Alle Politik-Artikel vom 25. Januar 2004
Clement: BA-Zentrale wird heruntergefahren

700 Stellen sollen abgebaut werdenClement: BA-Zentrale wird heruntergefahren

Berlin (rpo). Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement greift in der Nürnberger Zentrale der Bundesagentur für Arbeit (BA) durch: Die Anzahl der Stellen soll um 700 auf 400 sinken. "Wir werden in den Ländern, in den Städten und Gemeinden die Arbeirtsagentur vorort haben, sie wird zusammenarbeiten mit den Kommunen", sagte Clement am Sonntagabend im ZDF. Dezentralisierung sei "genau das richtige Stichwort". Der Minister fügte hinzu: "Wir wollen aus der Agentur eine moderne kundenorientierte Dienstleistungsagentur machen. Wir sind auf einem sehr guten Weg. Die Agentur muss sich an den Menschen orientieren, an denen, die Arbeit suchen." Zu den Anforderungen an den Nachfolger des gescheiterter BA-Chefs Florian Gerster sagte Clement, er müsse die Mitarbeiter und die Führungsgruppe mitnehmen "und das gesamte Gewoge drumherum aushalten". Das sei viel, aber natürlich auch eine reizvolle und spannende Aufgabe, "denn hier kann man mehr für das Gemeinwohl tun, als in fast jedem anderen Job in Deutschland".

Entschädigungsurteil: Union fordert Revisionsantrag

Zwist in der SPD über Forderung nach Anhebung des SolidarzuschlagsEntschädigungsurteil: Union fordert Revisionsantrag

Frankfurt/Main (rpo). Das Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs zur Entschädigung enteigneter DDR-Bürger sorgt weiter für Aufregung. Nach einem Medienbericht fordert ein Politiker der Union, dass die Bundesregierung Revision einlegen soll. Laut "Handelsblatt" fordert der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Röttgen, die Bundesregierung müsse in die Revision gehen. Auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hans-Joachim Hacker plädiert dafür. Dagegen sprach sich der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, für eine Befolgung des Urteils der Straßburger Richter aus. Wiefelspütz wies jedoch Forderungen ostdeutscher SPD-Politiker zurück, zur Finanzierung der Entschädigungszahlungen den Solidaritätszuschlag zu erhöhen. Dies sei "völliger Unsinn". Er sei gegen "jede Art von Schnellschüssen und Besserwisserei", sagte Wiefelspütz. Er schlug eingehende Beratungen aller Beteiligten über eine geeignete Lösung vor. Auch SPD-Fraktionschef Franz Müntefering bezeichnete am Sonntag in Kiel die Forderungen als "zu vorschnell". Man müsse erst einmal die Urteilsbegründung lesen. Wird der Solidarzuschlag erhöht? Dagegen sagte der ostdeutsche SPD-Bundestagsabgeordnete Klaas Hübner der "Bild"-Zeitung: "Man wird wohl nicht darum herumkommen, den Solidaritätszuschlag zu erhöhen, falls durch das Urteil Entschädigungen in Milliardenhöhe auf die ostdeutschen Länder zukommen - auch wenn eine Abgabenerhöhung für die Wirtschaft problematisch wäre." Den sächsischen SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle zitierte das Blatt mit den Worten: "Notfalls muss der Solidarbeitrag erhöht werden." Die Straßburger Richter hatten am Donnerstag die entschädigungslose Enteignung ehemaliger DDR-Neubauern beanstandet, die 1946 im Zuge einer von den Kommunisten angeordneten Bodenreform zu ihrem Land gekommen waren. Hacker forderte nachdrücklich eine eingehende Prüfung des Sachstandes, "weil das Urteil die deutsche Gesetzgebung angreift". Die Bundesregierung müsse "ernsthaft erwägen, ob sie bei der Großen Kammer des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes Einspruch einlegt". Röttgen kritisiert die RichterRöttgen erklärte laut "Handelsblatt", bei der Verabschiedung des Gesetzes 1992 sei es um die schwierige Frage gegangen, "wie man durch Unfreiheit und Willkür geprägtes Eigentum in einen Rechtsstaat überführen kann". Die 1990 zur Zeit der DDR-Übergangsregierung unter Hans Modrow erlassenen DDR-Gesetze "wollten und konnten dies nicht erreichen". Beispielsweise hätten sie jene nicht begünstigt, die zu DDR-Zeiten im Zuge politischer Verfolgung enteignet worden seien. Röttgen sagte, er halte es "für völlig falsch", dass das Gericht diese DDR-Gesetze als Begründung für die damals geltenden Besitzverhältnisse akzeptiert habe, das Gesetz des Bundestags hingegen als Enteignung von Eigentum werte. "Das geht so nicht. 1992 ging es gerade darum, einen gangbaren Weg zu finden, das durch Willkür entstandene Eigentum auf rechtsstaatliche Art und Weise in unsere Eigentumsordnung zu überführen." Das Urteil werfe auch "grundlegende und über die konkreten Fälle hinausgehende Fragen auf", meinte der Unionspolitiker. "Nicht zuletzt ist das Selbstverständnis der Menschenrechtskonvention betroffen."

Blair wird im Kelly-Bericht offenbar nicht persönlich kritisiert

Offiziell wird das Papier am Mittwoch vorgestelltBlair wird im Kelly-Bericht offenbar nicht persönlich kritisiert

London (rpo). Englische Medien berichten, dass Premierminister Tony Blair im Untersuchungsbericht zum Tod des Waffenexperten David Kelly nicht persönlich kritisiert wird. Offiziell werden die Ergebnisse erst Mitte der Woche präsentiert. Die beiden Zeitungen "The Sunday Telegraph" und "The Observer" berichteten am Sonntag unter Berufung auf Blairs Umfeld, der Regierungschef habe keine entsprechende schriftliche Warnung von Lordrichter Brian Hutton erhalten. Hutton wird seinen Bericht am Mittwoch vorstellen. Laut "The Sunday Telegraph" gingen dagegen bei mehreren anderen Beteiligten an der Untersuchung "Warnschreiben" Huttons ein, darunter bei Verteidigungsminister Geoff Hoon, Blairs ehemaligem Kommunikationschef Alistair Campbell und mehreren Mitarbeitern der BBC. Kelly beging am 18. Juli vergangenen Jahres offenbar Selbstmord, nachdem er als Quelle für einen Bericht des BBC-Journalisten Andrew Gilligan vom 29. Mai identifiziert wurde. Darin wurde der britischen Regierung vorgeworfen, sie habe Informationen über irakische Massenvernichtungswaffen aufgebauscht, um den Krieg zu rechtfertigen.

