Alle Politik-Artikel vom 01. Juni 2004
"Sssie sind Gefangenerrr"

John Tillet war einer der waghalsigen Briten"Sssie sind Gefangenerrr"

Winchester (RP). John Tillett war einer der waghalsigen Briten, die vor 60 Jahren die Pegasus Bridge nahmen. Am D-Day ging für ihn alles glatt, seine härteste Bruchlandung hatte er zuvor schon gemacht - beim Üben. Da muss einer tagelang gebastelt haben, akribisch wie ein Modelleisenbahner. Eine graue Brücke ragt aus der Papplandschaft der Museumsvitrine, am Kanalufer lockt ein Café, Baumwipfel wiegen sich, aber es ist kein Idyll, sondern eine Kriegsszene. Auf der Wiese hinterm Kanal, dicht an einem Teich, stehen drei demolierte Flugzeuge, die aussehen, als hätten ihre Piloten vergessen, das Räderwerk auszufahren. Zerbrochene Rümpfe, gerissene Flügel, Bilder einer Bruchlandung. "Es waren Bruchlandungen", sagt John Tillett. "Es krachte, Holz splitterte, wir rumpelten dahin, die Beine angewinkelt, weil die Gefahr bestand, dass der Boden des Fliegers aufriss." Das alles bei 140 Stundenkilometern kurz vor dem Aufprall. Ein Himmelfahrtskommando. Tillett war damals dabei. Nicht bei den ersten Angreifern, die nach Mitternacht an der Kanalbrücke bei Bénouville auf die Wiese krachten. Er schwebte erst am Abend des 6. Juni 1944 ein. Er sollte nachsehen, was noch übrig war von John Howards D Company. Howard hatte das nächtliche Wahnsinnsunternehmen angeführt, Tillett war Adjutant im Stab der 6. britischen Luftlandedivision, zu der auch die Fallschirmjäger der D-Kompanie gehörten. Drei Monate nach der Invasion in der Normandie löste er Howard als Kommandeur ab. Heute kommt einem der alte Mann vor wie ein wandelnder Karteikasten, einer, der noch jeden Panzer von damals kennt. "Nein, ich schaff das allein." Tillett drückt sich ächzend aus seinem Stuhl hoch, lässt sich die Krücken reichen, schleppt sich von einer Vitrine des Militärmuseums von Winchester zur nächsten. Stolz, den Schmerz unterdrückt er, Hilfe schlägt er aus. Er könnte besser laufen, brummt er, wäre damals dieser verdammte Crash nicht gewesen. Nein, nicht am D-Day, vorher, im März 1944. Überm Ärmelkanal hatte Tillett das Landen in Frankreich geübt. Das Ziel war ein Acker in Südengland. Ein Bomber schleppte seinen Segler in die Höhe, dann löste sich der Gleiter und schwebte lautlos der Erde entgegen. Aber sie hatten die Seile zu früh gekappt. Das Flugzeug schlug auf dem Wasser auf. "Als würde man gegen eine Wand knallen", schildert Tillett. Der Captain verletzte sich böse am Rücken, Matrosen eines Rettungsboots zerrten ihn aus dem Wasser, bis Juni war er wieder fit. Später musste er mit mehreren Operationen für den Crash bezahlen. Er sei, hatte uns der 84-Jährige gleich am Anfang eröffnet, Ehrenmitglied der Hitlerjugend. Ein staunender Blick, Tillett rührt grinsend mit dem Löffel in seinem Teeglas und genießt den Überraschungseffekt. "Magdeburg", sagt er dann. Nach Magdeburg war er mit der Hockeymannschaft seiner Schule in Ipswich gefahren. 1936 war das. Ein Deutscher, ein Gauleiter, nahm ihn ehrenhalber in die HJ auf, was der junge Brite akzeptierte, aus Höflichkeit. Das nächste Mal probierte Tillett seine Deutschkenntnisse an einem Soldaten aus, gleich hinter Bénouville. "Sssie sind Gefangenerrr", schrie er ihn an. Er ruft es jetzt nochmal, mit schnarrender Stimme, im selben Tonfall, in dem englische Akteure in Kriegsfilmen Wehrmachtsoffiziere spielen. "Der Bursche war verschreckt, starr vor Angst, er hockte in einem Graben und konnte sich nicht bewegen. Erst wollte ich ihn erschießen, aber das konnte ich nicht. Man schießt nicht auf einen Wehrlosen."

Krieg und Frieden

Einstige Landungsküste ist heute ein UrlaubsidyllKrieg und Frieden

Omaha Beach (RP). Die normannische Côte de Nacre war Schauplatz einer der blutigsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs: der Landung der Alliierten. Heute präsentiert sich die Küste als Urlaubsidyll.Omaha Beach, 6. Juni 1944. Eine der grauenvollsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs tobt. Amerikanische Soldaten, die von Landungsbooten aus den Strand zu erreichen suchen, werden von einem deutschen Maschinengewehr-Schützen unter Dauerfeuer genommen. Das Meer und der Sand färben sich blutrot. Dieselbe Stelle, gut 59 Jahre später. Rot steht die Sonne im Westen über dem Horizont und taucht die Calvados-Küste in warmes Licht. Sanft rauschen die Wellen. Das Meer hat sich mit der Ebbe einen halben Kilometer weit zurückgezogen. Krebse huschen über den feinen Sandstrand, die Pfützen sind voller Fische, Kinder versuchen lachend, einige zu fangen. Zwei Pferde mit Reitern traben durch die Brandung. Der Omaha Beach, einst von Stacheldraht und Panzersperren gesäumt, ist heute ein Idyll, einer der bezaubernsten Strände in Europa. Wie überhaupt dieser Teil der Normandie zu den Reisezielen gehört, die sich für den Familienurlaub besonders eignen. Trotz seiner Vergangenheit.Liebliche Landschaft Der ursprüngliche Name dieses Abschnitts - Côte de Nacre, Perlmuttküste - gibt einen durchaus treffenden Eindruck von der Lieblichkeit der Landschaft, ist aber weitgehend in Vergessenheit geraten. Seit dem D-Day, dem Beginn der alliierten Invasion, wird der 80 Kilometer lange Streifen zwischen den Mündungen der Flüsse Orne und Vire militärisch trocken Plages du Dabarquement genannt, Landungsstrände, und jeder einzelne davon trägt noch heute seine damalige Codebezeichnung: Sword, Juno, Gold und eben Omaha. Utah liegt abseits im Westen. Steilküsten wechseln sich ab mit verträumten Buchten und, zumindest bei Ebbe, schier endlosen Sandflächen. Eng wird es hier nie, selbst zur Hochsaison im Juli und August verlieren sich die überwiegend französischen Sommerfrischler in der Weite. Omaha Beach, der schönste dieser Strände, erstreckt sich über mehr als zehn Kilometer, eine Strecke, die sich zu einem Gutteil auch über die dahinter liegenden sanften Hügel erwandern lässt. Pfade winden sich durch das Naturschutzgebiet, über blühende Wildwiesen, an uralten Gehöften vorbei und durch romantisch verwachsene Wäldchen. Immer wieder öffnet sich der Raum und erlaubt Blicke übers Meer. Plötzlich, inmitten des Dickichts, sticht kalter Beton ins Auge, ein Loch klafft im Boden, eine Treppe führt in den Untergrund - hinunter in eine der zahlreichen verrottenden deutschen Bunkeranlagen an dieser Küste. Hier ist sie wieder, die Erinnerung an den Krieg. Ihr entkommt kein Normandie-Reisender. Gleichwohl sind unbeschwerte Aufenthalte möglich. Sonntagmorgens im Fischerdorf Port-en-Bessin: Hunderte von Menschen tummeln sich auf dem Wochenmarkt direkt am Hafenbecken. Eine Bäuerin bietet Cidre an, vier Euro die Flasche, Pommeau für acht. Sie lädt ein zum Probieren. Herb, leicht bitter sogar schmeckt ihr Apfelwein, ein bisschen wie Weizenbier. Der Likör-ähnliche Pommeau, ebenfalls aus Äpfeln gewonnen, wirkt danach noch süßer, als er ohnehin ist. Daneben ein Fischstand, der bestückt ist wie ein Meereskundemuseum. Kinder beäugen einen stattlichen Seebarsch, der von seinem Eisbett leblos zurückstarrt. Hummer und Krebse staksen, die Scheren zusammengebunden, auf der meerestierhoch umzäunten Theke herum. Der Fisch, vor allem Steinbutt und Seezunge, ist frisch und günstig - Selbstversorger essen in der Normandie preiswert. Das gilt auch für Käse. Gleich mehrere überbordende Stände bieten eine paradiesische Auswahl an (billiger als in Deutschland) und bestätigen den Ruf der Normandie als einer der großen Käseregionen Frankreichs. Das im Landesinneren liegende Dorf Camembert ist nur 50 Kilometer vom Markt in Port-en-Bassin entfernt. Und das schmeckt man.Geruchsintensiver Käse Der Camembert, der hier in Schachteln aus Spanholz von sahnig mild bis deftig und auch mit dem Apfelschnaps Calvados verfeinert angeboten wird, ist mit der gleichnamigen Industrieware aus deutschen Supermärkten nicht zu vergleichen. Zu empfehlen sind auch der fettreiche Pont l'Aque, der strenge Livarot und der sanft-würzige Neufchâtel-en-Bray - allesamt geruchsintensive Sorten aus normannischer Produktion, mit denen sich Käsehasser leicht in die Flucht schlagen lassen. Apropos Flucht. Das Bild von angelsächsischen Rittern, die vor Normannen fliehen, gehört zu den bedeutendsten Kulturstücken der Region und auch Frankreichs: dem einzigartigen Wandteppich von Bayeux - einer Art mittelalterlichem Comic, der eindrucksvoll zeigt, dass Krieg und Invasion schon lange vor 1944 zur Geschichte der Normandie gehörten. Dargestellt wird auf einem 70 Meter langen Leinenstreifen nämlich die Geschichte der Eroberung Englands durch den Normannenherzog Wilhelm der Bastard, der anschließend den naheliegenden Beinamen "der Eroberer" bekam. Im Jahre 1066 war das, und der imposante Bildteppich wurde kurz darauf gefertigt. Die äußerst lebhafte Darstellung, die damals offenbar der Rechtfertigung des Waffengangs diente, macht Historie auch gerade für Kinder anschaulich und eignet sich deshalb bestens als Ziel für einen Familienausflug. Das Museum Centre Guillaume le Conqurant, in dem das berühmte Stück präsentiert wird, liegt im Zentrum von Bayeux - ein Bummel durch den mittelalterlichen Kern der Stadt (samt verlockender Einkaufsmeile) sollte sich anschließen. Nicht jedem zu empfehlen ist dagegen das Memorial de la Bataille de Normandie beim britischen Soldatenfriedhof am Stadtrand - das größte der zahllosen Museen in der Region, die dem Geschehen von '44 gewidmet sind. Die Sammlungen gleichen sich: Allenfalls Militaria-Liebhaber werden den Waffenarsenalen und den mit Schaufensterpuppen nachgestellten Schlachtgetümmeln viel abgewinnen können. Wer sich mit der jüngeren Geschichte beschäftigen will, ist an den Schauplätzen besser aufgehoben. Am Pointe du Hoc etwa, einer Felsspitze an der Steilküste bei St.-Pierre-du-Mont, die ein Stück ins Meer ragt und eine gute Aussicht erlaubt. Weshalb die Wehrmacht den Punkt zum Beobachtungsposten ausbaute. Die gewaltigen Bunker sind zu besichtigen. Überwiegend in Stücken. Alliierte Kriegsschiffe und Bomber machten in der Nacht vor der Landung aus dem Plateau eine Kraterlandschaft. Auch wenn mittlerweile Gras über die vernarbte Erde gewachsen ist: Die Hölle, die hier damals tobte, lässt sich erahnen. Von dem Punkt, den eine US-Eliteeinheit schließlich eroberte, nachdem sie sich unter schwersten Verlusten die Klippen hinauf gekämpft hatte, kann man nahezu die gesamte Côte de Nacre überblicken. Zig Kilometer weit schweift der Blick über das im Abendrot schillernde Meer und die in leichtem Dunst liegende Küstenlinie. Ein friedliches Bild.

