Aussage von James Comey Stunde der Wahrheit für Donald Trump

Washington · Der von Donald Trump gefeuerte FBI-Chef James Comey könnte den Präsidenten bei seiner Anhörung am Donnerstag schwer belasten. Es geht um den Vorwurf der Strafvereitelung im Amt – genau darüber stolperte 1974 Richard Nixon.

 US-Präsident Donald Trump.

US-Präsident Donald Trump.

Foto: afp, jim

Der von Donald Trump gefeuerte FBI-Chef James Comey könnte den Präsidenten bei seiner Anhörung am Donnerstag schwer belasten. Es geht um den Vorwurf der Strafvereitelung im Amt — genau darüber stolperte 1974 Richard Nixon.

Tim Weiner kennt das FBI, er hat gerade ein Buch über die amerikanische Bundespolizei geschrieben, das sich glänzend verkauft. Er kennt sowohl James Comey, den im Mai gefeuerten Direktor, als auch dessen Vorgänger Robert Mueller, der als Sonderermittler herausfinden soll, was dran ist an Vorwürfen, wonach Berater des Wahlkämpfers Donald Trump geheime Absprachen mit dem Kreml trafen.

Leute wie Comey, sagt er, ließen sich durch nichts einschüchtern, durch niemanden davon abbringen, der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Auch nicht von Donald Trump. "Diese Leute sind Gottesgeschenke. Wenn jemand die Republik retten kann, dann sind es die Topleute des FBI."

Die Rettung der Republik: So übertrieben das klingen mag, es spricht Bände über die Erwartungen, die sich mit Comeys ersten öffentlichen Aussagen seit seiner Entlassung verbinden. Für das liberale Amerika ist es nach wochenlangem Vorgeplänkel der eigentliche Beginn eines Untersuchungsmarathons, der womöglich mit Trumps Amtsenthebung endet — wenn auch frühestens nach der Kongresswahl im Herbst 2018, und wohl auch nur dann, wenn die Demokraten den Republikanern die Mehrheit im Parlament abnehmen. Denn sonst müssten viele von Trumps Parteifreunden gegen ihn stimmen.

Das scheint derzeit undenkbar — es sei denn, die von Comey vorgebrachten Vorwürfe wären so gravierend und die Beweislage gegen Trump so erdrückend, dass selbst die Republikaner nicht daran vorbei könnten. Für die Anhänger der Präsidenten ist die mit Spannung erwartete Aussage Comeys ohnehin nur der vorläufige Höhepunkt einer Hexenjagd, aus der ihr Held letztlich gestärkt hervorgehen werde, weil es schlicht keine Beweise gebe für die These geheimen Kungelns mit dem Kreml.

Der Geheimdienstausschuss wiederum ist streng genommen nur ein Nebenschauplatz: Im Mittelpunkt des Interesses steht Mueller, der 72 Jahre alte Sonderermittler, der als Muster des integren Profis gilt. Als eine Art Startschuss für eine Phase, in der es wirklich ernst wird, hat Comeys Auftritt im "Senate Intelligence Committee" allerdings eine nicht zu unterschätzende symbolische Bedeutung.

Sollte der Geschasste unterstreichen, was am Mittwoch aus seiner bereits schriftlich abgegebenen Aussage durchsickerte, dann wäre dies eine schwere Bürde für den Mann im Oval Office. Offenbar zog der damalige FBI-Chef den Zorn des Präsidenten auf sich, weil er sich nicht beirren ließ, Licht ins Dunkel der Russland-Connection zu bringen.

"Ich brauche Loyalität"

Bereits im Januar hatte ihn Trump bei einem Abendessen im Weißen Haus aufgefordert, ihm die Treue zu schwören, was Comey ablehnte. "Ich brauche Loyalität. Ich erwarte Loyalität", sagte Trump demnach. Comey war allerdings nach eigenen Worten besorgt, dass Trump eine Art Klüngelei mit ihm anstrebe. "Das hat mich tief beunruhigt." Das FBI sei traditionell von der Regierung unabhängig.

Im Februar wurde der baumlange Jurist gebeten, nicht länger gegen Michael Flynn zu ermitteln, den nach nur 24 Tagen im Amt zurückgetretenen Nationalen Sicherheitsberater, der mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak mauschelte und sich als Lobbyist von der türkischen Regierung bezahlen ließ.

Wie erst jetzt bekannt wurde, soll Trump auch den Koordinator der US-Geheimdienste, Dan Coats, unter Druck gesetzt haben. Nach einem Bericht der "Washington Post" wollte er den Ex-Senator dazu bringen, beim damaligen FBI-Chef zu intervenieren, auf dass dessen Behörde die Causa Flynn nicht mehr unter die Lupe nehme, zumindest nicht mehr so gründlich.

Comeys brisante Notizen

Bei einer Anhörung im Geheimdienstausschuss des Senats sagte Coats allerdings am Mittwoch auf die Frage, ob Trump ihn gedrängt habe, die Bedeutung der FBI-Ermittlungen in dieser Sache herunterzuspielen, er habe sich nicht dazu gedrängt gefühlt, in die Gestaltung der Geheimdienstarbeit einzugreifen. NSA-Chef Mike Rogers sagte auf dieselbe Frage, er sei nie gebeten worden, etwas Ungesetzliches zu tun oder gedrängt worden, unmoralisch zu handeln.

Was Comey zu alledem sagen wird? Er wolle in nüchterner Sachlichkeit schildern, was er seinerzeit mit Trump beredete, glauben Insider vorab zu wissen. Nach einem Dinner in der Machtzentrale erschien ihm der Inhalt des Gesprächs immerhin so brisant, dass er hinterher Notizen anfertigte. Mehr als die Rolle des Zeugen wolle er gleichwohl nicht spielen, heißt es.

Vor allem die Demokraten werden wissen wollen, ob der Staatschef die Justiz behinderte, als er das FBI an die kurze Leine zu legen versuchte. Bestätigt Comey den Verdacht, kann es eng werden für Trump. Dann nämlich begäbe er sich, wie Tim Weiner es formuliert, auf die "Nixon-Rutschbahn". Der Vorwurf der versuchten Strafvereitelung im Amt endete in Richard Nixons Fall 1974 mit dem erzwungenen Rücktritt des US-Präsidenten.

Ermittlungen belasten US-Regierung

Selbst, wenn es soweit nicht kommen sollte: Die Handlungsfähigkeit des Präsidenten ist bedroht, sollte der Skandal weiter köcheln. Zumal neben Trump selbst einige zentrale Figuren aus seinem direkten Umfeld ins Zwielicht geraten sind, allen voran sein Schwiegersohn Jared Kushner, den Trump zu so etwas wie einem Sonderbeauftragten gemacht hat. So gibt es Hinweise auf Verbindungen Kushners zur Alfa-Group, einem von russischen Oligarchen geführten Konzern mit Nähe zum Kreml.

Schon jetzt haben die Ermittlungen in der Russland-Affäre erste Risse in der Regierung provoziert. So soll es einem Bericht des Senders ABC News zufolge deswegen zum Streit zwischen Trump und Justizminister Jeff Sessions gekommen sein. Sessions bot demnach mindestens einmal seinen Rücktritt an. Dabei galt er bisher als Trumps treuer Gefolgsmann der ersten Stunde.

(bee, fh)
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