US-Rettungshubschrauber im Norden Iraks in den Tigris gestürzt

Beide Piloten und weiterer Soldat vermisstUS-Rettungshubschrauber im Norden Iraks in den Tigris gestürzt

Bagdad (rpo). In der nordirakischen Stadt Mossul ist ein Rettungshubschrauber der US-Armee in den Tigris gestürzt. Bislang ist nicht klar, ob die Besatzung das Unglück überlebt hat. Nach den beiden Piloten des Hubschraubers vom Typ OH-58 Kiowa Warrior werde derzeit noch gesucht, teilte die US-Armee mit. Die Maschine gehörte den Angaben nach zur 101. Luftlandedivision. Weitere Menschen waren demnach nicht an Bord. Der Helikopter sei zum Zeitpunkt des Unglücks auf der Suche nach einem US-Soldaten gewesen, der zuvor nahe der Innenstadt von Mossul von einem Patrouillenboot aus in den Fluss gestürzt sei. Bei dem Vorfall seien auch zwei irakische Polizisten und ein Übersetzer ertrunken.

Bericht: Hartz würde Gerster-Nachfolge antreten

VW-Manager soll zu Amtsübernahme bereit seinBericht: Hartz würde Gerster-Nachfolge antreten

Frankfurt (rpo). Um die Nachfolge von Florian Gerster gibt es neue Spekulationen. Nach einem Zeitungsbericht könnte Peter Hartz neuer Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA) werden. Der VW-Personalvorstand sei angeblich dazu bereit. Hartz wäre bereit zur Übernahme des Postens, wenn er gefragt würde, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf "gut informierte Kreise". Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) habe dem Vernehmen nach auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos bereits ein erstes Gespräch darüber mit Hartz geführt. Clement hatte am Sonntag betont, ein Nachfolger für Gerster sei bislang noch nicht gefunden. In Medienberichten wurden neben BA-Finanzvorstand Frank-Jürgen Weise auch Deutsche Bahn-Vorstandsmitglied Norbert Bensel, Telekom-Vorstand Heinz Klinkhammer sowie der Parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Alfred Tacke, genannt. Der Verwaltungsrat der BA hat vier Wochen Zeit, einen Vorsitzenden zu benennen, der dann allerdings auch von der Bundesregierung akzeptiert werden muss.

Afrika-Reise: Schröder sichert Friedenshilfe zu

Zeichen für ReformanstrengungenAfrika-Reise: Schröder sichert Friedenshilfe zu

Accra/Berlin (rpo). Ohne Frieden hätten die Menschen in Afrika keine Cance, so Kanzler Gerhard Schröder zum Abschluss seiner Afrika-Reise. Deshalb sicherte er weitere Hilfe für die Friedenssicherung auf dem Nachbarkontinent zu."Ohne Frieden haben die Menschen auch in Afrika keine Chance auf Teilhabe an den Früchten einer globalisierten Wirtschaft", sagte er bei der Eröffnung eines Ausbildungszentrums für Friedenssicherung in der ghanaischen Hauptstadt Accra. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul nannte die Reise ein deutliches Zeichen für die deutsche Unterstützung von Reformanstrengungen in Afrika. Schröder eröffnete das Zentrum für Friedenssicherung, das nach UN-Generalsekretär Kofi Annan benannt ist, am Samstag gemeinsam mit dem ghanaischen Präsidenten John Kufuor. In zu vielen Ländern Afrikas seien Konflikte, Gewalt und Instabilität die entscheidenden Hindernisse für eine nachhaltige Entwicklung, sagte der Kanzler. Deutschland ist mit mehr als zwei Millionen Euro maßgeblich an der Finanzierung beteiligt. In der Einrichtung sollen Trainingskurse für Soldaten, Polizisten und Zivilisten angeboten werden. Schwerpunkt FriedenssicherungDie Unterstützung der Friedenssicherung zählt zu den Schwerpunkten der deutschen Afrika-Politik. Schröder hatte im vergangenen Jahr beim G-8-Gipfel im französischen Evian einen Friedensplan initiiert, mit dem Afrika bis zum Jahr 2010 in die Lage versetzt werden soll, selbstständig friedenserhaltende Operationen durchzuführen. Das Kofi-Annan-Zentrum ist eine von drei Ausbildungseinrichtungen für Friedenssicherung auf dem Kontinent. Neben Deutschland sind zwölf weitere Länder und die EU an der Finanzierung beteiligt. Der größte Vortragsraum des Zentrums erhielt den Namen "Schröder-Hörsaal". Bei einem bilateralen Gespräch mit Kufuor würdigte Schröder den Weg zu mehr Eigenverantwortung, den Ghana eingeschlagen habe. Die Rolle, die das Land international etwa bei der Friedenssicherung spiele, komme auch Deutschland zu Gute. Mit der Reise Schröders sei "einer breiteren Öffentlichkeit die Bedeutung unseres Nachbarkontinents Afrika für unsere eigene Sicherheit und die fortgesetzte Notwendigkeit globaler Armutsbekämpfung bewusst geworden", erklärte Wieczorek-Zeul, die aufgrund einer Grippeerkrankung ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt hatte. Der Kanzler habe mit den Besuchen in Äthiopien, Kenia, Südafrika und Ghana zudem ein deutliches Zeichen gesetzt: "Deutschland stärkt die Reformkräfte und Eigenanstrengungen in diesen Ländern." Die Regierung ziele in ihrer Afrika-Politik darauf, Krisen und Konflikte zu verhindern, den Menschen eine Perspektive zu bieten und die Eigenverantwortlichkeit der afrikanischen Staaten zu unterstützen, hieß es in der Erklärung Wieczorek-Zeuls vom Sonntag. Schröder war am Samstagabend nach Deutschland zurückgekehrt. FDP für Aids-Bekämpfung als ChefsacheDie Opposition kritisierte die Reise hingegen als ergebnislos. "Sie wird in Afrika schon nächste Woche vergessen sein", sagte CDU/CSU-Außenexperte Friedbert Pflüger. Es sei zwar richtig, dass der Kanzler Afrika besucht habe, und er habe auch nichts falsch gemacht. "Aber es ist eine belanglose Reise", beklagte Pflüger in der "Welt am Sonntag". Sie werde "keine bleibenden Spuren" hinterlassen. Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Werner Hoyer, kritisierte den Umgang Schröders mit der Aids-Problematik. "Wenn der Kanzler wie versprochen den Afrikanern künftig wirklich helfen will, muss er umgehend die Bekämpfung von Aids zur Chefsache machen."

