Moskau Arrest für Kremlkritiker Nawalny

Moskau · Der 40-jährige Putin-Gegner hatte die größten Proteste in Russland gegen Korruption in der Staatsführung organisiert. Nun schlägt der Kreml zurück.

Einen Tag nach landesweiten Protesten in Russland ist der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny als Organisator zu Arrest und einer Geldbuße verurteilt worden. Wegen des Aufrufs zu der nicht offiziell angemeldeten Demonstration in der Hauptstadt am Sonntag müsse er 20.000 Rubel (rund 320 Euro) zahlen, urteilte Richterin Alessja Orechowa gestern. Außerdem verhängte das Gericht 15 Tage Arrest wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt. Nawalny habe sich bei seiner Festnahme nicht den Anordnungen der Polizei gefügt.

In Russland waren nach einem Aufruf des Kremlkritikers Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen; der Radiosender Echo Moskwy berichtete von etwa 80.000 Demonstranten landesweit. Die durchweg friedlichen Proteste richteten sich gegen Korruption in der Staatsführung. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation OVD Info wurden allein in Moskau mehr als 1000 Menschen festgenommen. Dazu zählten viele Minderjährige. Die Polizei sprach von 600 Festnahmen. Der 40-jährige Nawalny will bei der Präsidentenwahl im März 2018 gegen Amtsinhaber Wladimir Putin kandidieren, der wahrscheinlich zur Wiederwahl antritt. Anfang März hatte Nawalny in einem Video Regierungschef Dmitri Medwedew Korruption im großen Stil vorgeworfen. Die russische Justiz hat Nawalny mit mehreren Prozessen wegen Wirtschaftsvergehen überzogen, was die Präsidentschaftskandidatur gefährdet.

Außer in Moskau gab es auch in anderen Städten Dutzende Festnahmen, die international scharf kritisiert wurden. Viele Festgenommene wurden über Nacht auf Polizeiwachen festgehalten und kamen erst gestern frei. Die russische Führung verteidigte den Polizeieinsatz. "Die Ordnungshüter sind absolut korrekt, hochprofessionell und legal vorgegangen", sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Es gebe Kräfte, die engagierte Bürger zu illegalen Aktionen aufwiegelten. Beobachter gehen davon aus, dass die Proteste die größten Aktionen seit dem Winter 2011/12 waren.

Der Polizeieinsatz habe die Ausübung der in der russischen Verfassung verankerten Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit verhindert, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Die Bundesregierung kritisierte die Behörden in Russland und im benachbarten Weißrussland für ihr Vorgehen gegen Demonstranten und verlangte die rasche Freilassung der Festgenommenen.

(dpa)
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