Griechenland beunruhigt die Finanzmärkte Angst vor dem Domino-Effekt

Düsseldorf (RP). Der Griechenland-Gipfel hat die Finanzmärkte nicht beruhigt. Denn der EU-Vertrag verbietet direkte Hilfen. Eigentlich kann nur der IWF noch helfen. Gelingt das nicht, droht weiteren Euro-Ländern die Pleite.

Euro-Länder in der Schuldenfalle
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Am Tag nach dem Rettungsgipfel für Griechenland sind die Finanzmärkte weiter unruhig. Zugleich fragen sich viele, wieso man ausgerechnet einem Staat helfen muss, der sich mit Fälschungen in die Euro-Zone geschmuggelt hat.

Kann man Griechenland nicht einfach aus der Eurozone rauswerfen?

Griechenland hatte 2001 nur dank gefälschter Statistiken die Bedingungen für die Euro-Einführung erfüllt und meldete 2009 erneut geschönte Zahlen. Doch selbst für solche Fälle sieht der Euro-Vertrag keinen Rauswurf vor. "Die Vortäuschung falscher Tatsachen ist moralisch verwerflich, rechtlich aber nicht zu beanstanden", sagt Holger Sandte, Chefvolkswirt der WestLB.

Warum lässt die EU Griechenland nicht Pleite gehen?

Grundsätzlich können Staaten bankrott gehen, wie Argentinien 2002 gezeigt hat. Dann können sie mit ihren Gläubigern vereinbaren, jedem nur einen Teil der Kredite zurückzuzahlen, und zugleich zur Ankurbelung der Exportwirtschaft ihre Währung abwerten. Doch das geht bei der Gemeinschaftswährung Euro nicht.

Wenn nun die EU Griechenland nicht rettet, erwarten die Börsianer, dass sie auch andere Sorgenkinder (siehe unten) fallen lässt. Das Rating dieser Länder würde sich verschlechtern, sie müssten höhere Zinsen auf neue Kredite zahlen, würden immer tiefer in den Schulden-Sumpf geraten — und wären womöglich selbst von der Pleite bedroht. Das würde Banken weltweit zu Abschreibungen zwingen, allein Griechen, Portugiesen und Spanier haben bei Banken im Euro-Land Schulden von 800 Milliarden Euro. "Die Gefahr eines Dominoeffektes ist zu groß", sagt Sandte. Die Welt habe Lehman Pleite gehen lassen und damit fast einen Bankencrash ausgelöst, eine Pleite von Griechenland könne ähnliche Folgen haben.

Was können andere Länder tun?

Ein Land ist viel schwieriger zu retten als eine Bank. Nach der Lehman-Pleite garantierte Kanzlerin Merkel alle deutschen Spareinlagen und verhinderte so, dass es zum Sturm auf die Banken kam. Ähnliche Garantien könnten nun theoretisch auch die Euro-Staaten aussprechen. Sie könnten etwa ihre Staatsbanken (wie die KfW) verpflichten, griechische Anleihen zu kaufen, für die Athen keine privaten Abnehmer findet. Oder sie könnten privaten Abnehmern garantieren, dass sie die griechischen Schulden zurückzahlen, falls Athen dazu nicht in der Lage ist.

Doch der EU-Vertrag verbietet, dass Länder auf diese Weise für die Schulden zügelloser Partner einstehen. Erst Recht verbietet er direkte Hilfszahlungen. Darum haben die EU-Staatschefs auf ihrem Gipfel auch so laviert, haben Finanz-Hilfen abgelehnt und sich nur nebulös auf Finanz-Garantien geeinigt. Weil die Politik bisher nicht erklärt hat, wie vertragskonforme Garantien aussehen könnten, sind die Börsen anhaltend unruhig. Der Euro fiel gestern auf ein Neun-Monats-Tief von 1,35 Dollar. Zudem hat Euro-Gegner Peter Gauweiler (CSU) Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits mit Klage vor dem Verfassungsgericht gedroht, sollte sie versuchen, den EU-Vertrag zum Vorteil Athens weit auszulegen, wie es in Berlin heißt.

Wer kann Griechenland helfen?

Eigentlich bleibt nur der Internationale Währungsfonds (IWF), der schon vielen anderen Pleite-Staaten frische Kredite gewährt und sie im Gegenzug zu scharfen Sparprogrammen verpflichtet hat. Doch falls Griechenland wie ein korrupter Wüstenstaat vom IWF gerettet würde, wäre das eine Schande für den Euro, meinen viele. Die Suche nach einem Ausweg geht weiter.

(RP)
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