Gipfeltreffen der Regierungschefs Athen vergrault seine Geldgeber

Brüssel · Griechenland hat gestern erst spät neue Reformvorschläge vorgelegt. Die Regierungschefs kamen vergeblich zum Gipfeltreffen zusammen. Die Entscheidung soll nun erst zum Ende der Woche fallen.

Im griechischen Schuldenpoker haben die Geldgeber die Hoffnung auf ein rasches Ende gedämpft. Zum Abschluss des Sondergipfels gestern um 23 Uhr sagte Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), nun stehe noch eine Menge Arbeit an. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker äußerte sich aber zuversichtlich, dass die Finanzminister morgen Ergebnisse für den EU-Gipfel am Donnerstag liefern werden.

Gestern war ein Treffen der Euro-Finanzminister sowie der Gipfel der Regierungschefs ergebnislos verlaufen, weil die griechische Regierung ein Papier mit neuen Reformvorschlägen erst unmittelbar vor Beginn der Sitzung präsentiert hatte. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach daher von einem "Beratungsgipfel".

Das Ziel von Ministerpräsident Alexis Tsipras ist eine "politische Lösung", die Griechenland weniger Reformzugeständnisse abverlangen würde, als die Institutionen Währungsfonds, EU-Kommission und Europäische Zentralbank fordern. Genau darauf aber pochen die Geldgeber, allen voran Deutschland. Ohne Vorab-Einigung mit den Institutionen werde es auch keinen Beschluss der Regierungschefs geben, hieß es in Berlin.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) machte seinem Unmut gestern Nachmittag Luft. "Wir haben keine substanziellen Vorschläge bekommen", kritisierte er. Daher konnten die Minister dem Gipfel der Regierungschefs "keine angemessene Vorbereitung liefern". Sein finnischer Kollege Alex Stubb ergänzte: "Wir haben sehr viele Flugmeilen verschwendet, die Finanzminister und die Regierungschefs."

Griechenland muss bis 30. Juni 1,6 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen. Das Geld dafür hat es nicht. Zahlt Athen nicht, muss der IWF binnen vier Wochen die Zahlungsunfähigkeit feststellen. Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem gab sich dennoch verhalten optimistisch, dass Europa Staatspleite und Grexit noch verhindern könne.

Grund dafür ist das von Tsipras spät vorgelegte Papier. Darin verspricht Athen in den nächsten eineinhalb Jahren fünf Milliarden Euro einzusparen. Griechenland ist demnach nun bereit, die Mehrwertsteuer im Bereich Tourismus (Hotels, Tavernen und Cafés) zu erhöhen, die meisten Frührenten abzuschaffen und die Reichen des Landes mit einer Sondersteuer zu belegen. Eine Immobiliensteuer, die die linke Regierung eigentlich abschaffen wollte, soll bestehen bleiben. Besitzer von Jachten, Luxusautos und Schwimmbädern sollen tiefer in die Tasche greifen. Die Regierung will die Rüstungsausgaben um 200 Millionen Euro kürzen. Rentenkürzungen soll es aber nicht geben, obwohl Renten und Löhne für Staatsdiener der größte Ausgabenblock sind.

Ob dies reicht, um das Hilfspaket zu verlängern, müssen morgen die Finanzminister prüfen. Einer Verlängerung müsste der Bundestag spätestens Anfang nächster Woche zustimmen. In der Union sehen sich Kritiker durch die neue Entwicklung bestätigt. "Eine Krise, die durch Überschuldung entstanden ist, wird man nicht dadurch lösen können, dass man dem Schuldner immer neue, immer höhere Kredite gewährt", sagte Wolfgang Bosbach (CDU). "Wenn ich der weiteren Auszahlung von Milliardenbeträgen an Griechenland zustimmen soll, werde ich ganz bestimmt nicht nur schlicht Nein sagen, sondern auch persönliche Konsequenzen ziehen, und die werde ich dann zügig mit meinem Kreisverband besprechen", kündigte er an.

Tausende Griechen demonstrierten derweil gestern vor dem Parlament für die Beibehaltung des Euro.

(mar)
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