Fragen und Antworten Kommt jetzt der Nato-Bündnisfall?

Berlin · In Anspielung auf die Terrorangriffe auf New York und Washington am 11. September 2001 werden die Anschläge auf Paris am Freitag als das "9/11 Europas" bezeichnet. Fragen und Antworten zum Nato-Bündnisfall.

Französische Kamnpfjets in der Luft.

Französische Kamnpfjets in der Luft.

Foto: dpa, ck ks bjw

2001 hatte Nato-Generalsekretär Robertson selbst die Initiative ergriffen. Derzeit warten die Partner auf Vorschläge Frankreichs. Für Paris hat die Nato nicht oberste Priorität, da diese eindeutig USA-dominiert ist. Als europäische Macht bevorzugt Frankreich EU-Missionen, in denen Paris mehr Einfluss hat. Frankreichs Botschafter in Berlin, Philippe Etienne, betonte, dass sein Land bislang keinen Beistand nach dem Nato-Vertrag gefordert habe.

Die Nato beruft sich dann auf das Recht der kollektiven Verteidigung und verpflichtet alle Mitglieder, Beistand zu leisten, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebietes zu erhalten oder wiederherzustellen.

Ausdrücklich geht es dabei auch um die Anwendung von Gewalt. Es bleibt aber den Erörterungen in den Mitgliedsländern, im Nato-Rat und in den Einsatzstäben vorbehalten, wer wann was tut. Nach dem Nato-Selbstverständnis könnten sich jedoch auch nicht alle einen schlanken Fuß machen. Wer konkrete Hilfe verlangt, wie die Türkei die Raketenabwehr außerhalb des Bündnisfalles, der bekommt sie auch.

Das von den USA angeführte Bündnis gegen den Islamischen Staat, zu deren Gründungsmitgliedern auch Frankreich und Deutschland gehören, bombardiert IS-Stellungen bereits seit 2014. Britische, französische, amerikanische und jetzt auch türkische und russische Jets beteiligen sich daran. Auch die deutsche Luftwaffe könnte eingreifen, wie sie beim Kosovo-Krieg gezeigt hat. Bislang ist sie jedoch noch nicht angefragt worden. Die Bundeswehr verweist vielmehr darauf, dass sie Ausbildungs- und Ausrüstungshilfe im Irak leistet. Eine Ausweitung liefe vor allem auf eine Bodenoffensive hinaus. Damit hat die Nato in Afghanistan viele praktische Erfahrungen gesammelt.

Durch Luftschläge kann seine Operationsfähigkeit gestoppt werden. Wenn es darum geht, die vom IS besetzten Gebiete in Syrien, Libyen und im Irak zurückzuerobern, kann auch das mit Bodentruppen gelingen. Die Terrormiliz ist jedoch schon in vielen weiteren Ländern aktiv und wäre in der Lage, den Kampf aus anderen Regionen heraus immer wieder aufzunehmen.

Es gab vor allem symbolisch nicht zu unterschätzende Einsätze, die die Solidarität deutlich machten. So unternahmen 830 Soldaten aus 13 Nato-Staaten bis Mai 2002 rund 360 Aufklärungsflüge über den USA, sicherten Kriegsschiffe bis heute das Mittelmeer. "Vergessen" hatte das Bündnis jedoch, das Ende des Bündnisfalles zu definieren.

Terrorgefahren berücksichtigt die Nato seit 1999. Auch beim jüngsten Manöver spielte die hybride Kriegführung ohne herkömmliche Waffen eine Rolle. Für die typischen Reaktionsmuster im Bündnis handelt es sich jedoch eher um "Neuland".

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(may-)
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