Alle Politik-Artikel vom 01. Februar 2004
Müntefering ist stinkig auf Fischer

Kritik an "schwindendem Reformeifer" zurückgewiesenMüntefering ist stinkig auf Fischer

Berlin/Frankfurt (rpo). SPD-Fraktionschef Franz Müntefering gehen derzeit bei Nennung des Namens Joschka Fischer die Nackenhaare hoch. Dabei geht es um den angeblich schwindenden Reformeifer.Der SPD-Fraktionschef im Bundestag, Franz Müntefering, hat die Kritik führender Grünen-Politiker an dem angeblich schwindenden Reformeifer der SPD zurückgewiesen. Gerade auf Außenminister Joschka Fischer sei er deswegen zurzeit "nicht so gut zu sprechen", sagte er am Sonntagabend im ZDF. Schließlich wüssten die Grünen sehr wohl, "dass wir miteinander diese Reformen in dieser Legislaturperiode machen wollen und werden". Der Reformkurs sei abgesprochen und müsse sich auf Bildung und technologische Innovation konzentrieren, sagte Müntefering. "Da werden wir unseren Wohlstand sichern, nicht über Niedriglöhne." Das wüssten die Grünen auch. "Die Grünen haben gesagt, sie wollen Motor sein. Da sage ich ok. Hauptsache, wir behalten das Steuerrad in der Hand", meinte Müntefering. Fischer hatte der "Bild am Sonntag" gesagt, das Reformtempo der Politik dürfe die Menschen nicht überfordern, aber es dürfe auch kein "Hin und Her" geben.

Streit über Reformtempo: Vorwärts oder Stillstand?

Regierungskoaliton streitetStreit über Reformtempo: Vorwärts oder Stillstand?

Berlin (rpo). Die umstrittene Aussage von Bundeskanzler Gerhard Schröder über die Grenze der Belastbarkeit für die Bürger stößt auf ein zorniges Echo. Innerhalb der Koalition ist ein heftiger Streit über das weitere Reformtempo entbrannt.Auch innerhalb der SPD gibt es unterschiedliche Positionen. Während Schröder zurückruderte und dem Eindruck widersprach, er wolle einen Reformstopp, trat SPD-Generalsekretär Olaf Scholz am Wochenende auf die Bremse, was die Grünen wiederum scharf zurückwiesen. Scholz sagte: "Wir haben das Notwendige getan." Die Grünen bescheinigten ihm "Selbsttäuschung" und verlangten weitere Sozialreformen. Schröder hatte kürzlich überraschend die Erneuerung der Pflegeversicherung gestoppt und zur Begründung erklärt, dass den Menschen nicht noch mehr Einschnitte zugemutet werden dürften. Nach scharfer Kritik der Opposition bemühte er sich, den Eindruck aus der Welt zu schaffen, sein Tatendrang sei erschlafft. Er denke "überhaupt nicht" an ein Ende des Reformkurses, betonte der Kanzler in der ARD. Er könne niemandem Hoffnung machen, dass der notwendige Umbau des Sozialsystems so vonstatten gehe, dass keiner etwas merke. Versäumnisse bei der Umsetzung von ReformenDer stellvertretende SPD-Fraktionschef Michael Müller ging mit der Regierung scharf ins Gericht. Im Berliner "Tagesspiegel" hielt er ihr Versäumnisse bei der Umsetzung von Reformen vor. "Durch die Fülle der Aktivitäten passieren mehr handwerkliche Fehler als sonst", wurde er zitiert. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hätte vor In-Kraft-Treten der Gesundheitsreform in Planspielen testen sollen, "ob alles funktioniert". Hauptgrund für Schröders Stopp der Pflege-Reform sei gewesen, dass es noch offene Fragen in Schmidts Konzept gegeben habe. Müller betonte jedoch, es sei legitim, in einer ersten Bilanz die Belastungen der Bürger zu betrachten und Grenzen auszuloten. Scholz sieht keinen Reformbedarf mehr bei den sozialen Sicherungssystemen. Die Beschlüsse des vergangenen Jahres "waren nicht nur erste Schritte, denen 2004 oder 2005 weitere folgen müssten", sagte er laut "Berliner Zeitung". Nun gehe es um die Umsetzung des zweiten Teils der Reformagenda 2010, nämlich um Investitionen in Bildung, Forschung und Familien. Zwar machte auch Scholz klar, dass die SPD ungeachtet ihrer schlechten Umfragewerte weitere Reformen wolle. Doch dürfe diese nicht immer nur als Einschnitte ins soziale Netz verstanden werden. Grüne kritisieren SPDDer SPD mangele es an Reformeifer und Mut, klagte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irmingard Schewe-Gerigk, laut "Focus". Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt meinte im NDR, wenn das Sozialsystem künftig seine Aufgabe erfüllen solle, müsse es gerecht modernisiert werden. Obwohl viel getan worden sei, "können wir die Hände nicht in den Schoß legen". Als Beispiele nannte sie den Angaben zufolge die Renten-, die Pflege- und die Krankenversicherung. Scholzens Aussage "ist auch für mich etwas irritierend". Laut SPD-Fraktionschef Franz Müntefering liegen die Schwerpunkte bei der Rente, der Erbschaftsteuer und der Zuwanderung. Er sagte in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Wenn die SPD in der Opposition wäre, ginge die Hälfte der Partei mit den Gewerkschaften auf die Straße."

