Konjunktur statt Menschenrechte Angela Merkel reist im Dienste der Wirtschaft durch China

Peking · Für die deutsche Industrie hat sich die Reise mit der Kanzlerin nach China gelohnt: VW baut zwei Werke, Airbus verkauft 100 Hubschrauber, Lufthansa und Air China rücken zusammen. Menschenrechte spielen nur am Rande eine Rolle.

2014: Merkels China-Besuch in Bildern
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Zum siebten Mal ist Kanzlerin Angela Merkel auf Dienstreise in China. Und wieder hat sich die Fahrt für die mitreisenden Vertreter der deutschen Industrie gelohnt. Sie konnten neue Verträge in Milliarden-Höhe abschließen. Nach Gesprächen mit Premier Li Keqiang in der Großen Halle des Volkes zeigten sich die beiden Regierungschefs gestern zufrieden über die Kooperation. Menschenrechte spielten dagegen keine große Rolle.

Volkswagen Europas größter Autobauer will in seinem wichtigsten Absatzmarkt zwei neue Werke bauen und vereinbarte mit dem Autohersteller First Automotive Works (FAW) neue Standorte. Ein Werk soll in der Hafenstadt Qingdao entstehen, das andere in der nahe Peking gelegenen Metropole Tianjian. Investitionsvolumen: zwei Milliarden Euro. Merkel ließ sich im Werk Chengdu von VW-Chef Martin Winterkorn die Pläne erklären. Winterkorn kritisierte, Genehmigungsverfahren dauerten in China oft lang. Volkswagen ist seit langem in China aktiv. Von den 9,7 Millionen Wagen, die der VW-Konzern im vergangenen Jahr produzierte, wurde jeder dritte nach China verkauft. Für die Wolfsburger sind die neuen Werke die Fabriken Nummer 19 und 20.

Airbus Der europäische Flugzeughersteller Airbus Group (zuvor EADS) unterzeichnete einen Vertrag über die Lieferung von mehr als 100 Hubschraubern im Wert von rund 300 Millionen Euro. Delegationskreise versicherten, diese dienten "zivilen Zwecken". 50 Helikopter gehen an Baiyun General Motors Aeronautics, weitere 50 an das Unternehmen Xinmei.

Lufthansa Die Fluggesellschaft unterzeichnete eine Absichtserklärung über eine engere Zusammenarbeit mit ihrem Star-Alliance-Partner Air China, um zum Winterflugplan mit neuen Angeboten zu punkten. Das ist für die Lufthansa eine willkommene Verstärkung, da sie auf Strecken nach Asien zunehmend unter der Konkurrenz der arabischen Rivalen wie Emirates leidet. Die Lufthansa-Aktie stieg gestern zeitweise um 1,5 Prozent und war größter Gewinner im Dax. Die Übereinkunft ist auch ein Erfolg für den neuen Lufthansa-Chef Carsten Spohr, der morgen seinen Umbauplan vorstellen wird.

Cebit Die Deutsche Messe AG vereinbarte, dass China im kommenden Jahr das Gastland der weltgrößten Computermesse Cebit in Hannover wird. China gilt als stark wachsender Markt für Informationstechnik, in diesem Jahr soll der Umsatz um 8,8 Prozent zulegen.

Merkel besucht China: Kanzlerin besucht Markt und VW-Werk
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Die Beziehungen zwischen China mit 1,3 Milliarden Menschen und der Bundesrepublik mit 80 Millionen gelten als grundsätzlich gut. China ist für Deutschland der drittwichtigste Handelspartner. Doch es gibt viel Unmut in der deutschen Wirtschaft darüber, dass China seinen Markt für deutsche Firmen begrenzt, oft nur ihr Know-how abgreifen, ihre Rechte aber beschneiden möchte. Weiter klagen deutsche Unternehmen, dass bei öffentlichen Ausschreibungen chinesische Anbieter bevorzugt würden.

Merkel sprach diese Kritik offen an. Sie forderte China auf, Handelshemmnisse für die deutsche Wirtschaft abzubauen. "Unsere Wirtschaft wünscht sich, dass sie in noch breiterem Maße einen Marktzugang bekommen kann", sagte sie beim Gespräch mit Li Keqiang. Deutschland sei seinerseits offen für chinesische Investoren.

Das Thema Menschenrechte kam dagegen kaum vor. Die Kanzlerin betonte nur, eine erfolgreiche Entwicklung der Wirtschaft sowie der Menschenrechte und des Rechtsstaats gehörten zusammen. Die Wirtschaft profitiere von einer freien Gesellschaft, von selbstbewussten und nicht unterdrückten Menschen. Womöglich hat sie Li unter vier Augen gesagt, was sie bei den Menschenrechten konkret will. Nach einem Treffen mit Schülern im Himmelstempel spazierten Merkel und Li 300 Meter durch einen Park - ohne Delegation.

(RP)
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