Düsseldorf Ausländerhass wächst auch in NRW

Düsseldorf · Zu schweren Ausschreitungen wie in Sachsen ist es in Nordrhein-Westfalen bislang nicht gekommen. Dennoch hat sich die Zahl der Straftaten gegen Asylunterkünfte innerhalb eines Jahres fast verfünffacht.

Rund 50 rechtsextremistisch motivierte Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte sind NRW-weit in der ersten Hälfte dieses Jahres verübt worden. Damit verfünffachte sich die Zahl der Übergriffe im Vergleich zum ersten Halbjahr 2014, wie das Innenministerium in Düsseldorf mitteilte. Damals wurden elf Taten gezählt; insgesamt waren es im vergangenen Jahr 29 Straftaten. Die Übergriffe 2015 reichten von Schmierereien über Bedrohung bis hin zu Volksverhetzung. Menschen wurden bisher nicht verletzt.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) nannte die Taten beschämend. Der CDU-Fraktionsvize im Landtag, André Kuper, stellte klar: "Jede Form von Fremdenfeindlichkeit muss entschlossen bekämpft werden." Die Zahl der Notunterkünfte für Flüchtlinge habe sich in den letzten Monaten auf etwa 150 in 120 Städten und Gemeinden vervielfacht. Die FDP forderte ein entschlossenes Handeln: "Wir erwarten, dass gegen die Übergriffe auf Flüchtlinge mit der ganzen Härte des Rechtsstaats vorgegangen wird", sagte der FDP-Fraktionsvize Joachim Stamp.

Von einer neuen Dimension rechtsextremer Gewalt spricht hingegen der sächsische Verfassungsschutz. Dessen Präsident Gordian Meyer-Plath erklärte mit Blick auf die Ausschreitungen gegen Polizeikräfte in Heidenau: "Neu ist die Brutalität und die Bereitschaft, Polizisten zu attackieren." Nachdem am Samstag das Bundesverfassungsgericht das Versammlungsverbot in Heidenau außer Kraft gesetzt hatte, fand dort ein Solidaritätsmarsch für Flüchtlinge statt. Angeblich hatte das Dresdener Polizeipräsidium vergangene Woche Beamte aus benachbarten Bundesländern zur Verstärkung angefordert, aber keine ausreichende Unterstützung erhalten und deshalb den polizeilichen Notstand erklärt.

Keinen politischen Hintergrund hat dagegen das Feuer, das vergangene Woche in einer Sporthalle nahe einer Berliner Flüchtlingsunterkunft ausgebrochen war: Mehrere Jungen wurden ermittelt, die in der Halle gezündelt hatten.

Nach der Flüchtlingstragödie mit 71 Toten in Österreich hat die ungarische Polizei als fünften Tatverdächtigen einen weiteren Bulgaren festgenommen. Zuvor waren in Ungarn drei Bulgaren und ein Afghane gefasst und in Untersuchungshaft genommen worden. Gerade noch rechtzeitig wurde in Österreich ein weiterer Schleuser-Laster mit 26 Menschen im stickigen Laderaum gestoppt. Drei Kleinkinder standen darin kurz vor dem Verdursten. In Libyen nahmen Sicherheitskräfte drei mutmaßliche Schlepper fest. Ihnen wird vorgeworfen, mehr als 430 Flüchtlinge auf ein später gekentertes Holzboot gepfercht zu haben. Etwa 200 Menschen sollen ertrunken sein.

Die EU will ihren Streit um die Verteilung der Migranten rasch beilegen. Die Innen- und Justizminister der 28 Staaten treffen sich dazu am 14. September in Brüssel. Es geht um die Festlegung sicherer Herkunftsstaaten und den Aufbau von Registrierungszentren für Flüchtlinge in Südeuropa bis Ende des Jahres. Ungarn stellte derweil den Zaun an der 175 Kilometer langen Grenze zu Serbien vorzeitig fertig. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius verurteilte das Vorgehen: "Ungarn respektiert die gemeinsamen europäischen Werte nicht."

In Köln trafen am Wochenende die ersten 148 Flüchtlinge in der Zeltstadt in Chorweiler ein, wo bis zu 1000 Menschen vorläufig untergebracht werden sollen. Der Präsident des Bundesamtes für Migration, Manfred Schmidt, räumte angesichts der hohen Zahl an Asylbewerbern Versäumnisse ein. "Ich glaube, dass wir die Zeichen zu spät gesehen haben."

(RP)
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