Rau-Nachfolge: FDP-Politiker drohen der Union

FDP droht mit Wahlhilfe von Rot-GrünRau-Nachfolge: FDP-Politiker drohen der Union

München (rpo). Das Tauziehen um die Rau-Nachfolge nimmt kein Ende. Nun schlägt die FDP einen härteren Kurs gegenüber der Union an. Man könne Rot-Grün unterstützen, wenn die Union keinen gemeinsamen FDP-Kandidaten wolle.Im Tauziehen um die Nachfolge von Bundespräsident Johannes Rau setzen Vertreter von Union und FDP darauf, einen gemeinsamen Kandidaten aus dem jeweils eigenen Lager zu benennen. Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) machte sich dabei am Wochenende für den früheren CDU-Chef Wolfgang Schäuble als künftiges Staatsoberhaupt stark. FDP-Präsidiumsmitglied Sabine Leutheusser-Schnarrenberger betonte dagegen, ihre Partei habe mit Fraktionschef Wolfgang Gerhardt und der früheren Ausländerbeauftragten Cornelia Schmalz-Jacobsen "zwei herausragende Persönlichkeiten", die für das Präsidentenamt geeignet wären. "Einen Automatismus für irgendeinen Unions-Politiker kann es deshalb nicht geben", bekräftigte die FDP-Politikerin. Sie bescheinigte ihrer Partei "außerordentlich gute" Chancen, "nach 25 Jahren wieder einen Liberalen im höchsten Staatsamt zu haben". Die FDP "wird die einzigartige Chance ergreifen", kündigte sie an. Beust: Gemeinsamer FDP-Kandidat unwahrscheinlichBeust hält indes einen FDP-Politiker als gemeinsamen Kandidaten von Union und Freidemokraten für unwahrscheinlich. "Angesichts der Größenverhältnisse zwischen CDU/CSU und FDP wird es auf einen gemeinsamen Kandidaten der Union hinauslaufen", sagte er. Da Union und FDP das gemeinsame Ziel hätten, 2006 die rot-grüne Regierungskoalition abzulösen, würden "die Liberalen klug genug sein, sich in der Bundesversammlung nicht mit der SPD zu verbünden". Der FDP-Bundestagsabgeordnete und Chef der Jungen Liberalen, Daniel Bahr, hielt dem entgegen: "Die Bundespräsidentwahl 2004 ist keine Koalitionsaussage für 2006." Seine Partei könne es sich deshalb leisten, einen eigenen Kandidaten mit Hilfe von SPD und Grünen wählen zu lassen, fügte er hinzu und empfahl der Union, statt dessen vorher einem FDP-Vorschlag zuzustimmen. "Eine stabile Mehrheit garantiert dem bürgerlichen Lager jedenfalls nur ein Liberaler", unterstrich Bahr. Härterer Kurs gegenüber der UnionAuch der FDP-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, Ingo Wolf, drohte, wenn die Union keinen gemeinsamen FDP-Kandidaten wolle, müsse sie sich "darauf einstellen, dass wir eine andere Mehrheit für eine FDP-Kandidatur suchen". Sein hessischer Amtskollege Jörg-Uwe Hahn forderte die Union auf, noch vor der Hamburg-Wahl Ende Februar zu erklären, "ob sie 2006 mit uns gegen Rot-Grün antreten will". Zu einer "fairen Arbeitsteilung" gehöre, "dass die FDP den Bundespräsidenten stellt und die CDU die Bundeskanzlerin", fügte Hahn hinzu. FDP-Vize Walter Döring setzte ebenfalls auf einen härteren Kurs gegenüber der Union. Es gebe "keinen Grund, die CDU zu schonen", sagte er mit Blick auf die Landtagswahlen in Hamburg, Thüringen und im Saarland. "Die setzen überall auf die absolute Mehrheit, da gibt es für uns auch keine Unterstützung", fügte Döring hinzu.

