Alle Politik-Artikel vom 11. Januar 2004
Zivildienst vor dem Aus?

Zivildienst soll nur noch vier Jahre bestehen bleibenZivildienst vor dem Aus?

Hamburg (rpo). Offenbar plant die Bundesregierung eine Abschaffung des Zivildienstes zum Jahr 2008. Davon gehen laut eines Zeitungsberichtes die Wohlfahrtsverbände nach Gesprächen mit der Bundesregierung aus.Davon gehen die Wohlfahrtsverbände nach Gesprächen mit der Regierung aus, berichtet die "Financial Times Deutschland" (Montagausgabe). Im kommenden Herbst sollen die Pläne umgesetzt werden, die Dauer des Zivildienstes von zehn auf neun Monate zu verkürzen und damit der Dauer des Grundwehrdienstes anzupassen. Den meisten Wohlfahrtsverbänden komme die Abschaffung des Zivildienstes zu früh, hieß es. Die Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Sachsen, Regina Mannel, sprach von einer Katastrophe. "Mit dem Wegfall des Zivildienstes kommt eine Kostenlawine auf die Kommunen und die Krankenkassen zu", sagte sie der "FTD". Zivildienstleistende müssten durch teure Fachkräfte ersetzt werden.

Rau-Nachfolge: Stoiber will es nicht werden

Stoiber: Werde nicht als Rau-Nachfolger kandidierenRau-Nachfolge: Stoiber will es nicht werden

Berlin (rpo). Wer in wenigen Monaten die Nachfolge von Bundespräsident Johannes Rau antreten wird, bleibt vorerst offen. Einzig CSU-Chef Edmund Stoiber machte unmissverständlich klar, er werde es nicht. Unterdessen sprechen sich laut einer Umfrage zwei Drittel der Bundesbürger für Schäuble als Rau-Nachfolger aus. Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber schließt eine Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten kategorisch aus. "Ich habe oft genug gesagt, dass ich ein leidenschaftlicher Parteivorsitzender bin und gestaltender Politiker als Ministerpräsident - und das deswegen für mich das bedeutsame und hohe Amt des Bundespräsidenten, das eine ganz andere Funktion hat, nicht in Frage kommt", sagte Stoiber am Sonntag in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Er fügte hinzu: "Dabei bleibt es." Festhalten werde er auch an dem mit CDU-Chefin Angela Merkel besprochen Fahrplan, wonach die Union im März einen Kandidaten präsentieren wolle, versicherte Stoiber. "Es ist sicherlich das erste Vorschlagsrecht für einen Kandidaten aus der CDU, da werden wir uns dazu eben dann entscheiden und werden dann mit der FDP darüber reden, um einen gemeinsamen Kandidaten zu haben", sagte Stoiber. CDU/FDP: Vor der Hamburgwahl keine EntscheidungDas Rätselraten um die Nachfolge von Johannes Rau im Amt des Bundespräsidenten geht mindestens bis Anfang März weiter. CDU-Chefin Angela Merkel erklärte am Wochenende, sie habe mit FDP-Chef Guido Westerwelle vereinbart, sich vor einer Festlegung in der Kandidatenfrage erst auf die Hamburger Bürgerschaftswahl am 29. Februar zu konzentrieren. SPD und Grüne wollen ebenfalls zunächst keinen eigenen Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl am 23. Mai benennen. Es gebe keine rot-grüne Mehrheit in der Bundesversammlung, sagte Grünen-Fraktionschefin Krista Sager. Es mache deshalb keinen Sinn, denkbare Wunschkandidaten in die Arena zu treiben. Rot-Grün werde abwarten, was von Union und FDP, die eine Mehrheit im Wahlgremium haben, an Vorschlägen komme. Müntefering: Keine Festlegung auf einen KandidatenAuch der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Franz Müntefering, erklärte, es gebe keine Festlegung auf einen Kandidaten. Die Koalition werde sich offen halten für die Entwicklung der nächsten Wochen. Merkel sagte, die Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung ließen es geraten erscheinen, dass CDU und CSU nicht allein über einen Kandidaten für die Rau-Nachfolge entscheiden. Sie habe mit Fraktionsvize Wolfgang Schäuble über den Zeitplan für die Nominierung eines gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten von Union und FDP gesprochen. Der CDU-Politiker gilt als möglicher Anwärter auf die Kandidatur. Nach der CSU bekennen sich einem Bericht der "Welt am Sonntag" zufolge auch CDU-Spitzenpolitiker zur Nominierung von Schäuble. Nach dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch erklärte CDU-Bundesvorstandsmitglied Kurt Lauk dem Blatt, dass Schäuble "eindeutig hoch geeignet" sei, an der Spitze des Staates zu stehen.Umfrage: Zwei Drittel für SchäubleEine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "dimap" im Auftrag von "Welt am Sonntag" ergab, dass fast zwei Drittel der Deutschen Schäuble für einen guten Bundespräsidenten hielten. Auf die Frage "Glauben Sie, dass Schäuble ein guter Bundespräsident wäre oder nicht?", antworteten 62 Prozent der Befragten mit ja, 29 Prozent glaubten es nicht. CDU-Vize Jürgen Rüttgers hält dagegen die Unterstützung eines FDP-Politikers zur Bundespräsidentenwahl für denkbar. Es komme auf die Persönlichkeit an - und nicht auf Geschlecht oder Parteizugehörigkeit, sagte er der "Bild am Sonntag".

