Alle Politik-Artikel vom 28. Januar 2004
Top Secret: Gefangenenaustausch in Köln-Wahn

Erzfeinde Israel und Hisbollah treffen sich auf FliegerhorstTop Secret: Gefangenenaustausch in Köln-Wahn

Köln-Wahn/Tel Aviv (rpo). Die Erzfeinde Israel und die libanesische Hisbollah-Miliz bereiten auf dem Flughafen Köln-Wahn einen umfangreichen Gefangenenaustausch vor. Die Aktion findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Unter den Gefangenen ist auch der zum Islam konvertierte Deutsche Steven Smyrek. Es handelt sich um den größten Austausch seit 20 Jahren. Die Bundesregierung hatte ihn in rund dreijährigen zähen Verhandlungen unter Federführung des Geheimdienstkoordinators im Bundeskanzleramt, Ernst Uhrlau, erreicht.Die Hisbollah gibt den israelischen Geschäftsmann und Oberst der Reserve Elchanan Tennenboim und die Särge mit den sterblichen Überresten von drei israelischen Soldaten frei. Die Abgesandten der Hisbollah werden 36 von den Israelis freigelassene Araber in Empfang nehmen können. Unter ihnen sind auch die ranghohen Hisbollah-Führer Scheich Abdel Karim Obeid und Mustafa Dirani. 436 andere palästinensische, syrische, marokkanische, sudanesische und libysche Häftlinge werden ebenfalls am Donnerstag in Israel freikommen. Sie können von dort aus unmittelbar und direkt auf die Westbank zurückkehren. Eine Maschine der deutschen Luftwaffe bringt am frühen Donnerstag morgen die Israelis vom libanesischen Flughafen Beirut nach Wahn. Zur selben Zeit wird ein Flugzeug die Hisbollah-Gefangenen von Tel Aviv nach Wahn fliegen. Steven Smyrek unter den GefangenenIn dieser Maschine ist auch der Deutsche Steven Smyrek. Der Braunschweiger war zum Islam übergetreten und 1999 in Israel wegen der Vorbereitung eines Selbstmordanschlages zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er will nicht in Deutschland bleiben, sondern in den Libanon fliegen. Das Schicksal des 1986 über dem Libanon abgeschossenen Israeli Ron Arad konnte bislang immer noch nicht aufgeklärt werden. Darum will sich die Bundesregierung weiter bemühen. Arad ist in all den Jahren zu einer nationalen "Symbolfigur" geworden. Es gibt die Version, dass er in den Iran verschleppt worden ist. Auch ist nicht klar, ob Arad noch am Leben ist. Der israelische Staatspräsident Mosche Katzav hatte erklärt, Israel sei bereit, "für Arad jeden erdenklichen Preis zu zahlen". Die toten Israelis sollen am Donnerstagabend auf dem Ben-Gurion Flughafen mit militärischen Ehen empfangen werden. Tennenboim soll nach seiner Ankunft zunächst seine Familie sehen und von Ärzten untersucht werden. Er ist zuckerkrank. Die israelische Regierung habe die Journalisten in Tel Aviv für Donnerstagabend zu einem Empfang geladen, war aus israelischer Quelle zu hören. In den nächsten Tagen sollen die toten Soldaten mit militärischen Ehren beigesetzt werden.

Kelly-Affäre: BBC-Vorstandschef Davies tritt ab

Sender entschuldigt sich für BerichterstattungKelly-Affäre: BBC-Vorstandschef Davies tritt ab

London (rpo). Nach der Kritik von Lordrichter Brian Hutton am Verhalten des Senders in der Kelly-Affäre will der Vorstandvorsitzende des britischen BBC-Rundfunks, Gavyn Davies, zurücktreten. Davies werde in Kürze beim Vorstand seine Entlassung beantragen, sagte BBC-Korrespondent Andrew Marr am Mittwoch im BBC-Fernsehen. Generaldirektor Greg Dyke fügte hinzu, "bestimmte Hauptvorwürfe" der BBC gegen die britische Regierung seien "falsch" gewesen, wofür sich der Sender entschuldige. Zuvor hatte Lordrichter Brian Hutton in seinem Bericht zu der Affäre um den Tod des britischen Waffenexperten David Kelly die Rundfunkanstalt schwer belastet. "Nicht fundierte" Berichterstattung habe die Regierung von Tony Blair in Misskredit gebracht. Die BBC-Anschuldigungen gegen die Regierung, sie habe ihr Irak-Dossier aufgebauscht, seien "sehr schwer wiegend" und stellten die Integrität der Regierung und der Geheimdienste in Frage. Die Führung der BBC habe sich "schuldig" gemacht, in dem sie keine "eingehende Untersuchung" zu den Vorwürfen ihres Reporters Andrew Gilligan eingeleitet habe.

Justiz beantragt Auslieferung von argentinischen Ex-Junta-Chef

In Ermordung von 14 Deutschen verwickeltJustiz beantragt Auslieferung von argentinischen Ex-Junta-Chef