Iran: Politische Krise eskaliert

120 Abgeordnete legen Mandat vor Parlamentswahl niederIran: Politische Krise eskaliert

Teheran (rpo). Iran befindet sich weiterhin im festen Griff der politischen Krise. Der Machtkampf zwischen Konservativen und Reformern vor den Parlamentswahlen führte am Sonntag zu einem neuen Höhepunkt: 120 der 290 Parlamentsabgeordneten legten ihre Mandate nieder.Zum 25. Jahrestag ihrer Gründung befindet sich die Islamische Republik Iran durch den Machtkampf zwischen Konservativen und Reformern in einer ihrer schwersten Krisen. Aus Protest gegen den Ausschluss vorwiegend reformorienterter Politiker bei der Parlamentswahl am 20. Februar legten am Sonntag 120 der 290 Parlamentsabgeordneten ihre Mandate nieder. Parlamentspräsident Mehdi Karubi bat den obersten geistlichen Führer Ayatollah Ali Chamenei um Hilfe. "Wir sind in einer Sackgasse", sagte Karubi während einer im Staatsrundfunk übertragenen Parlamentssitzung. "Der Oberste Führer muss einschreiten, um das Problem zu regeln." Der Chef der größten Reformpartei, Mohammed Resa Chatami, warnte vor einem Einsatz der Armee bei der Abhaltung der Wahlen. Dies käme einem Staatsstreich gleich, sagte Chatami. In ihren Rücktrittsgesuchen erklärten einige Abgeordnete, sie könnten nicht länger einem Parlament angehören, "das unfähig ist, das Recht des Volkes zu verteidigen und Wahlen zu verhindern, in denen die Bevölkerung ihre Vertreter nicht frei wählen kann". Die konservativen Kräfte in Iran seien dabei, "die Republik zu zerstören" und "einen Islam vergleichbar mit dem der Taliban" zu errichten. Parlament könnte arbeitsunfähig werdenDurch die Mandatsniederlegungen könnte das Parlament arbeitsunfähig werden, etwa bei wichtigen Abstimmungen wie der Verabschiedung des Haushalts für das kommende Jahr. Für die Annahme des Budgets ist eine Zweidrittelmehrheit in dem 290 Sitze zählenden Parlament nötig. Die Proteste richten sich gegen den Ausschluss überwiegend reformorientierter Kandidaten von der Parlamentswahl am 20. Februar durch den ultrakonservativen Wächterrat. Der Wächterrat hatte am Freitag eine Kandidatenliste vorgelegt, durch die rund 2450 Bewerber von dem Urnengang ausgeschlossen werden. Insgesamt wurden von 7900 Bewerbern lediglich 5451 zugelassen. Der Chef der Reformpartei Chatami sagte, "nirgendwo in der Welt kann die Armee freie und gerechte Wahlen organisieren". Er reagierte damit auf Andeutungen des Leiters der Wahlkommission, wonach die Wahlen von einem anderen Organ organisiert werden könnten, wenn das Innenministerium dies ablehne. Präsident Mohammed Chatami sprihct von "Sackgasse"Präsident Mohammed Chatami sprach wegen des Streits mit dem Wächterrat um die Kandidaturen von einer "Sackgasse". Die Regierung werde "nur freie und offene Wahlen mit Wettbewerb organisieren", sagte er nach einer Zeremonie anlässlich des 25. Jahrestages der Rückkehr von Ayatollah Khomeini, welche die Gründung der Islamischen Republik Iran markiert. Innenminister Abdolwahed Mussawi-Lari sagte, die Möglichkeit zu freien Wahlen bestehe nach dem massiven Ausschluss von Kandidaten nicht mehr. Am Freitag hatte der Wächterrat einen Antrag von Mussawi-Lari und der für die Organisation der Wahl zuständigen Gouverneure auf eine Verschiebung des Wahltermins abgelehnt.

