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Abschaffung der Troika In Berlin beißt Alexis Tsipras auf Granit

Berlin · Nach dem Rauswurf der Troika wirbt Athen auf einer Europatour mit überraschend moderaten Tönen für seine Abkehr vom Sparkurs. Doch die Bundesregierung bleibt hart. Ihre Devise: Kontrolle muss sein.

 Griechenlands neuer Regierungschef Alexis Tsipras besuchte am Montag Zypern.

Griechenlands neuer Regierungschef Alexis Tsipras besuchte am Montag Zypern.

Foto: ap

Nach dem Rauswurf der "Troika" aus Griechenland beharrt die Bundesregierung auf einer internationalen Kontrolle der Reformfortschritte. Die sei Bestandteil der europäischen Verträge, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Montag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters in Berlin: "Die kann man nicht ändern."

Der neue griechische Regierungschef Alexis Tsipras betonte, sein Land wolle den Euro behalten, an einen Kredit aus Russland denke er derzeit nicht. An der Börse setzten sich die Optimisten durch, die einen Kompromiss für möglich halten.

Die Troika ist verhasst

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hatte die Kooperation mit den Kontrolleuren von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) am Freitag für beendet erklärt. Für viele seiner Landsleute ist die Troika zu einem Symbol für den verhassten Sparkurs geworden. Schäuble räumte ein, dass die Troika für manche Menschen in Griechenland ein negatives Symbol sei. Die Beteiligung der dahinter stehenden Organisationen an Hilfsprogrammen für Euro-Länder sei aber rechtlich fixiert.

Eine Sprecherin von Kanzlerin Angela Merkel sagte, es gebe keinen Anlass von dem "bewährten Mechanismus" der Troika abzuweichen.

Schäuble zieht rote Linie

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Foto: dpa, el ase

Zwar zeigte sich Schäuble bereit für Gespräche mit der neuen Regierung in Athen. Wenn sein Amtskollege Varoufakis nach Berlin komme, würde er sich darüber freuen. Allerdings zog er auch eine rote Linie: "Wir werden einseitige Veränderungen des (Reform-)Programms nicht akzeptieren." Die laufende Vereinbarung sei noch nicht ordnungsgemäß abgeschlossen: "Wenn das Programm nicht erfüllt werden sollte, stellt sich auch nicht die Frage einer Verlängerung."

Aus Sicht der griechischen Regierung hat sich die bisherige Reformvereinbarung erledigt. Sie will außerdem mit den Gläubigern über eine Restrukturierung ihrer Schulden verhandeln. Eine Rückkehr der Euro-Schuldenkrise wegen der Turbulenzen in Griechenland erwartet Schäuble nach eigenen Worten aber nicht: "Nein, die Finanzmärkte geben ja dafür Gott sei Dank keinerlei Anzeichen", sagte der Minister.

Auch SPD mahnt Athen

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Foto: dpa, sp ase tba

Auch die SPD forderte die griechische Regierung auf, Zusagen umzusetzen. Es sei wenig hilfreich, die Reformprogramme und die Rückzahlungen infrage zu stellen, sagte Generalsekretärin Yasmin Fahimi nach Beratungen des Parteipräsidiums. Im Gegenzug könne sich Griechenland auf die Solidarität in Europa verlassen.

Tsipras sucht Verbündete

Die griechische Regierung warb unterdessen weiter für einen Kurswechsel bei der Krisenbekämpfung. Tsipras sagte in Zypern, man sei mit den Geldgebern in "substantiellen Gesprächen". Spekulationen, er wolle zur Not auf finanzielle Hilfen aus Russland zurückgreifen, erteilte er einen Absage. Zurzeit gebe es solche Überlegungen nicht.

Am Montag wurde er auch noch bei Frankreichs Präsident Francois Hollande in Paris erwartet. Am Dienstag wollte er nach Italien weiterreisen, am Mittwoch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel treffen. Um Berlin machen Vertreter der neuen Regierung bislang einen hohen Bogen.

Parallel dazu besuchte Finanzminister Varoufakis London. Sein britischer Amtskollege George Osborne warnte nach einem Treffen, ein Patt zwischen Griechenland und der Euro-Zone würde schnell zum größten Risiko für die Weltwirtschaft werden. Er forderte Varoufakis auf, verantwortlich zu handeln. Allerdings müsse die Euro-Zone einen besseren Plan für Wachstum und Beschäftigung entwickeln. In London wollte Varoufakis auch Vertreter von Banken und anderen Investoren treffen, um für Vertrauen zu werben.

Brüssel zeigt sich kompromissbereit

Nach dem Regierungswechsel waren griechische Staatsanleihen abgestürzt. Von der EU-Kommission kamen Kompromisssignale. Währungskommissar Pierre Moscovici und Varoufakis hätten am Sonntag in Paris konstruktive Gespräche geführt. Details nannte ein Sprecher der Brüsseler Behörde nicht. Junckers Standpunkt sei weiter, dass die Troika durch ein Format ersetzt werden sollte, das demokratisch stärker legitimiert sei.

Ob die Troika schon vor Ende Februar ausgetauscht werden sollte, wenn das aktuelle Hilfsprogramm endet, ließ er offen. Er machte aber auch klar, jede Einigung müsse von allen Euro-Staaten gebilligt werden. Die Aussicht auf einen Kompromiss half griechischen Aktien weiter auf die Beine. Der Athener Leitindex stieg nach den herben Verlusten der vergangenen Woche um vier Prozent, dabei legten Bankaktien um mehr als sieben Prozent zu. Allerdings pendelte der Risikoaufschlag für zehnjährige Staatsanleihen weiter um 11,4 Prozent - eine Rückkehr an den Kapitalmarkt bleibt Athen damit versperrt.

(REU)
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