Afghanistan Berichte über 40 Tote bei Taliban-Angriff auf Hotel in Kabul

Kabul · Bewaffnete Talibankämpfer haben in der Nacht zum Sonntag ein Luxushotel in der afghanischen Hauptstadt Kabul attackiert. Die Zahl der Toten könnte auf mehr als 40 steigen. Das berichtete der Sender Tolo TV am Sonntag unter Berufung auf eine nicht genannte "verlässliche Quelle".

 Rauch steigt über dem Hotel Intercontinental in Kabul auf.

Rauch steigt über dem Hotel Intercontinental in Kabul auf.

Foto: rtr, AM/OS/NL

Die Zahl passt zur Einschätzung von Augenzeugen, wonach die offiziellen Zahlen von Regierungssprechern weit untertrieben sein sollen. Die Taliban hatten sich in der Nacht zum Sonntag stundenlange Gefechte mit Sicherheitskräften geliefert.
Nach Angaben des Innenministeriums wurden fünf oder sechs Zivilisten und alle sechs Angreifer getötet.

Nach offiziellen Angaben sind mindestens 18 Zivilisten getötet worden. Unter ihnen seien 14 Ausländer und vier Afghanen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums, Nasrat Rahimi, am Sonntag. Unter den internationalen Opfern seien ein Kirgise, ein Grieche und neun Ukrainer. Drei weitere ausländische Todesopfer habe man noch nicht identifizieren können. Außerdem wurden nach Behördenangaben alle sechs Angreifer getötet. Zehn Menschen - alle Afghanen seien verletzt worden, sagte Rahimi. Etwa 150 Menschen seien gerettet worden, darunter mehr als 40 Ausländer. Zu dem Angriff auf das Hotel Intercontinental bekannten sich die islamistischen Taliban.

Auf Bildern bei Tolo News war dicker schwarzer Rauch über dem Intercontinental Hotel zu sehen. Flammen schlugen aus der obersten Etage des sechsstöckigen Gebäudes. Mehrere Menschen waren zu sehen, die versuchten, sich mit Hilfe von Bettlaken von einem Balkon im obersten Stockwerk abzuseilen. Einer von ihnen verlor den Halt und stürzte in die Tiefe.

Ein Hotelgast, der sich in einem Zimmer versteckte, sagte AFP per Telefon, er könne Schüsse in der Nähe des ersten Stocks hören. "Wir verstecken uns in unseren Zimmern, ich flehe die Sicherheitskräfte an, uns so schnell wie möglich zu retten, bevor sie zu uns kommen und uns töten", sagte er. Bei einem späteren Versuch von AFP, den Mann zu erreichen, war sein Telefon ausgeschaltet.

Behördenangaben zufolge hatten vier Angreifer das Hotel am Samstagabend gestürmt, das Feuer eröffnet und dutzende Menschen als Geiseln genommen. Rahimi zufolge waren sie mit Handfeuerwaffen und Panzerfäusten bewaffnet. Spezialeinsatzkräfte wurden während der nächtlichen Attacke von Hubschraubern auf das Hoteldach heruntergelassen, wie Rahimi sagte.

Unklar war zunächst, wie viele Menschen sich im Hotel aufhielten. Wegen einer für Sonntag geplanten Informationstechnologie-Konferenz war das Hotel gut besucht. In den vergangenen Tagen hatte es Warnungen der Sicherheitsbehörden gegeben, Hotels und andere von Ausländern aufgesuchte Orte zu meiden.

Laxe Sicherheitsvorkehrungen

Die Sicherheitsvorkehrungen am Intercontinental waren offenbar eher lax. Nach Behördenangaben war unklar, wie die Angreifer an den Wachleuten des Hotels vorbeikommen konnten. Den Wachdienst hatte demnach vor drei Wochen eine Privatfirma übernommen. Ein Hotelangestellter sagte AFP, die neuen Wachleute seien bei dem Angriff davongerannt.

Ein Taliban-Sprecher teilte in einer Bekenner-E-Mail mit, bei dem Angriff auf das Intercontinental Hotel seien "dutzende ausländische Invasoren und deren Marionetten" getötet worden.

Das Auswärtige Amt in Berlin verurteilte den "hinterhältigen Anschlag" auf das Schärfste. Deutschland stehe "fest an der Seite Afghanistans". Es werde die afghanische Regierung "weiter dabei unterstützen, das Land zu stabilisieren und seine Sicherheit zu verteidigen", erklärte eine Sprecherin.

2011 hatte es bei einem Selbstmordattentat im Intercontinental Hotel, zu dem sich die Taliban bekannten, 21 Tote gegeben. Im März 2014 waren bei einem Angriff auf das Luxushotel Serena in Kabul neun Menschen getötet worden, darunter ein AFP-Journalist.

Die Taliban schlugen am Wochenende auch andernorts zu. In einem Dorf der nordafghanischen Provinz Balch zerrten die islamistischen Kämpfer in der Nacht Polizisten aus ihren Häusern und erschossen sie. Der stellvertretende Polizeichef Abdul Rasik Kaderi gab die Zahl der getöteten Polizisten mit mindestens 18 an.

In Herat im Westen des Landes wurden amtlichen Angaben zufolge mindestens acht Zivilisten getötet, als ein Fahrzeug über eine von den Taliban gelegte Mine fuhr.

(felt)
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