Alle Politik-Artikel vom 01. Juni 2003
Strahlender Gerhard Schröder trifft US-Präsident Bush

Gesten der Versöhnung beim G-8-GipfelStrahlender Gerhard Schröder trifft US-Präsident Bush

Evian/St. Petersburg (rpo). Beim G8-Gipfel ist Bundeskanzler Gerhard Schröder zum zweiten Mal an diesem Wochenende mit US-Präsident Bush zusammengetroffen. Schröder traf nach dem SPD-Parteitag verspätet, aber bestens gelaunt in Evian ein. Der Handschlag mit Bush war nicht die einzige versöhnliche Geste des Gipfels. Die Staats- und Regierungschefs der G 8 gratulierten Bundeskanzler Gerhard Schröder am Sonntagabend zu seinem Erfolg auf dem SPD-Sonderparteitag. Als der SPD-Parteivorsitzende verspätet beim G-8-Gipfel im französischen Evian eintraf, würdigte ihn Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac für seine "Reform- Agenda 2010" unter dem Beifall aller Anwesenden, einschließlich US- Präsident George W. Bush. Dabei gab Bush Schröder erneut die Hand. Der Kanzler lächelte und strahlte sichtlich gelöst. Nach dem tiefen Zerwürfnis wegen des Irak- Krieges war schon das erste Zusammentreffen der beiden am Sonnabend bei den 300-Jahr-Feiern im russischen Sankt Petersburg mit Spannung erwartet worden. Auch hier hatte Bush Schröder die Hand gereicht.Erstmals nach den Zerwürfnissen in der Irak-Krise wollen sich die führenden sieben Industriestaaten und Russland (G 8) ihrer Verantwortung in der schweren Weltwirtschaftskrise stellen. Auch im Kampf gegen den internationalen Terrorismus wollen sie zusammenstehen. Das zeichnete sich am Sonntag nach dem ersten Treffen der Staats- und Regierungschefs im französischen Evian ab. Der Gipfel beginnt offiziell an diesem Montag und wird auch über die regionalen Krisenherde beraten. Bei teilweise gewalttätigen Demonstrationen gegen das Treffen wurden in Lausanne und Genf mehrere hundert Menschen vorläufig festgenommen. Ein Demonstrant wurde schwer verletzt, als die Polizei ein Seil bei einer Autobahnblockade zerschnitt. Nach unterschiedlichen Schätzungen gingen in der Schweiz und Frankreich zwischen 40 000 und 100 000 Demonstranten auf die Straße. US-Präsident George W. Bush will die Terrorbedrohung beim Gipfel zum zentralen Thema machen, wie aus amerikanischen Delegationskreisen verlautete. Dabei wollen die USA eine Reihe von Initiativen zum Kampf gegen den Terror ankündigen. "Was die Sicherheitsfragen angeht, erwarten wir von den G-8-Politikern, das sie eine Serie von Initiativen billigen werden, überwiegend Sicherheitsinitiativen, die für den Antiterrorkrieg extrem wichtig sind", sagte ein US-Regierungsbeamter. Weltwirtschaftskrise das zentrale ThemaFür Frankreichs Staatspräsidenten Jacques Chirac ist die Weltwirtschaftskrise das zentrale Thema. "Evian soll das Vertrauen in die Wirtschaft fördern", sagte eine Sprecherin Chiracs. Dagegen wollen sich die USA nach den Delegationsangaben bei dem Thema zurückhalten. "Die USA sind jetzt praktisch die einzige Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft. Wir haben bei uns mit der Steuer- und Finanzpolitik entscheidende Zeichen gesetzt", sagte ein Regierungsbeamter. Die G 8 kamen am Sonntag mit 13 Schwellen- und Entwicklungsländern aus Afrika, Südamerika und Asien zusammen. Unter ihnen waren die Staats- und Regierungschefs aus China, Indien, Brasilien, Mexiko, Nigeria und Saudi-Arabien. Chirac würdigte den Meinungsaustausch als fruchtbar und kündigte an, dass Frankreich seine Hilfe für den internationalen Anti-Aids-Fonds verdreifachen werde. Er gehe davon aus, dass die Europäische Union so wie die USA eine Milliarde Dollar jährlich für den internationalen Kampf gegen Aids bereitstellen werde. Das Experiment eines "erweiterten Dialogs" vor dem offiziellen Gipfel werde sich bei den weiteren Beratungen als Entscheidungshilfe auszahlen, sagte Chirac. Als historisch lobte er das von Bush angekündigte Milliarden-Programm zur Aids-Bekämpfung in den kommenden fünf Jahren. Bush hatte 15 Milliarden Dollar zugesagt, von denen fünf Milliarden an den Welt-Aids-Fonds gehen sollen. Frankreich erhöht seinen Beitrag auf 150 Millionen Euro jährlich. Afrika zu eigenen Friedenseinsätzen befähigenAls weiteren Hilfsbeitrag für Afrika will die G 8 künftig den Schwarzen Kontinent zu eigenen Friedenseinsätze befähigen. In einem am Sonntag vorab veröffentlichten Entwurf über den bisherigen Stand der Afrika-Hilfe hieß es, die G 8 wolle "Afrikas Vision für eine Friedens- und Sicherheitsinfrastruktur" auf den Weg bringen. Zu diesem gemeinsamen G-8-Afrika-Plan gehört unter anderem die Aufstellung und Ausbildung "multinationaler Bereitschafts-Brigaden". Bei einem Treffen in St. Petersburg räumten die USA und Russland am Sonntag ihren Streit in der Irak-Frage aus. Bush forderte Iran und Nordkorea erneut auf, ihre Atomwaffenprogramme einzustellen. Er sei sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einig, dass diese Programme eine Bedrohung darstellten, sagte Bush. Auch Chirac teile die amerikanischen Bedenken. "Iran muss sich zu der Besorgnis der Welt äußern", sagte die Sprecherin Chiracs. Die USA suchen beim Gipfel auch Unterstützung für ihre harte Linie gegen Iran. So bekräftigte kurz vor Beginn des Treffens US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice die Vorwürfe, Iran unterstütze den Terrorismus im Nahen Osten und entwickle Nuklearwaffen. "Wir müssen handeln. Wir dürfen nie wieder in die gleiche Situation kommen wie im Irak", sagte sie. Auch das Thema der Nicht-Verbreitung von Massenvernichtungswaffen steht am Montag an.

Bush und Schröder reden wieder miteinander

Kurzer Wortwechsel und Handschlag auf G8-GipfelBush und Schröder reden wieder miteinander

St. Petersburg/Berlin (rpo). Auf dem G8-Gipfel in Evian haben Bundeskanzler Gerhard Schröder und US-Präsident George W. Bush erstmals seit einem halben Jahr wieder miteinander gesprochen. Zu dem Smalltalk inklusive Handschlag kam es am Rande des Abendessens.Beim G-8-Gipfel in Evian, der am Sonntag begann, werden sie erstmals wieder zusammen an einem Verhandlungstisch sitzen. Ein bilaterales Gespräch zwischen den beiden ist allerdings nicht geplant. Schröder und Bush hatten sich zuletzt im vergangenen November beim NATO-Gipfel in Prag getroffen und seitdem wegen der Meinungsverschiedenheiten im Irak-Konflikt nicht mehr direkt miteinander gesprochen. Bei dem Abendessen mit insgesamt rund 40 Staats- und Regierungschefs im Schloss Peterhof ging Bush nach Angaben aus deutschen Delegationskreisen auf Schröder zu, reichte ihm die Hand und fragte: "How are you?" ("Wie geht's?"). Anschließend hätten beide ein paar Worte gewechselt. Beim Essen selbst saßen beide allerdings nicht miteinander an einem Tisch. Bush durfte beim Gastgeber, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, Platz nehmen. Schröder speiste mit dem österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, EU-Kommissionspräsident Romano Prodi und dem belgischen Ministerpräsidenten Guy Verhofstadt. Erler: "Vereinte Nationen instrumentalisiert" Mit Bestürzung hatten deutsche Politiker zuvor das amerikanische Eingeständnis aufgenommen, Massenvernichtungswaffen in Irak seien nur einer von mehreren Kriegsgründen gewesen. SPD-Fraktionsvize Gernot Erler sagte, dies laufe darauf hinaus, dass die USA die Vereinten Nationen instrumentalisiert hätten. Mit dem Wandel in der Argumentation stehe die Glaubwürdigkeit der USA und Großbritanniens auf dem Spiel, erklärte Erler der "Berliner Zeitung" (Samstagausgabe). Es müsse geklärt werden, warum sich US-Präsident George W. Bush vor dem Krieg "hundertprozentig sicher" gezeigt habe, dass Irak über Massenvernichtungswaffen verfüge, jetzt aber keine dort gefunden würden. Der CDU-Parlamentarier Elmar Brok, sprach von "Schaden für die Zukunft", weil in den Augen der Bevölkerung mit falschen Gefahrenanalysen gearbeitet worden sei. Der europapolitische Sprecher der Union, Peter Hintze, warnte davor, wegen der Kontroverse in alte Lager zurückzufallen. Nun müssten Gemeinsamkeiten gesucht werden. Der stellvertretende US-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz versuchte unterdessen, den über seine Äußerungen entstandenen Eindruck zu relativieren.