Steuerstreit: CSU nähert sich der CDU

Stoiber zeigt KompromissbereitschaftSteuerstreit: CSU nähert sich der CDU

Berlin (rpo). CSU-Chef Edmund Stoiber zeigt im Steuerstreit mit der Schwesterpartei CDU erste Kompromisssignale. Über die Eigenheimzulage könne man sprechen, sagte Stoiber in einem Interview.Signale der ensthat sich im Streit mit der CDU über die Steuerreform-Konzepte kompromissbereit erklärt. Die Forderung zur Erhaltung der Eigenheimzulage stellte der bayerische Ministerpräsident zur Disposition. Stoiber sagte am Sonntagabend in einem Interview der ZDF-Sendung "Berlin direkt": "Was die Eigenheimzulage anbelangt, natürlich kann man darüber reden." Die CDU hat sich für eine Streichung ausgesprochen. An der Pendlerpauschale will die CSU jedoch festhalten. Stoiber sagte: "Da sind wir allerdings der Meinung, das ist eine Betriebsausgabe, das sind Werbungskosten pur." Keine so großen UnterschiedeInsgesamt gebe es "keine so großen Unterschiede zu der Konzeption der CDU", meinte der CSU-Vorsitzende. "Wir wollen wesentlich weniger Steuereinkunftsarten definieren genauso wie die CDU. Im Grunde genommen sind das keine unüberbrückbaren Gegensätze." In den 69 Steuersubventionen, die die Schwesterpartei CDU streichen will, steckten auch soziale Leistungen, sagte Stoiber und nannte Kindergeld, Erziehungsgeld und Sozialhilfe. "Die halte ich also nicht für steuerpflichtig", erklärte der Ministerpräsident. "Deswegen werden wir uns da auch sehr schnell ... einigen." "Hier sollte auch die CDU überlegen"Der Tageszeitung "Münchner Merkur" (Montagausgabe) sagte Stoiber, die CDU gehe bei der Besteuerung von Kinder-, Erziehungs- und Mutterschaftsgeld sehr weit: "Hier sollte auch die CDU überlegen, ob sie diese staatlichen Leistungen wirklich besteuern will." Der "Münchner Merkur" berichtete, das CDU-Konzept sehe auch eine Besteuerung von Leistungen der Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung, Arbeitslosengeld sowie Arbeitslosen- und Sozialhilfe vor.

Helmut Kohl: Der alte Mann und die Sozis

Ex-Kanzler Kohl wirft der SPD Versagen vorHelmut Kohl: Der alte Mann und die Sozis

Dessau (rpo). Alt-Kanzler Helmut Kohl hat sich mal wieder über seine Lieblingsgegner, die deutschen Sozialdemokraten, ausgelassen. Er warf der SPD unter anderem Versagen in der aktuellen Politik vor.Deutschland sei jetzt in einer komplizierten Lage, weil die Sozialdemokraten 1997 sowohl in Sachen Steuern als auch Renten versagt hätten, sagte Kohl auf einem Neujahrsempfang des CDU-Landesverbands Sachsen-Anhalt am Sonntagabend in Dessau. Ausschließlich aus parteipolitischen Gründen habe die SPD damals gegen die Vorschläge der Union gestimmt und damit wertvolle Jahre vertan. Das im Dezember beschlossene Gesetzespaket zur Steuerentlastung bezeichnete Kohl als einen "Schritt in die richtige Richtung". Doch "jetzt muss Entscheidendes verändert werden, wenn Deutschland eine Zukunft haben soll", forderte der CDU-Politiker. Die dafür gegenwärtig in der CDU entwickelten Vorschläge seien "keine Patentrezepte, aber die richtige Entwicklung auf dem richtigen Weg". Die SPD hätte die Idee der Wiedervereinigung verratenErneut verteidigte Kohl seine Entscheidungen bei der Wiedervereinigung: "Wir hatten kein Lehrbuch, aber unsere historische Verantwortung und Pflicht gegenüber unserem Vaterland." Die Sozialdemokraten dagegen hätten die Idee der deutschen Einheit aufgegeben und damit verraten. Inzwischen seien die Hoffnungen von damals auf blühende Landschaften in den neuen Ländern in Erfüllung gegangen. Milliarden seien in den Aufschwung Ost geflossen, "69 Milliarden Mark allein für die Verkehrsprojekte deutsche Einheit", in Autobahnen, Straßen und Wasserstraßen. Im Chemiedreieck Leuna, Bitterfeld, Wolfen von Sachsen-Anhalt gebe es heute über 9.000 sichere und zukunftsfähige Arbeitsplätze. "Und dafür musste ich mich Monate lang in einem Untersuchungsausschuss verantworten", sagte Kohl zu Vorwürfen, beim Erwerb der Leuna-Raffinerie durch die französische Elf Aquitaine seien Bestechungsgelder geflossen. "Darin zeigt sich die ganze Erbärmlichkeit der jetzigen Machthaber", fügte er hinzu. Unter dem Beifall der über 2.000 Gäste hatte Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) den Ehrengast Kohl als "Kanzler der Einheit" begrüßt.

Praxisgebühr: Pillenrezepte bald gebührenfrei

Schmidt kündigt erste Korrektur der Gesundheitsreform anPraxisgebühr: Pillenrezepte bald gebührenfrei