Länderfinanzausgleich: Kündigt Steinbrück Solidarität?

"NRW wird zum Wortführer der Starken"Länderfinanzausgleich: Kündigt Steinbrück Solidarität?

Hamburg/Düsseldorf (rpo). Nach einem Medienbericht kündigt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Peer Steinbrück offenbar die Solidarität mit armen Bundesländern auf. Steinbrück kritisiere die Milliarden-Überweisungen für den Osten.Das berichtete das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" am Wochenende vorab. Danach bezweifelt Steinbrück in einem Schreiben an die Vorsitzenden der Föderalismus-Kommission, Franz Müntefering (SPD) und Edmund Stoiber (CSU), dass "eine generelle Erforderlichkeit zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse für den Bund besteht". Kritik kam von der CDU in Nordrhein-Westfalen. Das Landespresseamt in Düsseldorf wies es unterdessen am Sonntag als "frei erfunden" zurück, dass Steinbrück sich nicht mehr solidarisch mit ärmeren Bundesländern zeigen wolle. Steinbrück kritisiert laut "Spiegel" seit längerem die Milliarden-Überweisungen für den Osten. Seit 1991 sind gut 900 Milliarden Euro von West- nach Ostdeutschland geflossen, von 2005 bis 2019 sind weitere 105 Milliarden Euro festgeschrieben. Dem "Spiegel" zufolge stößt Steinbrück bei Müntefering und Stoiber mit seinem Vorstoß auf Verständnis. Stoiber plädiert bereits seit Jahren für mehr Wettbewerb unter den Ländern. Auch Müntefering bekannte kürzlich, er habe "keine Angst vor Wettbewerbsföderalismus". Unruhe bei den OstkollegenErhebliche Unruhe hat Steinbrücks Vorstoß bei seinen Ostkollegen ausgelöst. "Nordrhein-Westfalen wird zum Wortführer der Starken", sagte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) dem Nachrichtenmagazin zufolge. Er fügte hinzu: "Wenn die Steuerhoheit an die Länder abgegeben wird, sind wir im Eimer." Auch sein thüringischer Kollege Dieter Althaus (CDU) mahnte: "Aus der Verpflichtung, für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zu sorgen, kann man den Bund nicht entlassen. Wenn Steinbrück den Aufbau Ost in Frage stellt, hätte das fatale Folgen für das gesamte Land." Nordrhein-Westfalens CDU-Generalsekretär Hans-Joachim Reck bezeichnete den Brief Steinbrücks an Müntefering und Stoiber als "Beleg für die Handlungs- und Konzeptionslosigkeit der Regierung Steinbrück". Der Ministerpräsident suche "ständig Streit und verärgert eine Gruppe nach der anderen", kritisierte Reck. Ein Sprecher des Landespresseamtes sagte am Sonntag, diejenigen, die auf Steinbrücks vermeintlichen Vorstoß reagierten, sollten besser den Brief an Müntefering und Stoiber lesen. Es entspreche nicht der Wahrheit, dass Steinbrück die Solidarität mit armen Bundesländern aufkündigen wolle. Genau das Gegenteil sei der Fall, fügte der Sprecher hinzu.