Zuwanderung: Kompromiss, Zoff, Wogen glätten

CDU-Politiker gegen Nachverhandlungen bei ZuwanderungZuwanderung: Kompromiss, Zoff, Wogen glätten

Berlin (rpo). Erst kam der Kompromiss, dann folgte der erneute Zoff und nun? Nun sind Politiker aller Parteien im Streit um das geplante Zuwanderungsgesetz bemüht, die Wogen zu glätten. Ob es hilft...Führende Unions-Vertreter forderten allerdings am Dienstag zugleich weitergehende Maßnahmen im Bereich der Inneren Sicherheit. Wie CDU/CSU wandten sich aber auch SPD und Grüne sowie die FDP entschieden gegen Versuche, auf den Kompromiss noch einmal "draufsatteln" zu wollen. Die Grünen drohten mit einem Alleingang der Koalition, falls bis zur Sommerpause kein Gesetz "im Konsens" mit der Opposition vorliegen sollte. Sie rechne damit, dass die Koalition dann allein die Gesetzesbereiche einbringt, die nicht der Zustimmung des Unions-dominierten Bundesrates bedürfen, betonte Grünen-Chefin Angelika Beer. Angesichts der Sicherheitspannen im Fall des Islamisten-Führers Metin Kaplan will die Union einen speziellen Gesetzentwurf zur so genannten Sicherungshaft einbringen. "Die Regelungen im Zuwanderungsgesetz sind notwendig, aber nicht ausreichend", sagte Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU). Der Fall Kaplan zeige, dass für "Top-Gefährder" in Deutschland, die nach den geltenden Gesetzen nicht ausgewiesen werden können, andere rechtliche Instrumente geschaffen werden müssten. Eine Aufkündigung des Zuwanderungskompromisses soll es nach den Worten des Unions-Politikers aber nicht geben. Es gebe eine "Zielvereinbarung", die man auch umsetzen wolle. Schönbohm: "Das Ergebnis ist vertretbar"Auch Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) lehnte ein Nachverhandeln im Zuwanderungsstreit ab. "Das Ergebnis ist vertretbar", sagte Schönbohm. Auch dürfe man den Fall Kaplan "nicht zum Maß aller Dinge machen". Dennoch sehe er Handlungsbedarf gegen kriminelle Ausländer, die "ihr Bleiberecht verwirkt" hätten. Nordrhein-Westfalens CDU-Chef Jürgen Rüttgers plädierte für eine schnelle Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes. Der Kompromiss gehe zwar "in Sicherheitsfragen noch nicht weit genug", kritisierte Rüttgers. Das geplante Gesetz müsse aber "rasch beraten und beschlossen werden", weil es Fortschritte in der Bekämpfung von Extremisten und Terroristen beinhalte. Parallel dazu sollte über "weitere Defizite in der Inneren Sicherheit und der Bekämpfung von Extremisten und Terroristen" beraten werden. Kompromiss zur Zuwanderung jetzt "eins zu eins" umsetzenBeer betonte, der von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) mit den Parteivorsitzenden vereinbarte Zuwanderungskompromiss sei ein "letztes Angebot" an die Opposition, bei dem "nichts mehr verhandelt" oder "hinzugefügt" werde. Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz mahnte gleichfalls, den Kompromiss zur Zuwanderung jetzt "eins zu eins" umzusetzen. Auch FDP-Chef Guido Westerwelle unterstrich, es gebe "keinen Änderungsbedarf" bei dem Zuwanderungskompromiss. Wie Beer lehnte er die Unions-Pläne zu einer Sicherungshaft klar ab. Mit seiner Partei werde es "bis zu zwei Jahren Gefängnis nur auf Verdacht eines Geheimdienstes" nicht geben, sagte er. Nach Einschätzung von Wiefelspütz wird eine Sicherungshaft "auf absehbare Zeit nicht kommen". Dafür gebe es "zu viele verfassungsrechtliche Probleme", unterstrich der SPD-Politiker.

Die Champagner-Legende

Ein normannisches Dorf lebt im StreitDie Champagner-Legende

Bénouville (RP). Wer gehörte zu den Helden, wer nicht? Bis heute streitet ein normannisches Dorf um die Erinnerung an den D-Day. Wir erklären, was dahinter steckt.Zögernd schält sich das stählerne Gerippe aus dem Dunst über dem Orne-Kanal, auf halbem Weg zwischen Caen und der normannischen Küste: die Hebebrücke von Bénouville, selbst in Frankreich besser bekannt unter ihrem englischen Code-Namen "Pegasus Bridge". Am 6. Juni 1944, wenige Minuten nach Mitternacht, glitten 90 Soldaten der Elite-Truppe in drei Lastenseglern lautlos ins Ufergebüsch. Die deutschen Posten wurden überrumpelt, die Brücke unversehrt eingenommen. Seither ist im beschaulichen Bénouville kein Schuss mehr gefallen, aber wirklicher Friede ist bis heute nicht eingekehrt. Denn was in der Nacht des 6. Juni geschah, wer zu den Helden gehörte und wer nicht, darüber gehen die Meinungen auch nach 60 Jahren immer noch weit auseinander. Die Wirtin Arlette Gondrée, deren Café neben der Brücke liegt, trägt ihr scharlachrotes Kostüm wie eine Uniform, das blonde Haar ist perfekt frisiert, die Augen stechend blau. Auch mit Anfang 60 noch eine attraktive Frau, nur dieser harte Zug um die Mundwinkel stört. Aber sie hat ja auch kämpfen müssen, viele Jahre. Um die Erinnerung und um die Wahrheit - ihre Wahrheit. Arlette erzählt gerne von jener dramatischen Nacht, als die britischen Paras kamen. Vier Jahre alt sei sie gewesen. Ängstlich habe sie in der Dunkelheit gekauert, als zwei Soldaten mit geschwärzten Gesichtern und Maschinenpistolen im Anschlag die Tür zur Gaststube aufstießen. Ihr Haus sei das erste befreite in Frankreich gewesen, behauptet Madame Gondrée stolz, und das erste befreite Café allemal. Ihr Vater, Mitglied der örtlichen Résistance, habe sogleich 3000 vor den Besatzern versteckte Champagner-Bouteillen hervorgeholt, um die Befreiung vom deutschen Joch zu feiern. Über diese "Legende" können andere im Dorf nur lachen. Die kleine Arlette sei 1944 in Wirklichkeit erst zwei Jahre alt gewesen, so heißt es. Und überhaupt: Der angebliche Widerständler, ihr Vater, der habe doch mit den Deutschen eher auf gutem Fuß gestanden. Viele Freunde scheint Madame Gondrée in Bénouville nicht zu haben. Immerhin: Dafür, dass sich die Café-Wirtin 1991 gegen den geplanten Abriss der dem Verkehr nicht mehr gewachsenen einspurigen Pegasus-Bridge wehrte, hat sie Sympathie geerntet. Die streitbare Madame setzte sich an die Spitze von Veteranen-Protesten, um das "schändliche Vorhaben" zu kippen. Mit halbem Erfolg: Heute spannt sich ein getreuer Nachbau der Brücke über den Kanal, nur eben doppelt so groß. Mehrkosten: acht Millionen Euro. Das Original wurde gegenüber auf dem anderen Ufer abgestellt, zur Besichtigung. Hier drüben, bereits auf der Gemarkung der Nachbargemeinde Ranville, befindet sich heute auch ein funkelnagelneues Museum zur Gloria der britischen Befreier, von Prinz Charles vor drei Jahren eingeweiht. Madame Gondrée ist dort noch nicht aufgekreuzt. Denn das Museum ist der Brückenkopf ihrer "Feinde" vom Landungskomitee. Das einflussreiche Gremium ist sehr aktiv bei der Organisation von Ausstellungen in dem von Bunkern, restaurierten Kriegsgerät und Denkmälern übersäten Invasionsgebiet. Längst ist der Erinnerungstourismus zum florierenden Business geworden. Kommerz - damit will Arlette Gondrée, nichts zu schaffen haben. Deswegen kündigte Madame Ende der 90er Jahre die Pacht für das Pegasus-Museum, das damals noch in ihrem Garten hinter dem Café stand. Sie erwirkte einen Räumungsbefehl. Doch das Landungskomitee weigerte sich auszuziehen. Der Konflikt eskalierte. Schließlich nahmen drei ehemalige britische Fallschirmjäger die Sache in die Hand: Der Kommando-Trupp nahm das Museum nächtens im Handstreich ein - wie seinerzeit die Brücke. Sämtliche Ausstellungsstücke wurden abtransportiert. Ein glorreicher Sieg.

Stichwort: VorderInvasion

Amerikaner zierten sich lange vor dem KampfStichwort: VorderInvasion

Düsseldorf (RP). Im amerikanischen Volksmund heißt der Zweite Weltkrieg "Good War" ("Guter Krieg"), ein Kampf, vor dem sich die Amerikaner lange zierten. Präsident Franklin D. Roosevelt zögerte den aktiven Kriegseintritt so lange wie möglich heraus, um seine Soldaten zu schützen. In endlosen Diskussionen mit Winston Churchill und Charles de Gaulle plante "FDR" für den D-Day, bereitete seine widerwilligen Landsleute auf den Einsatz vor und verlangte nicht nur den Soldaten, sondern auch den Eliten daheim spürbare Opfer ab. Vor allem dachten die Verbündeten an den Tag nach dem Sieg über Hitler. Auf der Teheraner Konferenz im November 1943, auf der die Invasion beschlossen wurde, bestand Roosevelt auf die Gründung der Vereinten Nationen, die eine Schlüsselrolle in der neuen Weltordnung spielen sollte.

Der gute Krieg

GI's wurden als Befreier begrüßtDer gute Krieg

Washington (RP). Den von Bush gezogenen Vergleich zwischen der Normandie-Invasion und dem Irak-Krieg weisen amerikanische Historiker zurück. Am D-Day wurden die GI's in Europa als Befreier begrüßt und eine Allianz geschmiedet. Der für den Nahen Osten zuständige Chef des "Central Commands" John Abizaid hielt für die US-Senatoren zur Situation in Irak kürzlich eine unverhohlen deutliche Botschaft bereit. "Auch wenn wir militärisch nicht geschlagen werden können, werden wir dieses Ding militärisch allein nicht gewinnen", sagte der General im Kongress und erklärte warum. "Wir müssen alles zusammenbekommen: die Wirtschaft, die Politik, Geheimdienste, usw." Mit dieser Einschätzung liefert Abizaid gleichzeitig eine prägnante Beschreibung der Unterschiede zwischen dem Eintritt der USA in den Krieg gegen Deutschland und dem Krieg der Wahl gegen Saddam Hussein. Denn anders als gegen die gut ausgekundschaftete und technologisch weit unterlegene Armee des Wüsten-Diktators stand der Sieg gegen Nazi-Deutschland keineswegs fest. Im Gegenteil. Als sich die ersten amerikanischen Truppen am "D-Day" (6. Juni) in Bewegung setzten, schrieb der kommandierende General Dwight D. Eisenhauer vorsorglich ein Statement auf einen Zettel, in dem er die Verantwortung für das mögliche Scheitern der Invasion übernahm. "Die Truppen, die Luftwaffe und die Navy, haben alles getan, was mit Mut und Pflichterfüllung erreicht werden kann", formulierte "Ike". "Falls es für diesen Versuch Schuld zu verteilen gibt, dann ist diese allein bei mir zu suchen." Eisenhauer brauchte das öffentliche "mea culpa" nicht zu verlesen. Mit rund 3000 eigenen Verlusten verlief die Invasion der Allliierten an den Stränden der Normandie am D-Day besser als die Planer des militärischen Kraftaktes jemals zu hoffen wagten. 11 Monate später war Hitler erledigt, Europa vom Joch des Nationalsozialismus befreit. Die Historikerin Ellen Goodman erinnert in einem Beitrag für die Washington Post an einen Krieg, nach dem "GI" s wirklich mit Süßigkeiten und Blumen begrüßt wurden", die amerikanischen Soldaten als "wahrhafte Befreier der Konzentrationslager" galten und "Hitler nicht nur ein Name war, den wir allzu leicht gebrauchen, um unsere Feinde zu etikettieren". US-Präsident George W. Bush zieht seit einiger Zeit Parallelen zwischen dem Kampf der "Greatest Generation" ("Großartigen Generation") gegen Hitler und der jetzigen Generation in der Auseinandersetzung mit dem Terrorismus. Amerikanische Soldaten hätten damals entschlossen Europa befreit. "Es ist derselbe Geist, der sie nach Irak gebracht hat, um eine Nation zu befreien." Historikerin Goodman sieht darin den unzulässigen Versuch, Geschichte für gegenwärtige Belange umzudeuten. "Freundlichkeit entwickelte sich zu unserer moralischen Ausrede für eine Mission, die zunächst mit Massenvernichtungswaffen begründet und dann als Befreiung gerechtfertigt wurde. Für Süßigkeiten und Blumen." Nach den Fotos aus Abu Ghraib lasse sich selbst diese Position kaum mehr halten. Auch der Direktor des Remarque Institutes in New York, Tony Judd hält die Analogie für unzulässig und weist auf einen weiteren entscheidenden Unterschied hin. Während der D-Day das atlantische Bündnis begründete, droht Irak die Partner auseinander zu bringen. "Vor dem 2. Weltkrieg waren Amerika und Europa keine natürlichen Verbündeten." Heute teilten die politischen Führer weder die gleichen kulturellen Vorstellungen noch kämen sie zur gleichen Bewertung der Gefahren. Der Politologe stellt das mit dem Ausdruck des Bedauerns fest. "Wir, die wir nach dem 2. Weltkrieg groß geworden sind, sahen in diesem Band zwischen Amerika und Europa die beste Hoffnung für eine bessere Welt." Wenn US-Präsident George W. Bush am 6. Juni gemeinsam mit Jacques Chirac, Tony Blair, Gerhard Schröder und anderen europäischen Führern den 60. Jahrestag der alliierten Landung in der Normandie begeht, gibt es aus Sicht vieler amerikanischer Kommentatoren reichlich Anlass darüber nachzudenken, wie das atlantische Erbe der "Greatest Generation" bewahrt werden kann.