Berlin (rpo). Der Start der Gesundheitsreform liegt gerde eineinhalb Wochen zurück, da kündigt Ministerin Ulla Schmidt bereits eine erste Korrektur an. Das bloße Abholen von Folgerezepten für die Anti-Baby-Pille soll "spätestens im zweiten Quartal" gebührenfrei werden.Zudem wollen Krankenkassen und Ärzte am (morgigen) Montag Ungereimtheiten bei der Praxisgebühr ausbügeln. CDU-Vize Jürgen Rüttgers griff Schmidt wegen der Umsetzung der Reform scharf an und legte ihr den Rücktritt nahe. Die Ministerin wies dies kategorisch zurück. Schmidt kündigte an: Wer ohne Untersuchung nur ein Pillenrezept beim Frauenarzt abholt, soll die neue Zehn-Euro-Praxisgebühr nicht zahlen müssen, wie Schmidt der "Bild am Sonntag" sagte. Aus Sicht des Sozialministeriums ist dies der einzige Punkt, der gesetzlicher Klarstellung bedarf. Die Beitragserhebung auf Versorgungsbezüge soll hingegen Bestand haben. Allerdings wird im Ministerium noch geprüft, welche Formen der betrieblichen Altersvorsorge genau betroffen sind. Rüttgers wirft Schmidt Versagen vorRüttgers hatte der Regierung in der "Bild am Sonntag" Versagen bei der Einführung der Praxisgebühr vorgehalten. Schmidt persönlich legte er Fehleinschätzungen zur Last, weil die angestrebte Senkung der Kassenbeiträge nicht eingetroffen sei. Auch verlangte Rüttgers eine Rücknahme der Klausel, wonach der volle Krankenkassenbeitrag auch auf Einmalzahlungen aus Pensionskassen und Direktversicherungen fällig wird. Dazu erklärte Schmidt am Sonntag: "Die Vorwürfe fallen auf Herrn Rüttgers zurück. Die Gesundheitsreform mit all ihren Einzelheiten ist gemeinsam mit CDU, CSU und den Ländern verhandelt, beschlossen und verabschiedet worden." Rüttgers schüre Verunsicherung. Im übrigen könne von einem Chaos im Zusammenhang mit der Praxisgebühr keine Rede sein. Jede Reform bringe Belastungen in der Anlaufzeit. "Umso mehr bedankt sich die Bundesregierung bei allen, die gesetzestreu und vernünftig sind", betonte die Ministerin. Lücken und Unklarheiten rasch klärenVor dem Spitzengespräch von Kassen und Ärzten am Montag sagte die neue Patientenbeauftragte Helga Kühn-Mengel zu, dass grobe Härten, Lücken und Unklarheiten rasch geklärt und ausgebügelt werden sollen. Sie verwies in den "Lübecker Nachrichten" auch auf die erste Sitzung des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten und Krankenkassen am Dienstag. Dieser soll festlegen, wer als chronisch krank gilt und damit Vergünstigungen bei den Zuzahlungen erhält. Zudem sollen Ärzte und Krankenkassen aushandeln, in welchen Ausnahmefällen auch künftig Krankenfahrten zum Arzt erstattet werden können. Einige Krankenkassen - so die DAK - erstatten solche Fahrten laut einem "Spiegel"-Bericht vorerst wie gehabt. "Senkung auf 13,6 Prozent unwahrscheinlich"Unterdessen äußerten sich die großen Krankenkassenverbände erneut skeptisch, ob der durchschnittliche Beitragssatz - wie in der Reform vorgesehen - tatsächlich von 14,3 auf 13,6 Prozent sinken kann. So sagte der Verbandschef der Innungskrankenkassen, Rolf Stuppardt, der "Berliner Zeitung": "Die 13,6 Prozent sind ein unrealistischer Wert." Realistisch sei für dieses Jahr eine "14 vor dem Komma". Auch der Sprecher des BKK-Bundesverbands, Florian Lanz, meinte, eine allgemeine Senkung auf 13,6 sei sehr unwahrscheinlich. Die Ersatzkassen zeigten sich der Zeitung zufolge ebenfalls skeptisch.

Irak: Gewaltwelle dehnt sich aus

Gewalt auch im britisch kontrollierten Süden des LandesIrak: Gewaltwelle dehnt sich aus