ABC-Waffen in Irak? Bush beugt sich unabhängiger Untersuchung

Bush habe seine Haltung geändertABC-Waffen in Irak? Bush beugt sich unabhängiger Untersuchung

Washington/London (rpo). Noch immer sind in Irak keine Massenvernichtungswaffen gefunden worden. Immerhin war deren vermutete Existenz der Grund für die USA, in den Krieg zu ziehen. Nun scheint auch Präsident Bush zu einer unabhängigen Untersuchung bereit.Im Streit um die zweifelhafte Existenz von Massenvernichtungswaffen in Irak befürwortet US-Präsident George W. Bush einem Pressebericht zufolge nun doch eine unabhängige Untersuchung. Die ergebnislose Suche nach Massenvernichtungswaffen in Irak zwingt die US-Regierung daher wohl zum umdenken: Wie am Wochenende in Washington verlautete, erwägt die Regierung nun ihre Zustimmung zu einer unabhängigen Untersuchung der Geheimdienstpannen. Schon in dieser Woche sei mit einer entsprechenden Erklärung zu rechnen, hieß es. Als mutmaßlicher Verantwortlicher für die alarmierenden, aber falschen Geheimdienstberichte über Iraks Waffenpotenzial gerät Vizepräsident Richard Cheney zunehmend ins Fadenkreuz der oppositionellen Demokraten.Bush habe seine Haltung aufgrund des Drucks republikanischer und demokratischer Abgeordneter sowie der Aussagen des früheren US-Chefwaffeninspekteurs David Kay geändert, berichtete die "Washington Post" am Sonntag. Auch der britische Premier Tony Blair steht wegen der bislang vergeblichen Suche nach irakischen Massenvernichtungswaffen weiter in der Kritik: Oppositionsführer Michael Howard kündigte an, er wolle ebenfalls eine unabhängige Untersuchung beantragen. Das Weiße Haus wollte den Bericht der "Washington Post" nicht bestätigen. Bislang hat Bush eine unabhängige Prüfung zur Existenz oder Nichtexistenz verbotener ABC-Waffen in Irak abgelehnt. Internationale Geheimdienste hatten vor dem Krieg behauptet, dass der frühere irakische Präsident Saddam Hussein über Massenvernichtungswaffen verfüge. Für Aufsehen hatte ein britisches Regierungsdossier gesorgt, demzufolge Irak in der Lage sei, binnen 45 Minuten chemische oder biologische Waffen einzusetzen. Weder die UN-Waffeninspekteure unter Hans Blix noch die von Kay geleiteten US-Experten fanden bisher Massenvernichtungswaffen in Irak. Deren angebliche Bedrohung für die Welt hatten die Regierungen in Washington und London als Hauptgrund für ihren Angriff auf Irak angeführt. Grundlegende Analyse gefordertKay hatte vergangene Woche eine grundlegende Analyse der Arbeit der US-Geheimdienste gefordert. Es müsse herausgefunden werden, weshalb die Nachrichtendienste sich bei ihrer Einschätzung des irakischen Waffenpotenzials geirrt hätten. "Es zeigt sich, dass wir aus meiner Sicht wahrscheinlich alle falsch gelegen haben", hatte er erklärt. Der Waffenexperte war Mitte Januar mit den Worten zurückgetreten, Irak habe seiner Auffassung nach zu Kriegsbeginn keine Massenvernichtungswaffen gehabt und in den 90er Jahren auch keine großen Produktionsprogramme aufgelegt. Der Führer der britischen Konservativen, Howard, sagte dem "Sunday Telegraph", er werde am Montag im Unterhaus eine unabhängige Untersuchung zu den Geheimdienstbeweisen beantragen, mit denen Blair den Irak-Krieg begründet hatte. Es sei äußerst wichtig herausfinden, warum diese Informationen die Existenz von Massenvernichtungswaffen in Irak belegten, "jetzt aber klar wird, dass sie nicht dort waren", sagte Howard. "Wir müssen herausfinden, was falsch gelaufen ist." Blair wird sich dazu am Dienstag vor dem zuständigen Unterhaus-Ausschuss den Fragen der Abgeordneten stellen müssen.

