Persönlich Aung San Suu Kyi . . . gefährdet ihren guten Ruf

Mit Martin Luther King wurde sie verglichen, mit Mahatma Gandhi und Nelson Mandela. Am kommenden Freitag wird Aung San Suu Kyi, Friedensnobelpreisträgerin und selbstlose Anführerin der Opposition in ihrem asiatischen Heimatland Myanmar (Birma), 70 Jahre alt.

Doch ihr makelloses Image als sanft-beharrliche Ikone des friedlichen Widerstands hat Kratzer erhalten, seitdem sie in die Niederungen der Politik herabgestiegen ist. Suu Kyi kannte in ihrem Heimatland bislang nur Bewunderung für ihre furchtlose Art, wie sie der Militärjunta die Stirn bot und dafür 15 Jahre Hausarrest in Kauf nahm. Ihre Selbstdisziplin wirkte fast unmenschlich: Die beiden Söhne ließ sie elf- und 15-jährig in Großbritannien zurück, um in Myanmar für die Demokratie zu kämpfen. Ihr Mann, ein britischer Historiker, starb 1999 in Oxford an Krebs - seine Frau stand ihm nicht bei, weil sie fürchtete, danach nicht mehr in Myanmar einreisen zu dürfen.

Seit 2012 wächst die Kritik an der einst selbstlosen Kämpferin für das Volk. Damals kam sie als Kandidatin bei den Nachwahlen in Birma ins Parlament und unterwarf sich sofort der Tatsache, dass Realpolitik Kompromisse verlangt. So drängte sie verängstigte Dorfbewohner, die um ihre Gesundheit und ihre Ernte fürchteten, den Protest gegen eine chinesische Kupfermine aufzugeben - die Nation brauche das Geld. Ihre Partei hat nun gute Chancen auf einen Wahlsieg, Suu Kyi könnte Parlamentspräsidentin werden. Das hat sie endgültig zur Taktiererin gemacht. Menschenrechtler warten vergeblich, dass Suu Kyi die blutige Verfolgung der muslimischen Minderheit der Rohingya im Land verurteilt. "Ja, Muslime sind ins Visier genommen worden, aber Buddhisten auch", sagte sie in einem Interview mit dem Sender BBC stattdessen vage. Die buddhistische Mehrheit Myanmars mag die Rohingya nicht - Solidarität mit ihnen würde Wählerstimmen kosten. Suu Kyi ist zur Machtpolitikerin geworden.

(RP)
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