Irak: US-Soldaten reagieren auf blutige Anschlagserie

Razzien und FestnahmenIrak: US-Soldaten reagieren auf blutige Anschlagserie

Tikrit (rpo). Dutzende Festnahmen und Durchsuchungen sind die Folge des US-Militärs auf mehrere blutige Anschläge in Irak. Insgesamt erlagen sechs US-Soldaten ihren Verletzungen.Mit mehreren Razzien und Festnahmen haben die US-Streitkräfte in Irak am Sonntag auf eine blutige Anschlagsserie reagiert. Militärsprecherin Josslyn Aberle erklärte, im so genannten sunnitischen Dreieck seien fast 50 Verdächtige festgenommen und zahlreiche Waffen beschlagnahmt worden. Am Samstag waren bei Bombenanschlägen vier Iraker und fünf US-Soldaten ums Leben gekommen, ein weiterer Soldat erlag am Sonntag seinen Verletzungen. In Bakuba nahmen die Truppen nach Angaben Aberles bei einer Razzia 46 Personen fest. Den meisten werde illegaler Waffenbesitz vorgeworfen, dreien die Beteiligung an gegen die Besatzungstruppen gerichteten Aktivitäten. In Mukajschifa südlich von Tikrit durchsuchten Soldaten ein Haus und beschlagnahmten 100 Handgranaten. Wegen Korruptionsverdachts sei darüber hinaus der Polizeichef der Stadt Tathrib festgenommen worden. Bei der Aktion seien auch Sturmgewehre und Munition sichergestellt worden. Der am Sonntag gestorbene Soldat war am Vorabend in seinem Schützenpanzer in der mittelirakischen Stadt Beidschi angegriffen worden. Soldaten in einem zweiten Schützenpanzer hätten das Feuer erwidert, sagte Aberle. Später seien sechs Männer festgenommen worden, die im Besitz eines Granatenwerfers gewesen seien. Beidschi liegt nördlich von Tikrit im sunnitischen Dreieck, einem Zentrum des Widerstands gegen die US-Truppen. Die Zahl der seit Kriegsbeginn getöteten US-Soldaten in Irak erhöhte sich auf insgesamt 513. Explosion einer AutobombeBei der Explosion einer Autobombe in Samarra nördlich von Bagdad waren am Samstag nach Militärangaben vier Iraker getötet und Dutzende verletzt worden. Drei US-Soldaten kamen bei einer Detonation nahe einer Kontrollstelle der Truppen in Chaldijah westlich der Hauptstadt ums Leben, einem Anschlag westlich von Bagdad fielen zwei Soldaten zum Opfer. Die irakischen Schiiten bekräftigten unterdessen ihre Ablehnung des amerikanischen Zeitplans zur Machtübergabe. "Das ist in seiner gegenwärtigen Form inakzeptabel", sagte der führende Geistliche und Vorsitzende des Obersten Rates für die Islamische Revolution, Abdul Asis el Hakim, am Freitagabend in Bagdad nach der Rückkehr aus Washington. Er rief die schiitische Bevölkerung jedoch auf, die Massendemonstrationen der vergangenen Tagen für baldige Wahlen auszusetzen. Machtübergabe: Iraker erwarten UN-VorschlägeKurdische Studenten und Dozenten demonstrierten am Samstag in Suleimanijah für einen föderalistisch organisierten Staat. An der Kundgebung nahmen nach Angaben der Veranstalter rund 7.000 Menschen teil. Mit ihrer Forderung stoßen sie auf Widerstand der irakischen Araber, die fürchten, dass eine föderalistische Verfassung den kurdischen Separatismus stärken könnte. Ebenfalls am Samstag tauchten in mehrere Städten im Norden des Landes politische Plakate auf. Darauf wurden die Menschen aufgefordert, eine Petition für ein Referendum über die Zukunft des kurdischen Gebiets zu unterzeichnen. Die Unterschriftenliste soll den UN, den Besatzungstruppen und dem Regierungsrat übergeben werden. Im Streit um die Machtübergabe an die Iraker hofft der irakische Außenminister Hoschjar Sebari auf baldige Vorschläge der Vereinten Nationen. Empfehlungen der UN lägen hoffentlich in zwei oder drei Wochen vor, sagte Sebari am Samstag in Davos der Nachrichtenagentur AP. Die USA hatten die UN um eine Einschätzung zu den Möglichkeiten einer allgemeinen Wahl vor der für Juli vorgesehenen Machtübergabe gebeten.

ABC-Waffen im Irak? US-Rückzug in Raten

"Wir wissen es noch nicht"ABC-Waffen im Irak? US-Rückzug in Raten

Tiflis/Bagdad (rpo). Immer mehr entfernt sich die US-Regierung von ihrer Rechtfertigung für den Irak-Krieg, die Massenvernichtungswaffen. So vermutet US-Außenminister Colin Powell: Das irakische Regime von Saddam Hussein hat vor dem Krieg möglicherweise keine Massenvernichtungswaffen mehr besessen.Auf Aussagen des zurückgetretenen US-Waffeninspekteurs David Kay angesprochen, der nicht an große Menge chemischer oder biologischer Waffen in Irak glaubt, sagte Powell am Samstag: "Die Antwort auf diese Frage ist: Wir wissen es noch nicht". Die Waffeninspekteure seien auf der Suche nach der Wahrheit gewesen, nicht auf der Suche nach Waffen, sagte Kay am Sonntag in einem Interview mit dem US-Radiosender "National Public Radio". Nachdem keine Massenvernichtungswaffen in Irak gefunden worden seien, müssten die USA nun der Frage nachgehen, warum der Geheimdienst von entsprechenden Informationen gesprochen habe, erklärte Kay weiter. In einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit der Zeitung "The Sunday Telegraph" erklärte Kay dagegen, Teile des irakischen Waffenprogramms seien nach Syrien gebracht worden. Es gehe nicht um große Waffenarsenale, sondern um Material für den Bau von Massenvernichtungswaffen. Was genau nach Syrien gegangen sei, müsse geprüft werden. Kay war am Freitag von seinem Posten als Waffeninspekteur zurückgetreten. Powell erklärte auf dem Weg zur Vereidigung des neuen georgischen Präsidenten in Tiflis, die US-Regierung sei überzeugt gewesen, dass Saddam Hussein über verbotene Waffen verfügte. Viele Fragen seien jedoch offen gewesen, vor allem, um welche Stoffe und welche Mengen es sich gehandelt haben soll. Die US-Regierung hatte den Krieg vor allem mit der Existenz von Massenvernichtungswaffen in Irak begründet. Der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, betonte am Samstag, Washington halte an seiner Aussage fest, dass Irak zum Zeitpunkt des Krieges Massenvernichtungswaffen besessen habe. Es sei lediglich eine Frage der Zeit, bis sie gefunden würden.Britische Regierung: Man müsse Gedult habenPowell betonte, die Geheimdiensterkenntnisse seien im Hinblick auf "die Absichten" der damaligen irakischen Regierung korrekt gewesen. Was die Absicht, die Programme und die Möglichkeiten der Entwicklung von Waffen betreffe, seien die Analysen richtig gewesen. Powell reagierte mit diesen Äußerungen auf den Rücktritt des Chefs der US-Waffeninspekteure in Irak, David Kay. Nach Angaben der britischen Presse sagte Kay, Irak habe seiner Auffassung nach zu Kriegsbeginn keine ABC-Waffen gehabt und in den 90er Jahren auch keine großen Produktionsprogramme aufgelegt. Die in dieser Frage zunehmend unter Druck geratene britische Regierung betonte dagegen, die Suche nach Massenvernichtungswaffen sei noch nicht beendet. Es sei wichtig, Geduld zu haben, sagte ein Sprecher von Premierminister Tony Blair. Die Iraqi Survey Group habe noch einige Arbeit vor sich, und London wolle dies zunächst abwarten. Die Haltung der britischen Regierung sei unverändert. Allerdings weigerte sich Blair anders als in den vergangenen Monaten, in einem Zeitungsinterview seine Überzeugung zu bekräftigen, dass diese Waffen noch gefunden werden. "Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich den Geheimdienstinformationen geglaubt habe, die wir zu dieser Zeit hatten", sagte er dem britischen "Observer" (Sonntagsausgabe).Irakische Waffen in Syrien?Kay erklärte in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit der Zeitung "The Sunday Telegraph" in London, Teile des irakischen Waffenprogramms seien nach Syrien gebracht worden. Es gehe nicht um große Waffenarsenale, sondern um Material für den Bau von Massenvernichtungswaffen. Was genau nach Syrien gegangen sei, müsse geprüft werden. Der britische Premierminister Tony Blair sagte der Zeitung "The Observer", er glaube weiterhin, dass die ihm vor dem Krieg vorgelegten Geheimdienstberichte korrekt gewesen seien. Er sei sicher, dass entweder Waffen gefunden würden oder eine Erklärung dafür, warum sie nicht entdeckt worden seien. Der frühere Außenminister Robin Cook, der im März aus Protest gegen den Krieg zurückgetreten war, erklärte hingegen, es sei "würdelos, wenn der Premierminister weiter daran festhält, dass er Recht hatte, während jetzt alle sehen können, dass er sich irrte". Der demokratische Präsidentschaftsbewerber in den USA, John Kerry, hat dem Weißen Haus indes vorgeworfen, bei der Darstellung der Bedrohung durch Irak vor dem Krieg übertrieben zu haben. "Wir wurden in die Irre geführt, nicht allein bei den Geheimdienstbeweisen, sondern auch darin, wie uns der Präsident (George W. Bush) in den Krieg führte", sagte der Senator von Massachusetts am Sonntag dem US-Nachrichtensender Fox News. Er warf US-Vizepräsident Dick Cheney weiter vor, in der Frage irakischer Massenvernichtungswaffen sowie bei den vermuteten Verbindungen Iraks zum Terroristennetzwerk El Kaida übertrieben zu haben. Zunehmend skeptischDie Verantwortung für die Suche nach Massenvernichtungswaffen in Irak übernahm der frühere UN-Kontrolleur Charles Duelfer. Der 51-Jährige tritt damit die Nachfolge Kays als Leiter der 1.400 Mann starken Expertengruppe der USA an. Kay hatte die Suche seit dem Sturz Saddam Husseins geleitet und war am Freitag zurückgetreten. Vor dem Irak-Krieg hatte Duelfer den harten Kurs der US-Regierung gestützt, sich nach bislang erfolgloser Suche aber zunehmend skeptisch gezeigt, dass noch Massenvernichtungswaffen gefunden werden.