Amara/Bagdad (rpo). Die Gewalt in Irak breitet sich nun auch im Süden des Landes, auf den britisch kontrollierten Süden, aus. Bei Protestaktionen wurden sechs Iraker getötet. Unterdessen fanden US-Soldaten nördlich von Bagdad ein riesiges Waffenlager. Zudem seien bislang über 500 US-Soldaten in Irak gefallen.Bei Protesten in der Stadt Amara wurden nach Krankenhausangaben sechs Iraker getötet und zwei weitere verletzt. In Basra wurden laut US-Armee unter ungeklärten Umständen zwei Iraker getötet, von denen einer für die Besatzungstruppen arbeitete. Dänische Soldaten fanden nach US-Angaben Granaten, die möglicherweise chemische Kampfstoffe enthalten. Der irakische Regierungsrat äußerte sich besorgt über die US-Entscheidung, den gefangenen Ex-Machthaber Saddam Hussein als Kriegsgefangenen zu betrachten. Bei der Demonstration gegen die hohe Arbeitslosigkeit in Amara wurde am Samstag mindestens einer der Iraker von britischen Soldaten erschossen, wie ein britischer Militärsprecher sagte. Nach irakischen Krankenhausangaben hatten vier der Toten Schusswunden von Sturmgewehren des Typs Kalaschnikow. Diese Waffen werden unter anderem von irakischen Polizisten getragen. Auch am Sonntag versammelten sich in Amara wieder Dutzende Demonstranten und warfen Steine auf Sicherheitskräfte. Kundgebungsteilnehmer forderten auf einem Flugblatt unter anderem die Festnahme der Verursacher der Todesschüsse und die Wahl eines neuen Gouverneurs. Der britische Militärsprecher gab an, der von britischen Soldaten getötete Mann habe versucht, Granaten zu werfen. Die rund 360 Kilometer südlich von Bagdad gelegene Stadt gehört zum Verwaltungsbereich der britischen Besatzungstruppen. Die schiitische Region ist besonders von Arbeitslosigkeit betroffen. Drei Detonationen binnen einer StundeEin Iraker mit Wohnsitz in den USA und sein Bekannter seien am Samstag in Basra erschossen worden, teilte die US-Zivilverwaltung am Sonntag mit. Der in den USA gemeldete Iraker habe als Sicherheitskraft für die Hafenbehörden der Zivilverwaltung gearbeitet. Binnen einer Stunde waren in Bagdad am Sonntag drei heftige Detonationen zu hören, wie ein AFP-Reporter berichtete. Das US-Militär konnte zunächst keine Angaben zur Ursache machen. In Bagdad waren zuletzt mehrere Autobombenanschläge verübt worden. Im Norden des Landes stellten Sicherheitskräfte der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) nach eigenen Angaben am Sonntag einen mit rund hundert Kilogramm TNT präparierten Geländewagen sicher. Das Fahrzeug sei ohne Nummernschild in einem Dorf an der irakisch-iranischen Grenze entdeckt worden, das als Hochburg der Terrorgruppe Ansar el Islam gelte. Die Iraker unterstützten die Entscheidung der USA nicht, Saddam Hussein den Status eines Kriegsgefangenen zu gewähren, betonte der Kurde Dara Nureddin, der dem Rechtsausschuss des irakischen Regierungsrates vorsitzt. Das Gremium sei nicht vorab von der US-Zivilverwaltung konsultiert worden. Saddam Hussein sei ein "Krimineller, der Verbrechen gegen die Iraker begangen hat und sich vor einem irakischen Gericht verantworten muss". Der einflussreiche schiitische Großayatollah Ali Sistani forderte erneut eine baldige Parlamentswahl. Bei einem Treffen mit dem amtierenden Vorsitzenden des Regierungsrats, Adnan Patschatschi, sagte er in Nadschaf, die vorgesehene Bildung einer Übergangsversammlung reiche nicht aus, um das irakische Volk zu repräsentieren. Nach Meinung "zahlreicher Experten" sei es möglich, unter "akzeptablen Bedingungen" unter unter Wahrung "minimaler Transparenz" allgemeine Wahlen zu organisieren.US-Soldaten entdecken riesiges WaffenlagerUS-Soldaten haben nördlich der irakischen Hauptstadt Bagdad ein umfangreiches Waffenarsenal entdeckt. Ein irakischer Informant habe Soldaten am Samstag in dem Ort Tadschi zu einer Art Bomben-Werkstatt geführt, in der hunderte von Raketen, Mörsergranaten und andere Sprengsätze gelagert gewesen seien, sagte am Sonntag eine Sprecherin der US-Armee. Unter anderem seien 260 schultergestützte Panzerabwehrgranaten und 42 Abschussvorrichtungen sowie 30 Handgranaten und mehrere Sprengstoffzünder gefunden worden. Zwei Menschen seien festgenommen worden, als sie aus dem Gebäude fliehen wollten. Weiterhin seien 16 Kisten Plastiksprengstoff und fünf Artilleriegranaten im Kaliber 155 Millimeter entdeckt worden, die zu Sprengsätzen für den Straßenrand umfunktioniert worden seien. Die Werkstatt sei offenbar dazu genutzt worden, die Sprengsätze herzustellen, sagte die Sprecherin weiter.Wie US-Militärsprecher Mark Kimmitt in Bagdad mitteilte, wurden nahe Basra bis zu 40 in Plastikplanen verpackte Granaten entdeckt, aus denen eine unbekannte Flüssigkeit gesickert sei. Nun werde die Substanz untersucht. Kimmitt zufolge stammen die Granaten aus dem Iran-Irak-Krieg (1980-1988). Sollte sich herausstellen, dass die Granaten ätzende Kampfstoffe enthielten, würden diese umgehend entsorgt. Zu dieser Kampfstoffklasse zählt unter anderem Senfgas.504 US-Soldaten in Irak seit Kriegsbeginn getötetSeit Kriegsbeginn im März sind in Irak 504 US-Soldaten getötet worden. 342 Soldaten wurden bei Kämpfen getötet, wie das US-Verteidigungsministerium am Sonntag mitteilte. 152 Soldaten seien abseits von Kampfhandlungen ums Leben gekommen. Hinzu kämen neun Soldaten, die am Donnerstag beim Absturz ihres Hubschraubers nahe Falludscha getötet wurden, sowie ein in der vergangenen Woche in Bagdad von einer Granate getroffener Soldat, sagte Pentagonsprecher Megan Grafton. Die Zahl der seit dem Ende der Hauptkampfhandlungen in Irak getöteten US-Soldaten ist dabei um einiges höher als die der Toten während des eigentlichen Krieges: Insgesamt kamen seit dem 1. Mai 366 Soldaten ums Leben; 237 wurden laut Pentagon bei Kämpfen getötet, 129 starben bei Unfällen oder begingen Selbstmord. Seit Kriegsbeginn am 20. März wurden zudem 2849 US-Soldaten verletzt, von ihnen 2461 bei Kämpfen.

Vor 100 Jahren: Blutiger Aufstand gegen deutsche Kolonialmacht

Botschafter drückt Herero Bedauern Deutschlands ausVor 100 Jahren: Blutiger Aufstand gegen deutsche Kolonialmacht

