Kritik von Steinmeier Türkische Regierung erwägt Referendum über Todesstrafe

Frankfurt/Main · In der Türkei wird heiß über die Wiedereinführung der Todesstrafe diskutiert. Jetzt erwägt die Regierung in Ankara einen Volksentscheid – Entscheidungen dieser Art dürften "nicht in der Hitze des Augenblicks" getroffen werden.

 Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hält ein Referendum für möglich.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hält ein Referendum für möglich.

Foto: ap, PK AW

In der Türkei wird heiß über die Wiedereinführung der Todesstrafe diskutiert. Jetzt erwägt die Regierung in Ankara einen Volksentscheid — Entscheidungen dieser Art dürften "nicht in der Hitze des Augenblicks" getroffen werden.

Das sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstagsausgabe). "Vielleicht wird die Entscheidung darüber in einem Referendum fallen."

Dem Minister zufolge gibt es aus der Bevölkerung großen Druck auf die islamisch-konservative Regierungspartei AKP, die Todesstrafe wieder einzuführen. "Wir bekommen tausende SMS und Tweets, in denen uns gesagt wird: 'Wenn ihr die Todesstrafe nicht wieder einführt, werden wir eure Partei nicht mehr wählen'."

Nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei hatte auch Präsident Recep Tayyip Erdogan die Wiedereinführung der Todesstrafe ins Spiel gebracht. Dies war international scharf kritisiert worden, Vertreter der Europäischen Union drohten für diesen Fall mit einem Abbruch der Beitrittsgespräche mit Ankara.

Diese Kritik wies Cavusoglu zurück: "Die EU hat nicht das Recht, uns Lehren zu erteilen in dieser Sache." Versuche, die Türkei zu belehren, würden "zu nichts Gutem führen". Es sei auch falsch, Erdogan in dieser Frage Populismus zu unterstellen. Darauf sei der Präsident nicht angewiesen. "Die Menschen lieben ihn. Nach den jüngsten Vorfällen sind die Zustimmungsraten auf 70 Prozent gestiegen."

Erdogan macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen und seine Anhänger für den gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli verantwortlich. Cavusoglu forderte von Washington Gülens vorläufige Festnahme, da Fluchtgefahr bestehe. "Wir haben bestimmte Hinweise dazu erhalten. Seine Unterstützer in bestimmten Ländern bereiten sich bereits darauf vor, ihn zu empfangen." Nähere Angaben zu den möglichen Fluchtzielen machte Cavusoglu nicht.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat die Türkei vor einer Wiedereinführung der Todesstrafe gewarnt. Sie sei nicht mit den Grundwerten der EU vereinbar, betonte er am Freitagabend bei einem Bürgerforum in Schwerin. "Darüber kann man nicht verhandeln." Es würde das Ende für die Gespräche für einen EU-Beitritt bedeuten. Steinmeier kündigte Gespräche mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu an.

Steinmeier mahnte die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze bei den Reaktionen auf den Putschversuch an. Was gegenwärtig geschehe, gehe zu weit, sagte er unter Hinweis auf die Entlassung Tausender Lehrer und Richter und die Verhaftung von Journalisten. Zur Forderung der Türkei, Anhänger der Gülen-Bewegung in Deutschland auszuliefern, äußerte sich Steinmeier bei dem Bürgerforum nicht.

(isw/AFP/dpa)
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