Union: Viel Lärm um die Steuerreform

Union weiter uneinig über Vorgehen bei SteuerreformUnion: Viel Lärm um die Steuerreform

Berlin (rpo). In der Union herrscht weiter Uneinigkeit über das Vorgehen bei der geplanten großen Steuerreform. Soll man nun einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen oder ist doch erst Rot-Grün am Zug? Die Union sucht weiterhin eine klare Linie.Während der rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende Christoph Böhr und JU-Chef Philipp Mißfelder am Wochenende dafür plädierten, einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen, sprachen sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Volker Kauder, und Hamburgs Regierungschef Ole von Beust dagegen aus. FDP-Chef Guido Westerwelle forderte sowohl Regierung als auch Union aus, "endlich aus der Deckung zu kommen". Kauder bekräftigte die Linie der Union, dass Rot-Grün am Zug sei. Er erklärte: "Einen Gesetzentwurf muss jetzt zunächst die Bundesregierung vorlegen." Die Union wäre gut beraten, wenn sie dieser Forderung nicht die Kraft nähme, indem sie selbst über eigene Gesetzesentwürfe diskutiert. Auch von Beust sagte in der "Bild am Sonntag": "Die Regierung ist gewählt zu regieren. Sie muss einen Gesetzentwurf einbringen." Das Dreistufenmodell von Fraktionsvize Friedrich Merz liege auf dem Tisch. Von Beust sprach sich für eine umfassende Steuerreform schon zum 1. Januar 2005 aus. Farbe bekennenHingegen forderte der Vorsitzende der Jungen Union, Mißfelder, in der "Welt am Sonntag": "Mit einem eigenen Gesetzentwurf müssen wir noch in diesem Frühjahr Farbe bekennen." Böhr verlangte im gleichen Blatt, dass die Union jetzt als Reformpartei handele. Er sprach sich für einen gemeinsamen Gesetzentwurf mit der FDP aus. Die Konzepte beider Parteien lägen dicht beieinander. "Wir müssen uns auf einen Partei übergreifenden Gesetzesentwurf verständigen." Auch FDP-Parteivize Rainer Brüderle warb für ein gemeinsames Konzept mit der Union. Er nannte das Modell von CDU-Fraktionsvize Friedrich Merz "eine gute Ausgangsbasis, damit die Oppositionsparteien gemeinsam mehr Druck machen können". Unentschlossen zeigte sich der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach. Er sagte im Deutschlandradio: "Also, ich meine, dass zunächst einmal die rot-grüne Bundesregierung am Zuge wäre." Er fügte hinzu: "Aber es gibt auch gute Gründe für die Vorlage eines Gesetzentwurfes von CDU und CSU." Die Bundesregierung müsse die Frage beantworten, ob sie denn an einer wirklichen Steuerreform noch interessiert sei. Unionsspitzen treffen sich in BerlinFDP-Chef Westerwelle erklärte in der "Thüringer Allgemeinen": "Wenn die FDP einen fertig ausgearbeiteten Gesetzentwurf zur Steuervereinfachung und Steuersenkung jetzt in den Bundestag eingebracht hat, sollte das den Unionsparteien ebenfalls möglich sein." Wenn nicht, solle die Union dem Entwurf der FDP zustimmen. Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Hermann Otto Solms, warf der Union in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" Versagen vor. "Die Union ist weder einig, noch in der Lage, einen Entwurf für ein neues Steuerrecht vorzulegen", sagte er. Nach einer Vorabmeldung des Nachrichtenmagazins "Focus" wollen die Unionsparteien eine radikale Steuerreform nur noch schrittweise verwirklichen. So solle der Regierung angeboten werden, ab 2005 zunächst das weniger umfassende CSU-Konzept mit einer Entlastung von höchstens zehn Milliarden Euro umzusetzen. Nach einem Wahlsieg 2006 könnte dann das radikalere Stufenmodell von Merz eingeführt werden. Die Unionsspitzen wollten sich am Sonntagabend in Berlin treffen, um über ihre Steuerkonzepte zu beraten.