Nürnberg/Berlin (rpo). Der ehemalige Chef der argentinischen Militärjunta, Jorge Videla, soll in die Ermordung von 14 Deutschen während der Miiltärdiktatur verwickelt gewesen sein. Jetzt hat die deutsche Justiz seine Auslieferung beantragt. Der Antrag sei dem Auswärtigen Amt übermittelt worden, sagte der für Verfahren dieser Art zuständige Nürnberger Justizsprecher Bernhard Wankel am Mittwoch. Das Auswärtige Amt in Berlin begrüßte es, dass der bereits unter Hausarrest gestellte 78-jährige Videla am Mittwoch in Haft genommen wurde. Ausschlaggebend dafür waren deutsche Haftbefehle. Weitere argentinische Haftbefehle lagen vor. Das Auswärtige Amt begrüßte alle Schritte, die zur Aufklärung des Schicksals der verschwundenen Deutschen sowie aller während der Militärdiktatur begangenen Verbrechen führen. Wenn die argentinische Justiz beschließen sollte, den Beschuldigten selbst den Prozess zu machen, dann verdiene dies Unterstützung, erklärte eine Sprecherin. Mord sollte Folterspuren vertuschenVidela und den ehemaligen Junta-Führern Emilio Massera und Carlos Guillermo Mason wird unter anderem vorgeworfen, mittelbar an dem Mord an den Studenten Elisabeth Käsemann und Klaus Zieschank beteiligt gewesen zu sein. Die Opfer seien ermordet worden, um zu vertuschen, dass sie gefoltert wurden. Videla war von März 1976 bis Juli 1978 Oberkommandierender des Heeres und argentinischer Staatspräsident. In dieser Zeit errichtete er laut Nürnberger Justiz gemeinsam mit den beiden anderen Militärführern einen Repressionsapparat "mit dem Ziel der systematischen Tötung politisch anders Denkender". Die Herrschaft habe schließlich zur Tötung der als "subversiv" eingestuften deutschen Studenten geführt. Erschossen und erwürgtDie links gerichtete Studentin Käsemann war den Angaben zufolge in der Nacht vom 8. auf den 9. März 1977 von argentinischen Sicherheitskräften entführt und anschließend in einer Kaserne gefangen gehalten und gefoltert worden. Im Mai 1977 sei die damals 30-Jährige aus dem geheimen Haftzentrum El Vesubio in der Nähe von Buenos Aires in den Ort Monte Grande gebracht, wo sie mit Schüssen in Genick und Rücken getötet wurde. Ihre Leiche wurde wenige Wochen später an die Eltern übergeben und in Tübingen bestattet. Der damals 24-jährige Zieschank war laut Justiz am 26. März 1976 nahe Buenos Aires festgenommen und anschließend einem Armeekommando übergeben worden. Im Mai desselben Jahres war er nach Erkenntnis der deutschen Justiz von argentinischen Sicherheitskräften stranguliert worden. Auch er sei zuvor gefoltert worden, hieß es. Die Leiche war demnach aus einem Militärflugzeug über dem Meer abgeworfen und später gefunden worden. Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass die Nürnberger Staatsanwaltschaft als einzige Behörde in Deutschland die Fälle Deutschstämmiger behandelt, die während der argentinischen Militärdiktatur verschwanden. Insgesamt wirft die Behörde in 14 Fällen 69 ehemaligen Junta-Angehörigen Mord, Totschlag, Menschenraub und Geiselnahme vor. Unter den 14 Opfern sind laut Justiz auch Nachkommen aus Deutschland zwangsausgebürgerter jüdischer Emigranten.

Wegen "durchgeknallt": Naumann muss zahlen

Zeit-Herausgeber wegen Beleidigung schuldig gesprochenWegen "durchgeknallt": Naumann muss zahlen

Berlin (rpo). General-Staatsanwalt Jürgen Karge sei "durchgeknallt": Dieser Ausspruch Michael Naumanns im Zusammenhang mit der Friedmann-Affäre kommt den Zeit-Herausgeber teuer zu stehen. Das Gericht verurteilte ihn am Mittwoch zu einer empfindlichen Geldstrafe."Zeit"-Chefredakteur Michael Naumann ist in der Friedman-Affäre der Beleidigung eines Staatsanwaltes schuldig gesprochen worden. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten entschied am Mittwoch, die Bemerkung des ehemaligen Kulturstaatssekretärs, General-Staatsanwalt Jürgen Karge sei "durchgeknallt", stelle eine Beleidigung dar. Gegen Naumann wurde eine Geldstrafe von 9.000 Euro verhängt. Er hatte seine Bemerkung in einer Fernsehdiskussion im Juni vergangenen Jahres gemacht. Naumann hatte in der Sendung von einem "Skandal eines durchgeknallten Staatsanwaltes" gesprochen, der in Berlin einen schlechten Ruf habe und zeitweise vom Dienst suspendiert gewesen sei. Reaktion auf ErmittlungenDie Fernsehsendung war eine Reaktion auf Ermittlungen gegen den ehemaligen Vize-Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, wegen Drogenkonsums. Der Name Friedman war in Ermittlungen gegen einen Menschhändlerring aufgetaucht, der osteuropäische Frauen zur Prostitution nach Deutschland geschleust hatte.

Umfrage: Welcher Institution vertrauen die Deutschen?

Experte: Heutige Elite "ist eine einzige Fehlbesetzung"Umfrage: Welcher Institution vertrauen die Deutschen?

Hamburg (rpo). Welcher Institution vertrauen die Deutschen? Wenig überraschend: Nicht den politischen Parteien, besagt das Ergebnis einer Forsa-Umfrage. An oberster Stelle stehen dagegen Damen und Herren in Uniform.Die Deutschen haben jegliches Vertrauen in die politischen Parteien verloren. Das ergab eine am Mittwoch veröffentlichte Forsa-Umfrage im Auftrag des Hamburger Magazins "Stern". Nur zwölf Prozent der Befragten gaben an, großes Vertrauen zu Parteien zu haben, die damit das Schlusslicht bei der Umfrage bildeten. Auch der Bundesregierung (18 Prozent), den Arbeitgeberverbänden (22 Prozent), der Wirtschaft generell (23 Prozent), den Gewerkschaften (24 Prozent), der katholischen Kirche (25 Prozent), dem Papst (27 Prozent) und dem Bundestag (ebenfalls 27 Prozent) schenkten die Befragten nur wenig Vertrauen.Das meiste Vertrauen genießt mit 81 Prozent die Polizei. In der Vertrauenshierarchie folgten der Umfrage zufolge die Ärzte mit 72 Prozent, knapp vor dem eigenen Arbeitgeber mit 71 Prozent. Als sehr verlässlich gelten demnach auch Universitäten (65 Prozent), Gerichte (60 Prozent), das Radio (59 Prozent), der Bundespräsident (57 Prozent) und die Bundeswehr (49 Prozent). Forsa befragte 1997 repräsentativ ausgewählte Bundesbürger zwischen dem 22. und 23. Januar 2004. Vorwurf: Heute regierten "Leichtfertigkeit und Mittelmaß"Der Politikwissenschaftler Wilhelm Hennis übte im "Stern" scharfe Kritik an den Politikern in Deutschland. Der Kampf um die Macht sei das Einzige, was diese Generation wirklich interessiere: "Sie ist eine einzige Fehlbesetzung." Heute regierten "Leichtfertigkeit und Mittelmaß". Statt mit Fachbeamten Gesetze handwerklich sauber vorzubereiten, umgäben sich die Minister "lieber mit Jasagern und Schmeichlern". Hennis vermisst vor allem Anstand und Ernsthaftigkeit: Während die Bevölkerung mit der Gesundheitsreform zurecht kommen müsse, sitze die politische Elite "schenkelklopfend und grinsend bei Sabine Christiansen". Hennis urteilte: "Die sind komplett abgehoben." Die zu beobachtenden Phänomene seien Anzeichen eines Verfalls der politischen Ordnung. "Und ich sehe in der politischen Klasse niemanden, der das aufhalten kann - und will. Die haben sich ja alle wunderbar eingerichtet in diesem System." Der frühere SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine warf unterdessen der kompletten Führungsebene seiner Partei Tatenlosigkeit angesichts verheerender Umfrage- und Wahlergebnisse vor. "Eine Partei, die bei solch verheerenden Ergebnissen ihre Politik nicht ändert, gibt sich auf", schrieb Lafontaine in einem Beitrag für die "Bild"-Zeitung vom Mittwoch. Für den Absturz der SPD sei nicht mehr nur der Vorsitzende Gerhard Schröder verantwortlich, vielmehr sehe mittlerweile "eine ganze Generation von Funktionären in Bund, Ländern und Gemeinden" tatenlos zu, wie ihre Partei zerfalle. Lafontaine warnte davor, dass die sozialdemokratischen Wähler "enttäuscht und zornig" seien und Wahlverweigerung ausüben könnten. Der ehemalige SPD-Chef spottete: "18 Prozent, so scherzten altgediente Genossen, seien nicht das Ziel der FDP, sondern der Schröder-SPD."

