Autobombe in Regierungsviertel Anschläge mit mehreren Toten erschüttern Oslo

Oslo · In der Osloer Innenstadt hat es am Freitagnachmittag einen schweren Bombenanschlag gegeben. Bislang forderte die Explosion sieben Tote und mehrere Verletzte. Wenige Stunden später wurden mindestens zehn Menschen bei einem Attentat auf ein Jugendlager getötet.

Katastrophenalarm in Oslo: Die Zufahrtstraßen zum Zentrum sind gesperrt, die Krankenhäuser in Alarmbereitschaft versetzt. Die schwere Explosion soll nach Polizeiangaben durch eine Autobombe verursacht worden sein. Die Wucht der Detonation riss mehrere Gebäude auf. Tausende Fenster in der Straße wurden zerstört. Die Straßen sind mit Scherben und Trümmerstücken übersät. Noch Stunden nach der Explosion waren Menschen in den Gebäuden eingeschlossen. Der Hauptbahnhof wurde evakuiert.

Die Polizei sperrte das Viertel ab, wo sich neben dem Sitz des Regierungschefs auch mehrere Ministerien, darunter die Finanz- und die Energiebehörde befinden. Den Menschen in Oslo wurde empfohlen die Häuser nicht zu verlassen.

Bisher wurden sieben Tote offiziell bestätigt, es ist aber offen, ob es weitere Todesopfer gibt. Die Umstände der Explosion sind unklar, offenbar gibt es einen Zusammenhang zu einem Attentat auf ein Jugendlager vor Oslo. Dort hatte ein 32-jähriger Norweger mindestens zehn Menschen erschossen. Ein islamistischer Terrorakt wird inzwischen von der Polizei als unwahrscheinlich angesehen.

Gegen 15.20 Uhr muss eine Autobombe im Regierungsviertel hochgegangen sein. Nach Angaben seines Büros hielt sich der Ministerpräsident Jens Stoltenberg zum Zeitpunkt der Explosion nicht am Regierungssitz auf. Auch die übrigen Mitglieder der Regierung seien unverletzt. Stoltenbergs genauer Aufenthaltsort wurde am Abend geheimgehalten.

Kurz nach dem Anschlag in kam es einem Angriff auf ein Jugendlager nahe Oslo. Nach Angaben der Osloer Polizei sind bei der Schießerei mindestens zehn Menschen getötet worden. "Die Lage in Utoeye ist kritisch", sagte Stoltenberg dem Sender TV2. Die frühere Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland war am Freitag als Gast auf der Insel erwartet worden. Stoltenberg wollte am Samstag zu den Teilnehmern sprechen

"Das ist das totale Chaos"

Auf Videoaufnahmen vom staazlichen Fernsehen NRK war ein rauchgeschwärztes Auto zu sehen, das umgekippt inmitten von Trümmern lag. Fast alle Fensterscheiben des 20 Stockwerke hohen Gebäudes wurden durch die Explosion herausgeschleudert, das unterste Stockwerk war offenbar ausgebrannt.

Sie habe Menschen gesehen, die "im Blut auf der Straße" lägen, sagte Ingunn Andersen, Journalistin des öffentlich-rechtlichen Radiosenders NRK, am Ort der Explosion. Durch die Wucht der Detonation seien zahlreiche Fenster der Gebäude zerstört worden. Überall lägen Glasscherben. "Das ist das totale Chaos", sagte die Journalistin. Sie habe angesichts der Wucht der Detonation zunächst an ein Erdbeben geglaubt.

Augenzeuge Ole Tommy Pedersen berichtete, er habe rund 100 Meter von dem Gebäude entfernt gestanden, als sich die Detonation ereignete. Er habe drei oder vier Verletzte gesehen, die wenige Minuten später aus dem Gebäude getragen worden seien.

Gebäude kam ins Wanken

Ein Reporter der AP, der sich in dem Gebäude von NTB aufhielt, berichtete, das Gebäude sei durch die Explosion ins Wanken gekommen. Alle Mitarbeiter hätten sich in Sicherheit gebracht, als der Alarm losgegangen sei. An der Straße habe er einen Mann mit einem blutenden Bein gesehen, der weggeführt wurde, sagte der Reporter.

Fernsehbilder der BBC zeigten erhebliche Schäden an Gebäuden und verwüstete Straßen. Im Fernsehsender CNN berichtete ein Augenzeuge von "sehr heftigen Explosionen". Menschen seien panisch geflohen. "Alle haben geweint, viele versuchten hektisch jemanden per Handy zu erreichen", sagte der telefonisch zugeschaltete Augenzeuge, der nach eigenen Angaben etwa 15 Meter von der Explosion entfernt war. Die Straße sei zum Zeitpunkt der Explosion sehr voll gewesen.

Norwegen sieht sich derzeit mit Terrorplänen im eigenen Land konfrontiert, die mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida in Verbindung gebracht werden. Zwei Verdächtige sind in Haft. Vergangene Woche erhob die norwegische Staatsanwaltschaft Anklage gegen einen im Irak geborenen Geistlichen, der mehrere norwegische Politiker mit dem Tod bedroht haben soll, falls er abgeschoben wird.

Die Sicherheitsbehörden in Deutschland sind nach der Bombenexplosion in Oslo alarmiert. Eine Erhöhung des Sicherheitsniveaus gebe es aber nicht, da nach wie vor von einer "hohen Gefährdungslage" ausgegangen werde, sagte eine Sprecherin des Bundeskriminalamtes am Freitag auf dapd-Anfrage in Wiesbaden. Konkrete Hinweise auf mögliche Anschläge in Deutschland lägen nicht vor.

(AFP/dadp/ila/RPO)
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