Marrakesch Arme Länder sagen sich von der Kohle los

Marrakesch · Der Plan sieht einen Komplett-Umstieg auf erneuerbare Energien vor. Der Druck auf Deutschland steigt.

Dutzende Staaten, die besonders unter der Erderwärmung leiden, verpflichten sich zum Abschied von Kohle, Öl und Gas: Insgesamt 48 vor allem arme Länder wollen so schnell wie möglich in der heimischen Energieerzeugung ganz auf erneuerbare Quellen wie Wind und Sonne umstellen. Gemeinsam nahmen sie gestern eine Erklärung, die "Marrakesch-Vision", am Rande der Klimakonferenz in Marokko an. Zu den Unterzeichnern gehören das Gastgeberland, Kambodscha, Sudan und die pazifische Inselrepublik Kiribati. Ziel ist, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Umweltschützer betonten, dass die Staaten damit noch über die Ziele des Paris-Abkommens hinausgehen. Vor knapp einem Jahr hatte sich die Weltgemeinschaft verpflichtet, in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts die Atmosphäre nicht mit mehr Treibhausgasen neu zu belasten, als etwa in Wäldern wieder gespeichert werden kann. Atomkraft wird dabei nicht ausgeschlossen. Die Unterzeichner wollen dagegen bis 2050 komplett auf erneuerbare Energien umstellen.

Annalena Baerbock, Sprecherin für Klimapolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, forderte, der Appell dürfe auch in Deutschland nicht ungehört verhallen. "Es reicht nicht, wenn Bundesumweltministerin Barbara Hendricks anderen Ländern empfiehlt, keine neuen Kohlekraftwerke zu bauen. Solche Ansagen müssen sich dann auch im deutschen Klimaschutzplan wiederfinden." Ähnlich äußerte sich Greenpeace Deutschland. "Es ist ein Armutszeugnis, dass Deutschland beim Kohleausstieg inzwischen von immer mehr Ländern überholt wird", sagte Geschäftsführer Martin Kaiser. Die Bundesregierung dürfe "diese wichtige Entscheidung nicht länger verschleppen", sondern müsse jetzt einen Ausstieg aus der Kohle bis spätestens 2030 umsetzen.

Um den deutschen Klimaschutzplan war lange gerungen worden. Deutschland will demnach seinen Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent reduzieren. Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth von der deutschen Delegation betonte, der Kohleausstieg komme auch in Deutschland: "Dass wir das am Ende machen, daran kann doch überhaupt kein Zweifel bestehen. Und vielleicht müssen wir das ein bisschen schneller machen, als der ein oder andere denkt." Ziel in Deutschland sei aber, den Kohleausstieg in einem "gesellschaftlichen Prozess" zu gestalten.

(RP)
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