Gesten der Versöhnung beim G-8-GipfelStrahlender Gerhard Schröder trifft US-Präsident Bush
Evian/St. Petersburg (rpo). Beim G8-Gipfel ist Bundeskanzler Gerhard Schröder zum zweiten Mal an diesem Wochenende mit US-Präsident Bush zusammengetroffen. Schröder traf nach dem SPD-Parteitag verspätet, aber bestens gelaunt in Evian ein. Der Handschlag mit Bush war nicht die einzige versöhnliche Geste des Gipfels. Die Staats- und Regierungschefs der G 8 gratulierten Bundeskanzler Gerhard Schröder am Sonntagabend zu seinem Erfolg auf dem SPD-Sonderparteitag. Als der SPD-Parteivorsitzende verspätet beim G-8-Gipfel im französischen Evian eintraf, würdigte ihn Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac für seine "Reform- Agenda 2010" unter dem Beifall aller Anwesenden, einschließlich US- Präsident George W. Bush. Dabei gab Bush Schröder erneut die Hand. Der Kanzler lächelte und strahlte sichtlich gelöst. Nach dem tiefen Zerwürfnis wegen des Irak- Krieges war schon das erste Zusammentreffen der beiden am Sonnabend bei den 300-Jahr-Feiern im russischen Sankt Petersburg mit Spannung erwartet worden. Auch hier hatte Bush Schröder die Hand gereicht.Erstmals nach den Zerwürfnissen in der Irak-Krise wollen sich die führenden sieben Industriestaaten und Russland (G 8) ihrer Verantwortung in der schweren Weltwirtschaftskrise stellen. Auch im Kampf gegen den internationalen Terrorismus wollen sie zusammenstehen. Das zeichnete sich am Sonntag nach dem ersten Treffen der Staats- und Regierungschefs im französischen Evian ab. Der Gipfel beginnt offiziell an diesem Montag und wird auch über die regionalen Krisenherde beraten. Bei teilweise gewalttätigen Demonstrationen gegen das Treffen wurden in Lausanne und Genf mehrere hundert Menschen vorläufig festgenommen. Ein Demonstrant wurde schwer verletzt, als die Polizei ein Seil bei einer Autobahnblockade zerschnitt. Nach unterschiedlichen Schätzungen gingen in der Schweiz und Frankreich zwischen 40 000 und 100 000 Demonstranten auf die Straße. US-Präsident George W. Bush will die Terrorbedrohung beim Gipfel zum zentralen Thema machen, wie aus amerikanischen Delegationskreisen verlautete. Dabei wollen die USA eine Reihe von Initiativen zum Kampf gegen den Terror ankündigen. "Was die Sicherheitsfragen angeht, erwarten wir von den G-8-Politikern, das sie eine Serie von Initiativen billigen werden, überwiegend Sicherheitsinitiativen, die für den Antiterrorkrieg extrem wichtig sind", sagte ein US-Regierungsbeamter. Weltwirtschaftskrise das zentrale ThemaFür Frankreichs Staatspräsidenten Jacques Chirac ist die Weltwirtschaftskrise das zentrale Thema. "Evian soll das Vertrauen in die Wirtschaft fördern", sagte eine Sprecherin Chiracs. Dagegen wollen sich die USA nach den Delegationsangaben bei dem Thema zurückhalten. "Die USA sind jetzt praktisch die einzige Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft. Wir haben bei uns mit der Steuer- und Finanzpolitik entscheidende Zeichen gesetzt", sagte ein Regierungsbeamter. Die G 8 kamen am Sonntag mit 13 Schwellen- und Entwicklungsländern aus Afrika, Südamerika und Asien zusammen. Unter ihnen waren die Staats- und Regierungschefs aus China, Indien, Brasilien, Mexiko, Nigeria und Saudi-Arabien. Chirac würdigte den Meinungsaustausch als fruchtbar und kündigte an, dass Frankreich seine Hilfe für den internationalen Anti-Aids-Fonds verdreifachen werde. Er gehe davon aus, dass die Europäische Union so wie die USA eine Milliarde Dollar jährlich für den internationalen Kampf gegen Aids bereitstellen werde. Das Experiment eines "erweiterten Dialogs" vor dem offiziellen Gipfel werde sich bei den weiteren Beratungen als Entscheidungshilfe auszahlen, sagte Chirac. Als historisch lobte er das von Bush angekündigte Milliarden-Programm zur Aids-Bekämpfung in den kommenden fünf Jahren. Bush hatte 15 Milliarden Dollar zugesagt, von denen fünf Milliarden an den Welt-Aids-Fonds gehen sollen. Frankreich erhöht seinen Beitrag auf 150 Millionen Euro jährlich. Afrika zu eigenen Friedenseinsätzen befähigenAls weiteren Hilfsbeitrag für Afrika will die G 8 künftig den Schwarzen Kontinent zu eigenen Friedenseinsätze befähigen. In einem am Sonntag vorab veröffentlichten Entwurf über den bisherigen Stand der Afrika-Hilfe hieß es, die G 8 wolle "Afrikas Vision für eine Friedens- und Sicherheitsinfrastruktur" auf den Weg bringen. Zu diesem gemeinsamen G-8-Afrika-Plan gehört unter anderem die Aufstellung und Ausbildung "multinationaler Bereitschafts-Brigaden". Bei einem Treffen in St. Petersburg räumten die USA und Russland am Sonntag ihren Streit in der Irak-Frage aus. Bush forderte Iran und Nordkorea erneut auf, ihre Atomwaffenprogramme einzustellen. Er sei sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einig, dass diese Programme eine Bedrohung darstellten, sagte Bush. Auch Chirac teile die amerikanischen Bedenken. "Iran muss sich zu der Besorgnis der Welt äußern", sagte die Sprecherin Chiracs. Die USA suchen beim Gipfel auch Unterstützung für ihre harte Linie gegen Iran. So bekräftigte kurz vor Beginn des Treffens US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice die Vorwürfe, Iran unterstütze den Terrorismus im Nahen Osten und entwickle Nuklearwaffen. "Wir müssen handeln. Wir dürfen nie wieder in die gleiche Situation kommen wie im Irak", sagte sie. Auch das Thema der Nicht-Verbreitung von Massenvernichtungswaffen steht am Montag an.