Okahandja (rpo). Vor genau 100 Jahren begann in Deutsch-Südwest-Afrika ein blutiges Drama. In der einstigen Kolonie erhoben sich die Herero gegen deutsche Siedler, denen sie Landraub und Unterdrückung vorwarfen. Bis zur Niederschlagung des Aufstandes fielen dem deutschen Feldzug mindestens 60.000 Herero - das sind drei Viertel der Volkszugehörigen - zum Opfer. Der deutsche Botschafter in Namibia, Wolfgang Massing, brachte im Rahmen von Gedenkfeierlichkeiten das tiefe Bedauern der Bundesregierung für die brutale Niederschlagung des Herero-Aufstandes durch die deutsche Kolonialmacht zum Ausdruck. Die Geschichte könne nicht geändert werden, aber den Opfern und ihren Nachkommen könne die Würde und Ehre, derer sie beraubt wurden, zurückgegeben werden, sagte Massing während einer Gedenkzeremonie am Sonntag im namibischen Okahandja. Die Bundesregierung bedauere diese unglückliche Vergangenheit zutiefst, sagte Massing, der als ranghöchster Vertreter Deutschlands an der Zeremonie teilnahm. Unter den 600 Teilnehmern der Gedenkfeier waren überwiegend Angehörige des Herero-Volkes. Die Zeremonie in der früheren Herero-Hauptstadt Okahandja bildete den Auftakt zu einer Reihe von Veranstaltungen, mit denen in den kommenden drei Jahren an die Vernichtung großer Teile des Herero-Volkes durch die deutsche Kolonialmacht zwischen 1904 und 1907 erinnert werden soll. Der Aufstand hatte am 12. Januar 1904 mit einem Überfall von Herero auf deutsche Siedler begonnen, denen sie Landraub und Unterdrückung vorwarfen. Historiker gehen davon aus, dass dem deutschen Feldzug mindestens 60.000 Herero, drei Viertel der Volkszugehörigen, zum Opfer fielen. Herero-Chef Kuaima Riruako sagte in seiner Ansprache, die "Wunden der Vergangenheit" müssten "geheilt" werden. "Unsere Forderung nach Entschädigungen muss verstanden werden als Versuch, unsere Würde zurückzuerlangen und das zurückzubekommen, was uns zu Unrecht genommen wurde." Eine Gruppe von Herero-Führern hatte vor zwei Jahren in den USA den deutschen Staat sowie mehrere deutsche Unternehmen auf vier Milliarden Dollar (3,14 Milliarden Euro) Entschädigung verklagt. Riruako forderte den namibischen Präsidenten Sam Nujoma auf, die Forderung nach Reparationen zu unterstützen und kritisierte die Abwesenheit des Staatschefs bei der Gedenkfeier. Die Bundesregierung lehnt eine formelle Entschuldigung und Entschädigungszahlungen an die Hinterbliebenen ab. Deutschland stehe zu seiner Vergangenheit, lehne eine "entschädigungsrelevante Entschuldigung" aber ab, sagte Außenminister Joschka Fischer (Grüne) im Oktober in Namibia. Außenamtssprecher Walter Lindner verwies zum Jahrestag darauf, dass das südwestafrikanische Land pro Kopf gesehen die höchste deutsche Entwicklungshilfe in Afrika bekommt. "Der besonderen Verantwortung sind wir uns selbstverständlich bewusst. Es ist ein trauriger Jahrestag."

ABC-Waffen in Irak? Blairs nein, aber...

ABC-Waffen werden wohl nie in Irak gefundenABC-Waffen in Irak? Blairs nein, aber...

London (rpo). Vor wenigen Monaten zog Tony Blair mit US-Präsident Bush wegen vermuteter Massenvernichtungswaffen in Irak in den Krieg. Nun hat er verkündet, man werde vielleicht niemals Massenvernichtungswaffen finden. Und liefert dafür gleich eine obskure Rechtfertigung.In einem Land, dass doppelt so groß wie Großbritannien sei, wäre es "nicht überraschend", wenn man "verstecktes Zeug" nicht finde, sagte Blair am Sonntag dem britischen BBC-Fernsehen. Es gebe derzeit keine gesicherten Erkenntnisse darüber, was mit den in Irak vermuteten Waffen passiert sei. "Zu diesem Zeitpunkt" könne jedoch nicht behauptet werden, dass er mit Warnungen vor einer Gefahr irakischer Massenvernichtungswaffen falsch gelegen habe. US-Inspektoren hätten außerdem bereits "eine ganze Reihe von Beweisen" für irakische Geheimaktionen gefunden, die den Vereinten Nationen hätten gemeldet werden müssen. Der britische Regierungschef sagte weiter, die Angelegenheit der insgesamt neun britischen Staatsangehörigen auf dem kubanischen US-Stützpunkt Guantánamo könne in "wenigen Wochen" gelöst werden. Er könne aber noch nicht sagen, wie dies geschehen solle. Auf Guantánamo sind zurzeit rund 660 Gefangene inhaftiert, die meisten von ihnen sind mutmaßliche Taliban oder Mitglieder des Terrornetzwerks El Kaida.

Diäten: EU-Abgeordnete sahnen ab

Kritik von ExpertenDiäten: EU-Abgeordnete sahnen ab

Hamburg (rpo). EU-Abgeordnter zu sein, scheint sich zu lohnen. Laut verschiedener Medienberichte fällt die für den Sommer geplante Diätenerhöhung für EU-Abgeordnete offenbar deutlich üppiger aus als zunächst angenommen. Wie "Bild am Sonntag" und "Spiegel" übereinstimmend berichteten, sollen die Bezüge auf 9.053 Euro steigen. Zuvor sei nur eine Anhebung auf rund 8.500 Euro ab 2006 vorgesehen gewesen, hieß es. Laut "Bild am Sonntag" entspräche dies einem Anstieg um rund 30 Prozent für die 99 deutschen Europaabgeordneten, die bislang die Diäten der nationalen Parlamente, in Deutschland monatlich 7.009 Euro, bezögen. Grund für die vorgesehene Erhöhung ab Juni ist laut "Bild am Sonntag" die seit Jahresbeginn wirksame Anhebung der Gehälter für EU-Beamte. Die künftig einheitlichen Diäten sollten nämlich an das Gehalt eines Richters am EU-Gerichtshof gekoppelt werden - ein Vorgehen, das bei Experten auf heftige Kritik stößt. Mangelnde Transparenz beklagt"Durch die Koppelung an die Richtergehälter würden die Abgeordnetendiäten auch in Zukunft automatisch und von der Öffentlichkeit unbemerkt" steigen, zitierte die Zeitung den Diäten-Experten Hans Herbert von Arnim von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer. Von Armin forderte den EU-Ministerrat auf, den neuen Diätenvorstoß abzulehnen und die "dreiste Selbstbedienung" zu stoppen. Laut "Spiegel" verstößt die Regelung auch gegen das Transparenzgebot im Grundgesetz. Kritik äußerte von Arnim auch an dem Vorhaben, Diäten und Pensionen der Abgeordneten des Europaparlaments nur mit der günstigeren EU-Steuer zu belegen, was für einen ledigen Abgeordneten 1.929 Euro netto im Monat mehr bedeute. Die im Statut vorgesehen Möglichkeit, die Einkünfte mit einer nationalen Zusatzsteuer zu belegen, verstoße gegen EU-Recht und sei daher nicht praktikabel, hieß es. Den Angaben zufolge sollen auch Nebeneinkünfte der Abgeordneten aus anderen Tätigkeiten sowie Minister- und Abgeordnetenpensionen nicht auf die EU-Diäten angerechnet werden. Laut "Spiegel" werden die Außenminister der EU-Länder vermutlich am 26. Januar darüber entscheiden, ob die geplante Regelung in Kraft tritt.