G-8-Gipfel: Gewalt und Tränengas

Gewalttäter zerstörten GeschäfteG-8-Gipfel: Gewalt und Tränengas

Genf/Lausanne/Annemasse (rpo). Kein Weltwirtschaftsgipfel ohne Gewalt: Mehrere zehntausend Globalisierungskritiker haben am Sonntag in der Schweiz und Frankreich zum Teil gewaltsam gegen den G-8-Gipfel von Evian protestiert.Nach der weitgehend friedlichen Großkundgebung mit 20 000 bis 30 000 Teilnehmern kam es am Sonntagnachmittag in Genf zu gewalttätigen Nach-Demonstrationen. Die Polizei setzte Tränengas ein und riegelte Teile der Stadt ab. Über Genf patrouillierten Hubschrauber. Auch in Lausanne und der französischen Stadt Annemasse ging die Polizei nach Ausschreitungen und Blockaden mit Tränengas und Gummigeschossen gegen gewaltbereite Demonstranten vor. In Lausanne gelang es den Sicherheitskräften erst nach Stunden, die kleinen und gut organisierten Gruppen von vermummten Randalierern aus der Innenstadt zu vertreiben. Eine für Sonntagnachmittag geplante Demonstration wurde verboten. Bei einer Blockade der Autobahn bei Aubonne am Genfer See stürzte ein Teilnehmer von einer Brücke und verletzte sich schwer. Losungen gegen die Globalisierung Dagegen verlief die Großkundgebung der Globalisierungskritiker an der schweizerisch-französischen Grenze weitgehend friedlich. Nach unterschiedlichen Angaben waren zwischen 20 000 und 30 000 Demonstranten von Genf und Annemasse aufgebrochen, um sich bei Thonex an der Grenze zu einem Gegengipfel zu vereinen. Die Teilnehmer skandierten Losungen gegen die Globalisierung sowie für Frieden und einen Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt. Auf Transparenten hieß es "Krieg den G 8" und "Widerstand gegen den Kapitalismus" und "Ende der Besatzung des Iraks". Die Organisatoren des Protestmarsches hatten mit mehr als 100 000 Teilnehmern gerechnet. Nach Polizeiangaben zerstörte eine kleine Gruppe von 200 bis 300 vermummten Jugendlichen Schaufensterscheiben und Garagen und beschädigte eine Tankstelle. Schon in der Nacht zum Sonntag hatten rund 300 radikale Jugendliche in der Genfer Innenstadt randaliert. Sie zerstörten in den teuren Einkaufspassagen Schaufensterscheiben und versuchten, Geschäfte in Brand zu stecken. Außerdem wollten sie im Finanzamt und Rathaus Feuer legen. Sie warfen außerdem zwei Molotow-Cocktails gegen die Genfer Kantonsverwaltung. Die Polizei sprach von gut organisierten Gruppen. Als Reaktion auf die Ausschreitungen schützten am Sonntag mehrere Hundert Polizisten mit Gummiknüppeln das Geschäfts- und Bankenviertel am Genfer See. Straßenschlachten zwischen Demonstranten und der PolizeiIn Lausanne und Annemasse kam es am Sonntag teilweise zu Straßenschlachten zwischen gewaltbereiten Demonstranten und der Polizei. In Lausanne, wo viele Teilnehmer des G-8-Gipfels in Hotels untergebracht sind, hatten mehr als 300 vermummte Jugendliche eine Tankstelle und ein Lager geplündert und die Einsatzkräfte mit Steinen beworfen. Diese reagierten mit Tränengas und Gummigeschossen. Die für Sonntagnachmittag geplante Protestkundgebung gegen den G-8-Gipfel wurde verboten. Erst nach einem stundenlangen Einsatz gelang es den Polizeikräften, die Randalierer aus der Innenstadt zu vertreiben. Diese hatten Barrikaden errichtet und Container angezündet. Sicherheitskräfte nahmen in den Zeltlagern am Stadtrand mehrere Personen fest, die der Plünderung und Sachbeschädigung verdächtig waren. In Genf, Morges, Lausanne und Annemasse versuchten Globalisierungskritiker am Sonntagmorgen, mit Blockaden eine Anreise der Delegationen des Weltwirtschaftsgipfels auf dem Landweg von Genf nach Evian zu verhindern. In Genf blockierten sie vier Brücken. In Annemasse setzte die Polizei gegen Demonstranten, die die Zufahrt nach Evian sperren wollen, Tränengas ein. Großfeuer um den Genfer SeeIn der Nacht zum Sonntag hatten Globalisierungskritiker 50 Großfeuer rund um den Genfer See angezündet, um ihren Widerstand gegen den G-8-Gipfel auszudrücken.

Klares Votum für Schröders Reform-Agenda

Schröder ziegt Basis auf seine SeiteKlares Votum für Schröders Reform-Agenda

Berlin (rpo). Der Kampf beim SPD-Agenda-Parteitag ist gewonnen: Mit deutlicher Mehrheit votierten die SPD-Delegierten für Bundeskanzler Gerhard Schröders Reformkurs.Im wochenlangen Streit der SPD um die Agenda 2010 hat sich Bundeskanzler Gerhard Schröder auf ganzer Linie durchgesetzt. Ein Sonderparteitag beschloss am Sonntag in Berlin mit unerwartet großer Mehrheit Schröders Reformkonzept ohne jede Abstriche. Der Abstimmung ging ein eindringlicher Appell des SPD-Vorsitzenden an die Basis voraus, seine Pläne inklusive der drastischen Einschnitte ins soziale Netz mitzutragen. Sämtliche Korrekturwünsche der Linken wurden zurückgewiesen. Für Schröders Agenda votierten nach Angaben des Parteitagspräsidiums 80 bis 90 Prozent der Delegierten - klar mehr als von der SPD-Führung erwartet. Schröder, der die Zustimmung der Basis zu seinen Ideen mit dem Verbleib im Kanzleramt verknüpft hatte, verzichtete in seiner kämpferischen Rede auf eine neuerliche Rücktrittsdrohung. Er sagte, es gehe nicht um einen Abschied von sozialdemokratischen Werten, sondern um die Modernisierung Deutschlands im Interesse künftiger Generationen. "Das Signal, das wir die Kraft dazu haben, muss von diesem Parteitag ausgehen." Die Agenda markiere eine "wirkliche politische Zäsur". Schröder ziegt Basis auf seine SeiteSchröder gelang es, die Basis in allen Kampfabstimmungen auf seine Seite zu ziehen. Beim Krankengeld müssen sich die Arbeitnehmer künftig allein absichern: der Arbeitgeberanteil entfällt, was die Linken als "pure Lohnminderung" kritisierten. Die Übergangslösung beim Arbeitslosengeld für über 55-Jährige wird nicht erweitert. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement verteidigte Schröders Plan und betonte, zur Abfederung der Kürzung seien "Gürtel, noch ein Gürtel und Hosenträger" eingezogen worden. Der Kündigungsschutz wird gelockert. Ein Gegenantrag, die Agenda zurückzuziehen und einen neuen Entwurf mit den Gewerkschaften zu erarbeiten, wurde zurückgewiesen. Alle Bundesminister, die das Wort ergriffen, und zahlreiche SPD-Spitzenpolitiker der Länder unterstützten Schröder. Die Linken kritisierten die Agenda erneut als sozial ungerecht und beharrten auf einer stärkeren Steuerlast für Reiche. Wortführerin Andrea Nahles kündigte weiteren Widerstand an: "Wir sind kein Nickdackel, der immer nickt." "Wir sind die Kraft in Deutschland, die reformfähig und reformwillig ist"Nach Worten Schröders bewies die SPD mit ihrem klaren Ja: "Wir sind die Kraft in Deutschland, die reformfähig und reformwillig ist." Der Kanzler appellierte an die Sozialdemokraten, den Realitäten ins Auge zu sehen. Die Zeit des "irgendwie werden wir schon durchkommen" sei vorbei. "Wer glaubt, mit dieser Haltung Probleme lösen zu können, der irrt. Der macht sich, - aber schlimmer noch - er macht anderen etwas vor." Die Bundesrepublik müsse von manchem Abschied nehmen, "was uns lieb, leider manchmal auch zu teuer geworden ist". Die SPD müsse anerkennen, dass die Massenarbeitslosigkeit nicht nur auf die Konjunkturschwäche zurückgehe, sondern auch auf strukturelle Probleme, betonte Schröder. Nur mit einem "hohen Maß an Geschlossenheit" könne die SPD Regierungsfähigkeit belegen und Vertrauen der Bevölkerung zurückgewonnen werden. Schröder warnte die SPD davor, Glaubwürdigkeit zu verlieren. Die Partei müsse darauf achten, dass der interne Streit über die Agenda nicht als Zerrissenheit und Handlungsunfähigkeit wahrgenommen werde. Die schärfsten Gegner der Sozialdemokraten seien mitunter nicht die Opposition, sondern Resignation und Pessimismus. Reaktionen:Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer erneuerte seine Kritik an der Reform-"Agenda 2010". Sommer kündigte in Berlin an, die kommenden Monate intensiv zu nutzen, um mit der SPD, den Grünen und der Union "vernünftige Wege aus der Krise zu diskutieren". Die SPD habe die Tür für eine solche Zukunftsdebatte mit dem Perspektivantrag aufgestoßen. "Die anderen Parteien sollten ihr darin folgen." Sommer kritisierte allerdings, dass der geplante "Sozialabbau weder geeignet ist, die Wirtschaft zu beleben noch den Arbeitsmarkt in Schwung zu bringen". Die CSU sieht in der von der SPD am Sonntag mit großer Mehrheit angenommenen Sozialreform "Agenda 2010" keinen großen Wurf. "Wir brauchen in Deutschland dringend Reformen", sagte CSU-Generalsekretär Thomas Goppel. Doch die SPD bleibe mit ihren nun verabschiedeten Plänen weit hinter dem zurück, "was unser Land wirklich fit machen würde". Goppel betonte: "Was jetzt vorliegt, ist der schmale Ansatz eines verwässerten Mini-Reförmchens." Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hat die von der SPD verabschiedete Reform-"Agenda 2010" als "Minimalkonzept" bezeichnet. Verbandspräsident Ludwig Georg Braun sagte am Sonntag zu den Beschlüssen des SPD-Sonderparteitags: "Diesem Einstieg müssen weitere noch deutlichere Schritte zur Sanierung der öffentlichen Haushalte und der sozialen Sicherungssysteme in Deutschland folgen." Bereits jetzt habe die finanzwirtschaftliche Realität des Landes die Ziele der Agenda 2010 überholt, meinte Braun. Der Grünen-Politiker Rezzo Schlauch hat die rasche Umsetzung der SPD-"Agenda 2010" gefordert und weitere Reformschritte angemahnt. "Das ist erst der Anfang", sagte der Staatssekretär im Arbeitsministerium dem Berliner "Tagesspiegel" (Montag). "Insbesondere bei der Rente haben wir in dieser Amtsperiode noch weiteren Reformbedarf." Die "Agenda 2010" stelle nur "einen ersten, wenngleich sehr wichtigen Schritt zur Sanierung der Sozialsysteme" dar, erklärte der Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung. FDP-Fraktionschef Gerhardt hat die SPD-Reformagenda-2010 als nicht weit reichend genug kritisiert, aber dennoch ihre schnelle Umsetzung gefordert. "Angesichts der dramatischen Lage auf dem Arbeitsmarkt müssen die von der SPD beschlossenen Minimal-Reformen schnell in konkrete Gesetzgebungsverfahren münden", erklärte Gerhardt am Sonntag in Berlin. Die FDP sei deshalb auch zu Sondersitzungen des Bundestags während der Sommerpause bereit.

