für dessen EU-Reformpolitik geben.

Vor allem an den Themen EU-Migration und Freizügigkeit will Merkel nicht rütteln: Wenn es um den Missbrauch beim sogenannten Sozialhilfetourismus geht, dann müsse man sich das anschauen. Eine Einschränkung des fundamentalen Rechts auf Freizügigkeit, wie Cameron es in der Vergangenheit angedeutet hatte, wäre mit Merkel ebenfalls nicht zu machen.

Cameron hat mehrfach betont, dass er eine Nachverhandlung bestehender EU-Verträge ansteuert. Er wolle sicherstellen, dass die Euro-Zone künftig nicht die Regeln des Binnenmarktes auf Kosten der Nicht-Euro-Länder ändern kann. Berlin will sich diesen Vorstellungen nicht verschließen. Sollte aber eine Änderung des Lissabon-Vertrages nötig sein, wäre Deutschland nicht mit im Boot: Eine Ratifizierung einer solchen Vertragsänderung in allen EU-Mitgliedsstaaten wäre kaum durchsetzbar.

(RP)
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