Erdogan gegen Kopftuchverbot in Deutschland

Frauenministerin warnt vor überhastetem GesetzErdogan gegen Kopftuchverbot in Deutschland

Frankfurt/Main (rpo). Der "Welt am Sonntag" sagte der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan, die Frage des Kopftuchtragens sollte gelöst werden, "indem man darüber spricht, nicht durch Zwang".Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbunds, Peter Heesen, befürwortete im Berliner "Tagesspiegel" ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen. Er wandte sich aber gegen Pläne, dieses auf den gesamten öffentlichen Dienst auszudehnen. Erdogan sagte laut Zeitungsmeldung: "Jeder sollte sein Leben so leben, wie er möchte, egal, was er glaubt." Er könne nicht verstehen, warum diese Frage plötzlich in Deutschland zu einem Problem geworden sei. Erdogan warnte vor einer Spaltung der Gesellschaft: "Wenn man über solche Sachen hitzig streitet, teilt man ein Volk, und am Ende werden sich beide Teile nicht lieben, sondern hassen". Der türkische Ministerpräsident bestritt, dass das Kopftuch auch Symbol der Unterdrückung sei. Auch seine Frau und seine Töchter wurden das Kopftuch aus freien Stücken tragen und nicht, "weil ich es ihnen aufgetragen habe". Beamtenbunds-Chef Heesen lehnte ein Verbot des Kopftuchs im gesamten öffentlichen Dienst ab, wie es etwa in Berlin und Hessen geplant sei. "Das geht zu weit", sagte er in dem Interview. Im öffentlichen Dienst "treffen meist Erwachsene auf Erwachsene", die sich religiöser Einflüsse erwehren könnten. Das sei eine andere Situation als in der Schule. Dort jedoch sollten die Lehrerinnen ihre Kopftücher abnehmen müssen. Sie seien ein Symbol mit "Kampfattitüde", die auch auf Grund ihrer politischen Botschaft nicht mit dem Kreuz gleichzusetzen seien. Heesen kritisierte die Länder, sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt zu haben. "Das muss die Kultusministerkonferenz leisten", sagte er SPD-Politikerin warnt vor Signal der AusgrenzungDie nordrhein-westfälische Frauenministerin Birgit Fischer warnte vor der überhasteten Verabschiedung von Gesetzen gegen das Tragen von Kopftüchern in Schulen. In einem Beitrag für "Welt am Sonntag" nannte die SPD-Politikerin zuvor eine gründliche Auseinandersetzung über alle Aspekte der Integration und über das Verhältnis von Staat und Gesellschaft zum Islam notwendig. "Es wäre fatal, wenn am Ende ein Verbot stünde, das von Muslima und Muslimen als Signal von Ausgrenzung und Nichtanerkennung (miss-)verstanden würde", schrieb Fischer.Niedersachsen will auch politische Aussagen verbietenNach einer Meldung der Berliner "Tageszeitung" (Montagausgabe) will die niedersächsische CDU/FDP-Landesregierung im Zuge der Kopftuchdebatte den Lehrkräften strittige politische Äußerungen im gesamten Schulbereich gesetzlich untersagen. Die Schulgesetzänderung, die das Landeskabinett am Dienstag auf den Weg bringen will, "beschränkt sich nicht auf die Frage des Tragens von Kopftüchern", heiße es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Vielmehr sollen den Lehrern in der Schule auch alle politischen Bekundungen verboten werden, "die geeignet sind, den Schulfrieden zu gefährden oder zu stören".

Selbstmordattentäter bei vorzeitiger Explosion getötet

Kureia fordert internationalen Druck auf IsraelSelbstmordattentäter bei vorzeitiger Explosion getötet

Jerusalem (rpo). Im Westjordanland ist am Sonntag ein mutmaßlicher palästinensischer Selbstmordattentäter bei der vorzeitigen Explosion einer Bombe ums Leben gekommen. Die israelische Armee erklärte, offenbar sei der Mann auf dem Weg zu einem Anschlag in Israel gewesen. Der Vorfall ereignete sich in einem Dorf bei Nablus. Andernorts im Westjordanland erschossen israelische Soldaten einen 16-jährigen palästinensischen Jungen. Die Soldaten hätten das Feuer auf Steinewerfer eröffnet, sagten Augenzeugen. Die Armee dagegen erklärte, der getötete Jugendliche habe eine Brandbombe werfen wollen. Der palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kureia rief die internationale Gemeinschaft am Sonntag abermals auf, ihren Druck auf Israel zu erhöhen. Der Bau der Absperrung, die Israel vom Westjordanland trennen soll, sei inakzeptabel, sagte Kureia, während er bei Kalkilja einen Teil der Anlagen besichtigte. "Wir wenden uns an die Vereinigten Staaten, an Präsident (George W.) Bush, an Europa, an Russland und an die Vereinten Nationen", sagte Kureia. "Lässt dies eine Möglichkeit für die Schaffung eines palästinensischen Staates offen?" Der palästinensische Regierungschef sprach damit die vier Mitglieder des Nahost-Quartetts an, die mit der so genannten Road Map im vergangenen Jahr einen Friedensplan für den Nahen Osten vorgelegt hatten. Dieser sieht unter anderem die Schaffung eines palästinensischen Staates bis zum Jahr 2005 vor.