NRW: Grüne stellen Ultimatum an SPD

NRW: Grüne stellen Ultimatum an SPD

Düsseldorf (rpo). Die Koalitions-Krise in Nordrhein-Westfalen schwelt weiter. Die Grünen haben nun der SPD für die Fortsetzung ihrer Koalition ein Zwei-Wochen-Ultimatum gestellt."Die SPD muss auf ihrem Parteitag in zwei Wochen klar sagen, ob sie die Koalition mit uns fortsetzen will oder nicht", sagte Grünen-Landeschef Frithjof Schmidt dem Nachrichtenmagazin "Focus". Die SPD beharrt jedoch auf ihrem Zeitplan, der eine inhaltliche Klärung der Koalitionskrise bis Mitte Juli vorsieht. Ein Treffen von SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrück mit den SPD- Bundestagsabgeordneten aus Nordrhein-Westfalen am Sonntag am Rande des SPD-Sonderparteitags in Berlin war abgesagt worden. Dies galt auch für einen weiteren am Dienstag in Berlin vorgesehenen Termin. Aus der NRW-Landesgruppe im Bundestag hieß es am Rande des SPD- Parteitages in Berlin, man wolle den bis Mitte Juli vorgesehenen "Klärungsprozess" in der Koalition abwarten. Grüne wollen keinen neuen KoalitionsvertragDie Grünen erteilten einer Neufassung des Koalitionsvertrages mit der SPD eine Absage. Eine Neujustierung des Vertrags komme nicht in Frage, sagten Schmidts Co-Landesvorsitzende Britta Hasselmann und der Grüne Bauminister Michael Vesper in Interviews. Landesverkehrsminister Axel Horstmann (SPD) sprach sich unterdessen für den Fortbestand des Bündnisses aus. Der SPD- Landesvorsitzende Harald Schartau hielt in der "Bild am Sonntag" am Zeitplan fest, der bis Mitte Juli eine Klärung der Probleme vorsieht. Bis dahin müssten inhaltliche Fragen etwa zum Metrorapid, zum Ausbau der Flughäfen oder zum Abbau von Bürokratie beantwortet sein. Die Chancen für den Fortbestand der Koalition sehe er "wieder besser als 50:50". Klärungsprozess mit den Grünen bis Juli abschließenSchartau und Steinbrück hatten schon länger angekündigt, den Klärungsprozess mit den Grünen bis Juli abschließen zu wollen. Auf dem Parteitag Mitte Juni in Bochum wollen beide laut "Focus" ihre "NRW-Agenda" vorstellen. Diese soll ein deutliches Bekenntnis zur umstrittenen Magnetschnellbahn "Metrorapid" enthalten, der notfalls auch mit Hilfe einer Landesbürgschaft finanziert werden soll. Abstriche beim Gehalt der Landesbeamten, eine Interkontinentalpiste für den Düsseldorfer Flughafen und die Nachtflugerlaubnis für den Flughafen Köln/Bonn seien weitere SPD-Forderungen.Schartau betonte, die Entscheidung über den Fortbestand der Koalition werde in Düsseldorf, nicht in Berlin gefällt. Es gehe um die Frage, wie eine neue Politik angesichts von Rezession, Massenarbeitslosigkeit und leerer Kassen aussehen könne. FDP biedert sich anUnterdessen warfen führende CDU-Politiker der FDP und ihrem Vorsitzenden Guido Westerwelle vor, sich bei der SPD anzubiedern. "Ich sehe mit Befremden, wie sich die FDP jetzt den Sozialdemokraten anbiedert", sagte Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz der "Welt am Sonntag". "Ich habe von denen noch keine einzige inhaltliche Bedingung gehört. Die wollen bloß dabei sein", sagte CDU- Generalsekretär Laurenz Meyer dem "Focus" über die FDP.

Irak-Kriegsgrund: Kritik an USA und GB

Irak-Kriegsgrund: USA und GB unter DruckStarke Kritik an Blair und BushIrak-Kriegsgrund: Kritik an USA und GB

Washington/London/Bagdad (rpo). Der Irak-Krieg hatte einen festen Grund: Massenvernichtungswaffen in Irak. Die USA und Großbritannien stehen nun fast zwei Monate nach dem Irak-Krieg wegen dieses Kriegsgrundes immer stärker im Kreuzfeuer der Kritik. (Foto: Tony Blair)Ihnen wird vorgeworfen, sie hätten die Gefährdung durch diese Waffen dramatisiert. Die vor drei Wochen aus Protest gegen den britischen Premierminister Tony Blair zurückgetretene Entwicklungsministerin Clare Short warf ihm vor, die Öffentlichkeit hinsichtlich der Existenz von irakischen Massenvernichtungswaffen "betrogen" zu haben. Die britische Zeitung "Guardian" berichtete am Samstag, US- Außenminister Colin Powell und sein britischer Amtskollege Jack Straw hätten Anfang Februar selbst starke Zweifel am Beweismaterial geäußert. Das britische Außenministerium in London bezeichnete den Bericht als "schlicht unwahr". Blair bestreitet LügenBlair bestritt, die Öffentlichkeit hinters Licht geführt zu haben: "Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass Saddam Massenvernichtungswaffen gehabt hat", sagte er in einem des britischen Fernsehsenders Sky News. "Das ist der Grund, warum wir zwölf Jahre UN- Resolutionen gehabt haben. In den nächsten Wochen und Monaten werden wir die Beweise zusammenstellen und veröffentlichen. Ich habe absolut keinen Zweifel daran, dass wir diese Beweise finden werden." Große Aufmerksamkeit fanden kritische Äußerungen von Bundesaußenminister Joschka Fischer beim Treffen in St. Petersburg. Die "Mail on Sunday" zitierte ihn auf der Titelseite mit den Worten: "Ich habe sehr deutlich gemacht, dass wenn es keine Massenvernichtungswaffen geben sollte, er, Tony Blair, zugeben sollte, dass er Geheimdienst-Berichte missbraucht und die Weltöffentlichkeit fehlgeleitet hat." "Ich glaube, wir sind betrogen worden"Ex-Ministerin Short sagte dem "Sunday Telegraph", Blair habe die Informationen der britischen Geheimdienste zum irakischen Waffenarsenal aufgebauscht. Er habe ein "Gefühl der Dringlichkeit" erzeugen wollen. "Ich glaube, wir sind betrogen worden", kritisierte sie. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld erklärte, der Krieg sei nicht unter einem falschen Vorwand geführt worden. Rumsfeld sagte in einem Rundfunkinterview: "Ich kann Ihnen versichern, dass dieser Krieg nicht unter irgend einem falschen Vorwand geführt wurde." "Bürokratische Gründe"Das Pentagon relativierte Äußerungen von Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz, der vom Magazin "Vanity Fair" mit den Worten zitiert wird, die USA hätten sich bei ihrer Argumentation für einen Irak- Krieg aus "bürokratischen Gründen" auf Massenvernichtungswaffen konzentriert. Dies sei ein Grund gewesen, dem alle hätten zustimmen können. In einem Interview mit der "Washington Post" betonte Wolfowitz aber später, es habe einwandfreie Geheimdienst-Erkenntnisse über die irakischen Massenvernichtungswaffen gegeben. Eine neue Spezialtruppe mit bis zu 1 400 Experten aus den USA, Großbritannien und Australien soll nun die bisher erfolglose Suche nach biologischen und chemischen Waffen im Irak fortsetzen. Das irakische Handelsministerium begann unterdessen unter Aufsicht der US-Zivilverwaltung erstmals seit Kriegsbeginn wieder offiziell mit der Verteilung von Lebensmitteln an die Bevölkerung. Mehr als 16 der 24 Millionen Iraker sind nach UN-Schätzungen gänzlich auf die staatlichen Lebensmittelrationen angewiesen.