Brisante Erdöl-Spendenliste Saddam Husseins veröffentlicht

270 Namen auf der ListeBrisante Erdöl-Spendenliste Saddam Husseins veröffentlicht

Paris (rpo). Hunderte Persönlichkeiten und Institutionen sind auf einer brisanten Liste vermerkt, die von Öllieferungen des irakischen Präsidenten Saddam Hussein profitiert haben sollen. Eine Pariser Tageszeitung veröffentlichte die Liste am Mittwoch.Auf einer vom irakischen Erdölministerium bestätigten Liste sind mehr als 270 ausländische Persönlichkeiten und Institutionen vermerkt, die allein im Jahr 1999 von Öllieferungen des irakischen Präsidenten Saddam Hussein profitiert haben sollen. Die Pariser Tageszeitung "France Soir" veröffentlichte am Mittwoch die vollständige Liste, auf der keine Namen aus Deutschland, aber elf Nennungen für Frankreich und zahlreiche angebliche Begünstigte aus Russland und arabischen Staaten aufgeführt sind. Die Erst-Veröffentlichung der Liste erfolgte in der irakischen Tageszeitung "El Mada". Sie wurde demnach in der irakischen Ölvermarktungsgesellschaft State Oil Marketing Organisation (SOMO) zusammengestellt und vom Vize-Staatssekretär im Erdölministerium, Abdel Saheb Salman Kotob, bestätigt. Laut "El Mada" gingen "Millionen Barrel Erdöl an Personen, die nichts mit dem Ölgeschäft zu tun haben". Darunter seien zwei Regierungschefs und zwei Außenminister sowie mehrere Söhne einflussreicher Politiker in arabischen Staaten. Genannt werden aber auch der russische Ultranationalist Wladimir Schirinowski, der frühere französische Innenminister Charles Pasqua und der französische Geschäftsmann Patrick Maugein. Das Erdöl wurde laut "El Mada" zu Gunsten der aufgelisteten Persönlichkeiten verkauft, denen die Gewinnspannen zuflossen. "Niemals etwas empfangen, weder Öl, noch Geld"Sowohl Pasqua als auch Maugein dementierten gegenüber der Pariser Tageszeitung "Le Monde" den Empfang derartiger Zahlungen oder Lieferungen. Er habe von Saddam Hussein "niemals etwas empfangen, weder Öl, noch Geld", sagte Pasqua. Hinter der Veröffentlichung der Liste stecke "möglicherweise eine Manipulation der amerikanischen (Geheim-)Dienste". Auch Maugein sagte, die aufgeführte Lieferung von 25 Millionen Barrel Öl habe er "niemals erhalten". Bestätigt wurde die Entgegennahme von Zahlungen hingegen vom Generalsekretär der Gesellschaft für irakisch-französische Freundschaft, Gilles Munier. Bei den Gewinnspannen aus dem Verkauf von 15 Millionen Barrel Öl habe es sich um Gegenleistungen für die Herbeiführung von Geschäften gehandelt, sagt Munier "Le Monde".

Pflegeversicherung: Schröder kippt Reform

Kein "dringender grundsätzlicher Handlungsbedarf"Pflegeversicherung: Schröder kippt Reform