FDP-Politiker für Abschaffung von Feiertagen

Arbeiten am Ostermontag?FDP-Politiker für Abschaffung von Feiertagen

Hamburg (rpo). Christoph Hartmann, seines Zeichens saarländischer FDP-Chef, hat sich für eine Abschaffung einzelner gesetzlicher Feiertage ausgesprochen. "Obwohl ich gläubiger Katholik bin, kann ich mir die Abschaffung des Ostermontags oder des Pfingstmontags als Feiertag vorstellen", sagte Hartmann der "Bild am Sonntag". Er fügte hinzu: "Wir können aber auch an den 1. Mai ran." Der FDP-Bundestagsabgeordnete begründete seien Vorstoß mit der Notwendigkeit, die Produktivität zu steigern. "Wenn wir diesen Sozialstaat wollen, dann müssen wir viel verdienen", zitierte ihn das Blatt. "Dafür brauchen wir Arbeitszeitverlängerung. Wenn die Gewerkschaften dabei nicht mitmachen, dann bleibt dem Staat nur eine Möglichkeit: die Abschaffung von Feiertagen." Andere Industrieländer hätten weitaus weniger Urlaubs- und Feiertage, erklärte der Politiker.

Stilles Gedenken für Luxemburg und Liebknecht

PDS rechnet mit 100 000 TeilnehmernStilles Gedenken für Luxemburg und Liebknecht

Berlin (rpo). In der Gedenkstätte Berlin-Friedrichsfelde wird heute mit stillem an die vor 85 Jahren ermordeten Arbeiterführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht erinnert.Die Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) waren am 15. Januar 1919 von Freikorpsoffizieren getötet worden. Die PDS als Veranstalter rechnet mit 100 000 Teilnehmern. Im vergangenen Jahr kamen nach ihren Angaben rund 85 000 Menschen. Zum Auftakt der traditionellen Ehrung legen Spitzenpolitiker der PDS, darunter Parteichef Lothar Bisky und Berlins Landeschef Stefan Liebich, in der Anlage Kränze nieder. Außerdem werden die Teilnehmer einer Vorbereitungskonferenz zur Gründung einer europäischen Linkspartei erwartet. Die Vertreter aus 17 Ländern tagen auf Einladung der PDS an diesem Wochenende in Berlin. Der mehrstündige Gedenkmarsch gehört zu den größten Demonstrationen in der Bundeshauptstadt. In der Vergangenheit zogen jeweils Zehntausende Menschen zu den Gräbern Luxemburgs und Liebknechts in der "Gedenkstätte der Sozialisten". Neben dem stillen Gedenken plant ein Bündnis linker Parteien, Gruppen und Einzelpersonen einen Aufzug vom Frankfurter Tor zur Gedenkstätte. Dazu sind nach Polizeiangaben rund 5000 Teilnehmer angemeldet.

Struck hat Morddrohungen erhalten

Nach Entlassung von Brigadegeneral GünzelStruck hat Morddrohungen erhalten

Hamburg (rpo). Nach der Entlassung des Brigadegenerals Reinhard Günzel ist Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) mit dem Tode bedroht worden, wie er der "Bild am Sonntag" sagte. Unterdessen berichten Medien über geplante Milliardenkürzungen bei der Bundeswehr.Der Kommandeur des Bundeswehr-Kommandos Spezialkräfte (KSK) war im vergangenen Jahr vorzeitig in den Ruhestand geschickt worden, weil er eine als antisemitisch kritisierte Rede des damaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann brieflich gelobt hatte. Struck sagte, er würde jederzeit wieder so handeln wie im Falle Günzel. "Jeder Soldat, der sich so äußert wie dieser General, muss mit entsprechenden Maßnahmen rechnen", kündigte er an. Günzel ist ein EinzelfallNach Auffassung Strucks ist Günzel "ein Einzelfall". Der Minister sagte: "Die Offiziere und Unteroffiziere der Bundeswehr sind nach meiner Erfahrung überzeugte Demokraten und fern von jeder Art von Extremismus." Die Bundeswehr stehe heute "ohne Wenn und Aber in der Tradition der Widerstandskämpfer des 20. Juli und nicht mehr, wie zu Beginn, in der der Wehrmacht". Struck betonte: "Ich bin und bleibe ein Anhänger der Wehrpflicht." Doch sollte sie eines Tages vom Bundestag abgeschafft werden, müsse die Bundeswehr damit ohne erneute Umstrukturierungen fertig werden. Die Befürchtung, eine Berufsarmee könne zu einem Staat im Staate werden, wies Struck zurück. Die Bundeswehr sei so demokratisch gefestigt, dass auch eine Berufsarmee nicht zum Staat im Staate würde. Er fügte hinzu: "Ich fürchte eher, dass die Gesellschaft sich von einer Berufsarmee abwenden könnte." Milliardenkürzungen bei der BundeswehrDie Bundeswehr muss sich auf Milliardenkürzungen bei Rüstungsprojekten gefasst machen. Verteidigungsminister Peter Struck plane bis 2018 Einschnitte im Umfang von bis zu 26 Milliarden Euro, berichteten mehrere Zeitungen am Wochenende. Union und FDP übten heftige Kritik an dem Plan. Die Rüstungsindustrie beschwerte sich schriftlich. Struck verteidigte hingegen sein Sparkonzept, das er am Dienstag vorstellen will. "In Zeiten, in denen wir auch im gesamten sozialen Bereich kürzen müssen, können wir bei der Bundeswehr nicht einfach immer mehr ausgeben", wird Struck in der "Bild am Sonntag" zitiert. Trotz des Sparzwangs sei oberste Priorität seines Handelns, "die Soldaten im Einsatz bekommen, was nötig ist". Zu den Rüstungskürzungen äußerte er sich nicht im Einzelnen. Sein Ministerium nahm ebenfalls keine Stellung dazu. "Ein Waterloo für die Bundeswehr"Die Union bezeichnete die Pläne als "ein Waterloo für die Bundeswehr". "Ich habe den Eindruck, dass viel eher der künftige Finanzminister Struck als der Verteidigungsminister handelt", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christian Schmidt, (CSU). Dies habe nichts mit der Umsetzung einer Struktur zu tun. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jürgen Koppelin, kritisierte, die geplanten "erheblichen Einsparungen" in der Ausrüstung der Bundeswehr gefährdeten langfristig die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Kritik und Lob für KürzungspläneDer Vorsitzende des Ausschusses Verteidigungswirtschaft beim Bundesverband der Deutschen Industrie, Friedrich Lürßen, kritisierte in einem Brief an Struck die Pläne ebenfalls, wie das "Handelsblatt" meldete. Lürßen beklage vor allem, dass die Industrie in die Planung nicht genügend einbezogen worden sei. Dagegen lobte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, die Langzeitplanung für Rüstungsbeschaffungen bis 2017. "Es ist ein entscheidender Schritt, dass sich nun zum ersten Mal die Planung an den tatsächlichen Finanzansätzen orientiert", sagte er dem "Handelsblatt". Das "Handelsblatt" hatte zuvor unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, bei den Hubschrauber-Programmen NH 90 und Tiger seien erhebliche Kürzungen vorgesehen. Auch die bisher in der Entwicklung befindliche Kampfdrohne Taifun solle gestrichen werden. Gleichzeitig habe sich Struck für drei neue Projekte entschieden: In diesem Jahr solle die Vorserie des Schützenpanzers Puma gebaut werden, 2005 wolle sich Deutschland an der Entwicklung eines bodengestützten Luftabwehrsystems (MEADS) und einer luftgestützten Bodenaufklärung (AGS) beteiligen. Deutlich weniger EurofighterNach einem Bericht der "Bild"-Zeitung will Struck zudem unter anderem deutlich weniger Eurofighter bestellen als bisher geplant. Die Stückzahl des Schützenpanzers Puma solle von 418 auf 300 reduziert werden. Das Panzerabwehr-Lenkraketensystem PARS werde komplett gestrichen, die Stückzahl des Aufklärungsfahrzeugs Mungo von 900 auf 388 verringert. Die Marine werde bis 2010 keine Neuaufträge mehr bekommen. Darüber hinaus soll nach einem "Focus"-Bericht der Abbau ziviler Stellen bei der Bundeswehr mit Abfindungen beschleunigt werden. Die "Welt am Sonntag" berichtete, die Anzahl der Bundeswehrstandorte werde von 531 um gut 100 verkleinert.