US-Minister Wolfowitz besucht Irak

Mögliche Fehler der Geheimdienste sollen untersucht werdenUS-Minister Wolfowitz besucht Irak

Bagdad (rpo). Zu einem Truppenbesuch ist der stellvertretende amerikanische Verteidigungsminister Paul Wolfowitz am Sonntag in Irak eingetroffen. Der Besuch war zuvor nicht angekündigt worden.Wolfowitz dankte den amerikanischen Soldaten und zivilen Helfern für ihren Einsatz in Irak. "Sie machen die Welt sicherer für unsere Kinder", erklärte er. Wolfowitz hatte zuvor eine Division der Infantrie in Deutschland besucht, die in der kommenden Woche nach Irak aufbrechen wird. In Deutschland hatte der stellvertretende Verteidigungsminister sich dafür ausgesprochen, mögliche Fehler der Geheimdienste vor Kriegsbeginn zu untersuchen. Man könne Entscheidungen jedoch immer nur aufgrund aktueller Geheimdienstinformationen treffen und nicht aufgrund von Erkenntnissen, die später entdeckt würden, sagte er weiter. Wolfowitz betonte, er habe weiter Vertrauen zu den Geheimdiensten, auch wenn sie in der Einschätzung der irakischen Massenvernichtungswaffen Fehler gemacht hätten. Der Sturz des irakischen Staatschefs Saddam Hussein sei für die Freiheit im Nahen Osten von großer Bedeutung, sagte Wolfowitz. Die Region habe schon seit einigen Jahren den falschen Weg eingeschlagen. Aus US-Militärkreisen verlautete unterdessen, Saddam Hussein habe im Verhör einige wertvolle Informationen preisgegeben. Die Ermittler hätten mit seiner Hilfe einige Verdachtsmomente bestätigen und andere ausräumen können, hieß es. Nach Einschätzung der Streitkräften sind in der Umgebung von Bagdad 14 Zellen von Anhängern Saddam Husseins aktiv. Einige hätten jedoch bei Razzien der US-Truppen ihre Anführer verloren.

