Warschau Auf Polen wartet ein Duell der Frauen bei der Parlamentswahl

Warschau · "Mein Name ist Szydlo, Beata Szydlo. Ich habe meine eigene Meinung und kann hartnäckig sein. Das weiß auch mein Mann." Mit diesem abgewandelten James-Bond-Zitat stellte sich am Wochenende in Warschau die nationalkonservative Kandidatin für das Amt des Premiers auf einem Parteikonvent vor. Überraschend hatte Jaroslaw Kaczynski, Chef der Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), darauf verzichtet, noch vor den Parlamentswahlen im Oktober erneut Regierungschef zu werden.

Szydlo hat gute Chancen, bald zu regieren: In Umfragen liegen die Nationalkonservativen mit 31 Prozent vor der Regierungspartei "Bürgerplattform" (PO), die zurzeit 25 Prozent verzeichnet. Der ehemalige Rocksänger und Politikrebell Pawel Kukiz kommt mit seiner noch nicht gebildeten Formation auf 19 Prozent und wird als Koalitionspartner der PiS gehandelt. Die konservativ-liberale PO hat sich nach knapp acht Jahren an der Regierung durch eine Arroganz der Macht und das Überspielen von sozialen Probleme unbeliebt gemacht.

Als Plus kann die 52-jährige Szydlo die erfolgreiche Kampagnenleitung für den designierten Präsidenten Andrzej Duda verbuchen, der in der Stichwahl Ende Mai Amtsinhaber Bronislaw Komorowski besiegte. Allerdings glauben viele Kommentatoren, dass Szydlo nach einem Wahlsieg bald abgelöst wird. Denn der Stratege Jaroslaw Kaczynski setzte nach dem Wahlsieg seiner Partei im Jahre 2005 mit Kazimierz Marcinkiewicz einen eher unbekannten Politiker als Regierungschef ein, um ihn dann Monate später wieder durch sich selbst abzulösen.

Die energische Regierungschefin Ewa Kopacz (58) griff dies bei einer zeitgleichen Parteiversammlung auf - und verlangte nicht von Szydlo, sondern von Kaczynski eine Debatte "über das Wohle Polens". Kopacz regiert seit nicht einmal einem Jahr, doch nach acht Jahren Regierungszeit sahen viele PO-Politiker Macht und Einfluss als zunehmend garantiert an. Um das Vertrauen ihrer Wähler wieder zu gewinnen, feuerte Kopacz Anfang Juni drei Minister und drei Vize-Minister, einen Berater und den Parlamentspräsidenten Radoslaw Sikorski. Sie alle waren in die so genannte Abhöraffäre verwickelt, bei der Mauscheleien der Politiker an die Öffentlichkeit gelangten. In dem sich nun abzeichnenden Duell der Politikerinnen befindet sich Kopacz in der Defensive.

Immer wieder verweist die Regierungspartei PO auf das hohe Wirtschaftswachstum in Polen, das für 2016 auf 3,7 Prozent geschätzt wird. Szydlo muss sich deshalb trotz guter Umfragewerte bemühen, als Kandidatin ernst genommen zu werden. Gegenüber Kaczynski agiert die sonst herrisch auftretende Politikerin bislang eher unterwürfig: "Danke Jaroslaw . Ich werde so arbeiten, dass du stolz sein wirst", sagte die Spitzenkandidatin der Nationalkonservativen in Warschau.

(RP)
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