Heimliche Vaterschaftstests sind im Kommen
Heimliche Vaterschaftstests sind im Kommen

Wenn Papa nicht der Vater istHeimliche Vaterschaftstests sind im Kommen

Berlin (RP). Bis zu 15 Prozent der Kinder sind nach seriösen Schätzungen nicht Nachkömmlinge ihrer "Väter”. Heimliche Vaterschaftstests sind im Kommen. Die Bundesregierung will dem einen Riegel vorschieben. Der Haaransatz, die leicht gebogene Nase, der schelmische Mund - ganz der Vater! Oder vielleicht: Gar nichts vom Vater? Zum alten Argwohn gibt es seit einigen Jahren den neuen, ganz schnellen Vaterschaftstest. Mit einem Haar oder etwas Mundschleimhaut kann der mutmaßliche Papa testen lassen, ob er der wirkliche Papa ist. Auf eigene Faust, ohne Zutun der Mutter. Die Bundesregierung will diesen so genannten anonymen Vaterschaftstests in Schnell-Laboren bald einen Riegel vorschieben. Solche heimlichen Tests verletzten das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Beteiligten, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) jetzt der Zeitung "Die Welt”. Was dahinter steckt, ist alles andere als ein bloßes Minderheitenproblem. Denn nach ernst zu nehmenden Studien müssen fünf bis 15 Prozent der Kinder davon ausgehen, dass der Mann, der sie als Papi durchs Leben begleitet oder für sie den Unterhalt zahlt, gar nicht ihr Vater ist. Noch haben diese Daten einen ziemlich hohen spekulativen Anteil. Doch mit jedem abgeschlossenen Vaterschaftstest wird deutlich, dass die Zahl der Kuckuckskinder beträchtlich sein muss. In den Fällen, in denen Väter ein Gutachten in Auftrag gaben, war jedes fünfte Kind nicht ihres. Die Folgen solcher Entdeckungen sind kaum zu überschätzen. Dass Männer im Fall der Fälle feststellen müssen, dass sie zu Unrecht Unterhaltszahler für ein Kind sind, ist dabei noch fast das geringste Problem. Ganze Familiengefüge können zusammenbrechen, wenn sich herausstellt, dass sie nicht sind, was sie glauben, nämlich eine echte Familie. Längst hat sich um das Thema "Kuckuckskinder” ein beachtlicher Wirtschaftszweig etabliert. Unter Firmennamen wie "Papacheck”, "Baby-Test” oder "DNA-Untersuchung” bieten Labors ihre Dienste an. Auf Klebebildern in U-Bahnen werben solche Firmen für ihre Dienste oder auch ­ apropos diskret ­ auf Klopapierrollen in Kneipen. Die Preise für eine Untersuchung liegen zwischen 200 und 400 Euro. Auch Detekteien und Anwaltskanzleien haben sich längst auf das Thema "Falsche Väter” spezialisiert. Die Justizministerin sieht das wachsende Interesse an heimlicher Überprüfung von Vaterschaften mit Sorge. "Mutter und Kind müssen die Hoheit über ihre Daten behalten”, meint Zypries. Dieser Rahmen sei schon durch das Grundgesetz vorgegeben. Deshalb will Zypries sicherstellen, dass die Betroffenen vor dem Test das Einverständnis von Kind und Mutter einholen. Was aber ist mit den Interessen des Vaters? Hat er nicht alles Recht der Welt, zu erfahren, ob er wirklich der Vater eines Kindes ist? "Jeder Mann hat das Recht, sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob er wirklich der Vater ist”, betont die Ministerin. Dieses Recht gelte auch für den Fall, dass die Mutter einem Test nicht zustimmt. In einem solchen Fall kann der Mann seine Interessen in einem zivilrechtlichen Verfahren durchsetzen. Damit der Vater dabei allerdings nicht unnötig lange auf ein Ergebnis warten muss, will die Ministerin zugleich seine Rechte stärken und "prüfen, ob sich die gerichtliche Klärung der Vaterschaft beschleunigen lässt”. Die Väter können auch weiterhin Schnelltests durchführen lassen, aber eben nur mit Zustimmung der Mutter. Bis 2006 soll das Gesetz fertiggestellt werden, das es verbietet, eine Vaterschaft ohne Wissen oder Einverständnis der Mutter und des Kindes zu überprüfen. Federführend ist das Gesundheitsministerium. Mit dem Gesetz will Ministerin Zypries den Anstoß für ein EU-weites Verbot der anonymen Tests geben und zum "Schrittmacher” werden. "Bei diesem Thema gibt es viel Verwirrung im EU-Ausland”, heißt es im Justizministerium.

Kaplan wird an die lange Leine gelegt

Islamist muss sich jeden Tag bei den Behörden meldenKaplan wird an die lange Leine gelegt

Köln (rpo). Die geplante Abschiebung des Islamisten Metin Kaplan gerät immer mehr zum Possenspiel. Der "Kalif von Köln" sagte heute erst seinen Termin beim Kölner Ausländeramt ab. Anschließend drohte man ihm mit zwangsweiser Vorführung, dann erschien er doch noch und erhielt Auflagen.Der Islamistenführer Metin Kaplan ist am späten Dienstagnachmittag doch noch persönlich in die Kölner Ausländerbehörde gekommen, um eine weitere Duldung für den Aufenthalt in Deutschland zu erhalten. Kurz nach 17.00 Uhr betrat der 51-Jährige in Begleitung von zwei Männern das Gebäude. Der Leiter des Amtes, Robert Kilp, hatte Kaplan zuvor eine Frist bis 17.00 Uhr gesetzt und damit gedroht, den selbst ernannten "Kalifen von Köln" zwangsweise vorführen zu lassen. Am Dienstagabend liefen zwischen dem selbsternannten "Kalifen von Köln" und der Behörde Gespräche über die Auflagen der so genannten Duldung, wie eine Sprecherin der Stadt Köln mitteilte. Der von Abschiebung bedrohte Islamist Metin Kaplan wird in Köln zunächst weiter geduldet. Dafür erteilte das Ausländeramt strenge Auflagen, wie die Stadt Köln am Dienstag mitteilte. So darf sich der selbsternannte "Kalif von Köln" nur innerhalb des Stadtgebiets aufhalten. Auch ist er verpflichtet, "sich täglich (Montag bis Sonntag) bei der Ausländerbehörde" zu melden. Dies kann auch durch Meldung bei der Polizei im Stadtteil Chorweiler geschehen, wo Kaplan wohnt. Bei der Polizeiwache muss er sich auf jeden Fall an Samstagen, Sonntagen und den gesetzlichen Feiertagen melden. Aufgrund einer gerichtlichen Auflage hatte der 51-Jährige bislang nur einmal wöchentlich bei der Polizeibehörde erscheinen müssen. Diese werde jetzt durch eine ausländerrechtliche Meldeverpflichtung ergänzt, teilte eine Sprecherin der Stadt weiter mit. Die Duldung des "Kalifen von Köln" erlischt zu dem Zeitpunkt, an dem der Termin seiner Rückführung bekannt gegeben wird. Die strengen Auflagen sind offenbar auch eine Reaktion auf die gescheiterte Festnahme Kaplans am vergangenen Mittwochabend. Als die Polizei einen von der Stadt Köln beantragten Haftbefehl vollstrecken wollte, wurde der Prediger nicht in seiner Wohnung angetroffen. Nach Angaben seiner Anwältin erledigte Kaplan zu diesem Zeitpunkt einen Besuch in der selben Wohnanlage. Termin zunächst wegen "Terminkollision" abgesagtAm Morgen hatte Kaplans Rechtsanwältin zunächst den festgesetzten Termin bei der Ausländerbehörde mit der Begründung einer "Terminkollision" abgesagt. Das Ausländeramt bestand jedoch weiter auf einem persönlichen Gespräch mit Kaplan noch am Dienstag. Falls Kaplan nicht persönlich bei der Behörde erscheine, hätte er in seiner Wohnung befragt oder in das Amt geholt werden sollen, wie Behördenleiter Robert Kilp erklärte. Die Stadtverwaltung hatte den Prediger vorgeladen, um über die Fortsetzung seiner Duldung in der Domstadt zu entscheiden. Diese Vorladung war Kaplan und seiner Anwältin bereits am Freitag zugegangen. Das Ausländeramt wollte insbesondere wissen, wo sich Kaplan am Mittwochabend befand, als er aufgrund eines von der Stadt Köln betriebenen Haftbefehls festgenommen werden sollte. Zu diesem Zeitpunkt hielt sich der Gesuchte allerdings nicht in seiner Wohnung auf, so dass die Polizei unverrichteter Dinge wieder abziehen musste. Nach Angaben seiner Anwältin war der 51-Jährige bei einer anderen Familie zu Besuch. Mehrere Telefonate im Laufe des DienstagsIm Laufe des Dienstag hatte es mehrere Telefonate zwischen dem Ausländeramt und Kaplans Rechtsanwältin gegeben. Nachdem in den Telefonaten verschiedene Gründe für das Nichterscheinen genannt wurden, wurde der Termin per Fax mit dem Hinweis auf Terminüberschneidungen von Kaplans Rechtsbeistand abgesagt. Die Stadt Köln räumte schließlich eine Fristverlängerung bis zum späten Nachmittag ein, woraufhin Kaplan die Behörde dann doch noch aufsuchte. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hatte am Mittwoch die Erlaubnis für eine Abschiebung Kaplans gegeben, allerdings darauf hingewiesen, dass die Zulassung der Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht aufschiebende Wirkung habe. Am Donnerstag setzte das Kölner Verwaltungsgericht den Vollzug der Abschiebung Kaplans für zwei Monate aus. Für diesen Zeitraum muss der Prediger eine erneute Duldung beantragen. Daraufhin war der Haftbefehl gegen ihn aufgehoben und die europaweite Fahndung nach ihm eingestellt worden. Gegen diese Entscheidung wollte die Kölner Stadtverwaltung aus "prozesstaktischen Gründen" keine Rechtsmittel einlegen. Politisches NachspielDie gescheiterte Verhaftung des Islamistenführers wird am Freitag ein politisches Nachspiel im Haupt- und Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags haben. In einer gemeinsamen Sondersitzung soll die Landesregierung den Ausschussmitgliedern einen Bericht über die Ereignisse geben. Die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP hatten die Vorkommnisse scharf kritisiert. Aus den Reihen der Liberalen kamen sogar Rücktrittsforderungen an Landesinnenminister Fritz Behrens (SPD).