Berlin (rpo). Die von Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) angekündigte grundlegende Reform der Pflegeversicherung ist gekippt. Grund: Es bestehe kein "dringender grundsätzlicher Handlungsbedarf". Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Pläne von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt für eine umfassende Reform der Pflegeversicherung gekippt. Dazu zählt auch der Beitragszuschlag für Kinderlose. Wie Regierungsvertreter am Mittwoch bestätigten, verständigte sich eine Spitzenrunde im Kanzleramt darauf, vorerst nur das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Danach müssen Eltern bei den Pflegebeiträgen bis Ende 2004 besser gestellt werden als Nichterziehende. Eine durchgreifende Reform will die Regierung dagegen erst später in Angriff nehmen. Vom Tisch ist damit das Vorhaben, Kinderlose und Eltern von erwachsenen Kindern mit einem Sonderbeitrag von 2,50 Euro im Monat zur Kasse zu bitten. Gestoppt wurde auch die geplante Dynamisierung der Leistungen, die Anhebung der ambulanten Sachleistungsbeträge und die Senkung der stationären Beträge. Insgesamt sei die Grenze der Belastbarkeit für die Bürger erreicht, erklärte Schröder nach Angaben von Teilnehmern am Dienstag vor der SPD-Bundestagsfraktion. Union: "Bitteren Niederlage" für Ulla SchmidtDie Union sprach von einer "bitteren Niederlage" für Ulla Schmidt. Regierungssprecher Béla Anda betonte dagegen, die Entscheidung sei "im Einklang" mit der Ministerin gefallen. Schmidts Sprecher Klaus Vater erklärte, in der Debatte um die Pflegeversicherung habe es in den vergangenen vier Wochen einen "gewaltigen Lernprozess" gegeben. Die Gesundheits- und die Rentenreform seien bereits sehr kompakt, deshalb solle die Pflegeversicherung "etwas entzerrt" werden. Anda wies Spekulationen zurück, dass die Entscheidung auch auf die schlechten Umfragewerte der SPD zurückgehe. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Wilhelm Schmidt, erklärte aber, unabhängig von der Pflegeversicherung sei für die Bürger die Grenze der Zumutbarkeit bei Reformen und Umwälzungen fast erreicht. Klar sei, wer in den Umfragen bei 24 Prozent liege, habe den Menschen einiges zugemutet. Neuregelung in den nächsten Wochen diskutierenWie die Besserstellung von Eltern in der Pflegeversicherung konkret aussehen soll, ist noch offen. Klar sei: "Wir werden diejenigen, die Kinder erziehen, entlasten, und diejenigen, die keine erziehen, nicht belasten", sagte Vater. Eine Neuregelung solle in den nächsten Wochen diskutiert werden. Es werde aber eine Lösung innerhalb des Systems gesucht. Nach Angaben von SPD-Fraktionsgeschäftsführer Schmidt wird für die Betreuung von Demenzkranken eine Neuregelung noch in diesem Jahr angestrebt. Union und FDP begrüßten die Entscheidung. Der Kanzler habe die Novelle der Pflegeversicherung offiziell beerdigt, erklärte der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Andreas Storm. FDP-Experte Daniel Bahr sagte, um das BVG-Urteil umzusetzen, müssten Eltern jetzt entweder bei den Beiträgen zur Pflegeversicherung entlastet werden, oder sie müssten eine Prämie aus Steuermitteln enthalten.

Gaza-Offensive: Israel tötet neun Palästinenser

Gefechte im GazastreifenGaza-Offensive: Israel tötet neun Palästinenser

Gaza (rpo). Am Mittwoch haben israelische Truppen offenbar eine neuen Gaza-Offensive gestartet. Bei nachfolgenden Feuergefechten mit israelischen Soldaten sind im Gazastreifen insgesamt neun Palästinenser getötet worden.Die erste Schießerei begann, als die israelischen Truppen am Mittwoch in der Nähe der jüdischen Siedlung Netzarim eine Offensive starteten, wie Palästinenser mitteilten. Die Streitkräfte erklärten, militante Palästinenser hätten das Feuer auf die Soldaten eröffnet und einen Sprengsatz gezündet. Die Truppen hätten zurückgeschossen. Laut Krankenhausangaben wurden zwei Palästinenser getötet. Anschließend rückten die Streitkräfte in ein nahe gelegenes Wohngebiet in Gaza-Stadt ein, wo es erneut zu einem Gefecht kam. Dabei seien sieben weitere Palästinenser getötet und mehrere verletzt worden, sagte ein palästinensischer Arzt. Rettungswagen eilten zum Ort des Geschehens.

Kabul: Anschlag auf deutsches ISAF-Hauptquartier

Taxifahrer sprengt sich in die LuftKabul: Anschlag auf deutsches ISAF-Hauptquartier

Kabul (rpo). Fast zeitgleich sind am Mittwochmorgen in der afghanischen Hauptstadt Kabul zwei Anschläge verübt worden. Unter anderem explodierte unweit des deutschen Hauptquartiers ein Taxi.Mutmaßliche Taliban-Kämpfer haben am Mittwoch einen Doppelanschlag auf deutsche und britische Militärstützpunkte in Afghanistan verübt. Dabei wurden ein britischer Soldat getötet und mindestens neun weitere Menschen verletzt, wie die Polizei und die Internationale Schutztruppe (ISAF) mitteilten. Wie im Fall eines Selbstmordanschlags vom Dienstag bekannten sich zu den Bluttaten die Taliban. Am Morgen detonierte zunächst vor dem britischen Stützpunkt ein Sprengsatz. Dabei sei offenbar ein Soldat getötet worden, sagte ISAF-Vizekommandeur General Andrew Leslie. Vier weitere Soldaten wurden nach Angaben des Verteidigungsministeriums in London verletzt. Berichte über mögliche Opfer aus der Zivilbevölkerung lagen nicht vor. ISAF-Soldaten und afghanische Polizisten riegelten den Tatort ab. Nahezu zeitgleich sprengte sich in der Nähe des deutschen ISAF-Hauptquartiers am Stadtrand ein Selbstmordattentäter in seinem Taxi in die Luft. Dabei wurden laut Polizeiangaben fünf Ausländer verletzt. Ein Augenzeuge erklärte hingegen, drei verletzte Ausländer sowie zwei Afghanen seien von Rettungskräften abtransportiert worden. Die Detonation zerstörte die Fenster einer nahe gelegenen Badeanstalt. Taliban bekennen sich zu den AnschlägenTaliban-Sprecher Mullah Hakim Latifi erklärte in einem Bekenneranruf bei der Nachrichtenagentur AP: "Wir sind verpflichtet, die Ausländer anzugreifen, um unser Land, unseren Glauben und unsere Ehre zu verteidigen." Zur Zeit der Anschläge wurde gerade eine Gedenkveranstaltung für einen kanadischen ISAF-Soldaten abgehalten, der bei dem Selbstmordanschlag am Vortag getötet worden war. Im Anschluss an die Bluttat vom Dienstag, bei der auch drei Kanadier und acht Zivilpersonen verletzt wurden, erklärten die Taliban, dies sei der Beginn einer Anschlagsserie im ganzen Land. Die Eskalation der Gewalt folgt wenige Tage nach der Unterzeichnung der ersten demokratischen Verfassung der Nach-Taliban-Ära durch Präsident Hamid Karsai.

Generelles Kopftuch-Verbot an NRW-Schulen?