Auszüge aus Schröders Rede

DokumentationAuszüge aus Schröders Rede

Berlin (rpo). Nachfolgend die Rede des SPD-Vorsitzenden Gerhard Schröder auf dem Berliner Sonderparteitag in Auszügen: "Heute wird auf unsere Partei, wird auf die Sozialdemokraten geschaut. Ob wir den Mut aufbringen, die Herausforderung einer veränderten ökonomischen und demographischen Wirklichkeit anzunehmen. (...) Was wir heute beweisen müssen, ist der Mut, Neues zu wagen. Dabei werden wir uns von manchem, was uns lieb und leider gelegentlich auch zu teuer geworden ist, verabschieden müssen. Wir müssen erklären, warum wir diesen Kraftakt auf uns nehmen. (...) Wenn wir dieses Jahrzehnt und darüber hinaus politisch gestalten wollen, dann muss das Signal, dass wir die Kraft dazu haben, von diesem Parteitag ausgehen. (...) Ich habe heute Nacht in Evian beim Weltwirtschaftsgipfel zu sein. Meine Bitte ist, dass ich dort hinfahren und sagen kann, diese Regierung, von deutschen Sozialdemokraten gebildet und gestützt, hat die Zeichen erkannt. (...) Ich möchte das mit Stolz auf meine Partei sagen können. (...) Gerecht ist, den Jüngeren und den kommenden Generationen geordnete Staatsfinanzen zu hinterlassen. Nicht, weil wir abstrakten Sparzwängen hinterherliefen. Nein, damit die Jüngeren die Gesellschaft nach ihren Vorstellungen gestalten können. (...) Oberstes Ziel einer Politik der Gerechtigkeit ist zu verhindern, dass Menschen aus Arbeit und Gesellschaft ausgeschlossen werden. Aber auch nicht zuzulassen, dass sie dauerhaft von staatlicher Unterstützung leben müssen. Hilfe ja, aber das ihnen Mögliche muss jeder zu leisten im Stande, aber eben auch bereit sein. Es kann nicht Sinn sozialdemokratischer Politik sein, Arbeitslose gut und aufwendig zu verwalten. Wir müssen dafür sorgen, dass Menschen viel schneller in Arbeit vermittelt werden können. Nicht Betreuung, sondern Hilfe zu Selbsthilfe ist der Kern des Sozialstaates, wie wir ihn verstehen. (...) Unsere schärfsten Gegner sind manchmal nicht unsere politischen Konkurrenten, unsere Gegner sind gelegentlich Resignation, Pessimismus, auch Trägheit im Denken. Das, was wir uns unter dem Stichwort Agenda 2010 vorgenommen haben, erfordert mehr als nur die Bereitschaft zu einigen notwendigen Maßnahmen. Wir brauchen in Deutschland auch einen Wandel in der Mentalität. Noch immer ist in unserem Land die Haltung weit verbreitet, irgendwie werden wir schon durchkommen, irgendwie wird es schon gut gehen. Oder aber, es hätte ja alles noch schlimmer kommen können. Wer glaubt, mit dieser Haltung die Probleme, die da sind und die noch auf uns zukommen werden, bewältigen zu können, der irrt. Wer glaubt, es könne alles so bleiben, wie es ist, der macht sich etwas vor. Aber schlimmer noch: Er macht anderen etwas vor. Es wird sich viel ändern müssen, damit Wohlstand und soziale Sicherheit auch nur so bleiben können, nur das Niveau halten können, das wir heute haben. Mehr sollten wir den Menschen auch nicht versprechen. Das Versprechen würde uns sonst bitter einholen. Geben wir es ruhig zu, auch wir haben oft genug den Eindruck erweckt, als sei der Sozialstaat eine Fürsorgegarantie, die sich nach Art eines Perpetuum mobile ohne eigene Anstrengungen ständig selbst finanziert; anstatt deutlich zu machen, dass es sich bei unseren Sozialsystemen um eine Versicherung auf Gegenseitigkeit handelt. (...) Wir bleiben die Partei des Diskurses, die in den Gewerkschaften und deren Mitgliedern ihre Freunde sehen, auch wenn wir uns gelegentlich streiten. (...) Auf dem langen Weg, der vor uns liegt, und den wir mit der Agenda 2010 erst einschlagen, brauchen wir Debatten, aber auch ein hohes Maß an Geschlossenheit. (...) Ich bitte von Herzen um eine möglichst große Zustimmung zur Agenda 2010. Wir brauchen sie, um unsere Arbeit erfolgreich fortzusetzen und wir brauchen Euch möglichst alle, damit dies gelingt."

G-8-Gipfel gegen globale Armut

Beratungen Kampf gegen Aids und SchuldenerlassG-8-Gipfel gegen globale Armut

Evian (rpo). Am Sonntag hat im französischen Evian die G-8-Konferenz begonnen. Bei dem Gipfeltreffen treffen Industriestaaten und Entwicklungsländern aufeinander. (Foto: Gastgeber Jacques Chirac)20 Staats- und Regierungschefs berieten in dem Kurort am Genfer See über Schuldenerlass, den Kampf gegen Aids und einen besseren Zugang der ärmsten Länder zum Weltmarkt. Bundeskanzler Gerhard Schröder wurde wegen des SPD-Sonderparteitags erst am Abend erwartet. Der französische Präsident und Gastgeber Jacques Chirac empfing im Zeichen des Nord-Süd-Dialogs die Repräsentanten von 80 Prozent der Weltbevölkerung, darunter die Präsidenten von Brasilien, Südafrika, China und Nigeria. Am Mittag begrüßte Chirac US-Präsident George W. Bush im Hotel Royal von Evian. Sie schüttelten sich kurz die Hand und wechselten nur ein paar Worte miteinander. Am (morgigen) Montag treffen sie sich erstmals nach ihrem Streit über den Irak-Krieg bilateral. Ein Vier-Augen-Gespräch mit Schröder plant Bush dagegen weiter nicht. Annan las G8 die LevitenHinter verschlossenen Türen las dann UN-Generalsekretär Kofi Annan den Industriestaaten die Leviten. Er erinnerte sie an die ehrgeizige Selbstverpflichtungen des Millenniumsgipfels, die Zahl der in bitterer Armut lebenden Menschen bis 2015 zu halbieren. Dazu seien rund 100 Milliarden Dollar Entwicklungshilfe jedes Jahr nötig, fast doppelt so viel wie heute, schrieb Annan den Präsidenten ins Stammbuch. Die zugesagten Aufstockungen könnten nicht mehr als ein Anfang sein. Die Verhandlungen der Welthandelsorganisation stocken: Die USA wehren sich dagegen, den Entwicklungsländern Zugang zu billigen Medikamenten zu gewähren. Ein Schuldenerlass sei nötig und die Subventionen der Industriestaaten auf Agrarexporte müssten abgebaut werden, verlangte der UN-Generalsekretär. Der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva wollte in Evian seinen Vorschlag für einen Fonds gegen den Hunger auf den Tisch bringen. Südafrikas Staatschef Thabo Mkebi hieb in die gleiche Kerbe: Die wohlklingenden Versprechen seien ja gut und schön, aber sie müssten jetzt endlich auch umgesetzt werden. Er sei "sehr unglücklich" über die wenigen konkreten Fortschritte, gab er in der BBC zu Protokoll. Die G-8 müssen noch zeigen, dass sie es mit der Evian zur Schau gestellten Solidarität mit den Ärmsten der Welt ernst meinen.USA suchen Unterstützung für ihre harte Linie gegen IranDie USA suchen beim G-8-Gipfel Unterstützung für ihre harte Linie gegen Iran. So bekräftigte kurz vor Beginn des Treffens am Sonntag im französischen Evian US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice die Vorwürfe, Iran unterstütze den Terrorismus im Nahen Osten und entwickle Nuklearwaffen. "Wir müssen handeln. Wir dürfen nie wieder in die gleiche Situation kommen wie im Irak", sagte sie dem "Handelsblatt" (Düsseldorf/Montagausgabe). Die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen ist an diesem Montag Thema beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden westlichen Industrienationen sowie Russlands. Dann dürfte auch das Atomprogramm Nordkoreas zur Sprache kommen. Der Gastgeber des G-8-Treffens, der französische Staatspräsident Jacques Chirac, teilt die amerikanischen Bedenken. "Iran muss sich zu der Besorgnis der Welt äußern", sagte Catharina Colonna, die Sprecherin Chiracs, am Sonntag in Evian. "Wir haben eine Botschaft, die sich der der USA nähert." Signal der EinigkeitNach den tiefen Differenzen in der Irak-Krise soll der G-8-Gipfel ein Signal der Einigkeit und des Vertrauens aussenden. Während der Kampf gegen den Terrorismus und die schlechte Lage der Weltwirtschaft im Mittelpunkt der Beratungen am Montag stehen dürften, setzte Gastgeber Chirac am Sonntag ein Zeichen der Öffnung der G-8, die sich seiner Meinung nach nicht als "Vorstand der Welt" verstehen dürften. An dem so genannten Erweiterten Dialog nahm auch UN-Generalsekretär Kofi Annan teil, der von den führenden Industriestaaten eine massive Aufstockung der Entwicklungshilfe und einen Abbau von Handelsschranken fordert.Der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva wollte die Einrichtung eines internationalen Fonds gegen den Hunger anregen. Auch eine Aufstockung des Globalen Gesundheitsfonds der Vereinten Nationen stand in Evian auf der Tagesordnung: Nachdem die USA zugesagt haben, ihren Beitrag von 350 Millionen Dollar jährlich etwa zu verdreifachen, wenn insgesamt mindestens drei Milliarden Dollar zusammenkommen, fordert Frankreich von seinen EU-Partnern, gemeinsam ebenfalls eine Milliarde Dollar einzuzahlen. Geld gegen AIDSMit dem Geld soll die Ausbreitung von Aids, Tuberkulose und Malaria eingedämmt werden. Die USA wollen in den nächsten fünf Jahren insgesamt 15 Milliarden Dollar im Kampf gegen die tödliche Immunschwächekrankheit investieren und verlangen von den Europäern vergleichbare Anstrengungen. Dagegen sträuben sich die Vereinigten Staaten in den Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO), den Entwicklungsländern billige Medikamente zur Verfügung zu stellen. Beraten werden sollte in Evian auch über die beim Millenniumsgipfel zugesagte Erhöhung der Entwicklungshilfe. Erster Termin Schröders in Evian war der Planung zufolge das Abendessen der G-8-Staats- und Regierungschefs mit Ägypten, Algerien, Nigeria, Südafrika und Senegal über die Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung (NEPAD). US-Präsident Bush reist wegen seiner diplomatischen Initiative im Nahen Osten bereits am Montagmittag wieder ab. Der G-8-Gipfel geht am Dienstagmittag zu Ende.