Irak-Resolution: Blair verspricht Chirac Neufassung

Frankreich besteht auf "realer Übertragung der Souveränität"Irak-Resolution: Blair verspricht Chirac Neufassung

Paris (rpo). Der britische Premierminister Tony Blair ist zu Änderungen der bisherigen Irak-Resolution-Fassung bereit. Er hat dem französischen Präsidenten Jacques Chirac die baldige Vorlage einer überarbeiteten Version zugesagt.Die Neufassung werde "bald zur Verfügung stehen", sagte Chiracs Sprecherin Catherine Colonna am Dienstag nach einem längeren Telefonat zwischen Blair und Chirac, das auf Initiative des britischen Regierungschefs zu Stande kam. Chirac und Blair sprachen demnach über den bisherigen Resolutionsentwurf, der nach Colonnas Worten eine "gute Arbeitsgrundlage" bilde, aber "verbessert werden" müsse. Für Chirac sei es wichtig, dass die UN-Resolution der künftigen irakischen Regierung "Entscheidungsgewalt" über die Einsätze der internationalen Militärverbände zusichere, sagte Colonna. Außerdem müsse es ein zeitliches Limit für die Stationierung internationaler Truppen in Irak geben. Frankreich wolle erreichen, dass die irakische Bevölkerung "wirklich merkt, dass sich etwas ändert und dass sie ihre Souveränität zurückerlangt".Frankreich stellt USA BedingungenDie neue Übergangsführung in Bagdad soll nach Auffassung der französischen Regierung die Befehlsgewalt über die irakische Armee und ein Mitspracherecht über die US-geführten Besatzungstruppen bekommen. Dies müsse sich auch in der neuen Irak-Resolution des UN-Sicherheitsrats niederschlagen, sagte die französische Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwochausgabe). Der Text muss nach ihren Worten den "Bruch mit dem Besatzungsregime" verdeutlichen. Eine Beteiligung französischer Soldaten an der künftigen Stabilisierungstruppe unter US-Kommando lehnte die Ministerin ab. Frankreich werde sich aber an der "Ausbildung und Ausrüstung der zur Sicherheit und Ordnung erforderlichen Kräfte: Soldaten, Gendarmerie und Polizei" sowie beim wirtschaftlichen Wiederaufbau beteiligen, wenn es eine entsprechende Anfrage der irakischen Regierung gebe. Anders als die Bundesregierung will Frankreich, das als ständiges Sicherheitsratsmitglied in dem Gremium über ein Vetorecht verfügt, das Mandat der internationalen Schutztruppe im Irak im Resolutionstext zeitlich befristen. Die künftige irakische Regierung, die aus Wahlen im Januar 2005 hervorgehen soll, müsse den Abzug der mehrheitlich aus US-Soldaten bestehenden Stabilisierungstruppe verlangen können. Deshalb soll der Resolutionstext nach französischem Wunsch eine Überprüfung des Mandats für die Schutztruppe im Januar 2005 vorsehen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat es hingegen abgelehnt, dem Truppeneinsatz eine Frist zu setzen, und zu einem verstärkten Dialog mit den USA Amerika aufgerufen.

Schily-Plan: BKA für die Terrorabwehr

Behörde soll umorganisiert werdenSchily-Plan: BKA für die Terrorabwehr

Wiesbaden (rpo). Den geplanten Umzug von 500 Beschäftigten des Bundeskriminalamtes (BKA) nach Berlin nutzt Bundesinnenminister Otto Schily zu einer teilweisen Neuausrichtung der Behörde. Sie soll verstärkt zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus eingesezt werden. Vor dem Hintergrund des inzwischen dramatischen Ausmaßes der terroristischen Bedrohung sei die Konzentration der Sicherheitsdienste in der Bundeshauptstadt unerlässlich, sagte der SPD-Politiker am Dienstag in Wiesbaden. Deutschland müsse sich auf eine langfristige Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus einstellen. Dies müsse sich auch auf die Organisationsstruktur des BKA auswirken. Deshalb soll in Berlin den Angaben zufolge eine BKA-Unterabteilung mit dem Titel "Gruppe Internationaler Terrorismus" angesiedelt werden, in der unter Einbeziehung aller nationaler Sicherheitsbehörden die terroristische Gefahr analysiert werden soll. Schily sagte, Terroristen und Selbstmordattentäter ließen sich nicht durch die Androhung von Strafe von ihren Plänen abhalten. Deshalb komme der rechtzeitigen Aufdeckung von Terror-Plänen entscheidende Bedeutung zu. Dazu sollen die Aktivitäten des BKA laut Schily auch besser mit denen der Bundesregierung, insbesondere des Innenministeriums, des Kanzleramts, des Auswärtigen Amtes und des Verteidigungsministeriums sowie des Bundesverfassungsschutzes und des Bundesnachrichtendienstes verzahnt werden. Auch die Zusammenarbeit des BKA mit ausländischen Sicherheitsdiensten will der Minister im Hinblick auf die Terrorabwehr verbessern. Dazu soll in Berlin eine eigene "Abteilung Internationale Koordinierung" geschaffen werden, die unter anderem die Kooperation mit Interpol und Europol überwachen soll. BKA-Chef Jörg Ziercke sagte, mit dem Umzug und der Neuausrichtung werde die Leistungsfähigkeit und die Schlagkraft seiner Behörde erhöht. Die Deutsche Polizeigewerkschaft bezeichnete die Neukonzeption des BKA als zukunftsweisend. BKA-Beschäftigte tragen Konzept laut Schily mitZusammen mit Ziercke hatte Schily zuvor auf einer Personalversammlung den BKA-Mitarbeitern die Einzelheiten des bereits am Wochenende in Grundzügen bekannt gewordenen Umzugskonzepts erläutert. Demnach sollen anstelle der ursprünglich geplanten 2.000 nur etwa 500 der insgesamt 5.000 Beschäftigten einschließlich der Amtsspitze von Wiesbaden und Meckenheim bei Bonn nach Berlin ziehen. Der Umzug soll noch in diesem Jahr beginnen und spätestens in vier Jahren abgeschlossen sein. Schily sagte nach der Personalversammlung in Wiesbaden, das neue Umzugskonzept werde nun von allen Beschäftigten mitgetragen. Der von Schily ursprünglich weitaus großzügiger geplante Umzug war auf den erbitterten Widerstand der Beschäftigten wie auch der Landesregierungen von Hessen und Nordrhein-Westfalen gestoßen. Im Zuge der Debatte war sogar BKA-Präsident Ulrich Kersten abgesetzt worden. Schily lobte die BKA-Spitze sowie die Beschäftigten als "fair und konstruktiv", kritisierte aber, dass es in Deutschland "eine gewisse Unbeweglichkeit bei Standortentscheidungen" gebe. Sowohl die hessische wie auch die nordrhein-westfälische CDU-Landtagsfraktionen zeigten sich erfreut über das abgespeckte Umzugskonzept und sprachen von einem erfolgreichen Widerstand "gegen Schilys Zentralisierungswahn".

Arbeitslosenhilfe wird automatisch verlängert

Geänderte Einkommensverhältnisse mitteilenArbeitslosenhilfe wird automatisch verlängert

Nürnberg (rpo). Wer Arbeitslosenhilfe bezieht, muss sich nicht um eine Verlängerung kümmern. Bei Zahlungen, die ab dem 30. Juni auslaufen, geschieht dies automatisch. Wie die Bundesagentur für Arbeit am Dienstag in Nürnberg mitteilte, verlängert die Behörde die Arbeitslosenhilfe automatisch bis zum 31. Dezember. Sollten sich bei den Empfängern zwischenzeitlich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ändern, seien sie weiterhin verpflichtet, dies der Behörde mitzuteilen. Hintergrund sei die Einführung des Arbeitslosengeldes II, das die bisherige Arbeitslosenhilfe zum Jahreswechsel ersetzt. Betroffen seien gut eine Million Hilfebezieher. Mit der automatischen Verlängerung stelle die Bundesagentur "dringend erforderliche Verwaltungskapazitäten für die Einführung des Arbeitslosengeldes II frei", hieß es.

