Absturz von MH17 über der Ukraine OSZE erhebt schwere Vorwürfe gegen Separatisten

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und die ukrainische Regierung haben den pro-russischen Separatisten vorgeworfen, die Untersuchung des Wracks der malaysischen Passagiermaschine in der Ostukraine massiv zu behindern.

 Mitarbeiter der OSZE fühlen sich durch die Seperatisten bei ihrer Arbeit gestört.

Mitarbeiter der OSZE fühlen sich durch die Seperatisten bei ihrer Arbeit gestört.

Foto: afp, MS

Experten aus Kiew hätten sich lediglich 30 Minuten unter Aufsicht bewaffneter Aufständischer an der Absturzstelle nahe Grabowo aufhalten dürfen, sagte der ukrainische Vize-Regierungschef Wladimir Groisman am Samstag in Kiew. Auch die OSZE-Beobachter beklagten, sie hätten sich am Freitag an der Absturzstelle nicht frei bewegen können und nur für rund 70 Minuten Zugang zu dem Gebiet erhalten.

193 Niederländer und vier Deutsche unter Opfern

Bei dem Absturz am Donnerstag waren alle 283 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder der Malaysia-Airlines-Boeing ums Leben gekommen - unter ihnen 193 Niederländer und vier Deutsche. Die Hintergründe der Katastrophe sind weiter unklar. Nach Angaben von US-Präsident Barack Obama sind dafür sehr wahrscheinlich moskautreue Kräfte verantwortlich. Die Boden-Luft-Rakete, die das Flugzeug abgeschossen habe, sei aus einem von pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebiet abgefeuert worden, sagte Obama am Freitag.

Zwei Tage nach der Tragödie seien bisher 186 Leichen geborgen worden, teilte der staatliche ukrainische Rettungsdienst am Samstag mit. Die Suche nach den übrigen der insgesamt 298 Opfer gestalte sich sehr schwierig, da die Wrackteile über etwa 25 Quadratkilometer verstreut seien. Das ist etwa die Fläche der ostfriesischen Insel Norderney.

Internationale Beobachter wollten am Samstag erneut versuchen, das Trümmerfeld zu inspizieren. Nach ukrainischen Angaben sind bislang etwa 170 Helfer im Einsatz. Weitere Fachleute werden in der Ukraine erwartet. Auch Deutschland beteiligt sich an der Bergung und Identifizierung der Opfer. Das Bundeskriminalamt wird zunächst zwei Experten entsenden. Aus Großbritannien wurden am Samstag sechs Spezialisten für Flugzeugabstürze in Kiew erwartet. Zudem sollen britische Polizisten bei der Bergung, Identifizierung und dem Heimtransport der Leichen helfen. Die internationale Polizeiorganisation Interpol schickt ebenfalls ein Spezialteam.

"Volkswehr" bleibt vor Ort

Der ukrainische Vize-Regierungschef forderte die militanten Gruppen im Osten der Ukraine auf, einer internationalen Kommission den Zugang zu dem Wrack zu ermöglichen. Dem ukrainischen Geheimdienstchef Valentin Naliwaitschenko zufolge stimmten die Aufständischen einer "Sicherheitszone" rund um das Wrack zu. "Wir hoffen nun, dass die Terroristen verschwinden und uns das Arbeiten an der Absturzstelle ermöglichen", sagte er im Fernsehen. Separatistenanführer Andrej Purgin wies dies zurück. Die "Volkswehr" bleibe vor Ort, um eine "objektive Untersuchung" zu gewährleisten.

Die ukrainische Regierung warf den pro-russischen Separatisten auch vor, am Absturzort Beweismaterial zu vernichten. Die Aufständischen wollten mit Lastwagen Wrackteile über die russische Grenze bringen, hieß es in einer am Samstag in Kiew veröffentlichen Mitteilung. Die Separatisten wollten "Beweise ihrer Mitwirkung an dem Unglück vertuschen". Zudem hätten die militanten Gruppen 38 Leichen von der Absturzstelle in die Großstadt Donezk gebracht. Die Separatisten bestritten den Abtransport von Leichen. "Wozu brauchen wir sie? Ganz im Gegenteil. Wir wollen, dass zuständige Experten kommen und die Leichen bergen", sagte ein Separatistensprecher.

Das ukrainische Innenministerium reservierte in Charkow für Angehörige und Hinterbliebene der Opfer Hunderte Hotelzimmer. In der Stadt rund 300 Kilometer von der Absturzstelle entfernt stünden auch Übersetzer und Psychologen bereit. Es war zunächst unklar, ob die sterblichen Überreste nach Charkow oder Mariupol gebracht werden.

Kommission soll schnell Zugang erhalten

US-Präsident Obama telefonierte nach dem mutmaßlichen Abschuss von Flug MH17 mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Obama sprach am Freitag auch mit dem britischen Premierminister David Cameron, Polens Premierminister Donald Tusk und Australiens Premierminister Tony Abbott, wie das Weiße Haus mitteilte.

Alle fünf Politiker sprachen sich demnach für eine schnelle internationale Untersuchung aus, um die Hintergründe des Absturzes zu klären. Merkel telefonierte am Samstag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Beide stimmten nach Angaben des Bundespresseamtes darin überein, dass eine internationale, unabhängige Kommission unter Leitung der Internationalen Organisation für zivile Luftfahrt (ICAO) rasch Zugang zur Absturzstelle erhalten müsse.

US-Vizepräsident Joe Biden und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko verlangten ebenfalls eine schnelle internationale Untersuchung mit ungehindertem Zugang zur Absturzstelle, wie das Weiße Haus am Freitag mitteilte.

Beide Politiker hätten übereingestimmt, dass Russland als die Seite, die für die Bewaffnung der Separatisten verantwortlich sei, die Aufständischen öffentlich aufrufen müsse, ihre Waffen niederzulegen und internationalen und ukrainischen Experten sofortigen Zugang zu gewähren.

(dpa)
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