US-Umfrage: Herausforderer Kerry liegt vor Bush

48 Prozent der Befragten für DemokratenUS-Umfrage: Herausforderer Kerry liegt vor Bush

Washington (rpo). Der demokratische US-Präsidentschaftsbewerber John Kerry mausert sich nach seinen ersten Vorwahlsiegen immer mehr zum ernsten Herausforderer für George Bush. Eine nationale Umfrage in den USA sieht ihn mittlerweile vor Amtsinhaber George W. Bush.Nach der von dem Nachrichtenmagazin "Newsweek" am Samstag veröffentlichten Umfrage würden 48 Prozent der Befragten an den Wahlurnen für Kerry stimmen, für Bush hingegen nur 46 Prozent. Gleichzeitig fiel die Zustimmungsquote für den Präsidenten auf ein Rekordtief von 49 Prozent - kurz nach dem Fall der irakischen Hauptstadt Bagdad im April lag der Wert noch bei 71 Prozent. Wegen der Fehlerquote von drei Prozentpunkten ist der Vorsprung Kerrys allerdings nicht statistisch relevant. Im Ringen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur hatte bereits eine am Samstag veröffentlichte Umfrage gute Nachrichten für Kerry bereit gehalten: Der Senator aus Massachusetts lag kurz vor dem ersten "Super Tuesday" am Dienstag in den Bundesstaaten Missouri, Arizona und Delaware deutlich vor seinen parteiinternen Konkurrenten, wie Umfragen des Demoskopieinstituts Zogby International ergaben. Die drei Bundesstaaten stellen mehr als die Hälfte der insgesamt 269 Wahlmänner, über deren Stimmen am Dienstag entschieden wird. Insgesamt sieben Bundesstaaten küren an diesem Tag ihren Favoriten für die demokratische Präsidentschaftskandidatur.

Nordirak: Selbstmörder töten über 100 Menschen

Selbstmordanschläge auf Büros kurdischer ParteienNordirak: Selbstmörder töten über 100 Menschen

Bagdad (rpo). Bei zwei Selbstmordanschlägen in Nordirak sind möglicherweise mindestens 140 Menschen getötet worden. Die Anschläge richteten sich auf Büros kurdischer Parteien in der Stadt Erbil.Bei zwei Selbstmordanschlägen auf Büros kurdischer Parteien sind in der nordirakischen Stadt Erbil am Sonntag möglicherweise mehr als hundert Menschen getötet worden. Wie der kurdische Minister für Menschenrechtsangelegenheiten, Mohammed Ihsan, der Nachrichtenagentur AP sagte, sind unter den Opfern auch der Gouverneur von Erbil, Akram Mintik, und mehrere Minister. In den kurdischen Gebieten sei der Notstand ausgerufen worden. Die Ärzte wurden aufgefordert, ihren Urlaub während des Opferfestes abzubrechen. Die Menschen seien zu Blutspenden aufgerufen worden. In den Räumen der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), in denen sich die Anschläge ereigneten, hielten sich zum Zeitpunkt der Attentate hunderte Gläubige auf, um den Beginn des muslimischen Opferfestes Eid al Adha zu feiern. Ihsan erklärte, er vermute, dass die beiden Selbstmordattentäter im Gebäude der PUK rund 60 Menschen und bei der KDP rund 80 Menschen getötet hätten. Am ersten Tag des Opferfestes würden die Menschen offen empfangen, deshalb seien die Sicherheitsvorkehrungen auch nicht so hoch gewesen. "Das haben die Attentäter ausgenutzt." Bislang war der kurdische Norden relativ ruhigEin PUK-Sprecher machte "Terroristen" für diese "Tragödie" verantwortlich. Bislang galt der kurdische Norden als relativ ruhig und stabil. In den vergangenen Wochen hatten sich Barsani und Talabani für einen föderalen Staat ausgesprochen, der die Position der Kurden stärken würde.Eine Explosion in einem Munitionslager südwestlich von Kerbela kostete zuvor rund 20 Iraker das Leben, wie ein Sprecher der von Polen geführten Truppen in dem Gebiet mitteilte. Die Detonation habe sich kurz nach Mitternacht ereignet, während die Iraker versucht hätten, in das Lager einzubrechen. Auch führende Politiker getötetWie Ihsan weiter sagte, wurden neben Mintik der stellvertretende Ministerpräsident der Region, Sami Abdul Rahman, Landwirtschaftsminister Saad Abdullah und der Minister Schaukat Scheik Jasdin getötet. Es gebe zudem viele Verletzte. Auch PUK- und KDP-Sprecher sagte jeweils, es sei mit Dutzenden Toten zu rechnen. Zahlen konnte sie aber beide nicht nennen. Auch die Angaben über die getöteten Minister wurden von anderer Seite zunächst nicht bestätigt. Die US-Streitkräfte hatten zuvor erklärt, sie seien auf mögliche Anschläge während der Feiertage vorbereitet. So hatte zu Beginn des Fastemonats Ramadan im vergangenen Jahr die Gewalt stark zugenommen.