Gegen US-Willen: Neuer irakischer Übergangspräsident

Neue Regierung vorgestelltGegen US-Willen: Neuer irakischer Übergangspräsident

Bagdad (rpo). Die Warnungen der USA haben nicht gefruchtet: Die Mitglieder des inzwischen aufgelösten Regierungsrats haben den Sunniten Ghasi Maschal Adschil el Jawer zum neuen irakischen Übergangspräsidenten gewählt. Die USA hatten sich entschieden gegen El Jawer ausgesprochen.Einen Monat vor der Machtübergabe in Irak ist die neue Übergangsverwaltung unter Dach und Fach. Entgegen dem Willen der USA nominierte der Bagdader Regierungsrat am Dienstag seinen bisherigen Vorsitzenden Ghasi Maschal Adschil el Jawer zum Interimspräsidenten. Anschließend wurde das künftige Kabinett vorgestellt, und der von den USA eingesetzte Regierungsrat löste sich überraschend schon vorzeitig auf."Wir Iraker freuen uns darauf, mit einer Resolution des Weltsicherheitsrats die volle Souveränität zurückzuerhalten", sagte El Jawer auf einer Pressekonferenz nach seiner Nominierung. So könne ein freies, unabhängiges und demokratisches Land aufgebaut werden. Er versprach, sich über alle Partikularinteressen hinwegzusetzen und eine Gesellschaft frei von Totalitarismus und Diskriminierung aufzubauen. Zunächst war der von den USA favorisierte frühere Außenminister Adnan Patschatschi zum Präsidenten berufen worden. Der 81-Jährige lehnte das Amt jedoch aus persönlichen Gründen ab, wie der UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi mitteilte. Aus Kreisen des Regierungsrats verlautete, Patschatschi habe die Präsidentschaft ausgeschlagen, weil die Mehrheit der Ratsmitglieder El Jawer unterstütze. 30-köpfiges Kabinett vorgestelltDer designierte Ministerpräsident Ijad Allawi stellte unterdessen sein 30-köpfiges Kabinett vor. Künftiger Außenminister wird Hoschjar Sebari, das Finanzministerium übernimmt Adil Abdel Mahdi, das Verteidigungsministerium Hasem Schalan el Chusaei. Der neue Wirtschaftsminister Hadschim el Hassani sagte dem Fernsehsender El Dschasira, von nun an könnten keine US-Koordinatoren mehr den irakischen Ministerien ihren Willen aufzwingen. Die USA begrüßten die Bildung der neuen Übergangsregierung als wichtigen Schritt für die künftige Stabilität des Landes. Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice sprach von einer großartigen Kabinettsliste. Der am Freitag nominierte Allawi signalisierte derweil, dass seine Regierung nach ihrem Amtsantritt am 30. Juni mit den Koalitionstruppen über deren weitere Stationierung in Irak verhandeln werde.El Jawer steht den US-Truppen kritisch gegenüberEl Jawer steht den US-Truppen in seinem Lande entschieden kritischer gegenüber. In einem Fernsehinterview übte er unlängst heftige Kritik an der amerikanischen Besatzungsmacht und warf ihr vor, die verheerende Sicherheitslage mit gravierenden Fehlern selbst ausgelöst zu haben. Er verurteilte allerdings auch die Gewalt gegen US-Soldaten und ihre Alliierten. El Jawer kommt aus einem der größten und einflussreichsten sunnitischen Stämme in der Golfregion - dem Schammar-Stamm, der auch schiitische Clans umfasst. Zudem wird El Jawer von den Kurden in Nordirak akzeptiert. Dies machte ihn zum offensichtlichen Kompromisskandidaten im Bagdader Regierungsrat. Der 45-Jährige trägt zumeist traditionelle arabische Kleidung und studierte nicht nur in Saudi-Arabien Ingenieurwissenschaften, sondern auch an der renommierten Georgetown University in Washington. Abstammung aus einer königstreuen FamilieGeboren wurde El Jawer 1958 - im selben Jahr, in dem irakische Offiziere die Monarchie stürzten, der sein Großvater treu ergeben war. Ein Jahr später unterstützte der Schammar-Stamm eine Revolte der Streitkräfte gegen General Abdul Karim Kassim, die jedoch scheiterte. Mitte der 80er Jahre zog El Jawers Familie nach Saudi-Arabien, von wo er erst nach dem Sturz von Saddam Hussein nach Irak zurückkehrte. In einem am Dienstag veröffentlichten Interview der saudischen Zeitung "El Riad" sagte El Jawer, der US-Zivilverwalter Paul Bremer habe ihm eine Reihe Regierungsämter angeboten, wenn er nur auf die Präsidentschaft zu Gunsten Patschatschis verzichte. Sogar der Posten des irakischen Botschafters in Washington sei ihm angetragen worden, doch habe er sich strikt geweigert, sein Land zu verlassen. Über Patschatschi urteilte El Jawer der Zeitung zufolge abfällig: Der 81-Jährige habe keine Basis in der irakischen Bevölkerung und sei in den Sitzungen des Regierungsrats häufig eingeschlafen. "Wie kann man jemanden am Ende seines Lebens ehren auf Kosten der Zukunft Iraks, die eine Verjüngung benötigt", kommentierte El Jawer die von den USA favorisierte Nominierung Patschatschis. Zu seiner eigenen Rolle in dem Machtpoker erklärte er der Zeitung zufolge, es sei schließlich das irakische Volk, das ihn nominieren wolle. Wer an Demokratie glaube und den Willen des Volkes ernst nehme, müsse dies akzeptieren. Genau dies habe er auch Bremer gesagt.Reaktionen nach der Bildung der irakischen Übergangsregierung:Der britische Premierminister Tony Blair hat die Bildung der neuen irakischen Übergangsregierung begrüßt. Dies markiere einen wirklich historischen Tag für Irak, erklärte Blair am Dienstag in London. "Das neue Kabinett wird Irak nach der Machtübergabe am 30. Juni zunächst zur Unabhängigkeit und vollen Souveränität verhelfen und dann den Übergang zur Demokratie gestalten." Dies sei nicht nur ein großer Bonus für das irakische Volk, sondern für den gesamten Nahen Osten. Blair forderte jetzt die rasche Verabschiedung einer neuen Irak-Resolution der Vereinten Nationen, der die neue Interimsregierung absichern soll. Die USA und Großbritannien haben bereits einen Entschließungsantrag im Weltsicherheitsrat eingebracht. Die Europäische Union hat die Ernennung der irakischen Übergangsregierung am Dienstag begrüßt. Die EU wünsche der neuen Regierung eine erfolgreiche Arbeit, damit faire und freie Wahlen möglich würden, erklärte der irische Außenminister Brian Cowen im Namen der 25 EU-Staaten. Irland hat derzeit die Präsidentschaft inne. UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die Bildung einer neuen irakischen Übergangsregierung am Dienstag begrüßt. Insbesondere die Wahl von sechs Frauen ins künftige Kabinett sei "ein ziemlicher Schritt vorwärts", sagte Annan in New York vor Journalisten. Er räumte zugleich ein, dass es Schwierigkeiten bei der Auswahl der künftigen Regierungsmitglieder gegeben habe: "Wir müssen uns alle eingestehen, dass der Prozess nicht perfekt war", antwortete der UN-Generalsekretär auf Fragen, ob die USA Druck auf den irakischen Regierungsrat ausgeübt habe. Angesichts der Begleitumstände habe der UN-Sonderbeauftragte Lakhdar Brahimi sein Bestmögliches getan, fügte Annan hinzu. Brahimi hatte drei Wochen lang Verhandlungen mit dem Regierungsrat und der US-Regierung zur Bildung der neuen Interimsregierung geführt. US-Präsident George W. Bush hat die Bildung der neuen irakischen Übergangsregierung begrüßt. Dies bringe Irak der Demokratie einen Schritt näher, sagte der Präsident am Dienstag vor Journalisten im Rosengarten des Weißen Hauses. Er warnte jedoch zugleich, dass die Übertragung der Macht auf die neue Regierung von einem Anstieg der Gewalt begleitet sein könnte. "Es gibt immer noch gewaltbereite Leute, die den Prozess aufhalten wollen", sagte Bush. Er habe bei der Bildung der Übergangsregierung keine Rolle gespielt, erklärte Bush weiter. Der US-Präsident äußerte die Hoffnung, dass die Regierungsbildung dazu beitragen werde, die Verabschiedung einer neuen Irak-Resolution der Vereinten Nationen im Sicherheitsrat zu beschleunigen. Bush bekräftigte, dass die US-Truppen auch nach der Machtübergabe an die Übergangsregierung am 30. Juni im Land bleiben würden.

Karachi:Schwere Unruhen nach Anschlag auf Moschee

Schiiten liefern sich Straßenschlachten mit PolizeiKarachi:Schwere Unruhen nach Anschlag auf Moschee

Karachi (rpo). Nach dem Selbstmordanschlag auf eine schiitische Moschee nehmen die Unruhen in der pakistanischen Hafenstadt Karachi kein Ende. Tausende Schiiten lieferten sich bei der Trauerfeier für die 19 Todesopfer des Anschlags Straßenschlachten mit der Polizei. Die Demonstranten setzten Autos, Busse und eine Bank in Brand, nachdem eine Einigung mit den Behörden auf eine Route für den Trauerzug gescheitert war. Mehrere Geschäfte wurden geplündert und in Brand gesteckt. Die Polizei setzte Tränengas ein. Bereits in der Nacht waren bei Unruhen in Karachi vier Menschen getötet worden. Pakistans Präsident Pervez Musharraf kündigte eine "wichtige Entscheidung" zur Wiederherstellung der Ordnung in Karachi an. Am Montag war in der schiitischen Ali-Ramsa-Moschee während des Abendgebets unter dutzenden Gläubigen ein Sprengsatz explodiert. 15 Menschen waren sofort tot, vier weitere erlagen in der Nacht ihren Verletzungen. Ermittlungen zufolge handelte es sich vermutlich um einen Selbstmordanschlag. Die Moschee liegt nur einen Kilometer von der Stelle entfernt, wo am Sonntag der Taliban-nahe Sunnitenführer Nizamuddin Shamzai getötet wurde. Die Ermittler vermuten, dass es sich bei dem Anschlag um einen Racheakt für Shamzais Ermordung handelt. Der Mufti war ein Vertrauter des afghanischen Taliban-Führers Mullah Omar. In Pakistan führte er mehrfach Demonstrationen gegen die USA an. Nach Shamzais Tod hatte die Polizei 15.000 Beamte und Paramilitärs in Karachi abgestellt, den Anschlag jedoch nicht verhindern können. Karachi ist häufig Schauplatz von Anschlägen und gewaltsamen Religionskämpfen. Bei interkonfessionellen Zusammenstößen zwischen der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit und der schiitischen Minderheit starben in der 14-Millionen-Einwohner-Stadt seit den 80er Jahren bereits mehr als 4000 Menschen. Anfang Mai wurden bei einem Anschlag auf eine schiitische Moschee 23 Menschen getötet. Nach Angaben von Informationsminister Sheikh Rashid ist Präsident Pervez Musharraf tief besorgt über die Spirale der Gewalt. Musharraf werde "eine wichtige Entscheidung zum Schutz von Menschenleben und zur Wiederherstellung der Ordnung treffen", sagte Rashid.

Köhler: Osten nicht "dauernd abmeiern"
Köhler: Osten nicht "dauernd abmeiern"

Jansen wird neuer Chef des BundespräsidialamtesKöhler: Osten nicht "dauernd abmeiern"

Berlin (rpo). Der künftige Bundespräsident Horst Köhler hat den jahrzehntelangen Reformstau in der Bundesrepublik kritisiert. Außerdem bemängelte er, dass der Aufbau Ost dauernd schlecht gemacht werde. Neuer Leiter des Bundespräsidialamtes wird der Vorstandsvorsitzende der NS-Zwangsarbeiterstiftung, Michael Jansen. Die Probleme hätten sich über die "letzten zwei, drei" Jahrzehnte aufgestaut, sagte Köhler am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung des Interview-Buches "Offen will ich sein - und notfalls unbequem". In Deutschland sei es "nicht mit ein paar kleineren Korrekturen" getan, betonte Köhler. Schon in der Regierung Kohl, der er selbst als Finanzstaatssekretär angehört hatte, hätte das so genannte Lambsdorff-Papier "konsequenter" umgesetzt werden müssen, sagte Köhler. 1982 hatte der damalige Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff (FDP) ein Papier aufgesetzt, das maßgeblich zum Ende der Koalition zwischen SPD und FDP geführt hatte. Darin forderte der FDP-Politiker damals unter anderem eine drastische Kürzung der Sozialleistungen. "Natürlich, im Nachhinein sieht manches anders aus", sagte Köhler in Bezug auf die Wiedervereinigung. Alle hätten wissen müssen, dass auch Strukturreformen im Westen hätten angepackt werden müssen. Auch seien aufgrund der hohen Geschwindigkeit Fehler gemacht worden. Es sei aber auch "vieles" erreicht worden. Daher sei es "falsch, irreführend, fast beleidigend", dass der Aufbau Ost "dauernd abgemeiert" werde. Stattdessen forderte Köhler eine "positive Grundeinstellung" ein, wie es sie in den USA gebe. Die Agenda 2010 von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), die er bereits mehrfach gelobt hatte, "kommt eher zu spät", sagte Köhler. "Unsere Probleme sind lösbar", betonte aber der künftige Bundespräsident. Die Deutschen wüssten, dass Veränderungen notwendig seien. Ziel und Nutzen der Reformen müssten ihnen aber besser erklärt werden. Köhler kritisierte, dass die Politik durch die Wahlzyklen eher auf kurzfristige Lösungen setze. Daher werde er sich dafür einsetzen, dass "Brücken" zwischen den einzelnen Perioden gebaut würden. Die Industriegewerkschaft Metall forderte den künftigen Bundespräsidenten auf, sich für die sozialen Belange aller Bundesbürger einzusetzen. IG Metall-Chef Jürgen Peters sagte der "Bild"-Zeitung (Dienstagsausgabe), dass Köhler "das Amt wie seine Vorgänger als eine Funktion ansehen" solle, "die allen Bürgern verpflichtet ist, und nicht nur einer kleinen Schicht von Bürgern einer bestimmten politischen Denkart". Dazu gehöre auch eine verstärkte Ausrichtung auf die Arbeitnehmer und Arbeitslosen der Gesellschaft, die er vertrete. "Falls er sein soziales Herz noch nicht entdeckt hat, würde ich es ihm sehr dringend empfehlen", erklärte Peters weiter. Köhler betonte in Berlin, es gehe ihm "um das Wohl der Menschen, und nicht der CDU". Noch habe er kein "fertiges Rezept", aber er sei dabei, sich vorzubereiten. Er wolle Sachverstand, Rat und Diskussion zusammenführen, und dann "überlegt zu wichtigen Fragen Deutschlands Stellung nehmen". Dabei wolle er offen sein und die "Dinge beim Namen" nennen. Es sei aber nicht seine Absicht, "ins operative Geschäft einzugreifen". Neuer Leiter des Bundespräsidialamtes wird der Vorsitzende der deutschen Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" zur Entschädigung von NS-Opfern, Jansen. Seine "breite" berufliche Erfahrung werde den 63-Jährigen zu einem "exzellenten" Leiter des Bundespräsidialamtes machen, zeigte sich Köhler überzeugt. Der ehemalige Diplomat und Degussa-Generalbevollmächtigter Jansen wird Rüdiger Frohn ablösen, der den Staatssekretärsposten unter dem amtierenden Bundespräsidenten Johannes Rau inne hat. Köhler, der am 23. Mai von Union und FDP zum Bundespräsidenten gewählt worden war, tritt sein neues Amt am 1. Juli an. Jansen wird dann auch an den Kabinettssitzungen der rot-grünen Bundesregierung teilnehmen.