Schröder kämpft für Reformagenda

Kanzler fordert von SPD Geschlossenheit bei SozialreformenSchröder kämpft für Reformagenda

Berlin (rpo). Ein Bundeskanzler als verbaler Kämpfer: Auf dem Sonderparteitag der SPD forderte Gerhard Schröder die geschlossene Unterstützung für seine Sozialreformen.In einer kämpferischen Rede auf dem SPD-Sonderparteitag am Sonntag in Berlin beschwor der Parteivorsitzende die gut 500 Delegierten, Mut zur Veränderung zu haben und ihm Rückendeckung für seine Reform- "Agenda 2010" zu geben. Die SPD müsse zu einem "Wandel in der Mentalität" bereit sein. Auch bei einem für den Nachmittag erwarteten klaren Ja des Parteitags zu Schröders Kurs gilt eine rot- grüne Mehrheit im Bundestag aber noch nicht als sicher. Der Sonderparteitag war von SPD-Kritikern des Reformkurses nach der Regierungserklärung des Kanzlers am 14. März erzwungen worden. Vor dem Tagungshotel demonstrierten mehrere hundert Menschen und der Deutsche Gewerkschaftsbund gegen die geplanten Einschnitte ins Sozialsystem. Erste Niederlage für SPD-LinkeDie Parteilinken haben auf dem SPD-Sonderparteitag eine erste Niederlage hinnehmen müssen. Nach Intervention von Bundeskanzler Gerhard Schröder votierten die rund 500 Delegierten für seinen Vorschlag, die Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld wieder auf zwölf beziehungsweise 18 Monate für über 55-Jährige zu reduzieren. Die Linken wollten es bei der maximalen Bezugsdauer von 32 Monaten belassen, wenn den Betroffenen kein Arbeitsplatz angeboten werden kann. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement wies darauf hin, dass sich die Parteiführung verpflichtet habe, Jobs auf dem zweiten Arbeitsmarkt für Ältere zu schaffen, falls dies erforderlich werde. Er habe als Sicherheit für die Arbeitnehmer einen "Gürtel, noch einen Gürtel und Hosenträger" eingezogen."Es wird sich viel ändern müssen"Schröder sagte: "Es wird sich viel ändern müssen, um Wohlstand und soziale Sicherheit zumindest auf dem gegenwärtigen Niveau zu gewährleisten." Er ermahnte seine Kritiker in der SPD-Fraktion, ihm die Gefolgschaft im Parlament nicht zu verweigern. Dort dürfe nicht "gewackelt" werden. Die SPD dürfe nicht den Eindruck von Zerstrittenheit oder Handlungsunfähigkeit vermitteln.Redner der Parteilinken bestritten in der Aussprache die Notwendigkeit von Reformen nicht. Sie verlangten aber mehr soziale Ausgewogenheit und auch einen Beitrag der Reichen bei der Erneuerung des Sozialstaates. Der SPD-Sozialpolitiker Ottmar Schreiner sagte, niemand in der SPD wolle einen anderen Kanzler. Aber die "Agenda 2010" löse die Probleme auf dem Arbeitsmarkt nicht. Die Sprecherin der Partei-Linken, Andrea Nahles, bekräftige ihre Forderung nach Wiedereinführung der Vermögensteuer. "Die SPD ist kein Nick-Dackel", sagte sie in Richtung Parteispitze. Fraktionschef Franz Müntefering schlug als Kompromiss eine Überprüfung der Steuer bis zum nächsten Parteitag im November vor. Nach seinen Worten wird mit Schröders Agenda der "Start in die Erneuerung des Landes angegangen".Zustimmung für RegierungsarbeitSchröder rief den Delegierten zu: "Wir brauchen von Euch möglichst große Zustimmung, damit wir unsere Regierungsarbeit fortsetzen können. Wir brauchen Euch möglichst alle, damit dies gelingt." Die Partei werde sich von lieb und "leider auch teuer" gewordenen Errungenschaften verabschieden müssen. Es müsse aber gehandelt werden, "weil sich seit unserem Wahlerfolg so vieles geändert hat".Die veränderte wirtschaftliche Lage erfordere eine politische Zäsur. "Wer versucht, die Realität zu verdrängen, den drängt die Realität beiseite." Die hohe Arbeitslosigkeit sei nicht nur aus konjunkturellen Gründen auf weit mehr als vier Millionen angestiegen. Dafür gebe es auch strukturelle Ursachen. Die hohen Lohnnebenkosten führten dazu, dass Arbeitnehmer "immer weniger von ihrem Brutto in der Tasche behalten, und andererseits es für die Unternehmen immer teurer wird, Arbeitsplätze zu schaffen". Mut zur WahrheitAuch die Alterssicherung und das Gesundheitssystem müssten den veränderten Bevölkerungsstrukturen angepasst werden. Nötig sei Mut zur Wahrheit. Er wolle "mit Stolz" vor den anderen Regierungschefs erklären können, dass die deutsche Regierung die Zeichen der Zeit erkannt und die notwendigen Änderungen eingeleitet habe.Schröder versicherte, dass die SPD zu ihren sozialen Werten stehe und weiter für soziale Gerechtigkeit kämpfen werde. Aber nicht nur sozial Schwächere hätten Anspruch auf Sicherheit. "Deshalb sollten wir uns hüten, diejenigen, die heute schon leistungsstärker und selbstständiger sind, durch ständig neue Diskussionen um Steuern und neue Zwangsmaßnahmen zu verunsichern."Verdammt anstrengendDie SPD unterscheide sich nicht nur durch ihre sozialen Werte von anderen Parteien. "Wir sind auch deshalb eine andere Partei, weil wir uns die Entscheidungen verdammt nochmal nicht leicht machen." Und: "Wir bleiben eine Partei des Diskurses, auch wenn das manchmal verdammt anstrengend ist."