Irak-Kriegsplanung weit vorm 11. September?

Vorbereitungen begannen angeblich Anfang 2001Irak-Kriegsplanung weit vorm 11. September?

Washington (rpo). Der Irak-Feldzug der USA galt auch als Reaktion auf den 11. September 2001. Offenbar hat US-Präsident George Bush die Vorbereitungen für den Irak-Krieg aber bereits kurz nach seinem Amtsantritt eingeleitet - somit Monate vor dem 11. September. Dies behauptet sein Ex-US-Finanzminister Paul O'Neill in einem Interview.Die Entscheidung zum Krieg gegen Irak soll US-Präsident George W. Bush nach Darstellung seines ehemaligen Finanzministers schon zu Beginn seiner Amtszeit getroffen haben. Die Grundzüge für eine Invasion seien bereits wenige Tage nach dem Amtsantritt im Januar 2001 festgelegt worden, sagte Exminister Paul O'Neill am Wochenende dem Fernsehsender CBS: "Von Anfang an herrschte die Überzeugung, dass Saddam Hussein eine schlimme Person ist und verschwinden muss." Der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, wollte diese Angaben weder bestätigen noch dementieren. Er sagte allerdings, der irakische Präsident Saddam Hussein sei schon vor dem 11. September 2001 eine Bedrohung für den Frieden und die Stabilität gewesen und erst recht danach. O'Neill wirbt zurzeit für ein neues Buch über die erste Hälfte von Bushs Amtszeit. Dieses hat ein ehemaliger Journalist der Zeitung "Wall Street Journal", Ron Suskind, geschrieben unter dem Titel "The Price of Loyalty" (Der Preis der Loyalität). Hauptquelle für die Darstellungen des Buches ist O'Neill, der im Dezember 2002 von Bush entlassen wurde. Washington begründete den Krieg gegen Irak vor allem damit, dass das Land im Besitz von Massenvernichtungswaffen sei. Auch neun Monate nach dem Ende des Kriegs und dem Sturz Saddam Husseins wurden jedoch noch keine solcher Waffen in Irak gefunden.Blair rechtfertigt Irak-Krieg abermalsIn London rechtfertigte Premierminister Tony Blair seine Beteiligung am Krieg gegen Irak abermals damit, dass er auf Grund von Geheimdiensthinweisen auf irakische Massenvernichtungswaffen nicht anders habe entscheiden können. "Es wäre unverantwortlich gewesen, wenn ich nicht darauf reagiert hätte", sagte Blair am Sonntag dem Rundfunksender BBC. "Man kann sich vorstellen, was passiert wäre, wenn ich die Geheimdiensterkenntnisse ignoriert hätte und dann irgendetwas Schreckliches geschehen wäre." In der britischen Öffentlichkeit ist der Regierung vorgeworfen worden, die Informationen der Geheimdienste über die Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen übertrieben zu haben, um so eine Stimmung für den Krieg zu erzeugen. Der militärische Regierungsberater David Kelly, auf dessen Informationen sich ein entsprechender BBC-Bericht stützte, wurde im Juli 2003 tot aufgefunden, nachdem er von der Regierung als Quelle für den Bericht genannt worden war. Der unabhängige Untersuchungsbericht von Lordrichter Hutton zum Selbstmord Kellys wird bis Ende dieses Monats erwartet.