Israelische Truppen dringen in Jericho ein

Erste Razzia seit MonatenIsraelische Truppen dringen in Jericho ein

Jerusalem (rpo). Am Sonntag sind israelische Truppen in die Stadt Jericho im Westjordanland eingedrungen. Es ist nach Monaten der erste Vorstoß in die Stadt. Unterdessen geht der Streit um den israelischen Schutzwall weiter.Am frühen Morgen fuhren Geländewagen und ein Panzer durch die Straßen eines Vorortes, Anwohner berichteten von zahlreichen Schüssen. Mit der Razzia hinderten die Streitkräfte viele Einwohner an der Teilnahme am muslimischen Opferfest Eid el Adha. Jericho blieb von den seit drei Jahren währenden Kämpfen beider Seiten bisher nahezu unberührt. Am Samstag drangen israelische Truppen in die Stadt Bethlehem ein und nahmen zwei Verdächtige fest. Die kurze Aktion folgte auf eine zwölfstündige Razzia vom Freitag, bei der das Haus eines Selbstmordattentäters zerstört wurde. Die Reaktionen auf dessen Anschlag vom Donnerstag, bei dem in Jerusalem elf Menschen getötet worden waren, fielen damit ungewöhnlich mild aus. Nach Ansicht von politischen Beobachtern verzichtete Israel auf weitere Strafaktionen, um vor den Anhörungen vor dem Internationalen Gerichtshof zum umstrittenen Sperrwall nicht weiter in die Kritik zu geraten. Palästinensische Seite entzürnt über USADerweil wächst auf palästinensischer Seite der Unmut über die USA und Großbritannien, weil beide Statten ablehnen, dass sich das UN-Gericht mit der Sicherheitsbarriere befasst. "Wir wollen die Mauer auf diplomatischem Weg verhindern", sagte der palästinensische Kabinettsminister Sajeb Erakat am Sonntag nach einem Treffen mit dem US-Gesandten David Satterfield. "Und diese Regierungen schlagen uns die Tür ins Gesicht." Nach Erakats Darstellung sagte Satterfield, die Angelegenheit werde "nicht durch Gerichte entschieden". Israel hofft, aufgrund der amerikanischen Widerstände werde das Gericht den Fall niederlegen. Dennoch hatten Israel und die Autonomiebehörde Freitag fristgerecht schriftliche Stellungnahmen zu der Sperranlage eingereicht. Die Richter in Den Haag wollen am 23. Februar mit den Anhörungen beginnen, um sich auf Anfrage der UN-Vollversammlung ein Urteil über die Rechtmäßigkeit des Sicherheitszaunes zu bilden. Ihre Einschätzung ist nicht bindend, könnte aber Einfluss auf das internationale Ansehen der beiden Parteien haben. Sperrwall als SchutzIsrael bezeichnet den Sperrwall als Schutz gegen palästinensische Selbstmordattentäter und bestreitet die Zuständigkeit der Richter. Das US-Außenministerium erklärte seine Ablehnung damit, dass nur Staaten, nicht aber die Vollversammlung den Internationalen Gerichtshof anrufen könnten. Die palästinensische Autonomiebehörde bezeichnet die Sperranlage als illegal, wie aus Beraterkreisen verlautete. Als Grund werde angeführt, dass sie auf besetztem Land errichtet werde. Ein bei einem Angriff vor zwei Jahren in Israel verletzter Amerikaner verklagte den palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat und fünf palästinensische Gruppen vor einem US-Bundesgericht auf 20 Millionen Dollar Schadenersatz. Moshe Saperstein, der bei dem Angriff eine Hand verlor, machte zusammen mit den Hinterbliebenen des bei demselben Zwischenfall getöteten israelischen Anwalts Ahuva Amergi Arafat und palästinensische Organisationen für Anschläge auf jüdische Zivilisten in Israel und dem Westjordanland verantwortlich.