Getrieben vom Hass auf "Ungläubige"
Getrieben vom Hass auf "Ungläubige"

Abdelasis el Mukrin leitet El Kaida in Saudi-ArabienGetrieben vom Hass auf "Ungläubige"

Dubai (rpo). Er führt Riads Liste der Meistgesuchten an und gilt als Chef der El Kaida in der Golf-Region: Abdulasis el Mukrin. In einer im Internet veröffentlichten Botschaft unterzeichnete er die Botschaft, mit der sich die "Organisation El Kaida auf der arabischen Halbinsel" zu den Angriffen im saudiarbischen El Chobar mit 22 Toten bekennt. Laut islamistischen Websites ist Mukrin ein 33-jähriger Saudiaraber, der sich seit seinem 17. Lebensjahr ganz dem Kampf für den islamischen Fundamentalismus und der El Kaida verschrieben hat. Seit 16 Jahren soll er bereits in den Diensten von El-Kaida-Chef Osama bin Laden stehen. Anführer von El Kaida am Golf wurde er in diesem Frühjahr, nachdem der bisherige Chef Chaled Ali Hadsch von der Polizei in Riad getötet worden war. Den Islamisten-Websites www.alsaha.com und www.qal3ah.org zufolge brach Mukrin seine Ausbildung im Alter von 17 Jahren ab, um eine Laufbahn als El-Kaida-Kämpfer in Afghanistan zu beginnen. Dort kämpft er an der Seite der Mudschahedin im "Dschihad" gegen die sowjetischen Truppen. Zwischen 1990 und 1994 hält er sich immer wieder in Afghanistan auf und bringt es bis zum "Ausbilder" in den Lagern von El Kaida. Mitte der 90er Jahre geht er nach Algerien, um sich den dortigen islamistischen Gruppen im Kampf gegen die Regierung in Algier anzuschließen. Laut der Internet-Biografie ist es zu dieser Zeit unter anderem seine Aufgabe, einen "Waffenschmuggel von Spanien über Marokko nach Algerien" zu beaufsichtigen. Nach Stationen in Arabien und Afghanistan verbringt Mukrin einige Zeit in Bosnien-Herzegowina, später in Jemen und schließlich in Somalia. Am Horn von Afrika kämpft er zweieinhalb Jahre lang in den Reihen islamistischer Gruppen gegen die äthiopische Armee in der Region Ogaden, wo er schließlich gefangen genommen wird. Mukrin wird den saudiarabischen Behörden übergeben und in seiner Heimat zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Nach der Hälfte der Haftstrafe wird er wegen "guter Führung und Lernens des Koran" vorzeitig freigelassen. Einen Monat nach seiner Entlassung und kurze Zeit nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA geht er erneut nach Afghanistan, um an der Seite der El Kaida und der Taliban gegen die US-Truppen zu kämpfen. Nach seiner Rückkehr nach Saudi-Arabien lebte Mukrin der Internet-Biografie zufolge mit seiner Familie im Stadtviertel El Sueidi in Riad. Vor 13 Monate habe er jedoch seine zweite Frau und seine Tochter zurückgelassen, um in geheimen Trainingslagern im Zentrum und im Westen Saudi-Arabiens neue El-Kaida-Kämpfer zu rekrutieren. Zu Beginn dieses Jahres zerschlugen die Behörden eines dieser Lager zwischen Mekka und Medina und nahmen 20 Verdächtige fest, Mukrin entkam ihnen jedoch. In seiner jüngsten Internet-Botschaft zum Geiseldrama von El Chobar kündigte der Chef der El Kaida am Golf an, "die arabische Halbinsel von den Ungläubigen zu säubern". Christliche "Kreuzfahrer" sollten aus der Region vertrieben das "Land der Moslems befreit und die Scharia durchgesetzt werden".

Mehrere Todesopfer bei Bombenanschlägen in Irak

Bombe riss Krater in die StraßeMehrere Todesopfer bei Bombenanschlägen in Irak

Bagdad (rpo). Vor einer US-Militärbasis im Norden von Irak ist eine Autobombe gezündet worden. Mehrere Personen verloren dabei ihr Leben, etliche Menschen wurden verletzt. Auch in Bagdad explodierte eine Autobombe.Bei der Explosion einer Autobombe vor einer US-Militärbasis im Norden des Landes wurden mindestens elf Zivilisten getötet und 26 weitere verletzt, wie ein Leutnant der irakischen Zivilverteidigung sagte. In der Hauptstadt Bagdad kamen mindestens drei Menschen ums Leben, als eine Autobombe vor dem Sitz der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) detonierte. 34 Menschen wurden nach Krankenhausangaben verletzt. Die Innenstadt Bagdads wurde zudem von einer Serie schwerer Explosionen erschüttert. Vor dem US-Stützpunkt in Baidschi 200 Kilometer nördlich von Bagdad explodierte am Morgen "ein schwarzer BMW mit einem bärtigen Fahrer", wie Leutnant Hamid Massud von der irakischen Zivilverteidigung (ICDC) sagte. Unter den Verletzten seien auch zwei ICDC-Mitglieder. Der Iraker Amr Abed Ismail, der für die Besatzungsmächte arbeitet und bei dem Anschlag leicht verletzt wurde, berichtete, dass der Wagen direkt neben einem Humvee in die Luft gegangen sei. Er sei sicher, dass die Soldaten darin ums Leben gekommen seien, sagte Ismail der Nachrichtenagentur AFP. Die US-Armee machte zunächst keine Angaben zu möglichen Opfern in ihren Reihen. Bombe riss einen großen Krater in die StraßeDie Autobombe vor dem PUK-Büro riss einen großen Krater in die Straße. Der Anschlag ereignete sich in dem Moment, als zahlreiche Menschen das Gebäude verließen, wie ein Mitglied des Sicherheitspersonals der Partei sagte. Sie hätten einer Zeremonie zum 30. Jahrestag der Parteigründung beigewohnt. Der Wächter erklärte, drei seiner Kollegen seien getötet worden. Zuvor hatte ein US-Armeevertreter von drei Toten und 20 Verletzten gesprochen. Ein AFP-Reporter sah Helfer, die ein blutiges Laken mit menschlichen Körperteilen wegtrugen. Die Polizei riegelte das Gebiet nördlich der schwer gesicherten "Grünen Zone" ab, in der sich das Hauptquartier der US-geführten Koalition befindet. Dort ereigneten sich am Morgen mehrere heftige Explosionen. Über dem Gebiet stieg Rauch auf. Ein Koalitionssprecher bestätigte, dass eine Explosionsserie in der Gegend stattgefunden habe. Er sagte nicht, ob das Hauptquartier getroffen wurde. Die Mitarbeiter seien in Bunker geflohen. Über Schäden und Opfer war zunächst nichts bekannt. Ein irakischer Polizist sagte, mindestens drei Granaten seien innerhalb der "Grünen Zone" eingeschlagen. Bombenanschlag im Südwesten Bagdads Bei einem Bombenanschlag im Südwesten Bagdads wurden nach irakischen Angaben ein US-Soldat und ein junger Iraker verletzt. Der selbst gebastelte Sprengsatz sei im Viertel Dschihad detoniert, nachdem ein Konvoi mit drei Humvees vorbeigefahren sei, sagte ein irakischer Polizist AFP. Die Koalition bestätigte die Angaben zunächst nicht. In der für die Schiiten heiligen Stadt Nadschaf einigten sich die Koalitionstruppen und die "Mehdi-Armee" nach Angaben des Gouverneurs auf eine neue Waffenruhe. Während des 72-stündigen Waffenstillstandes sollten alle Kämpfer des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr aus Nadschaf abziehen, in ihre Heimatstädte zurückkehren und ihre Waffen abgeben, sagte Gouverneur Adnan el Sorfi. Die US-Truppen wollten demnach ihre Partrouillengänge einstellen und sich auf fünf Stützpunkte in Nadschaf zurückziehen. Irakische Sicherheitskräfte sollten die Kontrolle übernehmen. Außerhalb der Stadt solle es gemischte US-irakische Patrouillen geben, sagte der Gouverneur. Das Abkommen sei ihm von dem US-Diplomaten Christopher Ross übergeben worden.

Künftiger Präsident Jawar fordert "volle Souveränität" für Irak

Allawi verspricht DemokratieKünftiger Präsident Jawar fordert "volle Souveränität" für Irak

Bagdad (rpo). Der künftige irakische Präsident Ghasi el Jawar hat die "volle Souveränität" für den Irak gefordert. Mit der derzeit diskutierten neuen UN-Resolution müsse das Land wieder das umfassende Selbstbestimmungsrecht bekommen, fordert er. Jawar war am Dienstag vom irakischen Regierungsrat überraschend als künftiger Präsident einer Übergangsregierung nominiert worden.Damit solle den Irakern die Möglichkeit gegeben werden, "ein freies, unabhängiges, demokratisches und föderal geeintes Heimatland" wiederaufzubauen. Der designierte Ministerpräsident Ijad Allawi versprach unterdessen bei der Vorstellung seiner Kabinettsliste, Irak nach 35 Jahren "des tyrannischen Regimes" zur Demokratie zu führen. Die beiden Politiker sprachen bei einer Pressekonferenz an der Seite des UN-Sonderbeauftragten Lakhdar Brahimi. Jawar war am Dienstag vom irakischen Regierungsrat als künftiger Präsident einer Übergangsregierung nominiert worden. Der sunnitische Stammesführer wurde ernannt, nachdem der frühere irakische Außenminister Adnan Patschatschi seine Nominierung überraschend abgelehnt hatte. Patschatschi galt als Favorit der US-Regierung für den Posten. Die irakische Übergangsregierung soll am 30. Juni ihr Amt antreten. Jawar kehrte erst nach dem Sturz Saddam Husseins im April 2003 zurück nach Irak und wurde später Mitglied des Regierungsrats. An dessen Spitze rückte der bevorzugt in die traditionelle weiße Stammestracht gekleidete Politiker nach der Ermordung des Vorsitzenden Essedin Salim Mitte Mai.

Kerry fürchtet Atomschlag von Terroristen

"Vielschichtige Strategie" angemahntKerry fürchtet Atomschlag von Terroristen

Washington (rpo). Der designierte Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten, John Kerry, fürchtet einen Atomschlag von Terroristen. Der Kampf gegen den Terrorismus muss sich daher stärker auf eine mögliche nukleare Bedrohung konzentrieren. Mit einer "vielschichtigen Strategie" will Kerry nach eigenen Angaben verhindern, dass Massenvernichtungswaffen, insbesondere Atomwaffen, in die Hände von Terroristen gelangen. US-Präsident George W. Bush wirft er auf diesem Gebiet Versäumnisse vor. Es müsse alles getan werden, damit es niemals zu einem atomaren Angriff auf die USA komme, forderte Kerry laut vorab verbreitetem Manuskript am Dienstag in einer Rede in Riviera Beach im US-Staat Florida. Dazu gehöre auch, Atomwaffenprogramme in Staaten wie Nordkorea und Iran zu beenden.

Irak: Dutzende Tote und Verletzte bei Anschlag

Mindestens 26 Menschen verletztIrak: Dutzende Tote und Verletzte bei Anschlag

Bagdad (rpo). Kaum steht im Irak ein neuer Präsident fest, kommt es wieder zu Attentaten. Nach einem Autobombenanschlag auf einen US-Militärstützpunkt in Nordirak gab es dutzende Tote und Verletzte.Bei einem Autobombenanschlag auf einen US-Militärstützpunkt in Nordirak sind am Dienstag elf Iraker getötet worden. 26 Menschen wurden verletzt, wie aus dem Innenministerium in Bagdad verlautete. Die Autobombe explodierte gegen 9 Uhr morgens vor dem Tor des Stützpunkts Summerall in der Ortschaft Beiji, wie ein US-Militärsprecher mitteilte. Beiji liegt 250 Kilometer nördlich von Bagdad.