Gutachten liefert rechtliche GrundlagenGenerelles Kopftuch-Verbot an NRW-Schulen?

Düsseldorf (rpo). Offenbar soll an den Schulen in Nordrhein-Westfalen für muslimische Lehrerinnen künftig ein Kopftuch-Verbot gelten. Das berichtet die "Rheinische Post".Nach einem Bericht der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Mittwochsausgabe) soll die rechtlichen Grundlagen dafür ein Gutachten liefern, das der Berliner Rechtswissenschaftler Ulrich Battis im Auftrag der SPD-Landtagsfraktion erarbeitet hat. Das Battis-Gutachten geht dem Blatt zufolge davon aus, dass politische oder weltanschauliche Symbole zu verbieten sind, wenn sie geeignet sind, den Schulfrieden zu stören. Dies ziele auf das Kopftuch islamischer Frauen ab, zumal - so heißt es weiter - "niemand genau wissen könne, welche Absicht die Trägerin damit verbindet". SPD-Fraktionschef Edgar Moron hofft laut "Rheinischer Post", zusammen mit den Grünen einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Landtag einbringen zu können. Die Grünen haben sich allerdings deutlich gegen ein generelles Verbot ausgesprochen.

Das stille Ende der Wehrpflicht

Nur noch jeder Zweite wird eingezogenDas stille Ende der Wehrpflicht

Berlin (rpo). Die Wehrpflicht in Deutschland erlebt ein schleichendes Ende. Wegen der angespannten Haushaltslage sieht sich das Verteidigungsministerium ab 2006 nur noch in der Lage, jeden zweiten Wehrpflichtigen einzuziehen.Nach Angaben des Deutschen Bundeswehr-Verbands geht dies aus den internen Planungen des Verteidigungsministeriums hervor. "Der Druck des Haushalts zwingt das Verteidigungsministerium, die Zahl der Soldaten rascher herabzusetzen als ursprünglich beabsichtigt", sagte Verbandschef Bernhard Gertz der "Berliner Zeitung" (Mittwochausgabe). Das Bundesverteidigungsministerium wollte die Zahlen nicht bestätigen. "Es ist noch nicht entschieden, welche Umfänge wir im Übergang bis 2010 einnehmen werden", sagte ein Sprecher auf Anfrage der Zeitung. Derzeit werde ein Konzept erarbeitet, das dann dem Generalinspekteur vorgelegt werde. Nach Angaben des Bundeswehr-Verbandes haben die Planer des Ministeriums allerdings schon vorgeschlagen, die zunächst bis 2010 geplante Verkleinerung der deutschen Streitkräfte auf 2006 vorzuziehen. Während bisher im Jahresdurchschnitt 73.000 Wehrpflichtige und freiwillig Längerdienende bei der Bundeswehr im Einsatz seien, sollten es dann nur noch 55.000 sein. Im Jahr 2006 würde das bedeuten, dass nur noch jeder zweite junge Wehrpflichtige, der nicht verweigert, seinen Dienst auch wirklich antreten muss."Abschaffung der Wehrpflicht durch die Hintertür"Nach Einschätzung des früheren Justizministers dürften der Bundeswehr in den nächsten Jahren Klagen drohen, weil sich junge Männer durch die Einberufung ungerecht behandelt fühlen werden. Auch Gertz rechnet damit, dass letztlich das Bundesverfassungsgericht über die Wehrpflicht entscheiden könnte. "Ich fürchte, dass das Gericht dann zu dem Schluss kommt, dass der Gleichheitsgrundsatz nicht mehr gewährleistet ist", sagte Gertz. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christian Schmidt (CSU), sprach bereits von einer "Abschaffung der Wehrpflicht durch die Hintertür". Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) versuche aber noch, seine Hände in Unschuld zu waschen. Schmidt forderte Struck auf, noch einmal über die Streitkräfteplanung nachzudenken. Wer die Wehrpflicht erhalten wolle, müsse genügend Stellen und Aufgaben schaffen, um einen Jahrgang gerecht zum Dienst heranzuziehen.

Bush nennt Krieg gegen Irak weiter gerechtfertigt

UN senden Delegation nach IrakBush nennt Krieg gegen Irak weiter gerechtfertigt

Washington/Bagdad (rpo). Massenvernichtungswaffen konnten die Amerikaner im Irak bislang nicht finden - und es bestehen berechtigte Zweifel, ob ihnen dies überhaupt gelingen wird. Ungeachtet dieses Schönheitsfehlers hat US-Präsident George Bush den Krieg noch einmal verteidigt."Ich habe keinen Zweifel, dass Saddam Hussein eine große Gefahr für Amerika und die Welt war", sagte Bush. "Und ich sage das auf Grund der Geheimdienstinformationen, die ich vor der Entscheidung zum Krieg gegen Irak hatte, und ich sage das nachdem, was ich heute weiß. Die Welt ist besser dran ohne ihn." Bush und seine Mitarbeiter halten inzwischen nicht mehr an ihrer Aussage fest, dass sie überzeugt sind, dass in Irak noch Massenvernichtungswaffen gefunden werden. Das Vorhandensein dieser Waffen wurde immer als Kriegsgrund genannt. Der jetzt zurückgetreten Leiter der US-Expertengruppe zur Suche nach Massenvernichtungswaffen, David Kay, sagte am Sonntag nach neunmonatiger Suche: "Ich glaube nicht, dass sie existieren." Bush erklärtenun, er wolle, dass die Experten ihre Arbeit beendeten, dann sollten daraus Schlüsse gezogen werden. Noch vor einem Jahr, am 22. Januar 2003, hatte Bush erklärt: "Der irakische Diktator hat Massenvernichtungswaffen." Und vor dem Angriff auf Irak im März erklärte er: "Geheimdienstinformationen dieser und anderer Regierungen lassen keinen Zweifel daran, dass das irakische Regime weiter einige der tödlichsten Waffen, die je entwickelt wurden, besitzt und verbirgt." Bush erklärte nun am Dienstag, es gehe darum, aus Irak ein freies und demokratisches Land zu machen. Das sei auch wichtig für die langfristige Stabilität und den Frieden auf der Welt. Und auf diesem Weg gebe es auch große Fortschritte. Vereinte Nationen denken über Rückkehr nachDie Vereinten Nationen wollen rund fünf Monate nach ihrem Rückzug aus Irak in das Land zurückkehren, um die Sicherheitslage für Wahlen zu prüfen. UN-Generalsekretär Kofi Annan erklärte sich bei einem Besuch in Paris am Dienstag bereit, diesem Wunsch der USA und des irakischen Verwaltungsrats nachzukommen. Er verlangte allerdings Garantien für die persönliche Sicherheit der UN-Mitarbeiter. Die USA sind an einer Lagebeurteilung seitens der UN stark interessiert. Sie versprechen sich davon Rückendeckung für ihre Position, dass es in Irak für Direktwahlen noch zu früh sei und die für Juli anvisierte Übergangsregierung deshalb von Wahlausschüssen bestimmt werden sollte. Die UN hatten nach einem Anschlag auf ihr Hauptquartier in Bagdad im August vergangenen Jahres alle internationalen Beschäftigten aus Irak abgezogen.

