Ukraine-Krise Auch USA verschärfen Sanktionen gegen Russland

Washington/Brüssel/Den Haag/Donezk · Die USA haben ihre Sanktionen gegen Russland in der Ukraine-Krise weiter verschärft. Damit folgen sie der Europäischen Union. Nach langem Zögern zündete die EU Sanktionsstufe drei.

 Neuer Druck für den russischen Präsidenten: Wladimir Putin muss sich mit Sanktionen von den USA und der EU auseinandersetzen.

Neuer Druck für den russischen Präsidenten: Wladimir Putin muss sich mit Sanktionen von den USA und der EU auseinandersetzen.

Foto: ap

Mit neuen Strafmaßnahmen soll Russland endlich zum Einlenken in der Ostukraine bewegt werden. Dort toben weiter heftige Kämpfe - auch rund um die MH17-Absturzstelle.

Die Strafmaßnahmen der USA richten sich gegen die Großbank VTB, die Bank of Moscow und die Russische Landwirtschaftsbank, wie das Finanzministerium in Washington am Dienstag mitteilte. Aus den USA heraus und von US-Bürgern dürfen fortan keine Finanzierungsgeschäfte mehr mit diesen Geldhäusern getätigt werden.

Wirtschaftssanktionen der EU

Mit Wirtschaftssanktionen erhöht die Europäische Union in der Ukraine-Krise den Druck auf Russland. Die Botschafter der 28 Mitgliedstaaten bei der EU einigten sich am Dienstag in Brüssel auf ein Paket von Strafmaßnahmen, in dem erstmals Wirtschaftsbereiche im Mittelpunkt stehen. Mit den Sanktionen soll der russische Präsident Wladimir Putin dazu gebracht werden, die Unterstützung der prorussischen Separatisten in der Ostukraine zu beenden. Die Absturzstelle des dort mutmaßlich abgeschossenen Passagierflugzeugs konnte den dritten Tag in Folge nicht von internationalen Experten inspiziert werden. Grund waren anhaltend heftige Kämpfe in der Region.

Die von der EU beschlossenen Sanktionen packen Russland an empfindlichen Stellen. Dazu gehören eine erschwerter Zugang zu den EU-Finanzmärkten für russische Banken, ein Verbot von künftigen Rüstungslieferungen, ein Exportverbot für bestimmte Hochtechnologiegüter an das russische Militär und Ausfuhrverbote für Spezialtechnik zur Ölförderung, wie Diplomaten sagten.

Finanzsektor betroffen

Als Kernstück gelten die Beschränkungen im Finanzbereich: Sie schneiden Russland teilweise von den Finanzmärkten der EU ab und erschweren damit die Finanzierung der ohnehin angeschlagenen russischen Wirtschaft. Dem Land machen die von EU und USA bereits verhängten Strafmaßnahmen zu schaffen. Ihrerseits muss die EU eine Flucht russischen Kapitals vom Finanzplatz London befürchten. In der Öltechnikbranche wie im Russlandhandel drohen Arbeitsplätze in Europa verloren zu gehen. Die EU ist der wichtigste Handelspartner Russlands.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy bezeichnete die Strafmaßnahmen als "scharfe Warnung", Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte sie "unumgänglich". Die russische Führung müsse nun entscheiden, ob sie den Weg der Deeskalation und der Zusammenarbeit einschlagen wolle.
"Die Sanktionen der EU können überprüft werden, es sind aber auch zusätzliche Schritte möglich", sagte die CDU-Politikerin.

Die EU-Sanktionen müssen bis Donnerstag förmlich von den Regierungen in den 28 Hauptstädten gebilligt werden. Am Donnerstagabend sollen sie im Amtsblatt veröffentlicht werden und damit in Kraft treten. Bis dahin sollten keine Einzelheiten veröffentlicht werden. Der EU-Ministerrat wollte auch erst am Donnerstag eine Erklärung zu den Sanktionen abgeben. Die EU-Strafmaßnahmen erreichen mit dem Beschluss vom Dienstag eine neue Qualität: Bisher hatte die EU in mehreren Schritten insgesamt gegen 87 Personen Einreisverbote und Kontensperrungen erlassen.

Kerry: Sanktionen unausweichlich

Auch US-Außenminister John Kerry bezeichnete weitere Sanktionen gegen Russland als unausweichlich, sollte sich der Kremlchef noch länger hinter die Separatisten stellen. Russland liefere noch immer Waffen in die Ukraine und habe mit Artillerie über die Grenze gefeuert, sagte Kerry nach einem Treffen mit dem ukrainischen Außenminister Pawel Klimkin in Washington. Die USA bereiteten weitere Strafmaßnahmen gegen Moskau vor. Die Russen hätten "kein Fünkchen eines Beweises geliefert, dass sie wirklich die Gewalt und das Blutvergießen beenden wollen".

Bergung der MH17 verzögert sich weiter

Die seit Mitte April nahezu ununterbrochenen Kämpfe machten einen Bergungseinsatz im Trümmerfeld der Malaysia-Airlines-Boeing in der Ostukraine erneut unmöglich. Kostbare Zeit gehe verloren, sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. Er forderte den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko mit Nachdruck auf, die Gefechte zu stoppen, um die humanitäre Arbeit zu ermöglichen, wie ein Regierungssprecher in Den Haag mitteilte.

Eine große Gruppe niederländischer und australischer Experten steht in der Ukraine bereit, um im Absturzgebiet der Maschine mit der Flugnummer MH17 die dort noch liegenden sterblichen Überreste und das persönliche Eigentum der insgesamt 298 Opfer zu sichern. Ein Großteil der Toten wurde bereits früher geborgen - die meisten Opfer kamen aus den Niederlanden und wurden inzwischen dorthin zurückgebracht.

Weitere Kämpfe in der Ostukraine

In der Region kämpfen ukrainische Regierungseinheiten und prorussische Separatisten unvermindert hart gegeneinander. In der Stadt Gorlowka seien mindestens 31 Zivilisten getötet worden, unter ihnen acht Kinder. Seit Tagen liege der Ort bei Donezk unter Artilleriebeschuss, teilte die Stadtverwaltung mit. Zudem seien 43 Menschen verletzt worden. Armee und Aufständische machten sich gegenseitig verantwortlich für die zivilen Opfer. Das Militär sprach zudem von mindestens 44 Verletzten in eigenen Reihen.

Bei einem Granateneinschlag in einem Seniorenheim in Lugansk starben der Stadtverwaltung zufolge fünf Menschen. Acht wurden verletzt. Weite Teile der Großstadt seien ohne Gasversorgung und Strom, hieß es. Weiter hartumkämpft war auch die Stadt Schachtjorsk im Gebiet Donezk. Die ukrainische Armee habe dort mindestens vier Luftangriffe auf feindliche Stellungen geflogen, sagte der Kiewer Militärexperte Dmitri Tymtschuk. Schachtjorsk liege unter Minenwerferbeschuss.

(DEU)
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