USA: Keine Chance für schnelle Wahlen in Irak

Aus Zeitgründen nicht möglichUSA: Keine Chance für schnelle Wahlen in Irak

Bagdad (rpo). Trotz Demonstrationen und Proteste einflussreicher Schiitenführer: Die USA halten eine Parlamentswahl in Irak schon in diesem Sommer für nicht umsetzbar.Da es seit 20 Jahren in dem Land keine Wahlen mehr gegeben habe, mangele es an jeglicher Infrastruktur, sagte ein Mitarbeiter des US-Zivilverwalters Paul Bremer am Samstag in Bagdad. So gebe es weder Wählerlisten noch einen Verfassungsrahmen. Unabhängige Experten hätten es als sehr schwierig bezeichnet, unter solchen Voraussetzungen innerhalb weniger Monate freie, legitimierende und glaubwürdige Wahlen zu organisieren. Nach den Plänen der USA soll die Macht am 30. Juni an eine ernannte Übergangsregierung übergehen. Der einflussreiche Schiitenführer Ayatollah Ali Sistani will die UNO zu Alternativvorschlägen auffordern, falls die Vereinten Nationen die Bestimmung einer Übergangsregierung durch allgemeine Wahlen für nicht möglich halten sollte. Die Schiiten würden die UNO in diesem Fall dazu auffordern, eine andere Möglichkeit zu finden, das irakische Volk an der Entscheidung teilhaben zu lassen, sagte der Sistani-Vertraute Abdel Mehdi el Karbalai am Samstag in Nadschaf.

Beratergelder: Verprasst Struck höhere Summen als zugegeben?

Vorwurf des CDU-Haushaltsexperten Dietrich AustermannBeratergelder: Verprasst Struck höhere Summen als zugegeben?

Berlin (rpo). CDU-Haushaltsexperten Dietrich Austermann fährt schweres Geschütz gegen Bundesverteidigungmnisdter Struck auf. In einem Interview behauptete er, dass das Verteidigungsministerium höhere Summen an Beraterfirmen zahle, als es bisher zugegeben hat.In einem Interview mit der Nachrichtenagentur ddp sagte Austermann am Sonntag in Berlin, das Verteidigungsministerium "dürfte pro Jahr über 200 Millionen Euro für Beratungen ausgegeben haben". Das Ministerium hat bisher selber für das letzte Jahr lediglich den Betrag von 15,5 Millionen Euro angegeben. In diesem Jahr stehen nach Angaben Austermanns im Haushalt von Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) mindestens 180,3 Millionen Euro für Verträge mit Unternehmensberatern: 20,5 Millionen Euro für Beratung zur "Optimierung" der Bundeswehr, 128,3 Millionen Euro für das Unterstützungsmanagement "Informationstechnologie" und 31,5 Millionen Euro für "Entscheidungshilfen Planung und Führung" sowie ein nicht zu beziffernder Betrag für externe Unterstützungsleistungen bei einzelnen Beschaffungsprojekten. Das Verteidigungsministerium habe in den letzten drei Jahren allein an die Unternehmensberatung Roland Berger 26,6 Millionen Euro gezahlt. "Regelrechter Vergabemissbrauch"Austermann kritisierte auch andere Ministerien und warf ihnen "regelrechten Vergabemissbrauch" vor. Der Unions-Haushaltsexperte sagte: "Die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit werden nicht beachtet, vorgeschriebene öffentliche Ausschreibungen unterbleiben, parlamentarische Kontrolle wird verweigert". Während das Bundesinnenministerium für alle Ministerien zusammen für 2003 lediglich 13 Millionen Euro als Auftragsumme für Beraterfirmen nenne, stehe fest, dass dieser Betrag allein von Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) im letzten Herbst im Zusammenhang mit der Maut für Beratung von vier Beratern "überschritten und verschleudert wurde", betonte Austermann.

Deutscher Vermittlungserfolg: Gefangenenaustausch in Nahost

Scharon nennt Vereinbarung "gerecht und moralisch"Deutscher Vermittlungserfolg: Gefangenenaustausch in Nahost

Jerusalem (rpo). Laut israelischer Medienberichte soll der vereinbarte Gefangenenaustausch zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz am Donnerstag vollzogen werden. Der Austausch ist unter deutscher Vermittlung zustande gekommen.Nach monatelangen Verhandlungen unter deutscher Vermittlung haben sich Israel und die libanesische Hisbollah-Miliz auf einen umfassenden Gefangenenaustausch verständigt. Demnach sollen bis zum Donnerstag mehr als 400 arabische Häftlinge gegen den israelischen Geschäftsmann Elhanan Tannenbaum und die Leichen dreier Soldaten eingetauscht werden. Unter den Gefangenen ist auch der seit 1997 in Israel inhaftierte Deutsche Steven Smyrek. Zudem erklärte sich die Hisbollah bereit, das Schicksal des berühmtesten israelischen Vermissten, Ron Arad, aufzuklären, wie der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon am Sonntag mitteilte. Der Pilot war 1986 über Libanon abgeschossen worden. Inoffiziell gilt Arad als tot. Auch der deutsche Chefvermittler Ernst Uhrlau, Koordinator für die Nachrichtendienste im Kanzleramt, sagte am Samstag, Informationen über den seit 17 Jahren vermissten Arad könnten in den kommenden zwei oder drei Wochen auftauchen. Bundesregierung überwacht GefangenenaustauschDie Bundesregierung wird laut Uhrlau die Übergabe der Gefangenen überwachen. Nach Angaben des israelischen Verteidigungsministeriums sollen Tannenbaum sowie die drei Leichen aus Libanon an einen Ort nahe München gebracht werden. Nach der Freilassung von 400 palästinensischen Häftlingen ins Westjordanland und den Gazastreifen werde Israel dann 23 libanesische Häftlinge sowie Gefangene aus zwölf weiteren arabischen Staaten ebenfalls nach München bringen. Aus Regierungskreisen verlautete, wahrscheinlich übernehme die Bundeswehr den Transport. Uhrlau dankte Iran für seine Rolle beim Zustandekommen der Einigung. Als Erzfeind Israels unterstützt Iran die Hisbollah-Miliz, übte in den vergangenen Monaten jedoch Druck auf die Organisation aus. Iran könnte nach israelischer Darstellung auch wichtige Hinweise auf das Schicksal Arads liefern. Die Bundesregierung ist seit Beginn der 90er Jahre humanitär im Nahen Osten engagiert. Einen Teilerfolg habe man bereits Weihnachten 1999 erzielt, als fünf Libanesen über Deutschland nach Libanon ausreisen konnten, sagte Uhrlau. Seit Sommer 2003 seien Ansätze eines Durchbruchs zu erkennen gewesen.

