Persönlich Annegret Kramp-Karrenbauer

Es sei nicht mehr die Frage, ob Annegret Kramp-Karrenbauer (55) die Nachfolge Angela Merkels (63) antrete, sondern nur noch, wann dies geschehe, sagen die einen. Zu den anderen gehört die saarländische CDU-Ministerpräsidentin selbst. Sie stapelt gerne tief und hat parallel zum Start der Koalitionsverhandlungen in der "Bild am Sonntag" die Nachricht platziert, sie sei nicht unersetzlich.

Sie verpackt es in eine menschelnde Erzählung, in der sie Einzelheiten des schweren nächtlichen Verkehrsunfalles schildert, bei dem ihr Dienstwagen in einer Baustelle in einen Lkw krachte. Sie habe auf dem Rücksitz geschlafen, als es passierte und sei dann von ihrem "eigenen Schrei aufgewacht". Dann schildert sie, wie es nach Verbranntem gerochen habe und sie dann gelernt habe, dass dies von den ausgelösten Airbags gekommen sei.

Es sind solche Schilderungen, die Annegret Kramp-Karrenbauer, gemeinhin als AKK abgekürzt, mit Merkel vergleichbar machen. Da ist nichts Gekünsteltes, auch wenn sie in der Dienstlimousine durch die Republik rast. Sie bleibt auf Bodenhaftung auch unter den Großen der Politik. Das bringt Sympathiewerte, die ihr halfen, bei den letzten Landtagswahlen eine kaum noch gewinnbare Aufholjagd doch noch ins Ziel zu bringen. In den Gremien der Bundes-CDU sind die Sympathiewerte unter ihren Mitstreitern und Konkurrenten ähnlich hoch. Ihre Beiträge verliefen selten nach dem Muster, dass zwar schon alles gesagt sei, aber noch nicht von allen. Sie melde sich zumeist, wenn sie Weiterführendes oder Nachdenkenswertes zu ergänzen habe.

Der Unfall brachte sie ausgerechnet zum Höhepunkt der Sondierungen ins Krankenhaus. "Das ist, als ob man bei einer Fußball-WM im Finale plötzlich wegen einer Verletzung ausfällt", berichtet AKK - um sogleich hinterherzuschieben, dass daraus auch klargeworden sei, nicht unersetzbar zu sein.

Für ihren Eintritt in die nächste Bundesregierung spricht, dass Merkel in ihrer erkennbar letzten Amtszeit eine Nachfolgerin aufbauen könnte und ohnehin versprochen hat, das nächste Kabinett werde zur Hälfte aus Frauen bestehen. Gegen ihren sofortigen Eintritt in die Bundesregierung spricht, dass die öffentliche Meinung dann AKK auf Schritt und Tritt als Kronprinzessin beleuchten und Merkel als Auslaufmodell betrachten würde. Und es spricht dagegen, dass mit dem politischen Schwergewicht Peter Altmaier das kleine Saarland schon gut im CDU-Teil der Regierung vertreten ist.

Kein Geheimnis indes ist, dass Merkel große Stücke von AKK hält. Nicht nur, weil ihre Art ihr liegt, sondern auch ihre Entschlossenheit zu mutigen Schritten, wie etwa der Aufkündigung der Jamaika-Koalition im Saarland ohne sichere Umfragen für die absehbaren Neuwahlen. Das richtige Bauchgefühl zum entscheidenden Zeitpunkt und die nötige Durchsetzungskraft gehören jedenfalls zu den Qualitäten, die von Kanzlern erwartet werden. Und von Kanzlerinnen.

(may-)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort