Staatschef legt Blumen nieder Erdogan gedenkt Anschlagsopfern in Ankara

Ankara · Vier Tage nach dem Anschlag mit fast hundert Toten auf eine Friedensdemonstration in Ankara hat der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan der Opfer gedacht. Unterdessen haben die Ermittler Medienberichten zufolge zwei der mutmaßlichen Attentäter identifiziert.

Recep Tayyip Erdogan legt für Ankara-Opfer Blumen nieder
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Erdogan legt für Ankara-Opfer Blumen nieder

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Vor dem Bahnhof der Hauptstadt, wo sich am Samstag zwei Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt hatten, legte Erdogan am Mittwoch ein Blumengebinde nieder. Unterdessen gab es angesichts der Kritik an den Behörden nach dem Anschlag erste personelle Konsequenzen.

Begleitet wurde Erdogan beim Gedenken an die Opfer von seinem finnischen Kollegen Sauli Niinistö. Der türkische Präsident steht wegen des verheerendsten Anschlags in der Geschichte der Türkei erheblich unter Druck. Oppositionspolitiker werfen ihm vor, für das aufgeheizte Klima im Land verantwortlich zu sein. Überdies gibt es Kritik an den Sicherheitskräften, weil diese den Anschlag nicht verhinderten.

Als Reaktion entließ das türkische Innenministerium den Polizeichef von Ankara sowie die Chefs der Geheimdienst- und Sicherheitsabteilungen der Polizei in der türkischen Hauptstadt, wie die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Die Zeitung "Hürriyet" berichtete, einer der Selbstmordattentäter von Ankara sei den Behörden als Anhänger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekannt gewesen. In den vergangenen Tagen waren insbesondere Vorwürfe gegen Innenminister Selami Altinok laut geworden, der bisher jedoch einen Rücktritt ablehnt.

Am Dienstagabend hatte Erdogan mögliche Versäumnisse der Sicherheitsbehörden eingeräumt. "Es muss ohne Frage einen Fehler gegeben haben, eine Fehlleistung in einem bestimmten Augenblick", sagte er. Geheimdiensterkenntnisse deuteten darauf hin, "dass der Anschlag seine Wurzeln in Syrien hat". Zur Arbeit der türkischen Behörden habe er eine Sonderuntersuchung angeordnet. Das ganze Ausmaß der Versäumnisse würde jedoch erst später klar werden.

Bei dem Anschlag auf eine Friedensdemonstration linker und prokurdischer Gruppen waren am Samstag in Ankara mindestens 97 Menschen getötet und mehr als 500 weitere verletzt worden. Laut der Regierung wurde das Attentat von zwei Selbstmordattentätern verübt. Ankara erklärte den IS zum Hauptverdächtigen.

Nach Anadolu-Angaben erließ die Staatsanwaltschaft ein Verbot, über die Ermittlungen zu berichten. Dennoch wurde am Mittwoch aus Behördenkreisen bekannt, dass zwei Nutzer des Onlinediensts Twitter mit Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans Stunden vor dem Anschlag über ein bevorstehendes Attentat berichtet hätten.

Tote und Verletzte bei Explosionen in Ankara
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Vieles deutet zunehmend darauf hin, dass sich die Behörden bei ihren Ermittlungen auf mögliche Parallelen oder sogar Verbindungen zu dem Selbstmordanschlag vom 20. Juli im südtürkischen Suruc an der Grenze zu Syrien konzentrieren. Damals waren bei einer Friedensveranstaltung 34 Menschen getötet worden, bei den Opfern handelte es sich ebenfalls um linke und prokurdische Aktivisten. Auch für diesen Anschlag machte die Türkei den IS verantwortlich.

Laut "Hürriyet" wurde einer der beiden Selbstmordattentäter des Anschlags von Ankara inzwischen als IS-Anhänger aus dem osttürkischen Adiyaman identifiziert. Er war demnach beim IS in Syrien im Bombenbau ausgebildet worden und kehrte anschließend in die Türkei zurück. Dort habe sich seine Spur verloren. Aus Adyiaman stammte auch jener Attentäter, der sich im Juli in Suruc in die Luft sprengte. Der Bruder dieses Mannes könnte laut Presseberichten nun einer der Täter von Ankara gewesen sein.

Die jüngsten Anschläge verschärften die politischen Spannungen in der Türkei vor der Parlamentsneuwahl am 1. November. Im Juni hatte Erdogans islamisch-konservative AKP nach zwölf Jahren erstmals ihre Regierungsmehrheit eingebüßt. Opposition und Beobachter werfen Erdogan vor, die Neuwahl gezielt herbeigeführt zu haben, um diese zurückzuerobern. Seit Juli verschärfte sich überdies der Konflikt zwischen der Regierung und kurdischen Rebellen wieder deutlich.

(AFP)
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