Kassen wollen Praxisgebühr erlassen

HausarztmodellKassen wollen Praxisgebühr erlassen

Berlin (rpo). Laut einer Umfrage wollen zahlreiche Krankenkassen Patienten die Praxisgebühren erlasssen. Bedingung: Die Patienten sollen zuerst einen Hausarzt aufsuchen.Dies ergab eine Umfrage der "Bild am Sonntag" unter den gesetzlichen Krankenkassen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt begrüßte dem Blatt zufolge die Ankündigungen. "Das Hausarztmodell entspricht den Zielen der Gesundheitsreform", sagte die SPD-Politikerin. Die DAK hatte in der vergangenen Woche als erste angekündigt, das Hausarztmodell ab Sommer einführen zu wollen. Sie steht noch in Verhandlungen mit Vertragsärzten. Nach dem Modell verpflichtet sich ein Patient, nur mit Überweisung des Hausarztes einen Facharzt aufzusuchen. Dafür wollen Krankenkassen einen Bonus gewähren. Laut "Bild am Sonntag" reichen die Rabatte vom vollständigen oder teilweisen Erlass der pro Quartal fälligen zehn Euro Praxisgebühr bis zu Entlastungen bei der Zuzahlung zu Medikamenten. Wird die Praxisgebühr überfällig?Rabatte auf die Praxisgebühr erwägen dem Blatt zufolge die Techniker-Krankenkasse mit 5,4 Millionen Versicherten, regionale Zweige der AOK, zehn Prozent der Betriebskrankenkassen, die Barmer Ersatzkasse mit acht Millionen Versicherten, die Gmünder Ersatzkasse und die Innungskrankenkassen. Der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Roland Stahl, sagte in "BamS": "Wenn alle Kassen den Wettbewerb mitmachen, wird die Praxisgebühr überfällig."

US-Umfrage: Kerry würde Bush schlagen

US-PräsidentschaftswahlUS-Umfrage: Kerry würde Bush schlagen

Manchester (rpo). Erstmals liegt US-Präsident George Bush nur auf Platz zwei. Eine nationale Umfrage in den USA sieht den demokratischen Präsidentschaftsbewerber John Kerry derzeit vor Amtsinhaber George W. Bush.Wäre Kerry am Wochenende als Herausforderer Bushs angetreten, hätten 49 Prozent der Befragten für ihn gestimmt und nur 46 Prozent für den US-Präsidenten, wie aus einer am Samstag im Nachrichtenmagazin "Newsweek" veröffentlichten Umfrage hervorgeht. Es ist das erste Mal, dass einer der demokratischen Kandidaten in einer Umfrage vor Bush liegt. Dennoch sind die Befragten skeptisch über den Wahlausgang am 2. November: Zwar wünschten sich mehr als die Hälfte von ihnen, dass Bush nicht wiedergewählt würde. Mehr als Zweidrittel hielten eine zweite Amtszeit für den Republikaner aber trotzdem für wahrscheinlich. Nach der Umfrage führt Kerry, der Gewinner der ersten Vorwahlrunde in Iowa, auch die Runde der demokratischen Präsidentschaftsbewerber an. Er hat 30 Prozent Zustimmung vor dem Zweitplatzierten von Iowa, Senator John Edwards (13 Prozent), und dem Ex-Gouverneur von Vermont, Howard Dean, sowie dem früheren NATO-Oberbefehlshaber Wesley Clark (beide knapp zwölf Prozent). Der einstige Favorit Dean hat nach seinem schlechten Abschneiden in Iowa stark eingebüßt: Bei der letzten "Newsweek"-Umfrage vor zwei Wochen hatten sich noch 24 Prozent der Befragten für ihn ausgesprochen. Am Dienstag findet die zweite Vorwahlrunde um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten im US-Bundesstaat New Hampshire statt.

Gerster-Rausschmiss: Als Mensch ein "ungenügend"

Hoffnung auf Ende der PersonalquerelenGerster-Rausschmiss: Als Mensch ein "ungenügend"