Rau-Nachfolge: Stoiber gegen Schmalz-Jacobsen?

Gerhardt oder Schmalz-JacobsenRau-Nachfolge: Stoiber gegen Schmalz-Jacobsen?

Leipzig (rpo). Wie es derzeit aussieht, ist es an der FDP, den nächsten Bundespräsidenten zu bestimmen. Dabei wird Parteichef Guido Westerwelle angeblich aus den eigenen Reihen zu einem harten Kurs gegenüber der Union gedrängt. Unterdessen scheint auch CSU-Chef Edmund Stoiber wieder im Rennen.Bei der Suche nach einem Nachfolger für Bundespräsident Johannes Rau ist CSU-Chef Edmund Stoiber offenbar wieder als Kandidat im Gespräch. Zeitungsberichten zufolge drängt die CDU den bayerischen Ministerpräsidenten zur Kandidatur, um die FDP an die Seite der Union zu bringen. Stoiber hatte bislang eine Kandidatur ausgeschlossen. In der Bundesversammlung, die am 23. Mai einen neuen Bundespräsidenten wählt, ist die FDP das Zünglein an der Waage. Nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" will Parteichef Guido Westerwelle die Union vor die Wahl stellen, FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt mitzuwählen oder eine Niederlage durch die Wahl der Ex-Spitzenliberalen Cornelia Schmalz-Jacobsen mit den Stimmen von FDP, SPD und Grünen zu riskieren. Genscher und Lamsdorf machen Druck audf WesterwelleDie Initiative dazu soll von den FDP-Ehrenvorsitzenden Otto Graf Lambsdorff und Hans-Dietrich Genscher ausgegangen sein. Beide hätten Westerwelle "unmissverständlich" klar gemacht, dass für die FDP keine Unterstützung eines Unions-Kandidaten in Frage komme. Mit einer Persönlichkeit aus der FDP habe Westerwelle die einmalige Chance, dass die gesamte Partei hinter ihm stehe. Die FDP könne von ihrem Bestreben nur durch eine Persönlichkeit vom Range eines Parteivorsitzenden abgebracht werden, berichtete die "Frankfurter Rundschau" unter Berufung auf Oppositionskreise. Ein FDP-Führungsmitglied sagte dazu dem Berliner "Tagesspiegel": "Wenn wir auf einen eigenen Bewerber verzichten sollen, muss man uns gute Argumente dafür liefern." Bei einer Nominierung Stoibers "würden wir nicht auf unserem eigenen Kandidaten beharren", zitiert das Blatt einen FDP-Politiker. Stoiber sei "natürlich nicht ausgeschlossen"Ein CDU-Spitzenpolitiker sagte der Zeitung, Stoiber sei "natürlich nicht ausgeschlossen". Notfalls werde es "ein zweites Frühstück in Wolfratshausen" geben. In Stoibers Heimatort hatte CDU-Chefin Angela Merkel vor zwei Jahren bei einem Frühstück zu Gunsten des CSU-Chefs auf die Kanzlerkandidatur verzichtet. Merkel selbst hielt sich am Mittwoch weiter bedeckt. Ziel sei, einen "bürgerlichen Kandidaten" durchzusetzen. In der Bundesversammlung dürfe sich "keine Seite für stärker halten, als sie ist", unterstrich die CDU-Chefin weiter. Die Union sei sich "der Mehrheitsverhältnisse" und ihrer "großen eigenen Kraft bewusst". In dem Gremium verfügt die FDP über 80 der 1206 Stimmen. Für Stoiber spräche auch, dass Kandidaturen der bisher am häufigsten genannten Unions-Kandidaten Wolfgang Schäuble und Klaus Töpfer (beide CDU) mit erheblichen Risiken behaftet wären. Gegen Unions-Fraktionsvize Schäuble gibt es Widerstände in der FDP und auch in der CDU. Der frühere Bundesumweltminister Töpfer gilt dagegen in der CSU und auch in der FDP nicht als durchsetzbar.