Bush und Blair für Friedens-Nobelpreis nominiert

Frist für Nominierungen läuft abBush und Blair für Friedens-Nobelpreis nominiert

Oslo (rpo). Am Sonntag läuft die Nominierungsfrist für den Friedensnobelpreis 2004 ab. Und manch einer mag sich angesichts der Kandidaten die Augen reiben, denn unter den Nominierten sind auch US-Präsident George W. Bush sowie der britische Premier Tony Blair. Beide wurden wegen ihrer Irak-Politik vorgeschlagen.Unter den Nominierten für den Friedens-Nobelpreis 2004 sind US-Präsident George W. Bush, der britische Premier Tony Blair sowie die Europäische Union. Zum Ablauf der Nominierungsfrist am Sonntag sagte der Direktor des norwegischen Nobel-Instituts, Geir Lundestad: "Die Nominierungen strömen zu uns herein." Viele Namen seien von Präsidenten und Regierungschefs vorgeschlagen worden, aber auch von weniger bekannten Leuten, sagte er der Nachrichtenagentur AFP am Samstag. Während das Nobel-Institut traditionell keine Namen von Nominierten nennt, können die Nominierungsberechtigten selbst - Abgeordnete, Minister, Nobelpreisträger und einige Universitätsprofessoren - ihre Vorschläge veröffentlichen. Bush und Blair wurden von dem rechtsgerichteten norwegischen Abgeordneten Jan Simonsen für ihre Irak-Politik vorgeschlagen. Die beiden Verbündeten hätten es "gewagt, die notwendigen Entscheidungen für einen Irak-Krieg ohne Unterstützung der UNO zu treffen", begründete Simonsen bereits im Mai 2003 seinen Vorschlag. "Dieser Krieg hat zahllose Leben gerettet." Andernfalls hätte Saddam Hussein womöglich Atomwaffen entwickelt und eine "Katastrophe" ausgelöst. Aufgrund der weltweiten Kritik am Irakkrieg werden diesen Nominierungen jedoch keine großen Chancen eingeräumt. EU wegen Erweiterungsbemühungen nominiertDie EU wurde von dem ehemaligen norwegischen Regierungschef Thorbjörn Jagland für ihre Erweiterungsbemühungen nominiert. Die Erweiterung von 15 auf 25 Mitglieder zum 1. Mai 2004 sei eine perfekte Gelegenheit, die europäische Zusammenarbeit zu würdigen, begründete Jagland seinen Vorschlag. Die Aussicht der EU auf den Nobelpreis schätzen Beobachter jedoch als gering ein, da mindestens zwei der Komitee-Mitglieder als Euroskeptiker bekannt sind. Zudem hat Norwegen bereits zwei Mal mit Referenden einen EU-Beitritt abgelehnt.Das fünfköpfige Nobelkomitee hält die Liste der Nominierungen zwar geheim, diejenigen, die Vorschläge gemacht haben, gehen aber oft an die Öffentlichkeit. Ein grober Überblick über die Zahl der Vorschläge soll bis zum 13. Februar vorliegen, die endgültige Zahl am 2. März, wenn die Mitglieder des Komitees zu ihrer ersten Sitzung zusammenkommen und selbst noch Vorschläge unterbreiten können. Im vergangenen Jahr gab es die Rekordzahl von 165 Vorschlägen für den Friedensnobelpreis. Er ging dann an die iranische Rechtsanwältin und Bürgerrechtlerin Schirin Ebadi.