Angst vor Raucher-Basis

Als Rheinländer ist man versucht, für einen Moment zu glauben, die rot-grüne Landesregierung wäre einem Anfall pragmatischer Vernunft erlegen, als sie sich durchrang, das strikte Gaststätten-Rauchverbot nicht zum 1. Januar, sondern erst zum 1. Mai 2013 in Kraft treten zu lassen.

So werden die Karnevalssitzungen, die vielerorts schon heute vor halbleeren Sälen stattfinden, nicht mitten in der Session zusätzlich belastet. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass Rot-Grün das Gesetz aus schlichter Konfliktscheu und Angst vor der eigenen Basis auf den 1. Mai verschoben hat: Im westfälisch geprägten Ruhrgebiet, wo sich die Zentren des Widerstands gegen den Anti-Raucherkurs in den SPD-Ortsvereinen befinden, wird gar kein Karneval gefeiert (zumindest kein richtiger). Wer in der Dortmunder Nordstadt im kalten Januar mit der Zigarette vor die Tür geschickt wird, nimmt den Düsseldorfer Genossen übel, dass sie sich den Lebensstil der Grünen aufzwingen lassen. Im lauen Mai gehen die Raucher freiwillig raus. Dieses offenkundige Kalkül kann man für schlau halten. Oder für schamlos feige.

(RP)
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