SPD im Steuerstreit

Linke für VermögensteuerSPD im Steuerstreit

Berlin (rpo). Ein tiefer Riss geht durch die SPD. Der Grund ist die Steuerpolitik der Partei. Kanzler Schröder warnt vor einer Ausweitung der Debatte.Durch die SPD zieht sich weiterhin ein tiefer Riss in der Steuerpolitik. Bundeskanzler Gerhard Schröder und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (beide SPD) warnten am Sonntag auf dem Sonderparteitag in Berlin nachdrücklich vor einer Dauerdebatte über Steuererhöhungen. Sie wandten sich gegen die vor allem von den SPD-Linken verlangte Wiederbelebung der Vermögensteuer. "Wer die privaten Investitionen voranbringen will, muss die Steuern runter bringen", rief Clement in einer engagierten Rede. Dagegen wurde von Seiten der SPD-Linken weiter die Erhöhung der Erbschaft- und Mehrwertsteuern verlangt. Letztere dienten aber nicht einer allgemein höheren Belastung, sondern der Senkung der Lohnnebenkosten, sagte der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende und frühere Landesfinanzminister Claus Möller. Belebung der VermögensteuerDie Bundestagsabgeordnete und ehemalige Juso-Vorsitzende Andrea Nahles forderte eine Belebung der 1997 auf Eis gelegten Vermögensteuer für Reiche als Akt der Gerechtigkeit. Sie spielte damit auf zahlreiche Kürzungen für sozial Schwache an, die sie als einseitige Sparpolitik von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) kritisierte. Das führe zu mehr Schulden und nicht zu mehr Wachstum. Die Fähigkeit der SPD zu regieren hänge von der Überzeugungsfähigkeit und Gerechtigkeit ab. Schröder hatte zum Auftakt des Schlagabtauschs über seine Reform- "Agenda 2010" erklärt, nicht nur die sozial Schwächeren hätten Anspruch auf Sicherheit. "Deshalb sollten wir uns hüten, diejenigen, die heute schon leistungsstärker und selbstständiger sind, durch ständig neue Diskussionen um Steuern und neue Zwangsmaßnahmen zu verunsichern." Clement widersprach der Kritik des SPD-Abgeordneten Ottmar Schreiner, der das Fehlen eines Konzepts zur Stützung der Binnenkonjunktur moniert hatte. "Steuern runter - das ist die kräftigste Nachfragestärkung", sagte der Wirtschaftsminister unter Hinweis auf die kommenden Steuersenkungsstufen 2004 und 2005. Münefering kündigt Steuerentlastung für Kommunen anIndessen kündigte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering trotz der Auseinandersetzung mit Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) erneut "mehrere Milliarden" Euro Steuerentlastung für die Kommunen im Rahmen der Gemeindefinanzreform an. Dies solle das Ergebnis der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ebenso sein wie einer verfestigten Gewerbesteuer, in die auch die Freiberufler einbezogen würden. Eichel hatte einen erheblichen Bundesanteil an den Einsparungen durch die Zusammenlegung der Sozialsysteme angemeldet. Möller stützte die Forderung der Kieler Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD), die Mehrwertsteuer zu erhöhen, um die Sozialbeiträge senken zu können. Damit sollte künftig auch die beitragsfinanzierte Pflegeversicherung auf eine Steuerfinanzierung umgestellt werden. "Es geht nicht um Erhöhungen der Abgabenlast unter dem Strich", sagte er. Die Erbschaftsteuer müsse zum 1. Januar 2005 verfassungsfest geregelt sein. Eine Erhöhung für reiche Erben begründete Möller so: "Wir besteuern die Arbeit in Deutschland sehr hoch und haben international die niedrigste Kapitalbesteuerung. Da muss es auch möglich sein, übe die Erbschaftsteuer zu reden." Gedankenspiele zur ErbschaftssteuerMüntefering deutete nur indirekt an, dass zur Finanzierung erhöhter Kosten der Pflegeversicherung später unter Umständen eine erhöhte Erbschaftsteuer herangezogen werden könnte. "Die Menschen haben Anspruch auf Pflege, aber keiner hat Anspruch auf hohe Erbschaften." Beide Gedanken müssten miteinander verbunden werden. Auf Dauer werde ein Beitragssatz von 1,7 Prozent nicht ausreichen. Vor dem Sonderparteitag hatte sich Bremens Bürgermeister Henning Scherf (SPD) im Berliner "Tagesspiegel am Sonntag" klar gegen eine Anhebung der Erbschaftsteuer ausgesprochen. "Das ist doch nur ein sozialdemokratischer Fetisch." Ebenso wenig mache eine höhere Mehrwertsteuer ökonomisch Sinn. Auch Ortwin Runde (SPD) und die Grünen wandten sich gegen Äußerungen von Simonis und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD). Dieser hatte Verständnis für die Vermögensteuer-Forderungen der SPD-Linken geäußert. Grüne warnen vor NebendiskussionenDie Fraktionschefin der Grünen, Krista Sager, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag), Vermögen- und Erbschaftsteuer könnten die Probleme der Sozialsicherung und der steigenden Lohnnebenkosten nicht lösen: "Von daher kann man nur vor Nebendiskussionen warnen, die die Illusion aufkommen lassen, uns bliebe die Stabilisierung der Sicherungssysteme im Rahmen der "Agenda 2010" erspart."

El-Kaida-Terrorist in Iran verhaftet?

ZeitungsberichtEl-Kaida-Terrorist in Iran verhaftet?

Kairo (rpo). Der mutmaßliche El- Kaida-Terroristen Abu Mussab el Sarkawi soll iranischen Sicherheitsbehörden ins Netz gegenagen sein. Er soll als Drahtzieher eines Anschlags in Jordanien gesuchten worden sein.Das berichtete die in London erscheinende arabische Zeitung "Al-Sharq Al- Awsat" am Sonntag unter Berufung auf britische Sicherheitskreise. Der Aufenthalt Sarkawis in Iran sei dem Geheimdienst durch Telefonate zwischen ihm und seiner Ehefrau in Jordanien bekannt geworden. US-Außenminister Colin Powell hatte Anfang Februar, als er Gründe für einen Krieg im Irak aufzählte, erklärt, Sarkawi habe im Nordirak ein Trainingslager für Terroristen aufgebaut und halte sich in Bagdad auf. Der Irak beherberge ein Terrornetzwerk, das von Sarkawi geleitet werde, einem engen Verbündeten von Osama bin Laden. Sarkawi habe aus dem Irak heraus etwa die Ermordung des US-Diplomaten Foley im vergangenen Oktober in Jordanien dirigiert. Hunderte mutmaßliche Kaida-Mitglieder in HaftDas iranische Außenministerium hatte vergangene Woche die Festnahme von Hunderten mutmaßlicher Mitglieder des Terrornetzwerks El Kaida von Bin Laden bestätigt. Teheran erklärte jedoch, es befänden sich keine Führungsmitglieder der Organisation unter den Festgenommenen, deren Identität den iranischen Behörden zum Teil noch unbekannt sei. "Al-Sharq Al-Awsat" hatte am Freitag berichtet, unter den Festgenommenen sei auch der El-Kaida-Sprecher Sulaiman Abu Gheith, der aus Kuwait stammt und auf einem nach den Anschlägen vom 11. September 2001 veröffentlichten Videoband neben Bin Laden zu sehen war.

Bundespräsident: Will Merkel den Vogel?

"Vogel wäre eine exzellente Wahl"Bundespräsident: Will Merkel den Vogel?

Berlin (rpo). Nach Medienberichten möchte CDU-Chefin Angela Merkle den scheidende thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) als Bundespräsident. Der hat aber offenbar keine rechte Lust.Unter Berufung auf "gut informierte Unions-Kreise" berichtete die "Welt am Sonntag", in dieser Favoritenstellung liege auch der Grund für den vorgezogenen Rücktritt des 70-Jährigen als Ministerpräsident. Ursprünglich hatte Vogel dem Bericht zufolge erst im kommenden Jahr, dem Jahr der Bundespräsidenten- und thüringischen Landtagswahl, sein Amt an den designierten Nachfolger, den CDU-Landes- und Fraktionschef Dieter Althaus, übergeben wollen. "Vogel wäre eine exzellente Wahl mit seinen politischen und menschlichen Werten", sagte Althaus dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Mit ihm könnten sich schon auf Grund seiner Ost-West-Erfahrung die Menschen in ganz Deutschland identifizieren." Nach der bayerischen Landtagswahl im Herbst "sollten Union und FDP zusammenkommen und darüber beraten, ob sie einen gemeinsamen Kandidaten anbieten wollen". Andere LebensplanungTrotz der hartnäckigen Gerüchte hat der scheidende thüringische Ministerpräsident Jochen Vogel bestritten, Bundespräsident werden zu wollen. Er habe nicht das eine Staatsamt aufgegeben, um ein anderes anzustreben, sagte der CDU-Politiker eine Woche nach seiner überraschenden Rücktrittsankündigung der Zeitschrift "Super Illu". Vogel sagte, seine Lebensplanung sehe anders aus. Zugleich wies er daraufhin, dass die Wahl des Bundespräsidenten erst nächstes Jahr stattfinde. Darüber sollte man reden, wenn es soweit sei, und aus Respekt vor dem Amt nicht schon ein Jahr zuvor, wird der CDU-Politiker zitiert. Der Bundespräsident wird am 23. Mai 2004 in der Bundesversammlung gewählt. Union und FDP verfügen dort über eine knappe Mehrheit.

Keine Kürzungen beim Verteidigungsetat

"Keine Eingriffsmöglichkeiten"Keine Kürzungen beim Verteidigungsetat

Berlin (rpo). Hans Eichel und Sparen gehören zusammen. Doch trotz der riesigen Haushaltslücken will der Bundesfinanzminister den Verteidigungsetat von den Einsparungen im Bundesetat 2004 ausnehmen."Der Minister sieht hier keine Eingriffsmöglichkeiten", sagte sein Sprecher Jörg Müller am Sonntag auf dpa-Anfrage. Damit bleibt es bei den bis 2006 auf jährlich 24,4 Milliarden Euro festgelegten Ausgaben für Verteidigungsminister Peter Struck (SPD). Ausnahmen von Eichels Kürzungen soll es auch in den Bereichen Bildung, Forschung und Verkehr geben. Ansonsten müsse bei den in der kommenden Woche beginnenden Chefgesprächen Eichels mit seinen Kabinettskollegen zur Aufstellung des Bundeshaushalts 2004 alles auf den Prüfstand, sagte Müller. Eichel muss eine Lücke von mindestens 15 Milliarden Euro schließen. Dazu sollten die Subventionsausgaben des Bundes um 10 Prozent im Vergleich zu 2003 weiter gekürzt werden. Dies entspricht laut Müller einer Einsparsumme von zusätzlich "mehr als 1 Milliarde Euro". Neuverschuldung unter die Investitionssumme drückenDie Ministerien sollten hierzu Vorschläge unterbreiten. Die Finanzhilfen würden entsprechend bewertet, zeitlich stärker befristet und abgebaut. Einzelheiten wollte Müller nicht nennen. Die schonende Behandlung des Verkehrshaushalts begründete Müller mit dem hohen Anteil von Investitionen, die gerade bei schwacher Konjunktur nicht angetastet werden dürften. Die Neuverschuldung müsse "jedenfalls unter die Investitionssumme" gedrückt werden und so im verfassungsmäßigen Rahmen bleiben, sagte Müller. Die Investitionen sind bisher mit rund 26 Milliarden Euro für 2004 angenommen. Fachleute in der Koalition gehen für den Haushaltsentwurf von einer Neuverschuldung zwischen 20 und 23 Milliarden Euro aus. Müller wollte eine solche Zahl nicht bestätigten, sondern verwies auf das Ende der Chefgespräche Mitte bis Ende des Monats.

