Total Digital Ich spreche mit meinem Handgelenk

Meine erste Woche mit der Apple Watch: Bezahlen und Musik hören ist jetzt auch mit dem Handgelenk möglich. Auch wichtige Anrufe werden nicht mehr verpasst. Das ist alles praktisch, aber die Apple Watch ist kein Muss.

Seit einer Woche trage ich einen Mini-Computer am Handgelenk. Ich gehöre nicht zu den hartgesottenen Apple-Fans, die stets sofort die neuesten Geräte kaufen, insofern nur ein Apfel-Logo darauf zu sehen ist. Aber auf die Apple Watch war ich neugierig. Ja, ich will zu den ersten gehören, die ausprobieren, ob die smarte Uhr den Alltag bereichert und erleichtert. Dies sind meine ersten Eindrücke.

Mindestens zwei Stunden habe ich erst einmal damit verbracht, in jeder einzelnen App die Benachrichtigungen zu justieren. Mit ständigem Gepiepe am Handgelenk will ich weder mich noch andere verrückt machen. Dann habe ich das Piepen auf lautloses Vibrieren umgestellt. Jetzt vibriert es nur noch, wenn ich einen wichtigen Termin habe oder wenn mir jemand per Twitter, Facebook oder SMS eine persönliche Nachricht schickt.

Wie erwartet ist die Uhr ziemlich praktisch an der Kasse, denn überall dort, wo das bisher nur in den USA verfügbare mobile Bezahlsystem Apple Pay akzeptiert wird, kann ich jetzt meine Uhr an ein Lesegerät halten und ein heller Ton zeigt an, dass ich soeben mit meinem Handgelenk bezahlt habe. Das funktioniert zumindest bei Starbucks tatsächlich reibungslos, selbst wenn ich weder Portemonnaie noch iPhone dabei habe. Woanders habe ich es noch nicht ausprobiert.

Joggen mit Musik ist jetzt komfortabler als mit der schweren Smartphone-Binde am Oberarm, denn die Uhr kann zwei Gigabyte Musik speichern und über meine drahtlosen Bluetooth-Kopfhörer abspielen. Das reicht für mehrere Tage mit frischen Rhythmen, das iPhone kann zuhause bleiben. Auch die Parkuhren in Seattle füttere ich jetzt per Funk mit meinem Handgelenk. Mit Siri, dem Spracheingabesystem von Apple, konnte ich mich auf dem iPhone noch nie so richtig anfreunden. Doch die Uhr hat keine Tastatur, sie zwingt mich zum Reden. Es kommt mir auch schon nicht mehr ganz so bescheuert vor wie anfangs. Wahrscheinlich wird es in einigen Jahren ganz normal sein, in sein Handgelenk zu sprechen.

Noch nicht wirklich ausgereift erscheinen mir Medienapps wie die New York Times oder das Wall Street Journal auf der Apple Watch. Bei diesen Anwendungen fehlen mir Filter, um einzustellen, wofür ich persönlich benachrichtigt werden will. Muss ich wirklich sofort auf mein Handgelenk starren, weil es ein Erdbeben der Stärke 5.0 in Japan gegeben hat? Fazit nach einer Woche: Es ist nett, die Apple Watch zu haben, aber kein Muss. Außer wenn mich jemand anruft und ich wieder einmal das iPhone verlegt habe. Bisher habe ich deswegen schon manchen Anruf verpasst. Jetzt klingelt es auch an meinem Handgelenk.

Ulrike Langer ist freie Korrespondentin an der US-Westküste und Digital-Expertin. Ihre Meinung? Schreiben Sie der Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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