Stoiber erneuert Kritik am CDU-KonzeptMerkel: Kein Gesprächsbedarf über Steuerreform
Berlin (rpo). Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel will mit der rot-grünen Bundesregierung in diesem Jahr keine Verhandlungen über eine große Steuerreform. Ob dies an den Unstimmigkeiten im Unionslager liegt oder an der von Merkel angeführten "Verzagtheit" der Regierung , bleibt umstritten.Die Bundesregierung habe offenbar kein Interesse an einer echten Reform, sagte Merkel der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Allerdings machte CSU-Chef Edmund Stoiber mit erneuter Kritik am CDU-Konzept für eine radikale Steuerreform deutlich, dass auch die Unionsparteien unter sich noch immer nicht auf einen Nenner kommen. Merkel erklärte, Signale der Bundesregierung wiesen "auf große Verzagtheit" hin, was den Umbau des Steuersystems angehe. "Ich habe leider nicht den Eindruck, dass Kanzler Schröder die Kraft und die Kreativität hat, eine wirklich radikale Steuerreform durchzusetzen", sagte die CDU-Vorsitzende. Zugleich verteidigte Merkel das CDU-Konzept, das eine Netto-Entlastung der Steuerzahler um fünf bis acht Milliarden Euro vorsehe. "Das ist machbar", sagte sie. Eine Vereinfachung ohne jede Entlastung sei schwierig, weil dann bei einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage eine Menge Ungerechtigkeiten erzeugt würden. Im Vordergrund stehe aber ein neues, einfaches Steuersystem. Stoiber wies gegenüber dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" die Zweifel der CDU-Spitze an einer schnellen und höheren Steuerentlastung zurück und erneuerte seine Kritik am Drei-Stufen-Modell der Schwesterpartei. "Ich halte eine Entlastung von etwa zehn Milliarden Euro am Ende für eine realistische Zahl in einem Kompromiss mit der CDU", zitierte das Magazin den bayerischen Ministerpräsidenten. Damit widersprach Stoiber dem stellvertretenden CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz, der erklärt hatte, eine schnelle Nettoentlastung komme angesichts der Lage der Staatskassen "zum jetzigen Zeitpunkt ohnehin nicht in Frage". Den Drei-Stufen-Tarif der CDU bei der Einkommensteuer lehnte Stoiber erneut kategorisch ab. Ein Kompromiss müsse deutlich mehr als drei Stufen haben. Sonst sei eine Steuerreform nicht finanzierbar. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Christoph Böhr sieht keinen Grund, von den noch vor Weihnachten vorhandenen Einsichten über die Notwendigkeit einer großen Steuerreform abzurücken. Mittelstand sowie mittlere und kleinere Einkommen müssten entlastet werden, erklärte Böhr in Mainz. Man könne allerdings sehr wohl darüber nachdenken, ob die Entlastung in zwei oder drei Schritten vollzogen werde. Wenn die Steuerentlastung richtig angelegt sei, müsse das nicht automatisch weniger Steuereinnahmen bedeuten. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach betonte, die Union verliere die Tarifsenkung nicht aus den Augen. Aber eine "Entlastung von zehn Milliarden Euro, die kommt", sei "wichtiger als eine Entlastung von 15 Milliarden, die am Ende nicht kommt", sagte er dem "Tagesspiegel". Der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Peter Rauen, forderte in einem Interview des Nachrichtenmagazins "Focus" den Ersatz der Erbschaftssteuer durch eine Zwei-Prozent-Steuer auf jeden Nachlass. Die heutige Erbschaftssteuer gehe denjenigen, die sie zahlen müssten, an die Substanz und müsse daher weg, sagte er. In Deutschland würden jedes Jahr 250 bis 280 Milliarden Euro vererbt. Der Erbschaftssteuer aber würden nur lächerliche 15 Milliarden Euro unterworfen. Jeder, der wie Erben etwas ohne eigene Leistung erhalte, könne einen kleinen Teil an den Staat abgeben.