Kanzler fordert "Mut, Neues zu wagen"

Schröder verteidigt Agenda 2010Kanzler fordert "Mut, Neues zu wagen"

Berlin (rpo). Sonderparteitag der SPD in Berlin: Schröder kämpft in seiner Rede vor den Delegierten für seine Reform-Agenda 2010.Er fordert seine Partei auf, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass auch die kommenden Generationen ihr Leben frei gestalten könnten. Dazu müsse jetzt Mut zur Veränderung aufgebracht werden. Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität als Grundwerte der SPD würden nicht in Frage gestellt. Verändern müssten sich aber die Mittel, um die Wirklichkeit zu gestalten. Die SPD brauche "den Mut, Neues zu wagen", verlangte der Parteichef. Dabei müsse man sich auch von Dingen verabschieden, die einem lieb und oft auch teuer geworden seien. Den Bürgern müsse erklärt werden, warum der Kraftakt notwendig sei, nämlich, dass der Wohlstand und der gesellschaftliche Zusammenhalt ohne Reformen gefährdet sei. Kraft zur ModernisierungVon dem Parteitag müsse das Signal ausgehen, dass die SPD die Kraft zur Modernisierung des Landes habe. Die Sozialdemokraten stellten sich denen in den Weg, die ganz einfache Lösungen parat hätten. Schröder nannte in diesem Zusammenhang den DGB und dessen Vorsitzenden und erklärte: "Ich bin froh, dass Michael Sommer hier ist." Die Gewerkschaften sollten wissen, dass sie sich mit der SPD "streitig, aber fair" über Inhalte austauschen könnten, ohne die gemeinsamen Wurzeln zu vergessen. Wer schon das Totenglöckchen der Koalition in Berlin läuten wolle, dem setze die SPD Mut und Gestaltungswillen entgegen, sagte der Kanzler. "Gerechtigkeit, das kann für uns nicht Gleichheit im Unrecht sein." Gerecht sei, was die Menschen in Erwerbsarbeit bringe und was geordnete Staatsfinanzen hinterlasse. "Wir dürfen heute nicht all' das aufessen, wovon die morgen auch noch leben wollen." Deshalb müssten die Sozialsysteme heute so umgestaltet werden, dass sie auch die Menschen in Zukunft gegen die Lebensrisiken in Schutz nehmen könnten. "Das ist der Kern der Reformagenda, die wir miteinander durchsetzen müssen." Arbeitslosen helfen statt sie zu verwaltenSchröder sagte, es könne nicht Sinn sozialdemokratischer Politik sein, Arbeitslose gut zu verwalten, sondern ihnen zu Arbeit zu verhelfen. Nicht nur ihre Werte entscheide die SPD von den anderen Parteien. Die Sozialdemokraten machten sich die Entscheidung nicht leicht. Sie seien auch bereit, auf diesem Parteitag Perspektiven über die Agenda 2000 hinaus zu entwickeln.

Bundeswehr-Einsatz in Kongo?

Humanitäre Hilfen im VordergrundBundeswehr-Einsatz in Kongo?

Berlin (rpo). Politiker aller Bundestagsfraktionen haben sich für eine deutsche Beteiligung an einem EU-Friedenseinsatz in Kongo ausgesprochen. Ein Ex-Bundeswehr-General warnt hingegen. (Foto: Verteidigungsminister Struck)Dagegen warnte der ehemalige Bundeswehr-General Klaus Naumann, dass Soldaten aus Europa für eine solche Aufgabe unvorbereitet seien. Das Auswärtige Amt wies einen Medienbericht zurück, wonach es wegen einer möglichen Kongo-Mission der EU zu Unstimmigkeiten in der Regierung gekommen sei. In der "Welt am Sonntag" warnte der ehemalige Bundeswehr-Generalinspekteur Klaus Naumann vor einem Kongo-Einsatz. In dem Bürgerkriegsland herrschten völlig andere Zustände als etwa auf dem Balkan, sagte er. Dafür seien die Soldaten aus Europa nicht vorbereitet. Für Kongo brauche man ein sehr robustes Mandat, das auch einen präventiven Waffeneinsatz einschließe. Europäer müssten den Völkermord im Kongo beendenDie SPD-Bundestagsabgeordnete Verena Wohlleben bezeichnete in der "Bild am Sonntag" die Entsendung einer EU-Eingreiftruppe unter UN-Mandat als richtigen Weg. Die Europäer müssten den Völkermord im Kongo beenden, und Deutschland dürfe sich einer multinationalen Truppe nicht verweigern. Der Grünen-Fraktionsvize Winfried Nachtwei sagte nach Angaben des Blattes: "Wir müssen jetzt schnell entscheiden, wie die Bundeswehr zur EU-Mission im Kongo beitragen kann. Zumindest logistische Unterstützung sollte möglich sein." Zu einem ähnlichen Schluss kommt laut "Bild am Sonntag" ein gemeinsames Papier der Sprecher für Außen- und Entwicklungspolitik der Unionsfraktion, Friedbert Pflüger und Christian Ruck. Wenn die EU mit UN-Mandat eingreife, komme Deutschland nicht umhin, sich finanziell und möglicherweise auch mit Bundeswehr-Sanitätsflugzeugen zu beteiligen. Unstimmigkeiten zwischen Struck und Fischer?Ein Sprecher des Auswärtigen Amts wies den Bericht des Hamburger Nachrichtenmagazins "Spiegel" zurück, wonach Fischer unabgestimmt einem EU-Einsatz im Kongo "im Prinzip" zugestimmt habe. Das habe laut "Spiegel" zu Befürchtungen in der Bundeswehr geführt, dass damit der Einsatz bereits vorgezeichnet sei. Der Sprecher sagte, richtig sei, dass die Lage in der Region "sehr Besorgnis erregend" sei und dass die Staatengemeinschaft nicht tatenlos zusehen könne. Aus diesem Grund habe Deutschland die einstimmig gefasste Entscheidung des Weltsicherheitsrats zur Ausweitung des befristeten UN-Mandats in der Demokratischen Republik Kongo mitgetragen. Die Beratungen innerhalb der EU seien jedoch noch nicht abgeschlossen. Dem könne nicht vorgegriffen werden. "Selbstverständlich sind die Beiträge zur deutschen Haltung in Brüssel innerhalb der Bundesregierung abgestimmt", erklärte der Sprecher. Im "Spiegel" hieß es, zwar habe Fischer keine Bundeswehr-Einheiten in Aussicht gestellt. Aber wegen der Ambitionen des Grünen-Politikers auf den EU-Außenministerposten werde im Verteidigungsministerium befürchtet, dass Berlin sich entsprechenden Wünschen aus Paris und Brüssel nicht entziehen könne. UN-Sicherheitsrat autorisiert EntsendungDer UN-Sicherheitsrat hatte am Freitag die Entsendung einer internationalen Eingreiftruppe nach Kongo autorisiert. Der Truppe unter der Leitung Frankreichs sollen 1.400 Soldaten angehören, die Hälfte davon Franzosen. Die Pariser Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie hatte erklärt, sie habe bereits grundsätzliche Zusagen aus Belgien, Deutschland, Spanien, Italien und Großbritannien erhalten, die ebenfalls Soldaten zur Verfügung stellen wollten.

Neue Spannung zwischen Nord- und Südkorea

Marine stoppt FischerbooteNeue Spannung zwischen Nord- und Südkorea

Seoul (rpo). Die Spannungen zwischen Seoul und Pjöngjang verschärfen sich weiter. Der Grund ist ein neuer Zwischenfall im Seegebiet vor der koreanischen Halbinsel.Die südkoreanische Marine gab am Sonntag Warnschüsse ab, nachdem acht Fischerboote in das eigene Seegebiet eingedrungen waren. "Wir haben klar gemacht, dass Nordkorea für solche Zwischenfälle in vollem Umfang verantwortlich gemacht wird", teilte das Verteidigungsministerium in Seoul mit. Die Seegrenze zwischen beiden koreanischen Staaten ist nicht eindeutig markiert. In der Krabbensaison, die im Juni ihren Höhepunkt erreicht, gelangen Fischer aus dem Norden wiederholt in südkoreanische Gewässer. Nordkorea warf der Marine des Südens am Donnerstag Grenzverletzungen vor und warnte vor "unwiderruflichen ernsten Konsequenzen". Wirtschaftlicher Druck auf NordkoreaUnterdessen kündigten die USA wirtschaftlichen Druck auf Nordkorea an, um die Regierung zur Einstellung ihres Atomprogramm zu bewegen. "Das Land steht am Rande des wirtschaftlichen Zusammenbruchs", sagte der stellvertretende Verteidigungsminister Paul Wolfowitz, der am Sonntag zu Gesprächen in Seoul eintraf. "Ich denke, das ist der Hauptansatzpunkt." In St. Petersburg riefen US-Präsident George W. Bush und der russische Präsident Wladimir Putin Nordkorea zum Verzicht auf Atomwaffen auf.

Israel gegen Besetzungsende

Israel gegen Besetzungsende

Jerusalem (rpo). Vor dem Treffen mit US-Präsident Bush steckt Israel Grenzen ab: Israel will bei dem Gipfeltreffen am Mittwoch kein "Ende der Besatzung" in den Palästinensergebieten erklären.Die gewöhnlich gut informierte Zeitung "Haaretz" berichtete am Sonntag, Israel habe einen entsprechenden Vorschlag der USA abgelehnt. Auch eine vorgeschlagene Erklärung über die Räumung von Siedlungs-Außenposten, die ohne Genehmigung der Regierung errichtet wurden, sei von israelischer Seite zurückgewiesen worden. Gemäß dem internationalen Friedensplan sollen Israel und die Palästinenser bei dem Treffen der Ministerpräsidenten Ariel Scharon und Mahmud Abbas mit Bush in Akaba Erklärungen über eine gegenseitige Anerkennung sowie den ausdrücklichen Verzicht auf Gewaltanwendung abgeben. Abriegelung des Westjordanlands aufgehobenAls erste Geste des guten Willens hob die israelische Armee am Samstagabend die vor mehreren Wochen verhängte vollständige Abriegelung des Westjordanlands wieder auf. Etwa 15 000 Palästinenser aus den besetzten Gebieten können nun wieder zur Arbeit in Israel gehen. Die israelische Regierung hatte diesen Schritt nach dem Treffen zwischen Scharon und Abbas am Donnerstagabend angekündigt.