Vorwahl: Kerry schlägt Dean und Clark

Signalfunktion für weiteres RennenVorwahl: Kerry schlägt Dean und Clark

Manchester/USA (rpo). Senator John Kerry hat sich zum Favoriten der Demokraten für die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten gemausert. Bei Vorwahl (Primary) in New Hampshire verwies er seinen schärfsten Konkurrenten Howard Dean klar auf den zweiten Paltz verweisen. Kerry gewann deutlich die traditionell erste Vorwahl (Primary) im Staat New Hampshire am Dienstag. Zweiter wurde der frühere Gouverneur von Vermont, Howard Dean, der noch zu Jahresbeginn als Favorit galt. Kerry hatte vergangene Woche schon überraschend die Abstimmung auf den ersten Parteiversammlungen (Caucuses) im Staat Iowa gewonnen. Nach Auszählung von 97 Prozent der Wahlkreise führte Kerry klar mit 39 Prozent vor Dean mit 26 Prozent. Im Rennen um Platz drei lagen der ehemaligen NATO-General Wesley Clark und Senator John Edwards mit jeweils zwölf Prozent gleichauf. Senator Joe Lieberman erreichte mit neun Prozent nur Platz fünf. Empfehlungen einiger Berater, seine Kandidatur niederzulegen, wies er jedoch zurück. Rund 200.000 Wähler beteiligten sich an der Wahl. Das ist ein Rekord für New Hampshire. Das Ergebnis aus dem Staat hat eine wichtige Signalfunktion für die weitere Suche der Demokraten nach dem Herausforderer für US-Präsident Georg W. Bush bei der Wahl im November. "Das ist ein großer Sieg, eine große Wende""Das ist ein großer Sieg, eine große Wende", sagte Kerry der Nachrichtenagentur AP. "Wir waren Monate lang abgeschrieben. Aber wir haben den Menschen unsere Entschlossenheit gezeigt, Präsident Bush zu besiegen." Kerry rief die Demokraten auf, sich ihm anzuschließen, um Bush zu besiegen und "die Wirtschaft der Privilegien" zu beenden. Er versprach, er wolle "die Armut von Millionen verringern, statt die Steuern für Millionäre". Dean, der als erklärter Gegner des Irak-Kriegs in New Hampshire zu Jahresbeginn noch mit 25 Prozent Vorsprung geführt hatte, hatte nach der Niederlage in Iowa nur noch auf ein solides Ergebnis gehofft. Er zeigte sich mit dem jetzigen Resultat zufrieden. "Ich habe gerade erst zu kämpfen begonnen"Im Rausch der Siegesfeier vergaß John Kerry keinen Moment, dass er erst am Anfang eines langen Weges steht. "Ich habe gerade erst zu kämpfen begonnen", versprach der Senator seinen euphorischen Anhängern am Dienstag in New Hampshire. Mit dem Sieg auch in der zweiten Vorwahl hat Kerry seine Chancen auf die Kandidatur gegen Präsident George W. Bush zwar beträchtlich erhöht. Denn nicht nur Howard Dean, sondern auch seine beiden anderen Hauptrivalen Wesley Clark und John Edwards mussten herbe Rückschläge einstecken. Dennoch bleibt die Nominierung hart umfochten. Kerry hofft, dass sein klarer Sieg in Iowa und New Hampshire ihm nun Flügel für den weiteren Vorwahlmarathon verleiht. Die Wähler in New Hampshire hätten in ihm den "stärksten Kandidaten" erkannt, um Bush im November besiegen zu können, frohlockte der Senator. Tatsächlich scheint Kerry davon zu profitieren, dass sich in der Partei zunehmend der Pragmatismus gegen die Passionen durchsetzt. "Mit Dean ausgegangen, Kerry geheiratet", bringt ein geflügeltes Wort im Umfeld des Senators die Trendwende auf den Punkt. Immer weniger Zutrauen in DeanDer Ex-Gouverneur von Vermont hat zwar mit seinem furiosen Anti-Bush-Kurs in den vergangenen Monaten viel Begeisterung in der Partei wecken können - als erster unter den demokratischen Präsidentschaftsanwärtern hatte er erkannt, wie tief die Wut an der Basis auf die Bush-Regierung sitzt. Doch den Sieg gegen den Präsidenten trauten Dean zuletzt offenbar immer weniger Parteimitglieder zu: Und dass es "das Wichtigste sei, Bush zu schlagen", war von den Wählern in New Hampshire allerorten zu hören. Mit seinem viel verspotteten Auftritt nach der Niederlage in Iowa, als er mit hochrotem Kopf einen heiseren Kampfschrei ausstieß, nährte Dean selbst die Zweifel an seiner Eignung für das höchste Amt. Der stets seriöse Kerry konnte sich dagegen auch mit seiner Vita als Vietnamveteran und langjähriger Senator immer besser als der Mann mit der Siegchance gegen Bush in Szene setzen. Von Resignation war bei Dean nach seiner zweiten Pleite aber keine Spur: Auf der Wahlparty überließ er das Geschrei zwar diesmal seinen Fans, gebärdete sich aber wie ein Sieger. Mit dem zweiten Platz in New Hampshire habe seine Kampagne "ihren Schwung wieder gewonnen", verkündete er. Clark will weitermachenAuch Clark, der frühere NATO-Oberbefehlshaber, und Edwards, der junge und smarte Senator aus North Carolina, wollen weitermachen. Schon am nächsten Dienstag könnte sich das Bewerberfeld allerdings lichten, wenn zugleich in den Staaten Arizona, Delaware, Missouri, New Mexico, North Dakota, Oklahoma und South Carolina abgestimmt wird. Edwards räumte ein, dass ein Sieg in seinem Geburtsstaat South Carolina für ihn Pflicht ist. Und auch Clark und Dean stehen mächtig unter Druck. Wer im Rennen bleiben wolle, müsse am Dienstag mindestens einen Staat gewinnen, meinte die demokratische Parteistrategin Donna Brazile. Kerry wiederum wird beweisen müssen, dass er als Neuengländer auch im Süden und Westen siegen kann - nach der Erfahrung vergangener Wahlkampagnen nicht gerade ein einfaches Unterfangen. Angesichts dieser dramatischen Ausgangslage wird die Kandidatur voraussichtlich mit immer härteren Bandagen ausgefochten werden. Kerry muss sich darauf einstellen, dass er als Spitzenreiter die härtesten Angriffe auf sich zieht. Dean gab schon am Abend von New Hampshire zu erkennen, dass er den Senator verstärkt als Repräsentanten des Washingtoner Establishments attackieren will. Ein wirklicher Wandel im Land sei nicht mit jemandem zu bewerkstelligen, der "von innerhalb Washingtons kommt", sagte er. Wirken Kerrys zunehmend beleuchtetUnd Kerry muss sich auch darauf gefasst machen, dass sein Wirken als Senator zunehmend beleuchtet wird - auch von seinen Gegnern im Weißen Haus. Der Präsident scheint sich jedenfalls bereits auf ein Duell mit Kerry einzustimmen. Auf einer geschlossenen Veranstaltung kritisierte Bush nach Presseberichten den Senator dafür, dass er im Kongress grundsätzlich für den Irakkrieg gestimmt hatte, seither aber gegen die Militäraktion Front macht. "Politisch brilliant" finde er diesen Kurs, spottete der Präsident.