Kaplan soll zwangsweise vorgeführt werden

Drohung am KaplanKaplan soll zwangsweise vorgeführt werden

Köln (rpo). Die geplante Abschiebung des Islamisten Metin Kaplan gerät immer mehr zum Possenspiel. Der "Kalif von Köln" sagte heute seinen Termin beim Kölner Ausländeramt ab. Nun soll er eventuell zwangsweise vorgefüht werden. Kilp sagte, die Behörde wolle mit Kaplan über die Vorkommnisse der vergangenen Tage reden und auch erfahren, wo der 51-Jährige sich aufgehalten habe. Der Amtsleiter machte zugleich deutlich, dass Kaplan nach dem vom Verwaltungsgericht Köln verhängten zweimonatigen Abschiebestopp eine neue Duldung erteilt werden müsse. Zuvor hatte die Anwältin Kaplans, Ingeborg Naumann, erklärt, wegen einer Terminüberschneidung könne ihr Mandant nicht zu vorgesehenen Zeitpunkt zu der Behörde kommen. Ohne Duldung, die Kaplan nach dem vom Verwaltungsgericht Köln verhängten zweimonatigen Abschiebestopp allerdings nach Angaben von Kilp auf jeden Fall erteilt werden muss, gilt Kaplan als illegal in Deutschland lebender Ausländer, der von der Polizei festgenommen werden könnte. Die Anwältin des 51-Jährigen, Ingeborg Naumann, hatte das Nichterscheinen zu dem Termin am Dienstagnachmittag mit einer Terminüberschneidung begründet. Schily: Der Fall müsse "vernünftig" gelöst werdenInnenminister Schily bezeichnete den Fall Kaplan als ein Beispiel dafür, dass die oft komplizierten und langwierigen Entscheidungswege von Verwaltung und Gerichten dringend vereinfacht und verkürzt werden müssten. Das Verwaltungsgericht Köln haben die Entscheidung über ein Jahr verzögert, sagte Schily in Wiesbaden. Der Fall müsse "vernünftig" gelöst werden, und die Voraussetzungen dafür stünden mit der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) nun besser. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln nannte Schily problematisch. Nun liege es in der Hand der nordrhein-westfälischen Behörden, dagegen Rechtsmittel einzulegen. Kaplan wehrt sich mit allen Mitteln gegen seine drohende Abschiebung in die Türkei. Einer Abschiebehaft entzog er sich, indem er nach dem Urteil des OVG Münster am vergangenen Mittwoch für die Polizei nicht auffindbar war. Nach Aufhebung des Haftbefehls hatte er sich am Montag gegen 01.00 Uhr bei der Polizei gemeldet und war damit seinen Meldeauflagen nachgekommen. Es blieb zunächst offen, ob die Stadt Kaplan tatsächlich zwangsvorführen lassen wollte oder ob ein neuer Termin für die Übergabe der Duldung vereinbart wird. Kilp sagte, die Behörde müsse bei ihrem Vorgehen die Angemessenheit der von ihr eingesetzten Mittel abwägen. Frist für KaplanAllerdings machte er vor Journalisten deutlich, dass die Behörde keinesfalls bis Mittwoch warten wolle. Komme der Vorgeladene nicht bis zum späten Nachmittag, werde die Ausländerbehörde mit der Polizei zu Kaplans Wohnung fahren. Sollte Kaplan wie schon bei einem früheren Meldetermin ein Attest vorlegen lassen, dass er wegen Krankheit nicht erscheinen könne, wolle die Stadt das durch einen Amtsarzt überprüfen lasse. Unterdessen setzten der Hauptausschuss und der Ausschuss für Innere Verwaltung des Landtags in Düsseldorf für Freitag eine Sondersitzung über den Fall Kaplan an. Die Landesregierung soll den Abgeordneten über die Vorgänge berichten.Sondersitzung wegen des Falls KaplanAm Freitag werden sich der Haupt- und der Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags in einer gemeinsamen Sondersitzung mit dem Untertauchen des selbst ernannten "Kalifen von Köln" in der vergangenen Woche befassen, wie der Landtag am Dienstag mitteilte. Die Landesregierung soll den Ausschussmitgliedern einen Bericht über die Ereignisse geben.Die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP hatten die Ereignisse scharf kritisiert. Aus den Reihen der Liberalen kamen sogar Rücktrittsforderungen an Landesinnenminister Fritz Behrens (SPD). Die Polizei hatte Kaplan am vergangenen Mittwoch nicht in seiner Kölner Wohnung vorgefunden, als sie ihn verhaften wollte.

Anonyme Vaterschaftstests vor dem Verbot

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries plant GesetzesvorhabeAnonyme Vaterschaftstests vor dem Verbot

Berlin (rpo). Anonyme Vaterschaftstest sollen verboten werden. Das beabsichtigt Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). "Mutter und Kind müssen die Hoheit über ihre Daten behalten", begründete Zypries in der Tageszeitung "Die Welt" ein Gesetzesvorhaben der Bundesregierung. Ziel sei, ohne Einverständnis der Betroffenen keine Vaterschaftstests mehr zu dulden. Verweigert die Mutter einen freiwilligen Test, müsse dieser vom potenziellen Vater künftig grundsätzlich gerichtlich erzwungen werden, sagte Zypries. Ein Gesetzentwurf wird dem Bericht zufolge zurzeit im Bundesgesundheitsministerium vorbereitet. Bis Herbst 2006 sollen bestehende Rechtsunsicherheiten beseitigt sein. Zugleich signalisierte Zypries, zu prüfen, "ob sich die gerichtliche Klärung der Vaterschaft beschleunigen lässt". Die Ministerin kündigte an, nach der Verankerung im deutschen Recht auch eine Initiative für ein EU-weites Verbot anonymer Vaterschaftstests zu ergreifen. Sie hoffe, dass ein entsprechendes Gesetzesvorhaben der Bundesregierung "Schrittmacher für eine EU-weite Harmonisierung im Umgang mit hochsensiblen, genetischen Daten wird", sagte die SPD-Politikerin.

Neun Jahre Haft im Terrorprozess

Neun Jahre Haft für geplanten BombenanschlagNeun Jahre Haft im Terrorprozess

Perth (rpo). In Australien ist erstmals ein Angeklagter nach den neuen Anti-Terror-Gesetzen verurteilt worden. Er erhielt neun Jahre Haft, wegen der Planung eines Bombenanschlags auf die israelische Botschaft in Canberra.Der 50-jährige Jack Roche erhielt neun Jahre Haft, weil er an der Planung eines Bombenanschlags auf die israelische Botschaft in Canberra beteiligt war. Roche hatte sich schuldig bekannt und mit den Ermittlern kooperiert. Der Anschlagsplan wurde nie umgesetzt. Das Gericht entschied, Roche könne nach viereinhalb Jahren auf Bewährung entlassen werden. Da ihm seine Zeit in Untersuchungshaft angerechnet wird, könnte er damit in drei Jahren freikommen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine weit höhere Haftstrafe gefordert, die zur Abschreckung dienen solle. Die Verteidigung verwies darauf, dass der Angeklagte bereits 18 Monate in Untersuchungshaft verbrachte und der Polizei Informationen über seine Kontakte mit der El Kaida geliefert habe. Roche stammt ursprünglich aus England und trat später zum Islam über, um seine Alkoholsucht zu bekämpfen. In Australien sei er dann in Kontakt mit Extremisten gekommen, sagte er aus. Roche wurde in einem Lager in Afghanistan zum Sprengstoffexperten ausgebildet. Er erklärte, er habe den Bombenanschlag nie ausführen wollen, sondern sei von der El Kaida angewiesen worden, die Sicherheitsvorkehrungen in der Umgebung der israelischen Botschaft in Canberra und des Konsulats in Sydney auszuspionieren.

El Jawer wird irakischer Präsident

Von USA favorisierter Kandidat Patschatschi lehnte das Amt abEl Jawer wird irakischer Präsident

Bagdad (rpo). Ghasi el Jawar wird irakischer Präsident. Der UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi hat die Ernennung bestätigt. Die USA mussten dadurch eine Niederlage einstecken. Ihr Kandidat Patschatschi hat den Posten überraschend abgelehnt. Unmittelbar nach der Ernennung kam es zu einer schweren Explosion in der Innenstadt von Bagdad mit mehreren Toten. Der irakische Regierungsrat hat seinen bisherigen Vorsitzenden Ghasi el Jawar als künftigen irakischen Präsidenten nominiert. Der sunnitische Stammesführer wurde ernannt, nachdem der frühere irakische Außenminister Adnan Patschatschi seine Nominierung überraschend abgelehnt hatte, wie am Dienstag aus dem Regierungsrat bekannt wurde. Ratsmitglied Nassir el Schaderschi sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Entscheidung sei einvernehmlich zwischen der US-geführten Koalition und dem Regierungsrat gefallen. Während der UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi die Nominierung bestätigte, äußerte sich die Koalition zunächst nicht. Wie Brahimi bekannt gab, sollen der Schiit Ibrahim Dschaafari von der Dawa-Partei und der Kurde Rodsch Nuri Schawis von der Demokratischen Partei Kurdistans Jawar als als Vizepräsidenten zur Seite stehen. Die Sitzung des Regierungsrats zur Designierung des Präsidenten verlief turbulent: Zunächst sei Patschatschi nominiert worden, "aber eine halbe Stunde später gab er seine Ablehnung bekannt", sagte Planungsminister Mehdi el Hafes, ein enger Vertrauter des Sunniten Patschatschi. Der 81-Jährige galt als Favorit der USA. Der 46-jährige Geschäftsmann Jawar hat ebenso wie Patschatschi gute Kontakte in die USA, wo er an der Washingtoner George Washington University Ingenieurswissenschaften studierte. Danach ging der aus dem nordirakischen Mossul stammende Führer des einflussreichen Schammar-Stammes nach Saudi-Arabien und gründete ein bald florierendes Telekommunikations-Unternehmen. Jawar kehrte erst nach dem Sturz Saddam Husseins im April 2003 zurück nach Irak und wurde später Mitglied des Regierungsrats. An dessen Spitze rückte der bevorzugt in die traditionelle weiße Stammestracht gekleidete Politiker nach der Ermordung des Vorsitzenden Essedin Salim Mitte Mai. Patschatschi ist einer der erfahrensten irakischen Politiker, der enge Verbindungen zum US-Außenministerium hat. Der mit einem Doktortitel von der US-Eliteuniversität Georgetown ausgestattete moderate Sunnit vertrat sein Land zeitweise bei den Vereinten Nationen. Von 1966 bis 1967 war er Außenminister Iraks. Drei Jahre nach dem Putsch der Baath-Partei wurde Patschatschi 1971 ins Exil gezwungen und eine der führenden Persönlichkeiten der Exil-Iraker. Wegen des Streits um die Benennung eines Präsidenten waren die Verhandlungen des provisorischen Regierungsrats mit der US-Zivilverwaltung und der UNO über die künftige Übergangsregierung mehrfach vertagt worden, zuletzt auf Dienstag. Ministerpräsident der Übergangsregierung soll das Mitglied des Regierungsrates, Ijad Allawi, werden. Kurz nach der Nominierung des künftigen irakischen Präsidenten durch den Regierungsrat haben sich in der Innenstadt von Bagdad mehrere schwere Explosionen ereignet. Dabei sind mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Die Explosion ereignete sich nahe einem Büro eines kurdischen Verbands, wie arabische Fernsehsender berichteten.

Bagdad: Patschtaschi lehnt Präsidentschaft ab

Ghasi el Jawar zum Kandidaten ernanntBagdad: Patschtaschi lehnt Präsidentschaft ab

Bgadad (rpo). Verwirrung um die Präsidentschaft im Irak. Regierungsratsmitglied Nasser Kamel el Tschadertschi erklärte, el Jawer habe den Posten akzeptiert. Der 45-jährige Zivilingenieur war vom Regierungsrat von vornherein favorisiert worden. Die USA hatten dagegen Patschatschi favorisiert. Der irakische Regierungsrat hat die Nominierung des seines bisherigen Vorsitzenden Ghasi el Jawar zum künftigen irakischen Präsidenten empfohlen. Dies gab ein Vertreter des Rats am Dienstag in Bagdad bekannt. Unmittelbar zuvor hatte der frühere Außenminister Adnan Patschatschi seine Nominierung als künftiger Präsident Iraks abgelehnt. "Er wurde nominiert, aber eine halbe Stunde später gab er seine Ablehnung bekannt", sagte Planungsminister Mehdi el Hafes, ein enger Vertrauter Patschatschis, der Nachrichtenagentur Das Amt wurde das Amt am Dienstag zunächst dem von den USA bevorzugten Patschatschi angetragen, wie dessen Mitarbeiter und el Tschadertschi erklärten. Der hat nun aber überraschen abgesagt.