Nürnberg (rpo). "Unausweichlicher Schritt", Kampagne gegen Gerster, selbstherrliches Auftreten. Florian Gersters Rausschmiss hinterlässt ein gewaltiges Echo. Unterdessen wird fieberhaft nach einem Nachfolger für den einstigen Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA) gesucht. Wird es vielleicht Franz-Jürgen Weise?Die Lage für Gerster war aussichtslos. Clement bedauerte zwar seine Entscheidung, sprach aber von einem "unausweichlichen Schritt". Immerhin geht mit dem ehemaligen rheinland-pfälzischen Sozialminister einer der besten Arbeitsmarktexperten des Landes von Bord, an dessen fachlichen Qualitäten kaum jemand etwas auszusetzen hatte. Clement sprach sich am Sonntag in Bonn für einen Behördenchef aus, der aus der Wirtschaft kommen soll. Zu Namen wolle sich der Minister aber nicht äußern. Der Minister ließ in Bonn indirekt erkennen, dass er Gersters bisherigen Stellvertreter Frank-Jürgen Weise, der jetzt kommissarisch die BA leitet, für einen geeigneten Nachfolger halte. Unverhohlen spricht Clement von einer Kampagne gegen seinen einstigen Behördenchef und ist sich damit ausnahmsweise mit der Opposition einig. Allerdings werden die Schuldigen für die Hatz auf Gerster in unterschiedlichen Lagern gesucht. FDP-Chef Guido Westerwelle spricht von einem Bauernopfer und fordert gleich die Absetzung der stellvertretenden DGB-Vorsitzenden Ursula Engelen-Kefer, die die Gewerkschaften seit 1978 in der Nürnberger Behörde vertritt. Clement dagegen macht die Union verantwortlich, die sogar mit einem Untersuchungsausschuss gegen Gerster gedroht hatte.Frank Jürgen Weise rückt vorübergehend an die BA-SpitzeAn der Spitze der Bundesagentur für Arbeit (BA) steht nach der Entlassung Florian Gersters dessen bisheriger Stellvertreter Franz-Jürgen Weise an der Spitze der Einrichtung. Der erst im Mai 2002 aus der Privatwirtschaft zu der Nürnberger Behörde gewechselte Experte gilt auch als einer der Favoriten für die offizielle Nachfolge Gersters. Obwohl der 52-Jährige als Verantwortlicher für Finanzen im Vorstand der Agentur wesentlich für die umstrittenen Beraterverträge mitverantwortlich war, sprach ihm der Verwaltungsrat der BA am Samstag eindeutig das Vertrauen aus. Weise verfügt vor allem im Lager der Arbeitgeber wie auch der öffentlichen Hand im Verwaltungsrat über zahlreiche Fürsprecher. Aber auch DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer äußerte sich wohlwollend über den Mann, der einst Geschäftsführer der Braunschweiger Hüttenwerke und Vorstandsmitglied der FAG Automobiltechnik war. Dem Diplom-Betriebswirt könnte dabei in der Nachfolgediskussion ein entscheidender Vorteil durch eine bislang kaum beachtete Gesetzesänderung zukommen: Mit den zum Jahreswechsel beschlossenen neuen Hartz-Gesetzen liegt das Vorschlagsrecht für den künftigen BA-Chef offiziell nicht mehr bei der Bundesregierung, sondern beim Verwaltungsrat der Bundesagentur, der in der Debatte um Gerster zu neuem Selbstbewusstsein gefunden hat. "Sehr schnell auf die Suche begeben"Arbeitgebervertreter Peter Clever kündigte bereits an, dass sich der Verwaltungsrat in der Nachfolgefrage nun "sehr schnell auf die Suche begeben" werde. Für Weise könnte auch sprechen, dass er in seiner Funktion bereits tief in den Umbauprozess eingearbeitet ist und damit eine reibungslose Fortsetzung der Reformen garantieren könnte. Und obwohl CDU-Mitglied, gilt Weise wegen seiner Herkunft aus der Wirtschaft anders als die bisherigen Parteipolitiker an der Spitze der Arbeitsverwaltung eher als politisch unabhängig. Damit wird dem unauffälligen Spitzenmann zugetraut, die BA wieder aus den Schlagzeilen zu bringen und für einen geräuschloseren Reformprozess zu sorgen.Bis zum 6. Februar wollen die Mitglieder des Verwaltungsrates einen Nachfolger für Gerster präsentieren. Als aussichtsreiche Kandidaten gelten neben dem Finanzvorstand der Behörde, Klaus-Jürgen Weise, Bahn-Vorstand Norbert Bensel und Telekom-Vorstand Heinz Klinkhammer. "Idealbesetzung" sei "die eierlegende Wollmilchsau""Wir brauchen jetzt vor allem Ruhe für den Reformprozess", betonte Einsiedler auf ddp-Anfrage. Einsiedler unterstrich, "der Umbau wird nicht an der Belegschaft scheitern". Er fürchte jedoch, dass nun alte Forderungen nach einer Auflösung der BA erneuert werden könnten. Einsiedler sagte, die "Idealbesetzung" für den Posten des BA-Vorstandsvorsitzenden sei "die eierlegende Wollmilchsau". Es müsse nach einer Persönlichkeit gesucht werden, "die den Karren aus dem Dreck zieht", die BA "aus den Negativschlagzeilen" führe und "die positiven Leistungen" der Belegschaft anerkenne. Die neue Führungsspitze dürfe außerdem nicht versuchen, "den Laden wieder neu umzukrempeln" und Unruhe zu stiften. "Innenminister haben wir genug - wir brauchen einen Außenminister", sagte Einsiedler in Bezug auf die Anforderungen an einen Nachfolger Gersters. Dabei müsse es sich "nicht zwangsläufig" um einen Politiker handeln - "und schon gar nicht um einen, der versorgt werden muss". Vorwurf: Clement habe schlampig gearbeitetDer stellvertretende FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle forderte unterdessen Aufklärung über die Rolle der Bundesregierung in der Berater-Affäre. Es stelle sich die Frage, ob Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) bei der Rechtsaufsicht "schlampig gearbeitet hat oder ob hier etwas vertuscht wird", sagte Brüderle der "Bild am Sonntag". Brüderle forderte die Bundesregierung auf, noch in dieser Woche vor dem Parlament für Klarheit zu sorgen. Sonst müsse ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden. Der FDP-Arbeitsmarktexperte Dirk Niebel forderte unterdessen erneut die Auflösung der Nürnberger Behörde, die er als "unreformierbar" bezeichnete. "Da können Sie Supermann an die Spitze stellen. Er würde im gleichen System die gleichen Schwierigkeiten haben", sagte Niebel im NDR. Statt der Bundesagentur in ihrer jetzigen Form müsse eine Versicherungsagentur aufgebaut werden, die sich um die Auszahlung der Arbeitslosengelder kümmere. Dazu sollten eine schlanke Arbeitsmarktagentur auf überregionaler Ebene und kommunale Job-Center vor Ort Arbeitsplätze vermitteln.FDP-Chef Guido Westerwelle betonte in Berlin, die "Mammutbehörde" sei nicht mehr führbar und auch nicht reformierbar. Sie müsse deshalb in kleinere, regionale Zuständigkeitsbereiche aufgegliedert werden. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) verlangte eine "radikale Reform" der BA mit "dezentralen Dienstleistern in der Fläche". Er kritisierte: "Die Bundesagentur löst keine Probleme, sondern stellt mit ihrer zentralen, verkrusteten Struktur selbst das größte Problem dar."Als Mensch ein "ungenügend"Der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit (BA) gab Behördenchef Florian Gerster in seinem Abschlusszeugnis fachlich eine gute Note, aber als Mensch ein "ungenügend": Auf der einen Seite bescheinigte ihm das Gremium "bleibende Verdienste" bei der Reform des Arbeitsmarkts und lobte sein Können. Auf der anderen Seite kritisierte er, dass Gerster das Vertrauen zu jedem der 21 Vertreter von Arbeitgebern, Beschäftigten und öffentlicher Hand zerstört habe. "Da hat jedes Verwaltungsratsmitglied auch seine eigenen Erfahrungen", sagte die Chefin des Kontrollgremiums, Ursula Engelen-Kefer, nur vielsagend zu den Gründen für das kaputte Vertrauensverhältnis. Nicht nur seine Kritiker werfen Gerster mangelndes politisches Gespür vor. Zu oft verprellte er mit seinem selbstherrlichen Auftreten die Mitarbeiter seiner Behörde, die im Umbauprozess eigentlich seine engsten Verbündeten hätten sein müssen.