300.000 Schiiten setzen ihren Trauermarsch fortTonband: Hussein bestreitet Verstrickung in Nadschaf-Anschlag
Kairo (rpo). Nach Informationen des arabischen Fernsehsenders El Dschasira hat sich Saddam Hussein erneut per Tonband zu Wort gemeldet. Darauf soll der gestürzte irakische Machthaber bestritten haben, in den Anschlag von Nadschaf verstrickt gewesen zu sein. Unterdessen setzten am Montag mehr als 300.000 Schiiten ihren Trauermarsch fort. Bei dem Anschlag am Freitag waren mehr als 80 Menschen getötet worden, darunter der Schiitenführer Mohammed Bakr el Hakim. Auf dem Band, das der Sender am Montag in Auszügen ausstrahlte, beschuldigt die Saddam zugeschriebene Stimme "Erfüllungsgehilfen" der amerikanischen Besatzungsmacht, Beschuldigungen ohne jeglichen Beweis in die Welt zu setzen. Er sei der gewählte Führer aller Iraker, egal, ob es sich um Schiiten, Sunniten, Kurden, Araber oder Nicht-Muslime handele, sagt die angebliche Saddam-Stimme weiter."Vielleicht haben viele von euch das Zischen der Schlangen gehört, der Diener der Besatzer, wie sie uns ohne jeden Beweis der Tötung von (Ajatollah Mohammad Bakir) el Hakim beschuldigen", erklärte der Sprecher auf dem Band. Saddam Hussein sei jedoch der Führer aller Iraker, nicht nur der Führer einer Minderheit, sagte der Sprecher und schien damit anzudeuten, dass er keinen Angriff auf eine bestimmte ethnische oder religiöse Gruppe starten würde. Mehrere Vertreter des Obersten Rates für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI), der Organisation, die Bakr el Hakim geführt hatte, sowie viele Iraker hatten Saddam und seine Anhänger für den Anschlag in der den Schiiten heiligen Stadt verantwortlich gemacht. Nach Angaben eines hochrangigen Polizeivertreters aus Nadschaf sind im Zusammenhang mit dem Attentat inzwischen 19 Verdächtige festgenommen worden. Mehr als 300.000 Schiiten nahmen am Montag am Trauermarsch für el Hakim teil. Sie folgten dem Sarg des Ajatollahs auf seinem Weg von Bagdad nach Nadschaf, wo am Dienstag eine Trauerfeier für den Geistlichen stattfinden sollte, und riefen nach Vergeltung für den Tod Hakims. FBI schaltet sich einDerweil schaltete sich die amerikanische Bundespolizei FBI in die Ermittlungen zu dem Bombenanschlag von Nadschaf ein. Das FBI werde bei der gerichtsmedizinischen Analyse der Beweisstücke helfen und auch anderweitig tätig werden, kündigte ein FBI-Sprecher am Sonntag in Washington an. Der Gouverneur von Nadschaf habe die USA um Hilfe gebeten. Das FBI leitet bereits die Ermittlungen zu dem Anschlag auf die jordanische Botschaft in Bagdad am 7. August und auf die UN-Vertretung zwölf Tage später. Nach dem jüngsten Anschlag auf die Imam-Ali-Moschee hatte die irakische Polizei nach eigenen Angaben bis Samstag 19 Verdächtige festgenommen, darunter mehrere Ausländer, die Verbindungen zum Terrornetzwerk El Kaida haben sollen. Die Bombe hatte nach Angaben der Polizei die Sprengkraft von 750 Kilogramm TNT. Das saudi-arabische Außenministerium wies Berichte über eine Verwicklung eigener Staatsangehöriger in den Anschlag zurück. Diese Berichte stützten sich auf keinerlei Beweise, sagte ein Vertreter des Ministeriums. Falls diese Quellen in Irak Beweise hätten, sollten sie diese vorlegen, ansonsten aber keine Behauptungen aufstellen. Unter den festgenommenen Verdächtigen befinden sich auch mehrere Saudi-Araber. Provisorische Regierung formiert sichKnapp fünf Monate nach dem Sturz Saddam Husseins hat die provisorische irakische Regierung ein neues Kabinett geformt. Der von den USA eingesetzte Verwaltungsrat ernannte am Montag nach wochenlanger Verzögerung Verantwortliche für die einzelnen Ressorts. Neuer Außenminister des provisorischen Kabinetts wird Hoschjar el Sebari, früherer Sprecher der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP). Das Ölministerium leitet Ibrahim Mohammed Bahr el Ulum. Ein Informationsministerium wird es nicht mehr geben. Einzige Frau im Kabinett ist Nisrin Mustafa Siddik Barwari, die für allgemeine Aufgaben verantwortlich sein soll. Dem 25 Mitglieder starken Kabinett gehören 13 Schiiten, fünf sunnitische Araber, fünf - ebenfalls sunnitische - Kurden, ein Turkmene und ein Christ an. Die USA setzten den irakischen Verwaltungsrat Mitte Juli ein, die Bildung eines Kabinetts hat sich seitdem immer wieder verzögert. Australien glaubt an neue UN-ResolutionAustralien zeigte sich unterdessen zuversichtlich, dass sich der Weltsicherheitsrat hinter eine neue Irak-Resolution stellen werde, damit mehr Regierungen Truppen zur Stabilisierung des Landes entsenden. Eine Einigung sei wahrscheinlich, erklärte Außenminister Alexander Downer im australischen Rundfunk. Einige Staaten wie Russland und Frankreich haben eine Entsendung von Soldaten ohne Rückendeckung und größeren Einfluss der UN abgelehnt. Downer betonte jedoch, die neue Resolution müsse die Führungsrolle der USA anerkennen. Fast ein Drittel der Briten sprach sich derweil in einer Umfrage des "Daily Mirror" für einen schnellen Abzug ihrer Soldaten aus.