Gipfeltreffen: Einigkeit bei Bush und Putin

Appell an Nordkorea und IranGipfeltreffen: Einigkeit bei Bush und Putin

St. Petersburg (rpo). Die Differenzen in der Irak-Kriegs-Frage scheinen Vergangenheit: Sieben Wochen nach Ende des Kriegs demonstrierten die Präsidenten der USA und Russlands Gemeinsamkeit in zentralen Fragen der Weltpolitik.Auf ihrem Gipfeltreffen in St. Petersburg riefen George W. Bush und Wladimir Putin Nordkorea zum Verzicht auf Atomwaffen auf und äußerten sich besorgt über das Nuklearprogramm in Iran. Bush lud Putin für September auf seinen Landsitz Camp David ein. "Wir rufen Nordkorea dazu auf, sein Nuklearprogramm erkennbar, nachprüfbar und unwiderruflich abzubrechen", sagte Bush auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Putin und fügte hinzu: "Wir sind besorgt über das fortgeschrittene Nuklearprogramm Irans und rufen Iran auf, seine Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag in vollem Umfang umzusetzen." USA kritisieren Iran-Hilfe RusslandsDie USA haben Russland wiederholt wegen der technologischen Hilfe zur Nutzung der Atomenergie in Iran kritisiert. Nach der 45-minütigen Unterredung im Konstantin-Palast von St. Petersburg sagte Putin dazu: "Die Positionen Russlands und der Vereinigten Staaten in dieser Frage liegen viel näher zusammen, als es den Anschein hat." Sowohl die USA als auch Russland seien "entschlossen, den Bedrohungen durch Massenvernichtungswaffen zu begegnen", erklärte Bush. Auf die Frage nach Massenvernichtungswaffen in Irak sagte der US-Präsident: "Wir haben Waffensysteme entdeckt, biologische Labore, deren Existenz von Irak bestritten wurde, und Labore, die nach den UN-Resolutionen untersagt waren." Fortsetzung des AbrüstungsprozessesDie beiden Präsidenten tauschten Urkunden zur Ratifizierung des Moskauer Vertrags aus, den sie im vergangenen Jahr zur Fortsetzung des Abrüstungsprozesses unterzeichnet hatten. Der Vertrag über die Reduzierung strategischer Offensivwaffen (SORT) sieht vor, dass beide Seiten die Zahl ihrer strategischen Atomsprengköpfe bis Ende 2012 auf 1.700 bis 2.200 verringern.

G-8-Gipfel: Gewalt und Tränengas in Genf

Gewalttäter zerstörten GeschäfteG-8-Gipfel: Gewalt und Tränengas in Genf

Lausanne/Genf (rpo). Kein Weltwirtschaftsgipfel ohne Gewalt: Mit Schlagstöcken ging die Schweizer Polizei in der Nacht zum Sonntag gegen Plünderer in Genf vor.Nach den Ausschreitungen der Nacht haben Hunderte von Polizisten mit Schlagstöcken das Geschäftsviertel in der Genfer Innenstadt abgeriegelt. Mehr als 300 radikale Jugendliche hatten in der Nacht Schaufensterscheiben zerstört und Molotow-Cocktails gegen das Genfer Rathaus geworfen.In Lausanne sind Polizisten vor dem Auftakt des Weltwirtschaftsgipfels in Evian mit Tränengas gegen rund 300 schwarzgekleidete Demonstranten vorgegangen. Der Einsatz erfolgte, nachdem die Jugendlichen eine Tankstelle plündern wollten und die Polizei mit Steinen beworfen hatten. In Lausanne haben sich rund 1500 Globalisierungskritiker versammelt, um die Hotels mit den Delegationen für den G 8- Gipfel abzuriegeln. Weniger Demonstranten als erwartetAn der Genfer Großdemonstration gegen den G-8-Gipfel im französische Evian werden sich weit weniger als die von den Organisatoren erwarteten 100 000 Globalisierungskritiker beteiligen. Eine Stunde vor Beginn des Protestzugs hatten sich erst wenige tausend Demonstranten in der Genfer Innenstadt versammelt. Auf Transparenten hieß es unter anderem "Krieg den G 8", "Widerstand gegen den Kapitalismus" und "Ende der Besatzung des Iraks". Mehrere hundert Globalisierungsgegner blockierten am Vormittag vier Brücken in Genf, um eine Anreise der Delegationen des G-8-Gipfeltreffens auf dem Landweg von Genf nach Evian zu verhindern. Der Protestzug aus Genf soll sich dann im Laufe des Vormittags mit einem aus Frankreich kommenden Protestmarsch zu einem Gegengipfel an der schweizerisch-französischen Grenze vereinigen.

SPD-Sonderparteitag zur Agenda 2010

Delegierten sollen über die Reformpläne abstimmenSPD-Sonderparteitag zur Agenda 2010

Berlin (rpo). Die SPD hat ihren Sonderparteitag zur Reform-Agenda 2010 eröffnet. Zur Abstimmung stehen die Reformpläne von Kanzler Gerhard Schröder. Die SPD-Linke kritisierte die Reformen scharf.Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die SPD zur Erneuerung aufgerufen. Die Partei müsse bereit sein, kühne Ziele zu formulieren und sich den notwendigen Veränderungen zu stellen, sagte Schröder am Sonntag auf dem SPD-Sonderparteitag zu seinem Reformkonzept in Berlin. Der Erfolg der SPD bei der Bundestagswahl im vorigen Jahr bedeute auch eine herausragende Verantwortung. Die SPD müsse die Bürger für ihren Weg begeistern, sagte Schröder vor den rund 500 Delegierten.Der SPD-Vorsitzende hat sein persönliches Schicksal von der Zustimmung zur Agenda 2010 abhängig gemacht. Schröder erwartet eine "solide Mehrheit" für seinen Reformkurs. In der SPD liegen die Prognosen bei 70 bis über 80 Prozent Zustimmung. Mangel an sozialer GerechtigkeitIm Streit um die Reformagenda 2010 haben die SPD-Linken Bundeskanzler Gerhard Schröder scharf kritisiert. "Die SPD ist kein Nickdackel, der immer nickt", sagte die Wortführerin der Linken, Andrea Nahles, auf dem Sonderparteitag am Sonntag in Berlin. Sie bezweifelte den Sinn des Kongresses und frage sich, "ob es nicht viel besser gewesen wäre, eine Kabinettsklausur zu machen". Niemand in der SPD bestreite die Notwendigkeit von Reformen, meinte Nahles. Die Linken kritisierten jedoch einen Mangel an sozialer Gerechtigkeit in der Agenda. Regierungsfähigkeit beweise eine Partei, wenn sie Reformen verabschiede und "es dabei gerecht zugeht". Nahles forderte erneut eine stärkere Steuerlast für Reiche und den Verzicht auf die geplanten Änderungen beim Krankengeld. Besser sei es, Freiberufler und Beamte in die Versicherungspflicht einzubeziehen. Auch der zum linken Flügel zählende Agenda-Kritiker Ottmar Schreiner erklärte, die SPD breche mit Versprechen aus ihrem Wahlprogramm und müsse sich deshalb nicht wundern, dass sie an Glaubwürdigkeit verliere. Wenn die Arbeitnehmer stärker belastet würden, schade dies der Binnenkonjunktur. "Das passt beschäftigungspolitisch überhaupt nicht zusammen."Antragsberatung und BeschlussfassungEröffnet wurde der Parteitag am Vormittag von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. Nach einer Generalaussprache von knapp einer Stunde sind gut drei Stunden für Antragsberatung und Beschlussfassung vorgesehen. Unmittelbar nach dem Parteitag wollen die Initiatoren des Mitgliederbegehrens in der SPD um den bayerischen Bundestagsabgeordneten Florian Pronold entscheiden, ob nach dem Sonderparteitag auch noch die SPD-Basis über Schröders Reformpläne abstimmen soll.Proteste der GewerkschaftenGewerkschaftsvertreter zu Beginn des SPD-Parteitages in Berlin gegen die Reformagenda 2010 protestiert. Am Sonntagmorgen unterstrichen Mitglieder von ver.di und IG Metall vor dem Berliner Estrel Hotel ihre Kritik an dem Reformpaket von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Auf dem Parteitag wurden mehr als 500 Delegierte erwartet. Die Kritik der Gewerkschafter richtet sich vor allem gegen die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowie die Kürzung der Bezugsdauer der Arbeitslosenunterstützung. In einem Aufruf an die Delegierten mahnten auch die Jusos mehr soziale Gerechtigkeit an und forderten die Wiedereinführung der Vermögensteuer. "Deshalb setzen wir die Umverteilung von oben nach unten auf die politische Tagesordnung", heißt es in einem Schreiben. Auf Spruchbändern forderten die Demonstranten Bundeskanzler Schröder auf "umzusteuern" und sagten "Nein zur Agenda 2010". Auch die PDS und Bürgerbewegungen artikulierten vor dem Parteitag ihren Unmut gegen die Agenda und das Sparprogramm der Bundesregierung.Schröder plant, nach Ende des Parteitags zum G-8-Gipfel nach Evian am Genfer See zu fliegen.