Kelly-Affäre: Blair im Glück

"The Sun" enthüllt Auszüge aus UntersuchungsberichtKelly-Affäre: Blair im Glück

London (rpo). Tony Blair ist zufrieden: Der Hutton-Bericht zu den Verstrickungen Blairs in den Kelly-Tod hat die britische Regierung von den Vorwürfen entlastet. Schwere Vorwürfe erhob der Lordrichter gegen die BBC. Unterdessen zeigte sich Blair sauer darüber, dass das Massenblatt "Sun" den Untersuchungsbericht bereits vorab veröffentlicht hatte.Zudem erklärte Lordrichter Hutton einen BBC-Bericht, wonach die Regierung Geheimdienstinformationen über Irak vor dem Krieg aufbauschte, für unhaltbar. BBC-Chef Greg Dyke räumte am Nachmittag Fehler ein und entschuldigte sich. "Gewisse Schlüsselbehauptungen" in dem umstrittenen Bericht seien falsch, sagte Dyke. Wenig später gab der Sender den Rücktritt seines Verwaltungsrats-Vorsitzenden Gavyn Davies bekannt. Blair hatte die BBC zuvor heftig kritisiert. In einer Rede vor dem Parlament sagte der Premierminister: "Die Behauptung, dass ich oder sonst irgendjemand dieses Haus belogen hätte oder das Land durch eine Verfälschung von Informationen über Massenvernichtungswaffen irregeführt hätte, ist die eigentliche Lüge." BBC-Chef Dyke sagte in seiner Stellungnahme, sein Sender habe Blair niemals der Lüge bezichtigt. Der BBC-Reporter Andrew Gilligan hatte im Juni nach einem Gespräch mit Kelly unter Berufung auf einen hochrangigen Beamten berichtet, die Regierung habe Informationen über irakische Massenvernichtungswaffen bewusst aufgebauscht, um den Irak-Krieg zu rechtfertigen. Diese Behauptung sei völlig gegenstandslos gewesen, urteilte Hutton in seinem Untersuchungsbericht. Kelly nahm sich wenige Tage, nachdem sein Name als Quelle des Rundfunkberichts genannt worden war, das Leben. Kellys Name war vom Verteidigungsministerium an die Öffentlichkeit gebracht worden. Der Regierung wurde deshalb vorgeworfen, ihren langjährigen Mitarbeiter enormem Druck ausgesetzt und ihn dadurch in den Selbstmord getrieben zu haben. Kellys Reaktion nicht vorhersehbarHutton erklärte dazu, er sei überzeugt, dass keine der in seinem Bericht genannten Personen eine solche Reaktion jemals hätte in Erwägung ziehen können. Kelly habe zwar unter erheblichem Druck gestanden, aber die Konsequenz, die er daraus gezogen habe, sei für niemanden absehbar gewesen. Das Verteidigungsministerium hätte ihm allerdings mehr moralische Unterstützung zukommen lassen sollen. Der Lordrichter kritisierte die Art und Weise, wie die BBC mit den Informationen über angebliche Verfälschungen im Irak-Dossier der Regierung umgegangen sei. Sie habe es versäumt, vor und auch nach der umstrittenen Rundfunksendung die Fakten zu überprüfen. Auch die in dem Bericht erhobenen Vorwürfe gegen den im Sommer zurückgetretenen Kommunikationschef der Regierung, Alastair Campbell, wies Hutton zurück. Kellys Gespräch mit BBC-Reporter Gilligan war nach Ansicht des Lordrichters unangemessen: Als Regierungsberater hätte er seine Vorgesetzten über das Treffen informieren müssen, urteilte Hutton.Untersuchung zur Quelle der "Sun" gefordertZu einer gezielten Indiskretion kam es auch im Zusammenhang mit dem Hutton-Bericht selbst: Teile des Untersuchungsberichts wurden bereits vorab in der Zeitung "The Sun" veröffentlicht. Mehrere Parlamentarier forderten eine Untersuchung, wer die Quelle gewesen sein könnte.

Bagdad: Krankenwagen brachte tödliche Bombe

Bombenanschlag vor HotelBagdad: Krankenwagen brachte tödliche Bombe

Bagdad (rpo). Vor einem Hotel und einer benachbarten Polizeiwache in Bagdad ist eine Bombe explodiert. Ein Krankenwagen mit der Bombenfracht raste zuvor auf das Hotel zu. Mehrere Menschen sind ums Leben gekommen.Bei einem Selbstmordanschlag auf ein Hotel in Bagdad sind am Mittwoch mindestens drei Menschen getötet worden. Ein Krankenwagen sei am frühen Morgen (06.30 Uhr Ortszeit, 04.30 Uhr MEZ) mit hoher Geschwindigkeit auf das hauptsächlich von Ausländern bewohnte Schahin-Hotel im Zentrum der Stadt zugerast und vor dem Gebäude explodiert, sagte ein Polizeisprecher unter Berufung auf Augenzeugen. Elf Menschen seien mit Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Nach Angaben eines Regierungsmitarbeiters hielt sich zum Zeitpunkt der Explosion auch der amtierende irakische Arbeitsminister Asara el Madschun in dem Gebäude auf, der aber unverletzt blieb. Ein Wachmann des Hotels sagte, die Sicherheitskräfte hätten das Fahrzeug auf das Hotel zurasen sehen und das Feuer eröffnet. Der Wagen habe jedoch nicht gestoppt werden können. Die Wucht der Explosion zerstörte die Frontseite des Schahin-Hotels, ein Teil des Gebäudes stand in Flammen, auf der Straße brannten mehrere Autos aus. Auch eine gegenüberliegende Polizeiwache wurde zerstört. Zahlreichende Gäste flüchteten aus dem brennenden Hotel auf die Straße. Die US-Armee sicherte das Gelände mit Panzern, Hubschrauber überflogen das Gelände. Das Hotel Schahin liegt in der Nähe der polnischen Botschaft. Polen kommandiert eine multinationale Einheit der Koalitionstruppen in Irak. Ein deutscher Geschäftsmann, der in dem Hotel untergebracht war, sagte, er habe zum Zeitpunkt der Explosion unter der Dusche gestanden. In dem Hotel seien viele Geschäftsleute aus unterschiedlichen Ländern untergebracht gewesen.