Interview mit Norbert Walter-Borjans "Ankauf von Steuer-CDs ist Notwehr"

Düsseldorf · Solange er keinen Zugriff auf ausländische Bankdaten hat, will der NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans weiterhin gestohlene CDs ankaufen.

Interview mit Norbert Walter-Borjans: "Ankauf von Steuer-CDs ist Notwehr"
Foto: Hans-Juergen Bauer

NRW-Behörden kaufen gestohlene Bankdaten, um Schwarzgeldkonten aufzuspüren. Die Schweizer UBS-Bank muss jetzt 300 Millionen Euro Strafe zahlen. Ist das Ihr Erfolg?

Walter-Borjans Es ist ein Erfolg von Steuerfahndung, Staatsanwaltschaft und Landesregierung. Die Zahlung bestätigt unsere Strategie, uns über den Ankauf von Datenträgern Informationen über die Schwarzgeld-Industrie im Ausland zu beschaffen. Denn ein oft unbeachteter Nebeneffekt dieser Praxis ist, dass eben nicht nur einzelne Steuersünder auffliegen, sondern auch die Banken dahinter. Die Daten, die wir aufkaufen, enthalten eben nicht nur Informationen über Kontobewegungen, sondern zum Beispiel auch über das Schulungsmaterial, das solche Banken einsetzen. Früher wussten wir sehr wenig über das Schwarzgeld-System der ausländischen Banken. Jetzt wissen wir ganz gut Bescheid, und die Strafzahlung der UBS ist ein Ergebnis davon.

Darf NRW die 300 Millionen Euro alleine behalten?

Walter-Borjans Ja. Das Geld fließt dem NRW-Landeshaushalt zu.

Wie hoch sind die Einnahmen insgesamt, die Nordrhein-Westfalen bislang aus solchen Daten-Ankäufen zugeflossen sind?

Walter-Borjans 2011 zahlte das Geldhaus Julius Bär ein Bußgeld von 50 Millionen Euro, 2012 die Credit Suisse 150 Millionen Euro. Hinzu kommen die mit den Daten überführten Steuerstraftäter und die vielen Selbstanzeigen, die der erhöhte Fahndungsdruck ausgelöst hat. Insgesamt haben wir über die verstärkte Verfolgung von Steuerhinterziehung mit Bezug zu ausländischen Konten und zusammen mit dem Betrag der UBS in den vergangenen viereinhalb Jahren in Nordrhein-Westfalen rund 1,5 Milliarden Euro eingenommen. Mit der Auswertung der allein bislang angekauften Daten werden wir noch jahrelang beschäftigt sein - der Betrag wird also wohl noch steigen.

Kritiker finden den staatlichen Ankauf gestohlener Daten fragwürdig. Wie müsste ein Steuerabkommen aussehen, das Datenankäufe überflüssig macht?

Walter-Borjans Wir kaufen die Daten ja nicht an, weil wir diese Methode begrüßen. Das ist eine Art Notwehr. Sobald ein Steuerabkommen mit der Schweiz und anderen typischen Steuerflucht-Ländern gewährleistet, dass die Banken im Ausland unseren Steuerbehörden alle notwendigen Informationen zukommen lassen, müssen wir keine Datenträger mehr ankaufen. Dann haben wir die Informationen ja. Aber solange es ein solches Abkommen nicht gibt, werden wir den Fahndungsdruck auf die Steuerhinterzieher und die ihnen helfenden Banken mit unserer bewährten Methode aufrecht erhalten.

Haben Sie solche Steuerstraf-Einnahmen im Haushalt eingeplant?

Walter-Borjans Ja, ich habe einkalkuliert, dass die Steuerehrlichkeit wegen des erhöhten Fahndungsdruckes steigt und dass dieses Klima den Steuereinnahmen zugute kommt. Vom Verfahren gegen die UBS wusste ich schon 2013. Auch, dass mit einer Größenordnung dieser Art zu rechnen war. Das hat die Kalkulation der globalen Mehreinnahmen jedenfalls beeinflusst. Dass die Opposition diese Planung damals für unseriös hielt, lag daran, dass sie davon nichts wusste. Aber ich konnte das damals ja auch nicht öffentlich machen.

Sie haben für das laufende Jahr ein Steuer-Plus von 5,1 Prozent eingeplant. Im ersten Halbjahr betrug das Plus aber nur 0,2 Prozent. Müssen Sie Ihre Einnahmen neu planen?

Walter-Borjans Die Steuereinnahmen haben sich im ersten Halbjahr schlechter entwickelt als gedacht. Darunter hat aber neben NRW auch noch eine ganze Reihe anderer Bundesländer zu leiden. Wir analysieren das gerade und beraten entsprechende Maßnahmen.

Auch Ihre Ausgabenseite entwickelt sich anders als geplant. Sie wollten bei den Beamten 1,3 Milliarden Euro Gehalt einsparen. Das hat der Verfassungsgerichtshof verboten . . .

Walter-Borjans Es ist noch nicht klar, zu welcher zusätzlichen Belastung für den Landeshaushalt dieses Urteil führen wird. Aber die zusätzliche Belastung bei der Beamtenbesoldung erzwingt einen Nachtragshaushalt, den wir nach der Sommerpause vorlegen. Die langfristige Konsolidierung der Landesfinanzen bis zum Ende des Jahrzehnts werden wir erfolgreich weiter betreiben. Die Schuldenbremse, die ab 2020 keine neuen Schulden mehr erlaubt, gilt. Im laufenden Jahr müssen wir wegen des Urteils zur Beamtenbesoldung aber voraussichtlich mehr Schulden aufnehmen als ursprünglich geplant. Das wird sich aber erst nach den Gesprächen zeigen, die wir mit den Gewerkschaften führen werden.

Wird NRW erneut die Grunderwerbsteuer anheben?

Walter-Borjans Für eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer habe ich keine Pläne in der Schublade.

Wollen Sie 2015 Kölner Oberbürgermeister werden?

Walter-Borjans Ich habe als NRW-Finanzminister einen spannenden Job, der mich voll ausfüllt und mir Freude macht. Die Diskussionen in Köln und die Spekulationen um mögliche Kandidaturen verfolge ich mit Interesse.

(RP)
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