Gaza-Krieg Amnesty wirft Hamas Folter und Hinrichtungen vor

Jerusalem · In den Wirren des Gaza-Kriegs hat die radikalislamische Hamas laut Amnesty International dutzende Palästinenser hingerichtet oder gefoltert. Der Bericht der Menschenrechtsorganisation spricht von einer "schamlose Abrechnung" mit unliebsamen Gegnern. Die israelische Luftwaffe flog derweil Angriffe auf mehrere Ziele im Gazastreifen.

 Die Hamas soll mutmaßliche Kollaborateure gefoltert und sogar hingerichtet haben.

Die Hamas soll mutmaßliche Kollaborateure gefoltert und sogar hingerichtet haben.

Foto: ap

Die Hamas habe den Konflikt mit der israelischen Armee genutzt, um sich ihrer Gegner im Gazastreifen zu entledigen, heißt es in dem Amnesty-Bericht. Sie habe mindestens 23 Palästinenser hingerichtet und Dutzende weitere gefoltert. Die Hamas habe "eine brutale Kampagne mit Entführungen, Folter und Verbrechen gegen Palästinenser" geführt, denen Zusammenarbeit mit Israel zur Last gelegt worden sei.

"Es ist absolut grauenvoll, dass, während die israelischen Truppen der Bevölkerung des Gazastreifens massive menschliche und materielle Verluste zufügten, die Truppen von Hamas dies für eine schamlose Abrechnung ausnutzten", erklärte der Amnesty-Direktor für den Nahen Osten und Nordafrika, Philip Luther.

Dem Bericht zufolge verschleppte, folterte und attackierte die Hamas unter anderem Mitglieder der im Westjordanland regierenden Fatah. Keines der Vergehen der Hamas gegen Palästinenser sei geahndet worden. Dies deute darauf hin, "dass die Verbrechen von den Behörden entweder angeordnet oder gebilligt" worden seien, schrieb Amnesty.

Einige der Vergehen sind nach Einschätzung von Luther als Kriegsverbrechen einzustufen. Die Hamas habe "die elementarsten Regeln der internationalen Menschenrechte missachtet". Amnesty rief die Behörden im Westjordanland und die Hamas auf, zur Klärung der Fälle mit unabhängigen internationalen Ermittlern zusammenzuarbeiten.

Im März hatte Amnesty bereits mehreren bewaffneten Palästinensergruppen Kriegsverbrechen vorgeworfen. Die vom Gazastreifen während des Gaza-Kriegs abgefeuerten Raketen töteten demnach mehr Palästinenser als Israelis. Auch dem israelischen Staat legte die Menschenrechtsorganisation Kriegsverbrechen zur Last. Die Palästinenser wollen die Verantwortlichen in Israel in diesem Zusammenhang vor den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) bringen. Israel, das die Zuständigkeit des Tribunals nicht anerkennt, leitete selbst in mehreren Fällen Untersuchungen ein.

In dem 50-tägigen bewaffneten Konflikt mit Israel im Juli und August 2014 waren im Gazastreifen mehr als 2200 Palästinenser, zumeist Zivilisten, getötet worden. Auf israelischer Seite starben 73 Menschen, darunter 67 Soldaten.

Am Dienstag wurde aus dem Gazastreifen der dritte Raketenangriff auf Israel seit Ende des bewaffneten Konflikts im Sommer verübt. Dabei wurde niemand verletzt. Die israelische Luftwaffe reagierte auf den Beschuss am Mittwoch mit vier Angriffen in dem Palästinensergebiet. Die Einsätze hätten sich gegen "vier Terrorinfrastrukturen im südlichen Gazastreifen" gerichtet, erklärte Armeesprecher Peter Lerner. Es sei "nicht hinnehmbar", dass die Hamas den Gazastreifen als Ausgangspunkt für Angriffe auf Israel nutze.

Augenzeugen berichteten, Ausbildungslager der mit der Hamas verbündeten Organisation Islamischer Dschihad in Rafah, Chan Junis und Gaza-Stadt seien Ziele der Bombardements gewesen.

(AFP)
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