Irak: Präsidentschaftskandidat offenbar gefunden

Vier Tote und 25 Verletzte bei Autobombenanschlag in BagdadIrak: Präsidentschaftskandidat offenbar gefunden

Bagdad (rpo). In der Kontroverse um die Auswahl eines künftigen irakischen Präsidenten ist offenbar ein Kompromisskandidat gefunden. Es handele sich um den Sunniten Saad el Dschanabi, sagten Mitglieder des irakischen Regierungsrats. Derweil gab es wieder vier Tote und 25 Verletzte bei einem Autobombenanschlag in BagdadDie Nominierung eines Staatsoberhaupts für die Zeit nach der US-Verwaltung war am Montag gescheitert, weil Regierungsrat und US-Besatzungsbehörde unterschiedliche Kandidaten favorisierten. Der Regierungsrat wollte seinen gegenwärtigen Vorsitzenden nominieren, den 45-jährigen Zivilingenieur Ghasi Maschal Adschil el Jawer. Die die USA bevorzugen hingegen den 81-jährigen früheren Außenminister Adnan Patschatschi als Präsidenten. Der mögliche Kompromisskandidat Saad el Dschanabi soll Saddam Hussein nahe gestanden haben, bis er Anfang der 90er Jahre nach Kuwait und später in die USA floh. Die Nominierungen für die meisten Ämter der neuen Übergangsregierung stehen bereits fest; Ministerpräsident soll der Schiit Ijad Allawi werden. Ohne eine Entscheidung über das nominelle Staatsoberhaupt kann die zum 30. Juni geplante Machtübergabe an die Iraker jedoch nicht zustande kommen. Bei der Explosion einer Autobombe in der Nähe des US-Hauptquartiers in Bagdad kamen am Montag vier Menschen ums Leben. 25 wurden verletzt. Zu den Todesopfern des Anschlags vom Montag gehört die Schwester der beiden früheren irakischen Präsidenten Abdel-Salam Aref und Abdel-Rahman Aref, die von 1963 bis 1968 regierten. Die 72-jährige Sabiha Aref sei in ihrem Haus von Glassplittern tödlich verletzt worden, teilten Angehörige mit. Der Anschlag ereignete sich im Stadtteil Harithijah. US-Soldaten hielten eine aufgebrachte Menschenmenge zurück, während sich Sanitäter um die Verletzten kümmerten.

Wichtiger Termin: Kaplan muss zum Ausländeramt

Islamist will Aufenthalt in Köln verlängernWichtiger Termin: Kaplan muss zum Ausländeramt

Köln (rpo). Um den Fotografen zu entgehen, hat der Islamistenführer Metin Kaplan die 100 Meter von seiner Wohnung in Köln-Chorweiler zur Polizeiwache mitten in der Nacht zurückgelegt. Dort hat er sich am Montag weisungsgemäß gemeldet. Heute hat der selbst ernannte "Kalif von Köln" seinen nächsten Termin.Das Kölner Ausländeramt hat für heute den Islamistenführer Kaplan offiziell vorgeladen. Hintergrund ist, dass Kaplan am Freitag die weitere Duldung seines Aufenthalts in der Domstadt beantragt hatte. Das Kölner Verwaltungsgericht hatte vergangenen Donnerstag den Vollzug der Abschiebung Kaplans für zwei Monate ausgesetzt. Für diesen Zeitraum muss der Prediger eine erneute Duldung beantragen. Daraufhin war der Haftbefehl gegen ihn aufgehoben und die europaweite Fahndung gegen ihn eingestellt worden. Der selbst ernannte "Kalif von Köln" hatte sich gestern weisungsgemäß bei der Kölner Polizei gemeldet.Politiker fordern lückenlose Überwachung von KaplanDer stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach (CDU), dringt nach der Meldung des Islamistenführers Metin Kaplan bei der Polizei weiter auf eine Verschärfung im Zuwanderungsgesetz: "So lange Rot-Grün nicht bereit ist, einer Sicherungshaft zuzustimmen, haben wir keine andere Wahl, als Leute wie Kaplan rund um die Uhr und lückenlos zu beobachten", sagte er der "Bild"-Zeitung (Dienstagausgabe). Auch der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle ist laut "Bild" für eine lückenlose Überwachung Kaplans, lehnt aber schärfere Gesetze ab: "Die lückenlose Observierung von Schwerkriminellen wie Kaplan ist möglich und auch nötig", sagte Westerwelle dem Blatt. In der "Financial Times Deutschland" (Dienstagausgabe) kündigte Bosbach einen eigenen Gesetzentwurf zur Sicherungshaft an. "Die Regelungen im Zuwanderungsgesetz sind notwendig, aber nicht ausreichend", sagte der Unions-Fraktionsvize. Er forderte, in einem weiteren Gesetz eine Sicherungshaft für solche Ausländer vorzuschreiben, deren eigentlich beschlossene Abschiebung nicht vollzogen werden kann. "Es ist naiv zu glauben, die Sicherheitsbehörden könnten einen Mann wie Kaplan rund um die Uhr bewachen", sagte Bosbach. Er forderte zugleich, "die sicherheitsrelevanten Neuerungen aus dem Kompromisspaket so rasch als möglich, etwa zum 1. Juli, in Kraft zu setzen". Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz sagte der "FTD", er sei zwar grundsätzlich für eine Debatte über Sicherungshaft für ausländische Straftäter und Terrorverdächtige offen. Es gebe aber auf absehbare Zeit zu viele verfassungsrechtliche Probleme. Er forderte, den Kompromiss zur Zuwanderung jetzt "eins zu eins" umzusetzen. Allerdings sollten alle Sicherheitsgesetze in Deutschland kritisch überprüft werden.

Peking: Nordkoreaner flüchten in deutsche Botschaft

Diplomaten weisen offenbar Anführer der Gruppe abPeking: Nordkoreaner flüchten in deutsche Botschaft

Peking (rpo). Eine Gruppe Nordkoreaner ist am Dienstag auf das Gelände der deutschen Botschaft in Peking geflüchtet. Der Anführer der Gruppe wurde von den Behörden aber offenbar abgewiesen."Eine Gruppe Nordkoreaner ist jetzt auf deutschem Territorium", sagte ein Botschaftsvertreter. "Wir suchen nun mit den chinesischen Behörden nach einer Lösung." Nach Angaben des deutschen Arztes Norbert Vollertsen, der sich bei ähnlichen Vorfällen für nordkoreanische Flüchtlinge eingesetzt hatte, waren lediglich fünf der sechs Nordkoreaner "sicher in der deutschen Botschaft", vier Männer und eine Frau. Der Anführer der Gruppe, Yun Woong Joo, sei abgewiesen worden, teilte Vollertsen per E-Mail mit. Yun hatte demnach bereits im Februar versucht, in die deutsche Botschaft zu gelangen. Er habe aber nicht nach Südkorea ausreisen dürfen, weil ein südkoreanischer Diplomat nicht geglaubt habe, dass Yun aus Nordkorea stammte. Der deutsche Botschaftsangehörige, der ihn nun befragte, habe Yuns Ausweispapiere nicht als Beweis für seine nordkoreanische Identität anerkannt. Laut Vollertsen wurde die Aktion am Dienstag von einem Mann namens "Mr. Moon" und einer US-Nichtregierungsorganisation koordiniert. Der Arzt ging davon aus, dass die Flüchtlinge bald nach Südkorea ausreisen dürfen. Vollertsen war vor vier Jahren nach öffentlicher Kritik an der Regierung in Pjöngjang aus Nordkorea ausgewiesen worden. Nach Angaben der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap waren die Nordkoreaner am frühen Dienstagmorgen (Ortszeit) über die Mauer des Botschaftsareals geklettert. Demnach flohen sie ins Obergeschoss eines Schulgebäudes auf dem Botschaftsgelände, wo ein Wohnkomplex untergebracht ist. In der Hoffnung auf ein besseres Leben versuchen Nordkoreaner immer wieder über ausländische Vertretungen in China nach Südkorea zu gelangen. Die Deutsche Botschaft in Peking liegt unweit der südkoreanischen Vertretung und diente bereits zuvor als Zufluchtsort für Flüchtlinge: Im September 2002 drangen 15 Nordkoreaner in die Botschaftsschule ein und erwirkten so ihre Ausreise nach Südkorea. Schätzungen zufolge leben 300.000 nordkoreanische Flüchtlinge illegal in China. Peking pflegt gute Beziehungen zu Pjöngjang und ist laut einem Vertrag zur Rückführung der Flüchtlinge in ihre Heimat verpflichtet. Wegen des internationalen Drucks erlaubte Peking jedoch in den vergangenen zwei Jahren rund 200 Nordkoreanern, die in Botschaften geflohen waren, die Ausreise nach Südkorea über einen Drittstaat.

Vesper: Leipzigs Olympia-Niederlage eine "Blamage"

Untersuchung gefordertVesper: Leipzigs Olympia-Niederlage eine "Blamage"

Chemnitz (rpo). Eine ordentliche "Blamage" nennt der stellvertretende Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Michael Vesper, die gescheiterte Olympia-Bewerbung von Leipzig. Er fordert eine genaue Untersuchung des Falles.Durch das vorzeitige Ausscheiden habe das internationale sportpolitische Ansehen Deutschlands sehr gelitten, sagte Vesper, der im Düsseldorfer Kabinett auch für Sport zuständig ist, der Chemnitzer "Freien Presse" (Dienstagausgabe). Wenn Deutschland in seinem Organisationsvermögen mit Kuba auf eine Stufe gestellt werde, sei das noch schmerzlicher als die Niederlage von Berlin 1996, das wenigstens noch in die letzte Runde gekommen sei. Vesper gab vor allem dem Bewertungsverfahren der Evaluierungskommission des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) die Schuld an der "peinlichen Schlappe". Die Entscheidung sei eine "Blamage". Wer Leipzig überall Bestnoten erteile und dann sehen müsse, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) dieselben Sachverhalte sehr viel schlechter bewerte, "der muss sich fragen lassen, ob er seriös geurteilt hat". Das Verfahren, das Millionen von Euro gekostet habe, stelle sich im nach hinein als Farce dar. Da sei der Wunsch der Vater des Gedanken gewesen. Die NOK-Mitglieder hätten Hotelkapazitäten und Infrastruktur nicht kritisch genug unter die Lupe genommen.

Pieper: Grüne verhöhnen die Ostdeutschen

Mit Ablehnung von SonderwirtschaftsgebietenPieper: Grüne verhöhnen die Ostdeutschen

Weimar (rpo). FDP-Generalsekretärin Cormelia Pieper fährt schwere Geschütze gegen die Grünen auf. Mit ihrer ablehnden Haltung zu Modellregionen und Sonderwirtschaftsgebieten in Ostdeutschland verhöhne die Partei die Ostdeustchen.Die Analyse der Grünen und besonders ihrer Bundestags-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, wonach es keine Sonderprobleme in Ostdeutschland gebe, sei eine "unglaubliche Verhöhnung aller Ostdeutschen, die unter Arbeitslosigkeit und fehlenden Chancen leiden", sagte Pieper der in Weimar erscheinenden "Thüringischen Landeszeitung" (Dienstagausgabe). Wenn sich Regionen oder Bundesländer entschließen wollen, mutige Schritte gegen zu viel Bürokratie und Massenarbeitslosigkeit zu unternehmen, dann verdienten solche Schritte tatkräftige Unterstützung, betonte Pieper. Nach ihrer Ansicht gehören zahlreiche Gesetze und Regelungen, die den Aufbau selbst tragender Wirtschaftsstrukturen in Ostdeutschland offenkundig hemmten, auf den Prüfstand. "Dieser Prüfstand sieht am besten so aus, dass die betreffenden Gesetze und Regelungen vorübergehend außer Kraft gesetzt werden können", fügte die FDP-Politikerin hinzu. Die großen Wachstumshindernisse in Deutschland seien zuviel Bürokratie, ein zu kompliziertes und zu teures Steuerrecht und ein zu starres, arbeitslosenfeindliches Tarifrecht, betonte Pieper.