Düsseldorf Arbeitswelt soll familiengerechter werden

Düsseldorf · Noch immer ist es für viele Alleinerziehende schwierig, neben der Kinderbetreuung auch arbeiten zu gehen. Aber auch Paare haben das Problem. Ein Elternteil muss oft zu Hause bleiben. Die Parteien im NRW-Landtag wollen das ändern.

Zwei Jahre lang haben die zwölf Mitglieder der parteiübergreifenden Enquetekommission über die Zukunft der Familienpolitik in NRW beraten. Herausgekommen ist ein 312-seitiger Bericht, der gestern vorgestellt wurde. Nach Angaben der Mitglieder sind die Ergebnisse zu 90 Prozent im Konsens aller Parteien zustande gekommen. Die in dem Bericht aufgeführten Vorschläge werden dem Parlament vorgelegt. Es entscheidet dann darüber, was umgesetzt wird und was nicht. Die zentralen Eckpfeiler des Berichts.

Gleichstellung unverheirateter und verheirateter Paare Familien leiden gegenüber kinderlosen Paaren oder Alleinstehenden laut der Kommission unter einer "strukturellen Rücksichtslosigkeit". Demnach ist es für Familien nachteilig, dass sie den größten Teil der Ausbildungskosten für ihre Kinder übernehmen müssen, obwohl am Ende die gesamte Gesellschaft von gut ausgebildeten Nachwuchskräften profitiert. Lösungsvorschläge schlägt die Kommission unter dem Punkt "Entwicklungschancen" vor. Doch auch die ungleiche steuerliche Behandlung der verschiedenen Familienformen soll abgeschafft werden. Verheiratete Eltern mit Kindern seien noch immer besser gestellt als unverheiratete oder Alleinerziehende. Entsprechende Änderungen seien aber nur auf Bundesebene möglich.

Digitalisierung nutzen Bei der Vereinbarung von Arbeit und Familienleben sieht die Kommission Nachholbedarf: "Die Arbeitswelt muss familiengerechter werden und nicht die Familien arbeitsmarktgerechter", sagte die Vorsitzende der Kommission, Ingrid Hack (SPD). Und dies solle sowohl für Männer als auch für Frauen gelten. Denn noch immer entschieden sich Letztere doch häufig für einen Teilzeitjob, so der Sprecher der CDU-Fraktion, Walter Kern. So wird privaten und öffentlichen Arbeitgebern etwa verstärkt empfohlen, die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen und Homeoffice-Arbeitsplätze auszuweiten. Zudem sollen die Kommunen dafür sensibilisiert werden, die Ressource Zeit bei Familien vermehrt zu berücksichtigen und so etwa für eine bessere Infrastruktur vor Ort sorgen.

Lebensraum mitgestalten "Unabhängig von ihrem Wohnort sollen Familien eine hohe Qualität ihrer Lebensführung erfahren", heißt es in dem Bericht. Dies impliziert zunächst die Schaffung von ausreichend bezahlbarem Wohnraum - gerade auch für Mehrkind- und Großfamilien. Zudem soll Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit gegeben werden, an der Gestaltung ihres Wohnraums mitzuwirken, um ihren Wünschen und Bedürfnissen gerecht zu werden. Schulhöfe könnten laut des Berichts so etwa zu Frei- und Spielflächen umgebaut werden. Außerdem sollen Schüler in NRW aus Sicht aller fünf Landtagsfraktionen einen verbindlichen freien Nachmittag pro Woche haben. Entstehe dadurch Betreuungsbedarf, solle dieser durch entsprechende Angebote gedeckt werden.

Kostenlose Kita und Hochschule Die Kommission fordert, dass alle Kinder und Jugendlichen in NRW die gleichen Entwicklungs- und Bildungschancen haben müssen - unabhängig von Herkunft und Wohnort. "Betreuung und Bildung dürfen nicht vom Einkommen der Eltern abhängen", sagte Wolfgang Jörg, Sprecher der SPD-Fraktion. Gebühren von der Kita bis zu Hochschule sollten also abgeschafft werden. Zwar stimmen dem weitgehend auch CDU- und FDP-Fraktion zu. Sie setzen aber ebenso auf die Förderung der Qualität der Angebote. "Es soll erst bessere Bildungsangebote und mehr verlässliche Ganztagsplätze geben. Erst danach kann die Beitragsfreiheit in den Blick genommen werden", heißt es etwa im Sondervotum der FDP. Daniel Düngel, Sprecher der Piraten-Partei, ging noch einen Schritt weiter. Er sprach sich für die mögliche Einführung einer finanziellen Kindergrundsicherung aus.

Ferienbetreuung ausweiten Familienmitglieder, vornehmlich Eltern, sollen sich regenerieren können und gesund bleiben. Daher schlägt die Kommission etwa vor, vermehrt Betreuungsangebote für Kinder während der Ferien anzubieten. Zudem soll das Land die Kommunen dabei unterstützen, vermehrt Familientickets zur Verfügung zu stellen. Eltern und ihre Kinder sollen so - unabhängig von der Anzahl der Kinder - ermäßigten Eintritt in Kultur- und Freizeiteinrichtungen bekommen.

Mehr Effizienz Um die Familienförderung in NRW voranzutreiben, fordert die Enquetekommission eine effiziente Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen, um so einheitliche gesetzgeberische Maßnahmen und Verwaltungsakte realisieren zu können.

(sno)
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